1 Führen heißt andere emporheben
Haben Sie sich schon einmal gefragt, wer darüber entscheidet, ob eine Führungskraft gut oder schlecht ist?
Nein, es ist nicht der Unternehmer.
Es sind die Mitarbeiter.
Natürlich hat der Unternehmer beziehungsweise das Unternehmen Erwartungen an seine Führungskräfte, die sich vordergründig nicht mit den Erwartungen der Mitarbeiter decken. Der Unternehmer erwartet mehr Umsatz, mehr Gewinn, eine Steigerung des Unternehmenswerts. Die Mitarbeiter hoffen auf Verständnis, Unterstützung, Motivation und Kommunikation.
Bild 1 Die Führungskraft steht zwischen den Erwartungen des Unternehmens und der Mitarbeiter.
Führungskräfte kann man mit einem Ei in der Schraubzwinge vergleichen. Von oben drücken die Erwartungen des Unternehmens, von unten die der Mitarbeiter. Aus dieser fragilen Position heraus muss die Führungskraft agieren. Den Anforderungen des Unternehmens kann sie nur entsprechen, wenn sie die Erwartungen der Mitarbeiter erfüllt. Auch ein Unternehmer, der sein Unternehmen selbst führt, muss sich als Führungskraft an den Erwartungen seiner Mitarbeiter orientieren. Guten Führungskräften gelingt es, die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter und damit die Produktivität des Unternehmens überdurchschnittlich zu steigern. Wirksame Führung schafft ein Klima, in dem Mitarbeiter Spaß an der Leistung haben und bereit sind, ihr Bestes zu geben. Solche Führungskräfte haben geschafft, was eine echte Führungskraft von einem Vorgesetzten unterscheidet: Die Mitarbeiter wollen ihnen folgen.
Fragen wir in unseren Führungsseminaren nach den Anforderungen an eine Führungskraft, erhalten wir viele Antworten:
• Ziele erreichen
• den Mitarbeitern Freiraum geben
• den Mitarbeitern ein Gesicht geben
• Mitarbeiter anerkennen
• fordern und fördern
• Werte vermitteln
• Vorbild sein
• Vertrauen aufbauen
• selbstständige Teams aufbauen
• über fachliche Kompetenz verfügen
• Ausstrahlung und Charisma haben
• ............
Die Antworten zeigen: Führung ist vielfältig. Um allen Anforderungen gerecht zu werden, braucht man Zeit. Und genau davon haben die meisten Führungskräfte zu wenig. Ein Grund dafür ist, dass sich die meisten Führungskräfte zuerst um Sachaufgaben kümmern. Sie managen, statt zu führen.
1.1 Wie Führungskräfte „gemacht“ werden
Mitarbeiter werden in der Regel zu Führungskräften befördert, weil sie inhaltlich, also aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz, „die Besten“ sind. Sie werden Abteilungsleiter, Team- oder Gruppenleiter, weil sie Erfahrung in der Branche, am Markt und im Unternehmen mitbringen. Doch diese inhaltlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten machen einen Spezialisten noch lange nicht zur Führungskraft. Gerade in mittleren und kleineren Betrieben werden die so Auserkorenen ins kalte Wasser geworfen. Niemand bringt ihnen die Fähigkeiten bei, die eine Führungskraft braucht, und kaum einer besitzt sie „einfach so“. Führungskräfte müssen nicht die fachlichen Probleme lösen, sondern den Energiezustand der Organisation beeinflussen, die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter fördern, unter Stress die richtigen Entscheidungen treffen, die Tücken der falschen Motivationshebel umgehen, die richtigen Werte leben und vieles mehr. Dafür reicht fachliche Kompetenz nicht aus. Der ganzheitlichen Führungskraft muss es – neben dem Erfüllen von fachlichen und operativen Tätigkeiten – gelingen, den Mitarbeiter ins Zentrum ihrer Aufgaben zu stellen und den Handlungsrahmen zu gestalten – inhaltlich die richtigen Dinge tun (Fachkompetenz) und zwischenmenschlich die Dinge richtig tun (soziale und ethische Kompetenz).
Manager und Leader
Deshalb definieren wir Führung als die Fähigkeit, sowohl Manager als auch Leader zu sein. Die sehr gute Führungskraft unterscheidet sich also von der guten dadurch, dass sie beide Fähigkeiten gleichermaßen beherrscht und situativ anwenden kann. Es geht im Bereich Führung auf der emotionalen Ebene darum, durch Charakter und Persönlichkeit, Auftreten und Ausstrahlung wirksame „Führungs-Kraft“ zu entwickeln. Das hat Auswirkungen auf die Menschen, ihre Motivation und Stimmung, auf die Unternehmenskultur und die im Unternehmen herrschende Geisteshaltung und Teambildung. Die Techniken und Instrumente im Managementbereich, also auf der sachlichen Ebene, wirken auf Projekte, Sachthemen, Aktionen, Ergebnisse und Produkte. Managen heißt also, fachlich und methodisch fit zu sein. Leadership bedeutet, sein gelebtes Wertesystem mit sozialer Kompetenz und Selbstkompetenz zu verbinden. Führung entfaltet sich, wenn neben einer ganzheitlichen Führungspersönlichkeit zwei weitere Faktoren dazu kommen: ein konsistentes Führungsmodell und eine tragfähige Vertrauenskultur.
Gute Führung kann man nicht lernen wie die Bedienung einer Maschine. Dafür spielt die eigene Persönlichkeit eine viel zu große Rolle. Allerdings kann man Kompetenzen entwickeln und Techniken lernen, die die tägliche Führungsarbeit unterstützen. Dazu zählen zum Beispiel Kommunikationsmethoden und -techniken wie „aktives Zuhören“, Feedbackkultur, Mitarbeiter- und Zielvereinbarungsgespräche. Führen ist die Verbindung von Eigenschaften und Fähigkeiten, die, gezielt trainiert, Sicherheit im Führungsalltag geben. In ihrer Gesamtheit können sie jedoch kaum von außen beigebracht werden. In unseren Führungslehrgängen wie in diesem Buch geht es deshalb in erster Linie darum, Führungskräfte dabei zu unterstützen, sich selbst besser kennenzulernen und ihnen Instrumente an die Hand zu geben, mit denen sie ihre verschiedenen Rollen als Vorbild, Anführer und Entwickler besser bewältigen können.
Voraussetzungen für erfolgreiches Führen
• Glaubwürdigkeit durch ein stabiles Wertesystem
• Bereitschaft zur Selbstreflexion
• Begeisterungsfähigkeit in Verbindung mit einer positiven Lebenseinstellung
• Belastbarkeit und daraus resultierende Gelassenheit
• Talententdecker und Ent...