Evidence-basiertes Pflegehandeln
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Evidence-basiertes Pflegehandeln

Entwicklung professioneller Handlungskompetenz

Änne-Dörte Latteck, Norbert Seidl, Julia Lademann, Christa Büker

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Evidence-basiertes Pflegehandeln

Entwicklung professioneller Handlungskompetenz

Änne-Dörte Latteck, Norbert Seidl, Julia Lademann, Christa Büker

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Información del libro

This volume is devoted to the internationally recognized scientific method of evidence-based nursing (EBN). This is a method that stands at the interface between nursing practice and nursing science and thus represents a central area of competence for university-trained nurses. The volume will enable students to transfer scientific findings methodically into the field of nursing, by presenting the individual steps of the method and providing practical procedural instructions in the form of practical examples. The use of learning and reflection tasks makes it easier to understand the importance of the EBN method.

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Información

Año
2022
ISBN
9783170342880
Edición
1
Categoría
Medizin

1 Evidence-basierte Pflege – eine Einführung

Ziel dieses ersten Kapitels ist es, ein allgemeines Bild des Konzepts »Evidence-based Nursing« zu vermitteln. Es steht an der Nahtstelle zwischen Pflegepraxis und Pflegewissenschaft und hat zum Ziel, die Wünsche und Bedürfnisse von Pflegebedürftigen, wissenschaftliche Erkenntnisse und das Erfahrungswissen von Pflegenden zugunsten einer wissenschaftsbasierten pflegerischen Handlungsweise zusammenzubringen.
Zunächst wird die wissenschaftliche Herkunft und Entstehung des Konzepts beschrieben. Diese ist abgeleitet aus der Methode Evidence-based Medicine (EBM) und wurde primär von Pflegewissenschaftler*innen auf die Pflege übertragen, modifiziert und erweitert. Im nächsten Abschnitt wird das mit Evidence-based Nursing verbundene Ziel dargelegt. Dies ist stark mit der Bedeutung verbunden, die das Konzept für die Gesundheitsversorgung, für den einzelnen Pflegebedürftigen oder das Pflegesystem, die handelnden Pflegekräfte und den Pflegeberuf einnimmt. Anschließend wird die potenzielle Bedeutung des Konzepts für ein zukünftiges professionelles Pflegehandeln thematisiert. Abschließend werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede verschiedener wissenschaftlicher Konzepte und Methoden zur Integration von Forschungswissen in pflegerisches Handeln vorgestellt. Dies soll einer Einordnung des Konzepts in den Kanon der bestehenden Konzepte ermöglichen.

Praxisbeispiel

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Sie haben als Studierende Ihren zweiten mehrwöchigen praktischen Einsatz auf einer internistischen Station in einem Krankenhaus der Maximalversorgung. Hier werden Patient*innen mit einer koronaren Herzkrankheit behandelt. Zahlreiche Patient*innen erlitten einen Herzinfarkt, wurden kurzzeitig auf einer Intermediate Care Station betreut und wurden adäquat therapiert sowie pflegerisch versorgt.
Eines Morgens sind Sie für die Körperpflege eines Ihrer Patienten, Herrn Friedhelm Storck*, zuständig. Der Patient ist 63 Jahre alt, hatte vor fünf Tagen erstmalig einen mittelgroßen Hinterwandinfarkt. Sie unterstützen ihn bei der Körperpflege und zugleich unterhalten sie sich. Zunächst erzählt Herr Storck von seinen vernichtenden Schmerzen am frühen Morgen des Infarktereignisses. Im Gesprächsverlauf äußert er, dass ihm die Sauerstoffgabe über die Nasensonde sehr guttut und er den Eindruck hat, ihm werde das Atmen erleichtert. Er erzählt, bei der Visite habe der behandelnde Arzt gesagt, dass die Sauerstoffgabe beendet werden könnte. Nun fragt er, was Sie empfehlen. Sie haben dazu eher ein Gefühl, können aber noch nicht fachlich fundiert antworten, denn im Rahmen Ihres Studiums war das noch kein Thema. Sie wenden sich mit der Frage von Herrn Storck an Ihre Praxisanleiterin. Sie verweist auf verschiedene Positionen innerhalb des Pflegeteams. Es kommt zur Diskussion darüber, ob Herr Storck nach wissenschaftlichen Erkenntnissen von dem Sauerstoff profitiert oder ob er eher an einen Gewinn für seine Atmung glaubt. Man beschließt, dem Thema gründlich nachzugehen, und bittet eine Pflegewissenschaftlerin aus dem Haus um eine wissenschaftsbasierte Beantwortung der Frage. Die Pflegewissenschaftlerin kommt zu Ihnen auf Station und unterhält sich mit Herrn Storck. Sie befragt ihn zu seinen Bedürfnissen und Wünschen hinsichtlich der Atmung. Dann verlässt sie die Station mit den Worten: »Ich gehe mal recherchieren.« Nach wenigen Stunden informiert sie die Station dahingehend, dass in der aktuellen kardiologischen Leitlinie die Sauerstoffgabe nicht mehr empfohlen wird. Gemäß einer Meta-Analyse mit zahlreichen randomisierten Studien kann der Sauerstoff sogar schädigende Wirkung haben. Die Antwort beeindruckt Sie und Sie fragen die Pflegewissenschaftlerin, wie sie zu ihrer Antwort gekommen ist. Sie erzählt Ihnen, dass sie eine Stabsstelle zur Förderung der evidence-basierten Pflege bekleidet. Dieses Wort haben Sie schon mehrfach an der Hochschule gehört. Nun ist Ihr Interesse geweckt.
Zugleich erklärt sich Ihre Praxisanleiterin bereit, mit Herrn Storck über die Erkenntnisse zu sprechen. Beide vereinbaren, den Sauerstoff zeitweise auszustellen und nach ein paar Minuten die Atmungssituation bei Herrn Storck zu evaluieren.
*fiktiver Name

1.1 Entstehung und Begriffsbestimmung von evidence-basierter Pflegepraxis

1.1.1 Gesetzliche Grundlagen für eine evidence-basierte Pflegepraxis

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Evidence-based Nursing ist gesetzlich gefordert
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Pflege und auch alle anderen Gesundheitsfachberufe müssen als Leistungsanbieter im Gesundheitssystem die Wirksamkeit ihres professionellen Handelns wissenschaftlich belegen. Dies müssen sie seit mehreren Jahren und zukünftig vermehrt.
Zudem unterliegen die Anforderungen an die Pflege einem steten gesellschaftlichen Wandel. Er ist assoziiert mit soziodemografischen Veränderungen wie der »Überalterung« und der Zunahme von chronischen Erkrankungen sowie von Multimorbidität. Dies geht mit einem erhöhten und veränderten Bedarf an pflegerischen Unterstützungsleistungen für Menschen mit einer Pflegebedürftigkeit einher. Zugleich befindet sich Pflege in einem Spannungsfeld mit weiteren Herausforderungen wie der Knappheit von Ressourcen, der Halbwertzeit von Wissen von ca. vier bis fünf Jahren oder dem Fachkräftemangel. Alles zusammen erfordert, neue Entwicklungen in das Berufsfeld aufzunehmen, um es kontinuierlich weiter zu entwickeln (Huckle 2008).
Mit der Etablierung von Pflegewissenschaft gehen Entwicklungen im Beruf einher. Sie basieren oftmals auf der Entwicklung und Einführung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und wissenschaftsbasierten Konzepten im Handlungsfeld der Pflege. Die Implementierung pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse in das Handlungsfeld der Pflege und damit in die »Praxis« erfolgt in zahlreichen Ländern mithilfe des Konzepts einer evidence-basierten Pflege. Es wird international zur Lösung von pflegerischen Problemen eingesetzt (Huckle 2008).
Die Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen und damit die Anforderungen an die Pflege finden über die Pflegewissenschaft hinaus auch ihren Niederschlag in aktuellen Gesetzgebungen.
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Das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) in § 12 Abs. 1 Satz 1 und auch das Elfte Sozialgesetzbuch (SGB XI) in § 4 Abs. 3 fordern eine »wirksame und wirtschaftliche Pflege«. In § 135a (1) SGB V steht: »Die Leistungserbringer sind zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der von ihnen erbrachten Leistungen verpflichtet. Die Leistungen müssen dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden.« Die Sozialgesetzgebung verpflichtet demnach die professionell Pflegenden dazu, Forschungsergebnisse in die Praxis zu übertragen, sie anzuwenden und ihre Wirksamkeit zu evaluieren (Thiel et al. 2001, S. 268). Hierfür sind einschlägige wissenschaftliche Konzepte und auch pflegerische Kompetenzen nötig.
Die seit 2003 noch gültigen Berufsgesetze für die drei Pflegeberufe und in ihrer Nachfolge das im Juli 2017 verabschiedete Pflegeberufegesetz schreiben als Ausbildungsziel für die hochschulische Pflegeausbildung einen Kompetenzerwerb zur »Steuerung und Gestaltung hochkomplexer Pflegeprozesse auf der Grundlage wissenschaftsbasierter oder wissenschaftsorientierter Entscheidungen« (Bundesgesetzblatt 07.2017; § 37 Abs. 3) vor. Der Gesetzgeber verbindet bereits mit der hochschulischen Ausbildung Kompetenzen, die zu einer wissenschaftsbasierten Handlungsweise in der Pflege führen sollen. Auf diese Weise sind hochschulisch ausgebildete Pflegende zu einem wissenschaftsbasierten Handeln zunächst verpflichtet als auch zuvor zu befähigen.
Die aufgeführten Gesetzgebungen formulieren die Notwendigkeit einer wissenschafts- und damit forschungsbasierten Praxis. Sie greifen gezielt systematisches – wissenschaftliches Wissen auf und verbinden damit eine Verbesserung der Versorgung von Pflegebedürftigen. Denn das Ziel der gesetzlichen Regelungen besteht darin, forschungsbasiertes Wissen und damit Forschungsergebnisse zu nutzen, um positive Pflegeergebnisse für die Empfänger von Pflege zu erzielen (Breimaier 2017). Auf Grundlage wissenschaftsbasierter Erkenntnisse pflegerisch zu Handeln ist entsprechend der Gesetzgebung ein Auftrag, den die Gesellschaft an die Angehörigen der Pflegeberufe richtet. In diesem Sinne ist Pflege für ein »State of the Art« ihrer Leistungen verantwortlich (Kleibel & Smoliner 2012, S. 27).
Pflege als Handlungswissenschaft zielt auf eine bestmögliche Versorgung von Personen oder Systemen, die pflegerischer Unterstützung bedürfen. Zentrale Fragen sind dabei, ob eine pflegerische Maßnahme einen Nutzen hat, eine positive Wirkung entfaltet, welchen Nutzen sie aufweist oder ob sie gar einer pflegebedürftigen Person schadet (Meyer & Köpke 2012, S. 38). Pflegerische Maßnahmen sollten im Normalfall wissenschaftlich als wirksam belegt sein. An dieser Nahtstelle knüpft das Konzept der evidence-basierten Pflege an. Es zielt darauf, forschungsbasiertes Wissen für die Pflegepraxis nutzbar zu machen und die Handlungsoptionen für Pflegende zu erweitern sowie die pflegerischen Maßnahmen hinsichtlich ihres Wertes zu evaluieren (Thiel et al. 2001, S. 270).
Das Konzept evidence-basierter Pflege kann methodisch einen essenziellen Beitrag zur Lösung des Theorie-Praxis-Transfers leisten, weil es einen Weg zur Vereinbarkeit von forschungsbasierter Praxis in einer Zeit offeriert, die sowohl von Informationsflut und Wirtschaftlichkeit als auch von Zeitnot professionell Pflegender gekennzeichnet ist (Panfil 2005, S. 457). Mit der Konzeptumsetzung in die Praxis ist die allgemeine Erwartung verbunden, neues wissenschaftliches Wissen zu verbreiten und damit verbesserte Patient*innenergebnisse und eine hohe Betreuungsqualität zu erreichen (Smoliner et al. 2008, S. 288). In diesem Sinne ist die Forderung nach einer evidence-basierten Handlungsweise in der Pflege eine Möglichkeit, den verschiedenen aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen (z. B. nach Effizienz) zu begegnen (Hahn et al. 2012, S. 65). Die Diskussion über die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Praxis (Research Utilization) existiert, seit es Pflegewissenschaft gibt, d. h. seit mehreren Jahrzehnten. Dank des Konzeptes Evidence-based Nursing gibt es nun ein methodisch geordnetes Vorgehen mit einem populären Begriff (Mayer 2004, S. 70). Es stellt einen Paradigmenwechsel dar, etablierte traditionelle pflegerische Entscheidungen für das weite pflegerische Handlungsfeld zugunsten wissenschaftsbasierten Handelns abzulösen (Galgon 2006, S. 286).

1.1.2 Die historische Entwicklung der evidence-basierten Pflege

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EBN – eine Erfolgsgeschichte
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Seit 1999 wird im deutschsprachigen Raum das Konzept von Evidence-based Practice (EbP) oder Evidence-based Nursing (EBN) beschrieben. Es gilt in der modernen Pflegepraxis als grundlegend und wird in der Wissenschaft vielschichtig diskutiert (Thiel et al. 2001, S. 2...

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