1. Was eigentlich ist ein Meeting?
Die Begriffe Sitzung, Besprechung und Meeting werden sowohl in Unternehmen als auch in der Literatur weitestgehend gleichbedeutend verwendet. Was die Verwendung im deutschen Sprachraum angeht, sind diese Bezeichnungen untereinander austauschbar. Wenn in diesem Buch durchgängig die Bezeichnung Meeting verwendet wird, dann deshalb, weil dieser der englischen Sprache entlehnte Begriff im deutschsprachigen Raum weit verbreitet und selbstverständlich geworden ist. Die Bezeichnung Meeting gilt im allgemeinen Bewusstsein als progressiv und modern, die Bezeichnung Besprechung gilt als veraltet.
Regelrecht unmöglich ist es dagegen, in der Literatur eine auch nur im Ansatz einheitliche inhaltliche Füllung oder gar Definition dieser Begriffe zu finden.
Meeting leitet sich vom englischen Verb to meet ab, was so viel bedeutet wie: jemanden treffen, sich begegnen, jemanden kennenlernen, aneinanderstoßen, aneinander geraten, sich auseinandersetzen. Synonyme für die Bezeichnung Meeting können sein: Beratung, Konferenz, Sitzung, Zusammenkunft, Zusammentreffen, Unterredung, Besprechung, Briefing, Jour fixe, Konsultation, Abstimmung, Veranstaltung, Tagung, Symposium, Kongress, Treff, Treffen, Versammlung, Pourparler, Session … Die Liste lässt sich beliebig weiterführen.
Ein Meeting oder eine Besprechung ist unter anderem ein ausführliches Gespräch über eine bestimmte Sache oder Angelegenheit und bezieht sich in Verbindung mit Verben wie ›anberaumen‹, ›durchführen‹ oder ›abhalten‹ zumeist auf die Arbeitswelt und Organisationen.
Vereinfacht ausgedrückt ist demnach ein Meeting ein zielgerichtetes Zusammentreffen mehrerer Personen.
In der vielbeachteten und häufig zitierten Studie von Monge, McSween und Wyer wird Meeting verstanden als
Die Studie sieht eine Mindestanzahl von drei Personen vor. Das macht deshalb Sinn, weil dann soziodynamisch in der Zusammenarbeit von einem Team oder einer Gruppe ausgegangen werden kann. Ab drei Personen kann sich nämlich eine typische Team- oder Gruppendynamik entwickeln und mit ihr Muster, nach denen bestimmte Abläufe und Verhaltensweisen erfolgen. Damit sind Meetings ganz klar von Zweiergesprächen zum Beispiel zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem zu unterscheiden, die sich durch eine eigene (Paar-)Dynamik auszeichnen.
Meetings sind dann auch tunlichst abzugrenzen von Konglomeraten. Damit sind heterogene Zusammenkünfte von Menschen gemeint, zwischen deren Einzelinteressen keine gemeinsamen leistungsmäßigen Zusammenhänge bestehen: wie beispielsweise eine Menschenansammlung an der Kasse beim Einkauf im Supermarkt. Oder an einer Bushaltestelle.
Der Begriff Meeting wird – neben zielgerichteten persönlichen Face-to-Face-Zusammenkünften, bei denen die Teilnehmer zur gleichen Zeit am gleichen Ort sind – auch für elektronisch unterstützte Telefon-, Video- oder Web-Konferenzen genutzt. Situationen, bei denen sich die Kommunikationspartner virtuell gegenüber sitzen und sich nicht im selben Raum befinden, wären dann also auch unter den Begriff Meeting zu fassen. Bis hierher zusammen gefasst ist ein Meeting
Hier sei bereits darauf hingewiesen, dass der Schwerpunkt der Betrachtung in diesem Buch auf den sogenannten Face-to-Face-Meetings liegt, insbesondere den innerbetrieblichen.
Face-to-Face-Meeting meint, das mehrere Personen körperlich an einem Besprechungsort präsentisch zusammen kommen, sich gegenseitig mit allen Sinnen wahrnehmen und miteinander interagieren können.
Mit Sicherheit werden Telefon-, Video- und Webkonferenzen zukünftig anzahlmäßig zunehmen. Bei dieser Form Konferenz gelten spezielle weitere Aspekte soziodynamischer Art, die – wegen ihrer zusätzlichen Komplexität – in einem eigenen Buch behandelt werden müssten.
Wer von Ihnen mit der Moderation eines Face-to-Face-Meetings oder auch einer Telefonkonferenz vertraut ist, weiß, dass die Moderation einer TelKo wesentlich mehr Anstrengung, Aufmerksamkeit, Disziplin und Konzentration erfordert. Wortbeiträge etwa, die länger als eine Minute dauern, führen bei der TelKo zum Abschalten. Beliebtes Verhalten: Mikrofone werden auf ‹stumm› gestellt, der TelKo-Teilnehmer verlässt (kurzfristig) sein Büro, parallel werden andere Aufgaben erledigt. Wortbeiträge stehen bei einer TelKo oft zusammenhanglos nebeneinander – was zur Herausforderung für Moderator und Protokollant werden kann.
Die fast schon routinemäßig öde verlaufenden Face-to-Face-Meetings in Unternehmen gilt es, in einem ersten Schritt zu analysieren, zu verstehen und zu optimieren. Sind diese Schritte erfolgreich getan, können Telefon- oder Videokonferenzen analysiert, verstanden und optimiert werden. Meine Hypothese ist die, das Video-, Telefon- und Web-Konferenzen erst dann effektiv verlaufen, wenn zuvor den Teilnehmern und vor allem dem Moderator klar ist, unter welchen Umständen ein Face-to-Face-Meeting optimal verlaufen kann.
Außerdem liegen meines Wissens zu Video-, Telefon- und Web-Konferenzen noch keine Langzeitstudien vor, aus denen sich fundierte Optimierungsvorschläge erarbeiten ließen.
Kehren wir wieder zurück zu der Frage, was ein Meeting ausmacht. Einige Studien legen Wert auf die Dauer der Zusammenkunft in einem Meeting. Von mindestens wenigen Minuten bis mindestens fünfzehn Minuten Dauer ist die Rede. Eine bestimmte Mindestdauer als notwendiges Merkmal für Meetings heranzuziehen, lässt sich nur schwer begründen, weil Mindestzeitangaben nicht für jede Situation und jeden Ort und jedes Thema universell gültig sein können.
Meetings in Unternehmen werden dann noch in der Literatur unterschiedlich klassifiziert. Fredmund Malik unterscheidet zwischen der großen, formellen Sitzung, der Routine-Sitzung, den Sitzungen von Arbeitsgruppen, und der kleinen Ad-Hoc-Sitzung. Patrick Lencioni unterscheidet dagegen zwischen dem täglichen Check-In, der wöchentlichen Lagebesprechung, der monatlichen Strategiekonferenz und der vierteljährlichen Manöverkritik. B. Pietschmann unterscheidet zwischen dem Versammlungs-, Entscheidungs-, Motivations-, Informations- und Kreativitätscharakter von Meetings. Vermutlich sollen die Bezeichnungen auf die verschiedenen Zwecke, Inhalte und Zielrichtungen von Meetings hinweisen.
Eine passgenaue Abgrenzung einzelner Meeting-Arten voneinander bleibt ausgesprochen problematisch, da die
Zusammengefasst lassen sich in der Literatur für Meetings fünf Kriterien ausmachen:
- Anzahl der teilnehmenden Personen,
- unterschiedliche Sichtweisen dieser Personen zu den Themen,
- intentionales Zusammenkommen und Zielorientierung,
- formeller förmlicher Charakter,
- räumlicher und zeitlicher Rahmen.
Eine in diesem Sinne passende Umschreibung für Meetings findet sich bei Schwartzman:
Teil I
Ineffektive Meetings und erste Ansätze zu deren Überwindung
2. Frustveranstaltung Meeting – eine Ist-Beschreibung
Die technischen Kommunikationsmöglichkeiten im Unternehmen wie E-Mail- oder Fax-Mitteilungen, Telefon-, WebEx- oder Videokonferenzen, Aktennotizen, Protokolle, Excel-Tabellen und PowerPoint-Präsentationen werden vermutlich noch weiter anwachsen. Doch die menschliche Fähigkeit, sie adäquat mental zu verarbeiten, zu steuern und zu kontrollieren, wächst erheblich langsamer. Unsere menschlichen Möglichkeiten zur Konzentration und Aufmerksamkeit sind nicht unbegrenzt. Darauf verweisen Neurobiologen seit Jahren. Und dennoch steigen im Unternehmen die Erwartungen an alle Mitarbeiter aller Hierarchieebenen, was Zeit- und Aufmerksamkeitskapazitäten angeht, weiter an. Wie schon erwähnt: Vor allem der Faktor Zeit wird ein knappes Gut werden:
Nicht mehr Kapital und Information sind die entscheidenden Faktoren, was die Engpässe im Unternehmen angeht, sondern Zeit und Aufmerksamkeit der Mitarbeiter.
Damit stellen sich zwei wichtige Fragen:
- Wie viel Ihrer Zeit verbringen Sie in Meetings?
- Wann lässt dort Ihre Aufmerksamkeit nach?
Führungskräfte schätzen den Mehrwert eines mündlichen Austauschs am Telefon oder in Gesprächen und Face-to-Face-Meetings deutlich höher ein als schriftliche oder elektronische Information, und das unabhängig von Branche, Alter und Ausbildungsniveau. Gleichzeitig beklagen sie die Art und Weise, in der Meetings ablaufen. 80 Prozent der Führungskräfte geben an, dass 60 Prozent der Meetings unproduktiv seien. Mir scheint das noch untertrieben. Was ist das Problem von Meetings?
Patrick Lencioni bringt das Empfinden vieler Menschen auf den Punkt: