Freiwilligenarbeit und gemeinnützige Organisationen im Wandel
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Freiwilligenarbeit und gemeinnützige Organisationen im Wandel

Neue Perspektiven auf das 19. und 20. Jahrhundert

  1. 336 Seiten
  2. German
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Freiwilligenarbeit und gemeinnützige Organisationen im Wandel

Neue Perspektiven auf das 19. und 20. Jahrhundert

Über dieses Buch

Freiwilliges Engagement ist in aller Munde, doch die in Politik und Medien gängigen Vorstellungen zu Funktion und Wirkungsweise freiwilliger Arbeit übersehen zumeist deren Wandelbarkeit, sodass die Geschichtsforschung ein wichtiges Korrektiv zu liefern hat.
Anders als die englischsprachige hat sich die deutschsprachige Historiographie zur Freiwilligenarbeit noch nicht als eigenes Feld etabliert und es fehlt bislang eine systematische Debatte. Um eine solche anzuregen, bringt das Beiheft aktuelle Studien zum Thema zusammen. Es schlägt dafür eine Brücke zwischen der angelsächsischen Voluntary Action History einerseits und den neueren Forschungen zur Freiwilligenarbeit und zum gemeinnützigen Sektor in Deutschland und anderen europäischen Ländern andererseits. Die Beiträge demonstrieren die fruchtbare Spannbreite unterschiedlicher Herangehensweisen an das Thema und diskutieren verschiedene konzeptionelle Ansätze. Ein besonderes Augenmerk gilt dem Bedeutungswandel freiwilligen Engagements, seinem Verhältnis zu Staat und Markt sowie seiner transnationalen Dimension.
Der Band wirft damit neues Licht auf für das Verständnis freiwilligen Engagements zentrale Fragen. Dies ist nicht nur für die Geschichtswissenschaft von Interesse.

Häufig gestellte Fragen

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Information

IV. Voluntary action im transnationalen Raum

Von Mensch zu Mensch

Transnationale Kinderpatenschaften und ehrenamtliches Engagement seit den 1950er Jahren am Beispiel der Kindernothilfe
von Freda Wagner

I. Einleitung

Rund 500000 Bundesbürgerinnen und -bürger waren Ende der 1970er Jahre durch eine Patenschaft mit einem von Armut bedrohten Kind in der „Dritten Welt“ verbunden und unterstützten es mit einer monatlichen Spende.791 Ein gutes Dutzend Hilfswerke konnte auf diese Weise seit den 1960er Jahren nicht nur besonders hohe Spendensummen einnehmen, sondern mit dem Konzept der transnationalen humanitären Kinderpatenschaft ein die staatliche Entwicklungshilfe ergänzendes privates Hilfsmodell aufbauen. Es versprach den Spendenden eine möglichst direkte, unmittelbare und wirkungsvolle Form der Hilfe, durch die sie die institutionelle Unterbringung, Versorgung sowie Ausbildung eines bestimmten Kindes sicherten. Im Gegenzug erhielten sie Fotos und Briefe sowie regelmäßige Berichte über die Entwicklung des Kindes. Mittels Briefkontakt sollte eine besondere Beziehung „von Mensch zu Mensch“ entstehen, die den Pateneltern einen persönlichen Zugang und die Teilhabe am Schicksal einer fernen Lebensrealität eröffnen und in ihren Nahbereich rücken sollten. Über Einzelschicksale gaben Patenschaften komplexen entwicklungspolitischen Zusammenhängen ein Gesicht. Ihr immenser Erfolg beruhte zudem auf ihrem Höchstmaß an Konkretisierung und der Nachvollziehbarkeit der Verwendung der Spendengelder sowie einer aus der besonderen Hilfsbedürftigkeit der Kinder erzeugten emotionalen Verpflichtung.
Das auch in anderen westeuropäischen Ländern und Nordamerika erfolgreiche, aber in der Bundesrepublik besonders beliebte Konzept der personalisierten Spendenhilfe traf hier auf große Hilfsbereitschaft und schien vor dem Hintergrund eigener Hilfserfahrungen ein besonderes „sozialpsychologisches Bedürfnis“ zu befriedigen.792 Am Beispiel des heute noch größten deutschen Patenschaftvermittlers „Kindernothilfe“ soll in diesem Beitrag zunächst dessen Entstehung und Entwicklung als ehrenamtliche Initiative im Zusammenspiel mit anderen Hilfsorganisationen in der Nachkriegszeit skizziert werden, um Besonderheiten und Gründe für den Erfolg des Patenschaftsprogramms herauszuarbeiten. Ziel ist es zudem, das Spannungsfeld zu verdeutlichen, in dem das Konzept Kinderpatenschaft sowie dessen Unterstützer Ende der 1970er Jahre massiv in die öffentliche Kritik gerieten. Angesichts des vielfach angezweifelten Engagements der Pateneltern soll der Beitrag in einem weiteren Teil aufzeigen, welche Betätigungsfelder der Verein seinem Unterstützerkreis über die Geldspende hinaus für ehrenamtliche Beteiligung bot, welchen Stellenwert die Freiwilligenarbeit innerhalb des Vereins einnahm und welche Funktionen sie für die Aktiven ebenso wie für die Organisation erfüllen konnte.
Trotz des immensen Anstiegs an historischer Forschung zu Humanitarismus in den vergangenen Jahren sind Kinderpatenschaften als internationales und besonders erfolgreiches Phänomen der privaten Wohltätigkeit bisher wenig untersucht worden. Das Finanzierungsmodell war bisher mit Fokus auf nordamerikanische und britische Organisationen primär Gegenstand von sozialwissenschaftlichen, theologischen, ethnologischen und geographischen Studien aus dem englischsprachigem Raum, vereinzelt rückten in den letzten Jahren aber auch historische Entwicklungen und das Konzept der Patenschaft in den Mittelpunkt.793 Zuletzt veröffentlichte zeitgenössische Studien zur Handlungsstrategie, Entwicklungspädagogik und Werbetätigkeit deutscher Patenschaftsvermittler heben die Besonderheit der Thematik hervor.794 Mit Ausnahme eines längeren Abschnitts zur Problematik des primär an den Spendenden ausgerichteten Hilfssystems in Gabriele Lingelbachs Standardwerk zum deutschen Spendenmarkt795 haben historische Forschungen zur transnationalen Wohltätigkeit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Phänomen bisher jedoch weitgehend außer Acht gelassen. Dies dürfte vor allem der disparaten Quellenlage geschuldet sein, die wiederum durch den Mangel an historischen Unternehmensarchiven bedingt ist. Grundlage für diesen Beitrag bilden neben den durch Mitarbeitende der Kindernothilfe verfassten Eigendarstellungen796 und über Bibliotheken erhältlichen Jahresberichten und Mitgliederrundschreiben die im Archiv des Diakonischen Werks und dem Evangelischen Zentralarchiv in Berlin einsehbaren umfangreichen Materialsammlungen und die Korrespondenz der Kindernothilfe, die vor allem die Auseinandersetzung mit konkurrierenden Hilfswerken umfassend dokumentieren.

II. Entstehung der Kindernothilfe in der Hilfslandschaft der deutschen Nachkriegszeit

Die offizielle Vereinseintragung des heute größten deutschen Kinderhilfswerks und zahlenmäßig erfolgreichsten Patenschaftsvermittlers im Januar 1961 fiel nicht zufällig in die Zeit, als die Einschränkungen der Nachkriegsjahre für die Deutschen endeten und eine Phase der wirtschaftlichen Prosperität einsetzte. Zugrunde lagen ihr der mit zunehmendem Wohlstand aufkeimende Wunsch, Notleidenden in fernen Ländern zu helfen, kombiniert mit dem Bestreben, eine direkte und persönliche Form des Gebens zu finden.
Tatsächlich spielte die Erfahrung der Nachkriegszeit, die zunächst von Nahrungsknappheit, Wohnungsnot, Flucht und Elend geprägt gewesen war, für die Gründungsgeschichte der Kindernothilfe eine entscheidende Rolle. Dass sich die wirtschaftliche Situation in der sich neu konstituierenden Bundesrepublik rasch und drastisch besserte, war nicht zuletzt auch der Hilfe von außen zu verdanken gewesen. Maßnahmen der US-amerikanischen Siegermacht wie das als Marshallplan bekannte „European Recovery Program“ trieben den Wiederaufbau maßgeblich voran und legten den Grundstein für die schnelle Erholung von den Kriegsschäden.797 In der Zivilgesellschaft sorgten Hilfsleistungen wie die Nahrungsmittelpakete der Organisation „Cooperative for American Remittances to Europe“ (CARE) vielerorts für Erleichterung.798 Nachdem die Not der unmittelbaren Nachkriegszeit den Fokus der Deutschen auf das eigene Überleben gerichtet hatte, rückten mit der „Bewältigung des neu gewonnenen Wohlstandes“ in den frühen 1950er Jahren bald zunehmend auch fremde Schicksale in das Blickfeld. Neben einem neuen Selbstwertgefühl löste der Wohlstand bei vielen Dankbarkeit für die erhaltenen Hilfsleistungen ebenso wie Mitgefühl für Bedürftige auch jenseits des eigenen Umfelds aus. Viele erkannten in den zunehmenden Berichten über andere Krisengebiete der Welt ihre eigene, vergleichbare Erfahrung und verspürten den Wunsch, etwas von der empfangenen Hilfe zurück- oder vielmehr weiterzugeben.799 Parallel und ergänzend zu den frühen staatlichen Bemühungen des 1961 institutionalisierten Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit organisierten sich vor allem im kirchlichen Umfeld eine Reihe privater Initiativen mit dieser Zielrichtung.800
Als entscheidender Stimulus für das schließlich in die Kindernothilfe mündende Engagement fungierte eine Radioübertragung der Abschlusskundgebung des Deutschen Evangelischen Kirchentages am 12.August 1956.801 Im Rahmen des Kirchenfunkprogramms sendete der neugegründete Westdeutsche Rundfunk von der Großveranstaltung, die den performativen kirchlichen Raum auf die säkulare Sphäre öffentlicher Plätze und durch die Übertragung bis in die heimischen Wohnst...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Einleitung
  7. I. Konzepte und Thesen der Voluntary Action History
  8. II. Die Bedeutung der Freiwilligkeit im Wandel
  9. III. Die Veränderung von Staatlichkeit und der dritte Sektor
  10. IV. Voluntary action im transnationalen Raum