Überwachen und steuern
eBook - ePub

Überwachen und steuern

Was der Staat nicht wissen darf und auch nicht wissen wollen sollte

  1. 13 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Überwachen und steuern

Was der Staat nicht wissen darf und auch nicht wissen wollen sollte

Über dieses Buch

"Die verloren gehende Wertschätzung innerer Willkürfreiheit ist das zentrale Problem gegenwärtiger Überwachungspraktiken."In seinem Essay über die Legitimität staatlicher Überwachung spannt Karsten Fischer den Bogen zwischen Freiheit des Individuums und Sicherheit der Gesellschaft. Dabei geht er konkret auf die Rechte und Pflichten ein, die eine liberale Demokratie in Zeiten von Big Data und Terrorbedrohung gegenüber seinen Bürgern hat und erläutert das von ihm titulierte "postliberale Paradox der Freiheit". Ganz beiläufig behandelt Fischer zusätzlich solch komplexe Themen wie Hobbesianische Souveränität oder datenbasierte Straftatsprävention à la Minority Report.

Häufig gestellte Fragen

Ja, du kannst dein Abo jederzeit über den Tab Abo in deinen Kontoeinstellungen auf der Perlego-Website kündigen. Dein Abo bleibt bis zum Ende deines aktuellen Abrechnungszeitraums aktiv. Erfahre, wie du dein Abo kündigen kannst.
Derzeit stehen all unsere auf mobile Endgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Perlego bietet zwei Pläne an: Elementar and Erweitert
  • Elementar ist ideal für Lernende und Interessierte, die gerne eine Vielzahl von Themen erkunden. Greife auf die Elementar-Bibliothek mit über 800.000 professionellen Titeln und Bestsellern aus den Bereichen Wirtschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Geisteswissenschaften zu. Mit unbegrenzter Lesezeit und Standard-Vorlesefunktion.
  • Erweitert: Perfekt für Fortgeschrittene Studenten und Akademiker, die uneingeschränkten Zugriff benötigen. Schalte über 1,4 Mio. Bücher in Hunderten von Fachgebieten frei. Der Erweitert-Plan enthält außerdem fortgeschrittene Funktionen wie Premium Read Aloud und Research Assistant.
Beide Pläne können monatlich, alle 4 Monate oder jährlich abgerechnet werden.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja! Du kannst die Perlego-App sowohl auf iOS- als auch auf Android-Geräten verwenden, um jederzeit und überall zu lesen – sogar offline. Perfekt für den Weg zur Arbeit oder wenn du unterwegs bist.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Ja, du hast Zugang zu Überwachen und steuern von Karsten Fischer im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Politics & International Relations & Political History & Theory. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.
Karsten Fischer
Überwachen und steuern
Was der Staat nicht wissen darf und auch nicht wissen wollen sollte
Wie alt das Interesse der Regierenden an Informationen über die Regierten ist, könnte jedes Jahr zur Weihnachtszeit erneut deutlich werden, hören wir dann doch stets, dass seinerzeit »ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde« (Lukas 2,1; Luther-Übersetzung), und die Einheitsübersetzung der Bibel erlaubt sich, diesen Zensus des römischen Imperiums als Eintragung in »Steuerlisten« fiskalisch zu konkretisieren. Ohne solch heilsgeschichtliche Konsequenzen finden sich solche Maßnahmen mit unterschiedlichen herrschaftstechnischen Motiven bereits zuvor und seither in unregelmäßiger Vielzahl. Doch erst in der Moderne, also an der Schwelle zum 18. Jahrhundert, begannen die seit dem Westfälischen Frieden von 1648 sukzessive ausdifferenzierten Territorialstaaten, Informationen über ihre Bürger regelmäßig und systematisch zu erheben und zu einem institutionalisierten System der Überwachung im wörtlichen Sinn zu nutzen. Denn nun war laut Michel Foucaults Geschichte der Gouvernementalität die Bevölkerung als politischer Faktor zutage getreten, zu dessen Regierung durch einen vor- und zunehmend auch versorgenden Staat bestimmte Wissensformen und -techniken dienten, unter denen der Statistik eine besondere Bedeutung zukam. Im Sinne einer wechselseitigen Konstitution von Subjekt und Objekt wurde damit der vormals abstrakt verstandene Staat als objektivierte Gesamtheit sozialer Beziehungen erfahren, die sich institutionell verfestigt hatten und solchermaßen für die Individuen adressierbar wurden, während umgekehrt die Wahrnehmung und Behandlung dieser Individuen seitens des Staates durch »Zusammenfassungen, Codierungen, Totalisierungen, Berechnungen und Konstruktionen von Tabellen und grafischen Darstellungen«1 gekennzeichnet war. Auf diese Weise wurde das in Modernisierungsprozessen spärliche Institutionenvertrauen vermittelt, weil auch und gerade für die Bürger das staatliche Handeln im doppeldeutigen Sinne berechenbar war oder zumindest schien. Und zumal innerhalb des in den USA entwickelten, pluralistischen Arrangements sozialer Ambitionen wurden Statistiken zu allseits verfügbaren und einsetzbaren Argumenten, die es den Individuen erlaubten, ihre Interessen auch gegenüber staatlichen Institutionen und Gemeinwohlprätentionen zu reklamieren.
Allein dies zeigt die Ungenauigkeit des verbreiteten Versuchs, unsere zeitgenössische Problematik digitaler Überwachung auf der Basis von Big Data unter unmittelbarem Rückgriff auf Foucaults Buch Überwachen und Strafen zu interpretieren und damit einseitig die repressive Seite jeglicher Überwachungspraktiken zu insinuieren. Ganz im Gegenteil war es Foucault schließlich darum gegangen, den sich im 18. Jahrhundert vollziehenden, sukzessiven Übergang vom Strafen zum Überwachen als einen wesentlichen Wandel der sozialen Praktiken darzustellen, dessen Pointe darin besteht, dass sich sowohl die Zwecke als auch die Mittel geändert haben, ohne dass hieraus geschlossen werden dürfte, Überwachung sei ein bloß residualer und illegitimer Bestandteil liberaler Gouvernementalität. Stattdessen handelt es sich laut Foucault um eine veränderte »politische Ökonomie des Körpers«. So bildete der Verurteilte in den frühneuzeitlichen Strafpraktiken als der »düstersten Region des Politischen« die »Gegengestalt des Königs«. An diesem Anti-Körper sollte »allen die entfesselte Gegenwart des Souveräns spürbar gemacht werden«, und also lag dieser »Politik des Schreckens« nicht etwa an einer Wiederherstellung des Status quo oder anderen Zielen, die das Verhältnismäßigkeitsprinzip oder gar das Übermaßverbot hätten fordern oder auch nur nahelegen können. Vielmehr ging es gerade darum, »die Asymmetrie zwischen dem Subjekt, welches das Gesetz zu verletzen gewagt hat, und dem allmächtigen Souverän, der das Gesetz zur Geltung bringt, bis zum Äußersten« auszuspielen. Insofern hatte die Marter in der Frühen Neuzeit »eine rechtlich-politische Funktion« als »Zeremoniell zur Wiederherstellung der für einen Augenblick verletzten Souveränität«, die seinerzeit noch keine außerhalb ihrer selbst liegende und sie mithin begrenzende Zielbestimmung kannte.2
An der Schwelle zur Moderne ändert sich dies, und anstelle des Körpers wird nun, laut Foucault, die Seele »Effekt und Instrument einer politischen Anatomie«. In diesem »Zeitalter der Strafnüchternheit« kommt es zum Übergang »von der Leibesmarter zur Zeitplanung, von der Züchtigung des Körpers zur Kontrolle der Seele«, verbunden mit zunehmender Szientifizierung und Anonymisierung, wie sie in der Erfindung des berühmten Panopticon als einer »Perfektion der Macht«, die ihre tatsächliche Ausübung zu erübrigen vermag, gipfelt: Weil alle Gefangenenzellen vom zentrierten Wachturm aus einsehbar sind, nicht aber umgekehrt die Besetzung des Wachturms von den Zellen aus, bedarf es keiner Wächter mehr, um aus der Strafandrohung für Fehlverhalten eine Quelle der Selbstkontrolle aller Inhaftierten zu machen.3
Von den symbolischen Machtbeweisen durch grausame, physische Vernichtung führte demnach der Weg zu einem Kontrollnetz von Verhaltensvorschriften, mit dem die Individuen nicht mehr ausgeschaltet, sondern resozialisiert werden sollen, und eine entsprechende Geschichte erzählt Foucault für den Bereich der Medizin, in dem die Bekämpfung der Lepra und die Eindämmung der Pest nicht derselben politischen Logik folgten. Vielmehr wurde im einen Fall die Gemeinsch...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Verlag
  3. Benutzerhinweise
  4. Karsten Fischer
  5. Überwachen und steuern
  6. Über den Autor
  7. Impressum