Julius Robert Mayer
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Julius Robert Mayer

Gesammelte Schriften Band 12

Salomo Friedlaender/Mynona, Hartmut Geerken, Detlef Thiel, Hartmut Geerken, Detlef Thiel

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Julius Robert Mayer

Gesammelte Schriften Band 12

Salomo Friedlaender/Mynona, Hartmut Geerken, Detlef Thiel, Hartmut Geerken, Detlef Thiel

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Der von Mayer auf einer Reise nach Java konzipierte und 1842 aufgestellte Satz von der "Unzerstörlichkeit der Kraft" (Erhaltung der Energie) bildet einen Grundpfeiler moderner Naturwissenschaft; er bereitet den ersten Hauptsatz der Thermodynamik vor. Mit der Berechnung des mechanischen Wärmeäquivalents war das Verhältnis von mechanischer Bewegung und Wärme zum ersten Mal zahlenmäßig fixiert. - Das hier nach 105 Jahren wieder vorgelegte Buch, Erstling des 33 Jahre alten Friedlaender/Mynona, ist die früheste populäre Darstellung von Mayers tragischem Leben, seiner Schriften und der Folgen seiner Entdeckung. Es ist zugleich ein Lehrstück der Wissenschaftshistorie und der Kulturkriminalistik. - In der Einleitung schildert der Herausgeber die Entstehung des Buches und seine Rezeption, beleuchtet Mayers Stellung zu Kant und zur zeitgenössischen Naturphilosophie sowie zur Psychiatrie. Er zeigt auch, wie Friedlaender/Mynona die Gelegenheit nutzt, um sein eigenes Anliegen vorzutragen: einen philosophischen Polarismus, der die idealistischen Naturspekulationen Schellings unterläuft.

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Información

Año
2015
ISBN
9783738688801

Teil II

A. Die Lehre

I.

Geschichtlicher Überblick

Ex nihilo nil fit;
Nihil fit ad nihilum;
Causa aequat effectum.
Diese drei Axiome, auf die sich Mayer so gern gewichtig stützt, sind gleichsam der Urgranit seiner Naturauffassung – und vielleicht jeder möglichen. Erkenntnistheoretisch hat er sich so gut wie gar nicht an ihnen versucht, nichtsdestoweniger hütet er sich – aber mehr aus religiösen Motiven –, ihre Geltung auf alles und jedes auszudehnen. Sie gelten für Menschen, von Stoff und – hier bewährt er seine Einsicht – von aller Kraft; hingegen so zwingend nicht mehr vom Geiste.
Obgleich Kant seine mächtige Wirkung immer noch ausübt, obgleich er in dem neuerdings viel gelesenen Ernst Marcus den sonnenhellsten und im Goetheschen Sinne qualitativ produktivsten Interpreten gefunden hat, – oder vielleicht gerade deswegen ist auch die Skepsis gegen die aprioristische Auffassung immer feinfühliger und eindringender geworden. Sogar ist Kants Vorgänger Hume zu besseren Ehren dadurch gelangt, als er es sich selber hätte träumen lassen. Man hat unseren apriorischen Instinkt auf manche Weisen historisch, etwa im Sinne Darwins, herzuleiten versucht – eine Belächelns kaum werte Naivetät, der gegenüber der Skeptiker Nietzsche lieber zu irgend einer Urfatalität greift. Schließlich sehen wir den lange totgeglaubten Nominalismus munterer als je sein Haupt erheben: Die Welt? Ein, ich weiß nicht was, und unsere Worte, unser ganzer Kommentar dazu – flatus vocis, Faksen.
Genug! Wir stehen vor der Fatalität unserer Einzwängung in gewisse Denknotwendigkeiten. Es mag sein, daß der Zwang, den sie ausüben, bei näherem Besehen wohl gelinder ist als wir sofort annehmen; gleichviel, wir verspüren in uns einen „apriorischen“ Instinkt, einen genialischen Sinn für das All, seine Unendlichkeit, Ewigkeit und Konstanz. Ob die reflektiven Interpretationen, welche wir diesem Sinne gegeben haben, ihn richtig und vollständig genug aussprechen, das ist fraglich. Es ließe sich eine Geschichte dieser Auslegungen entwerfen, welche den Verdacht, daß auch Kant und Schopenhauer noch bei keiner angemessenen angelangt sind, verstärken würde. Auch ist dieser Instinkt nicht in dem Sinne apriorisch, daß er aller Erfahrung vorausgeht, sondern in demjenigen, daß er mit ihr erwacht, ohne aus ihr herrühren zu können und, sich wie ein Streichholz an ihrer Reibfläche entzündend, erst sein Licht über sie ausgießt. – Aus nichts wird nichts: merkwürdig, daß man verabsäumt hat, der gewaltigen Konzeption des Weltalls die ebenbürtige des ihm wesentlich korrelativen Weltnichts beizugesellen. Es sind dies gleichsam die Pole der Unermeßlichkeit, die sich mit gleicher, ob auch nicht mit derselben Gewalt an allem Ermeßlichen erproben und es ewig (wie Magnete den Sarg Mohameds) schwebend erhalten. Auch das All ist so unerreichbar wie das Nichts, hier sind Schranken, aber wie man wohl einsieht, lebendige, in infinitum accommodabele.
Causa aequat effectum: Ursache und Wirkung sind hier rein quantitativ zu nehmen. Mayer selbst macht aufmerksam, daß die sogenannte „Auslösung“, bei der durch einen minimalen Anstoß maximale Wirkungen erzielt werden, keineswegs unter die Kompetenz dieses Satzes falle: als etwas nicht mehr Meßbares, Plötzliches. –
Diese Urworte galten auch von Urbeginn an für Materien. Zuletzt war man dahin gelangt, durch die minutiösesten Experimente den Satz, daß Materie unverlierbar sei, zu exemplifizieren.
Wie stand es nun aber mit gewissen Phänomenen, die so zarter Natur waren, daß man sie nicht wohl wägen konnte, zum Beispiel mit Licht, Elektrizität, Wärme? Wie vor allem stand es mit jenem seltsamen Dinge, das wir Bewegung nennen? Wie stand es mit denjenigen Eigenschaften des Stoffes, durch die er wenigstens dem Anschein nach entstand, verschwand, variabel war? Also mit dem, was wir ziemlich anthropomorphistisch Kraft nennen? Die „imponderablen“ Stoffe sowie die Kräfte scheinen der Exekutive jenes polizierenden Satzes zu entrinnen. Daß die Bewegung als solche aufhören konnte, lehrte jeder Tag in jeder Sekunde. Aber verschwand sie auch in jeder Beziehung? Konnten Imponderabilien, Kräfte, Bewegungen spurlos verschwinden? Für ihre Entstehungsursachen hatte man allezeit ein wachsames Auge, man wäre über eine Bewegung oder Erwärmung oder irgend eine Kraftäußerung ohne Ursache verwundert gewesen. Wohin dagegen diese Wesen bei ihrem Verschwinden gingen, dafür erwachte der Sinn erst sehr allmählich; wie wir ja überhaupt nach Seiten der Zukunft hin eine Art lähmender Schwäche an uns verspüren. –
Lukrez, der uns in seinem didaktischen Epos „Von der Natur der Dinge“ die Lehren Demokrits und Epikurs fesselnd auseinandersetzt, ist innig davon durchdrungen, daß die Summe alles dessen, was besteht, konstant bleiben müsse:
„Drum auch ist die Bewegung, in welcher die Körper des Urstoffs Jetzt sich befinden, darin schon längst vorhanden gewesen, Und wird ferner noch statthaben in ähnlicher Weise. –
Keine Gewalt ist fähig, die Summe der Dinge zu ändern!
Wo wär etwas, wohin auch nur ein Teilchen des Urstoffs Könnt aus dem All entfliehn? Wo könnten auch wieder die neuen Kräfte sich bilden, zu dringen ins All und zu ändern der Dinge Ganze Natur und deren Bewegung?“
Daß die Quantität der Stoffe sich ewig gleich bleibe, ist ein uraltes Axiom. Aber hier ist schon deutlich auch auf die Erhaltung der Kraft- und Bewegungsgröße angespielt. Instinktiv hat Lukrez das Richtige getroffen, das nach Jahrtausenden erst reflektiv durch Robert Mayer systematisch festgestellt worden ist. Jede große Wahrheit hat ihr Stadium der Morgenröte, und wirklich hat die Betrachtung des mählich-sanften Aufglimmens dieser Gedankensonnen ihren ästhetischen Reiz.
Die Bewegung – wie oft sah man das mit Verdruß – hört auf. Die Bemühungen, sie zu perpetuieren, dauerten offiziell bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Man wollte durchaus ein perpetuum mobile konstruieren. Derselbe Instinkt, welcher ursprünglich fühlte, daß eine absolute Vernichtung der Kraft ausgeschlossen sei, daß in irgend welchem Sinne jede Kraft konstant bliebe, dachte sich die praktische Realisation dieser Idee zu einfach und verirrte sich in Komplikationen. Zwar ist Einfachheit das Kennzeichen des Wahren, aber diese Simplizität ist nicht jedermanns Sache, sie ist heilig, nicht profan. Und besonders im Falle des perpetuum mobile gilt der Satz, daß erst, wer die Grenze kennt, sich des Grenzenlosen bemächtige:
„Vergebens werden ungebund’ne Geister nach der Vollendung reiner Höhe streben.
— — — — — — — — — — — — — — — — — — — —
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister.“
Auch Robert Mayer hatte seinen Weg damit begonnen, daß er es mit einer solchen abenteuerlichen Konstruktion versuchte. Wer sich für diese Raritäten interessiert, kann im Museum des Conservatoire des arts et métiers in Paris eine herrlich bunte Sammlung von Apparaten finden, die der Akademie zur Perpetuierung der Bewegung offeriert worden sind. Erst 1775 sind Einreichungen dieser Konstruktionen untersagt worden. Einige sind so außerordentlich scharfsinnig erklügelt, daß sie das höchste Staunen Helmholtzs erregten. Wollte man zu diesem sukzessiven Instrumente das simultane Analogon imaginieren, so würde man sich der inneren Vergeblichkeit dieses infinitesimalen Trachtens, zugleich aber seiner Grandiosität bewußt. Wer trachtete, von irgend einem Punkte des Raumes aus alle Unendlichkeit mit seiner Wirkung auszufüllen, handelte ähnlich fruchtlos wie jene Erfinder. Die Form, in der sich uns das Ewige darbietet, ist abzumessende Zeit. Und Unendlichkeit manifestiert sich nicht anders als in abgegrenzten Räumen. Will man einen Apparat zehntausend Jahre lang funktionieren lassen, so kann man das nicht mit einem Ruck erspringen, sondern muß zuvor eine diesem angestrebten Zweck angemessene Arbeitskraft aufbieten, sei es – was sich aber wohl ausschließt – eigene, sei es fremde. Wer einen Stein so hoch schleudern will, daß er erst nach 100.000 Jahren zu Boden fällt, müßte eine Kraft aufbieten, welche die moderne Technik ihm noch nicht zur Verfügung stellen kann. Darüber hinaus wird das erforderliche Kraftaufgebot hyperbolisch groß. Nimmt man das perpetuum mobile im Verstande beständiger Arbeitsleistung, so erweist sich das Trachten danach dem gesunden Instinkte bereits als charlatanistisches Unterfangen. Man soll sich aber vergegenwärtigen, daß fast alle exakten Wissenschaften auf ihrem Grunde den trübsten Bodensatz haben, daß auch heute noch selbst in der Mathematik sich noch nicht aller gesetzt hat, und daß im beständigen, geduldig beförderten Zubodensinken dieses trübenden Schlammes der Reinigungsprozeß der Erkenntnis besteht. Ist in einer Welt, welche durch und durch mit hyperbolischem Wesen imprägniert, welcher das Brandmal des Zeichens ∞ so im kleinsten wie im größten aufgedrückt ist, ein Drang nach Perpetuierung auch des scheinbar Flüchtigsten unerklärlich oder gar unverzeihlich? Wer die Quadratur des Zirkels mit einem einzigen Salto erspringen wollte, würde einen salto mortale machen; dagegen sind der langsamen Annäherung nicht Grenzen gesetzt, die man nicht überschreiten könnte. Wir wissen a priori, daß wir in jedwedem Stoff in irgend welcher noch geheimnisvollen Weise jedweden anderen innehaben: Chemie, in sanftem Anstieg, der zuletzt zum Fluge wird, nicht rasender Hokuspokus wird sich das Ziel gewinnen. –
Die Konstanz der Materie war ein viel plausibleres Axiom als die der Kraft. Bewegung zumal schien ja das Sinnbild der Flüchtigkeit. Solange der nähere Hergang dieser Erhaltung unaufgeklärt blieb, war exakte Naturwissenschaft unmöglich. Diese Aufklärung ist also etwas viel Fundamentaleres als selbst die genialen Rätsellösungen eines Newton: aus ihr erst muß sich der letzte Grund jener erschließen lassen; das logisch Erste verspätet sich aber sehr oft chronologisch. Die Konstanz der Materie ist von Black und Lavoisier experimentell nachgewiesen worden: Das Gewicht einer bestimmten Anzahl Körper bleibt chemischer Zersetzung und Verbrennung zum Trotze konstant. – Über die Entwicklung des Energieprinzips wollen wir uns etwas eingehender informieren. –
Indirekt, aus dem scheiternden Versuch, etwas ewig Bewegliches, ewig Arbeitendes, einen unausschöpfbaren Kraftquell festzustellen, erfuhr man allmählich die Einwirkungen eines Gesetzes:
„Und das Gesetz erst kann uns Freiheit geben.“
Kraft muß bezahlt werden: um geringen Preis läßt eine große, wo nicht gar immer leistende Kraft sich nie und nimmer haben. Man muß, um eine bestimmte Kraft zu gewinnen, eine gleich bestimmte, gleich große dafür einsetzen. Und will man diese eingesetzte wieder erhalten, so ist dies zwar möglich, aber nur dann, wenn man auch die gekaufte wieder zurückgibt. So verfährt die Natur für manchen Geschmack vielleicht allzu kaufmännisch, aber Mayer selbst warnt uns, ein Prinzip, das in den quantitativen Haushalt der Natur gehört und die Natur nur als die gewissenhafteste Haushälterin zeigt, auf die Welt unmodifiziert auszudehnen. Vergessen wir nie, daß die Gesetzlichkeit mit der Freiheit eng verschwistert ist, und wenn diese Verschwisterung auch so streng aussehen sollte, wie nur das Gesetz aussehen kann – sie ist unlöslich, es sind inséparables, und Zahlen sogar sollen uns nie verführen, diesen sanft gestrengen Zusammenhang zugunsten der einen auf Kosten der anderen zu lösen: „es liegt euch kein Geheimnis in der Zahl, allein ein großes in den Brüchen.“ – Kennt doch, um in dem vorigen Bilde zu bleiben, auch der berechnetste Kaufmann, und vielleicht gerade der, eine gewisse „Koulanz“. –
Kurzum, es ist zwischen darangegebene und gewonnene Arbeit ein unveränderliches kompensierendes Äquivalent gesetzt, um das man nicht herumkommt. Aus nichts wird nichts. Dafür haben wir aber auch den Trost, eine Leistung wird nie zunichte: Die Natur bezahlt mit ebensolcher strengen Genauigkeit, was sie uns schuldet.
Aber wo nimmt man die Wagschale her, diese Äquivalenz, dieses stabile Gleichgewicht handgreiflich zu konstatieren? Allzu schwierig war dieses solange noch nicht, als man unter Kraft nichts verstand als mechanische, d. h. Bewegungen; oder vielmehr solange, als man noch nicht alle Arten der Bewegung überblickte, als man z. B. unter Licht, Elektrizität, Wärme noch keine Kräfte, keine Bewegungen verstand, sondern etwa imponderable Stoffe. Solange natürlich blieb auch das Gesetz nur halb mächtig, seine Universalität steckte noch im Keim, der nur langsam erblühte.
Vorläufig also handelte sichs darum, die gegenseitige Kompensation von mechanischer Arbeit, von Bewegungen im landläufigen engeren Sinne zu messen. Hierzu mußte zuerst die Chimäre der Möglichkeit, Arbeit um nichts zu gewinnen, das perpetuum mobile, sterben. Um seinen Tod sehr verdient gemacht hat sich S. Stevinus in seinen 1634 erschienenen Hypomnemata mathematica. Stevin denkt sich zu dieser tötlichen Bestimmung ein Dreieck mit horizontaler Basis vertikal aufgestellt. Jetzt legt er über die Spitze und die sie bildenden Schenkel eine schwere Kette, deren Enden bis unter die Grundlinie hinab verbunden hängen: diese Kette rührt kein Glied, sie bleibt im Gleichgewicht, sie gleitet nicht im geringsten an einer Seite hinab, aber wenn sie zu gleiten begönne, so würde sie ewig zirkulieren müssen, denn, da sonst nichts geändert ist, so gibt es keine irgend hemmende Ursache dieses Kreisens. Da sie nicht gleiten, geschweige zirkulieren kann, selbst wenn man (was aber zugleich zu geschehen hat) ihre beiden herabhängenden Enden genau an der Grundlinie wegschneidet, so ist ein Apparat, welcher auf analoge Weise in infinitum arbeiten soll, unmöglich.
Von Stevin ist Galilei beeinflußt und gelangt zu folgender Einsicht: Läßt man durch ein sinkendes Gewicht eine größere Last allmählich steigen, so sind allemal die Produkte der Gewichte in die gleichzeitigen Wege beider gleich. Man verdankt Bernoulli die Erweiterung dieses Satzes zum „Prinzip der virtuellen Geschwindigkeiten“. Aus eigener Schwere kann kein Körper sich hochheben, das sah Galilei vor Augen. Und Huygens ist so penetriert davon, daß er der Entdeckung des Prinzips von der Erhaltung der mechanischen „lebendigen Arbeit“ sehr nahe kommt. Seiner Theorie des Pendels liegt der Satz zugrunde, daß ein Pendel seinen Schwerpunkt in keine größere Höhe verlegen kann, als es seine Anfangsgeschwindigkeit ihm erlaubt.
Leibniz erfand 1695 für die Kraft, mit der ein emporgeworfener Körper aufsteigt, und von der man durch Galilei wußte, daß sie proportional sei dem Quadrate der Geschwindigkeit, den Namen vis viva, den Druck, mit dem ein schwerer Körper ruht, nennt er vis mortua. Wir werden sehen, daß Mayer mit Recht gegen diese Terminologie einschreitet. Jedenfalls hatte man gelernt, es hänge die lebendige Kraft eines Körpers, der sich nach den Fallgesetzen bewegt, bloß ab von der Höhe seines Schwerpunktes.
Daß nun, wenn zwei elastische Körper aufeinander stoßen, keine solche lebendige Kraft verloren gehe, wußte schon Huygens. Allein wohin begab sich diese Kraft beim Zusammenprall unelastischer? Sie schien verschwunden. Außerdem war man wegen der rechten Schätzung der lebendigen Kraft in Verlegenheit. Kant hat sich bekanntlich das Scherzwort zugezogen, er solle erst an die Schätzung der eigenen Kräfte gehen, bevor er sich an die der lebendigen wage. Welches war das wahre Maß der Kraft eines sich bewegenden Körpers? Ein langer heftiger Streit entbrannte, inauguriert von den Gegnern Descartes und Leibniz. Die Leibnizianer machen geltend, man müsse, um ein bestimmtes Gewicht vier Fuß hochzuheben, soviel Kraft aufwenden wie zur Hebung des vierfachen Gewichts um einen Fuß. Das einfache Gewicht mit der doppelten Geschwindigkeit hat die gleiche Kraft wie das vierfache mit der einfachen. – Hingegen behaupten die Kartesianer, am gleichen Körper verursache die gleiche Kraft in der gleichen Zeit die doppelte Geschwindigkeit. – Man unterschied eben noch nicht wie heut zwischen Kraft und Arbeit, sonst wäre der ganze Streit als überflüssig erkannt worden. Der Begriff Kraft war nicht scharf genug gefaßt worden, der Streit ging also um des Kaisers Bart.
Was aber merkwürdig ist, man hatte beiderseits entschieden die Überzeugung eines Unzerstörbaren der Kraft. Kartesius berief sich dabei auf Gott, indessen Leibniz den Kausalkonnex betonte. In einer Wirkung, meint Leibniz, kann wesentlich nicht mehr als in der Ursache liegen, wesentlich nicht weniger: das in ihnen Wirksame bleibt wesentlich sich selber gleich: das sei eben die Kraft. – Leibniz hat hier überall klarere, fast moderne Auffassung, vermengt aber noch Kraft mit Arbeit. Man konnte sich also über keinen Äquivalenzwert einig werden, obwohl man der Konstanz der Kraft ursprünglich gewiß war: Welches Maß der Kompensation kommt in die Geschwindigkeit eines Körpers, wenn man seine Bewegung zu einer bestimmten Wirkung verwendet? Hier kannte man sich schwer aus.
Newton, der Vollender der Mechanik, nannte Kraft, was für Mayer nur träger Druck war, und maß ihre Quantität à la Descartes. Die Leistu...

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