Die Macht der Manipulation
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Die Macht der Manipulation

Wie man sich durchsetzt, wie man sich schĂŒtzt

Johannes Steyrer

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  1. 264 pages
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Die Macht der Manipulation

Wie man sich durchsetzt, wie man sich schĂŒtzt

Johannes Steyrer

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Wie man die Oberhand behĂ€lt Wo es um Beeinflussung und Überzeugung geht, wird immer manipuliert. Einer ist dabei obenauf, der andere hat das Nachsehen. Wer sich die dahinterliegenden Prozesse bewusst macht, ist in der Lage, sie vorteilhafter zu gestalten. Der Strategieprofi Johannes Steyrer schĂ€rft die Wahrnehmung kleiner und großer Manipulationen. Seine Erkenntnisse verknĂŒpft er mit höchst amĂŒsanten Alltagsgeschichten und belegt sie mit aktuellen Forschungsergebnissen aus der Psychologie und den Wirtschaftswissenschaften. Der Autor zeigt vor allem, wie man das große Spiel der Manipulation fĂŒr sich entscheidet. Nicht immer, aber immer öfter.

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Informations

Éditeur
Ecowin
Année
2018
ISBN
9783711052315

1. Wie wirkmÀchtig ist Manipulation?

SĂŒdtiroler Eltern wollten Asyl in Österreich beantragen. Warum? »Wir werden unsere Kinder nicht vergiften!«1, sagten sie. Geht es hier etwa um illegale GiftmĂŒlldeponien der Mafia? Mitnichten! In Italien gibt es seit 2017 eine gesetzliche Impfpflicht. Rationale Argumente von Ärzten wie »Die Forschung zeigt, dass es keine schĂ€dlichen Nebenwirkungen gibt« ĂŒberzeugen Impfgegner nur wenig.
Manipulative Tools, Tipps und Tricks können hingegen oft Wunder wirken: Sie sind dreimal wirksamer als rationale Argumente, um die Einstellung von Impfgegnern zu Ă€ndern. Sie verursachen bei Schulkindern, zumindest kurzfristig, einen Leistungszuwachs um das Zweieinhalbfache. Sie verdoppeln die Bereitschaft, aus ÖkogrĂŒnden einen Monat lang MĂŒlltagebĂŒcher zu fĂŒhren. 21 richtige Worte bringen Mitarbeiter dazu, immerhin fĂŒr eine Woche, um 51 Prozent hĂ€rter zu arbeiten. Ihr Einsatz verzweifacht die Zuwendungen fĂŒr Krebshilfe und die Bereitschaft zu Prostatauntersuchungen. Sie lassen fast 100 Prozent der Österreicher nach irreversiblem Hirntod ihre Organe spenden, wĂ€hrend das nur zwölf Prozent der Deutschen tun. In einem Mahnschreiben, das an sĂ€umige Steuerzahler ergeht, genĂŒgt nur ein einziger Satz, um den Anteil derer, die die Abgaben ĂŒberweisen, um 50 Prozent zu steigern.
Diese Tools, Tipps und Tricks verbessern die Chancen beim Anbandeln um das FĂŒnffache, und wenige richtige Worte puschen die Erfolgsquote von FreundschaftsantrĂ€gen auf Facebook um sagenhafte 240 Prozent. Wer sie anwendet, erscheint auf einen Schlag um 20 Prozent sympathischer und erhöht den Anteil derer, die ihm aus der Patsche helfen, um das Dreifache.
Durch ihre Handhabung kann in Verhandlungen um 25 Prozent mehr herausgeholt werden. Sie helfen den Verkaufserfolg bis zum FĂŒnffachen zu maximieren und bewirken, dass der Prozentsatz jener, die sich fĂŒr das billigere Produkt entscheiden, um die HĂ€lfte schrumpft. Sie verursachen, dass Konsumenten um ĂŒber 50 Prozent mehr den Verkaufsempfehlungen folgen, und ihr Gebrauch lĂ€sst Kunden fĂŒr ein und dasselbe Produkt doppelt so viel hinblĂ€ttern.
Dilettantische Beeinflussung ist hingegen ein Schuss ins Knie: Wenige Minuten Videoaufzeichnung von Ehepaaren, die aufeinander Einfluss nehmen, genĂŒgen, um mit ĂŒber 90-prozentiger Sicherheit zu prognostizieren, ob das Paar in drei Jahren geschieden ist. Über sechs Millionen Dollar LeistungsprĂ€mien fĂŒr SchĂŒler haben auf deren Noten keine Auswirkung, und Geld fĂŒrs Blutspenden lĂ€sst die Spenderquote um 40 Prozent hinunterrasseln.
Von der Macht der Manipulation, wie sie funktioniert, worauf sie beruht und wie sie sich davor schĂŒtzen, lesen Sie in diesem Buch.

Manipulation: Ein anrĂŒchiger Begriff?

Was bedeutet Manipulation? Manipulation im klassischen, engen Sinn ist durch drei Merkmale gekennzeichnet: Erstens: Manipulation beeinflusst andere zum eigenen Vorteil und gegen deren Interessen. Zweitens: Die Einflussnahme geht so vonstatten, dass das GegenĂŒber sie nicht bemerkt. Drittens: Der Beeinflusste hat das GefĂŒhl, sich frei entschieden zu haben.2
Zweifelsohne, das ist harter Tobak, amoralisch und ethisch fragwĂŒrdig. Aber machen wir uns nichts vor. UnablĂ€ssig beeinflussen Menschen andere Menschen, damit sie etwas tun oder unterlassen, damit sie anders denken oder fĂŒhlen – egal ob es sich dabei um Partner, Kinder, Mitarbeiter, Vorgesetzte, KĂ€ufer, SchĂŒler, Patienten oder Klienten handelt. Dabei sind immer, direkt oder indirekt, eigene Vorteile im Spiel. Was die Interessen der anderen betrifft, stellt sich ĂŒberhaupt die Frage, ob – unterm Strich – Menschen stets wissen, was sie wollen. Stimmt die pauschale Sichtweise, dass wir das tun, was wir wollen? Ist es nicht genau andersherum: Wollen Menschen nicht das, was sie tun? Jedenfalls teilen wir alle einen Hang zum Wunschdenken und Schönreden. Was also kommt beziehungsweise kam zuerst: Motivation oder Manipulation? Auch empfinden wir offen zutage tretende Beeinflussungen als BauernfĂ€ngereien. Darauf reagieren wir höchst allergisch. Das setzt Gegenwehr und Widerstand in Gang. Geht es daher auch ohne Tarnen und TĂ€uschen? Menschen setzen sich schließlich, wenn es nicht um ihre unmittelbaren BedĂŒrfnisse geht, nur selten von selbst in Bewegung. Dazu sind, wie es der WirtschaftsnobelpreistrĂ€ger 2017 Richard Thaler nennt, gewisse AnstĂ¶ĂŸe (»Nudges«) nötig.3 Schließlich geht es um die Art der Ziele, die es zu erreichen gilt. Schockbilder auf Zigarettenpackungen sind Manipulation pur. Trotzdem sind sie fĂŒr die meisten legitim.
Noch etwas kommt hinzu. Offene, freie Gesellschaften ersetzen, wo immer das geht, Zwang durch mehr oder weniger freien Willen. Stellen Sie sich vor, wer Seife statt Duschgel benutzt, bekĂ€me Fernsehverbot, wer sich die Beine nicht epiliert, öffentlichen Badeausschluss, Sitzenbleiber in der Schule hĂ€tten dem Klassenprimus zu dienen, Raucher die Straßen zu kehren, und wer die Schlagerparade von Florian Silbereisen schwĂ€nzt, den verdonnert man zu Fahrverbot in Bayern. Und wer in letzter Konsequenz Kim Jong-un nicht als gottĂ€hnlich verehrt, kommt ins Straflager!
Last, but not least stellt sich eine persönliche Frage: Sitzen Sie an den Schalthebeln der Macht? Können Sie andere Leute mit den Worten »You’re fired!« nach Belieben ĂŒber die Klinge springen lassen? Ist das nicht der Fall, dann mĂŒssen Sie die Strippen anders ziehen. Dann sind fĂŒr Sie Tools, Tipps und Tricks der Manipulation eine Frage der Selbstdurchsetzung.
Alles in allem sind die Grenzen zwischen Manipulieren und Motivieren, VerfĂŒhren und FĂŒhren fließend und nicht immer leicht zu ziehen. Daher wird der klassische, enge Manipulationsbegriff um eine Facette erweitert. Er soll auch Beeinflussungen inkludieren, deren Ziele aus Sicht des Beeinflussers legitim sind, eigentlich dem Adressaten nĂŒtzen, aber trotzdem von ihm nicht gewollt, ja sogar mehr oder weniger abgelehnt werden. Das Beispiel des Impfboykotts ist so ein Extremfall.
Machen wir uns aber nichts vor: In unserem sozialen Leben begegnen wir immer wieder auch der dunklen Seite manipulativer Macht. Dann sind wir die Gelackmeierten, Hereingelegten, GetĂ€uschten und ĂŒbers Ohr Gehauenen. Wer es versĂ€umt, sich mit Manipulation zu beschĂ€ftigen, wird ihre willfĂ€hrige Beute. Wissen ist da Schutzimpfung und Gegenmittel zugleich.
Bevor wir beginnen, sollten Sie sich aber auch darĂŒber im Klaren sein, dass schlagkrĂ€ftige Manipulation schwer zu demaskieren ist. Sie setzt tief in uns verwurzelte Reiz-Reaktions-Muster in Gang. Sie wirft in uns Autopiloten an, die kaum auszuschalten sind. Menschen verhalten sich in vielen Situationen, so paradox das auch klingt, irrational, aber dennoch vorherseh- und damit lenkbar. Beispielsweise bremst spontane Emotion ĂŒberlegten Verstand nur allzu oft aus. Sind wir traurig, nehmen wir fĂŒr ein und dasselbe Produkt um 29 Prozent mehr Geld in die Hand.4 Bringen Kellner die Rechnung auf einer herzförmigen Tasse, stecken sie im Vergleich zur eckigen um 15 Prozent mehr Trinkgeld ein.5 Sozialer Status löst in uns Herdentriebe aus. Im Normalfall gehen 16 Prozent der FußgĂ€nger bei Rot ĂŒber die Ampel. Tut dies vor ihnen ein Anzug- und KrawattentrĂ€ger, folgen 55 Prozent. Hat derjenige aber Bluejeans und ein zerlöchertes T-Shirt an, gehen nur neun Prozent mit.6 Wir sind fĂŒr uns selbst der Nabel der Welt. Selbstverliebt nehmen wir Mehrkosten von 17 Prozent in Kauf, nur um ĂŒber uns selbst statt ĂŒber andere oder Sachfragen reden zu dĂŒrfen.7 Von diesem Faktum leben ganze Branchen. Zu guter Letzt agieren wir völlig aberwitzig, wenn uns die Evolution ein Schnippchen schlĂ€gt. Sie hat uns auf Vermehrung getriggert. Daher stecken MĂ€nner Sexdarstellerinnen wĂ€hrend ihres Eisprungs 49 Prozent mehr Trinkgeld ins Höschen als wĂ€hrend der Menstruation. Ihr Autopilot ließ sie das machen, denn keinem war das bewusst.8
Dennoch ist Achtung geboten, raffinierte Manipulation setzt zwar – wie von Zauberhand – Automatismen in Betrieb, aber fix ist nix. Ob man sich Ihnen unterwirft oder nach Ihrer Pfeife tanzt, ist bloß mehr oder weniger wahrscheinlich und niemals absolut sicher.
Dieses Buch erlĂ€utert die wirksamsten Techniken der Beeinflussung und skizziert den aktuellen Forschungsstand. Besonderes Augenmerk wird auf die Anwendung in Alltag und Berufsleben gelegt sowie auf die Frage, wie man sich vor Manipulation schĂŒtzt. Zu diesem Zweck werden anschauliche Geschichten zum Start jedes Kapitels, aber auch zwischendurch erzĂ€hlt, die die Tauglichkeit der Tools, Tipps und Tricks und die damit verbundenen Stolperfallen in der Praxis illustrieren.
Wir starten gleich mit der ersten Story, und zwar mit dem Fall Lena.

2. Das RÀderwerk der BestÀndigkeit

Der Fall Lena, die ihren hartgesottenen Vater aufs Kreuz legt
Frau Mama hat sich schon an das Rap-Gedröhn aus dem Dachgeschoss gewöhnt. Dort hat sich Lena ihr RĂŒckzugsnest eingerichtet. Der Kontakt zwischen Mutter und Tochter ist also noch halbwegs intakt. Weniger VerstĂ€ndnis hat ihr Vater fĂŒr die zickig-fordernde »Eltern sind doof«-Phase seiner Lena. Töchterliche AufmĂŒpfigkeit und vĂ€terliche Untersagungen gehen demzufolge Hand in Hand. Nunmehr steht fĂŒr Lena die Schulabschlussparty vor der TĂŒr. Sie glaubt zu wissen, dass die ganze Klasse bis weit nach Mitternacht wegbleiben darf. Allerdings hĂ€ngt ĂŒber ihr, wie ein Damoklesschwert, das in Stein gemeißelte Gesetz: »Bevor du nicht 16 bist, hast du um Punkt 22 Uhr zu Hause zu sein!« Vor den anderen offenbaren zu mĂŒssen, wie ein Kleinkind behandelt zu werden, wĂ€re Blamage und Bloßstellung zugleich. Ihr drĂ€ngender Versuch, eine mĂŒtterliche Berechtigung, wenigstens bis 23 Uhr, einzuholen, ist fehlgeschlagen. Frau Mama hat einen nicht einbekannten Bammel vor KollateralschĂ€den, verweigert Seitenabsprachen und beschrĂ€nkt sich auf den wohlmeinenden Rat: »Versuch’s halt beim Papa! Du wirst sehen, wenn du ihn weniger frech bittest, gibt er schon nach.«
Nach Nettsein ist Lena zwar nicht zumute, aber sie hat keine Alternative. KĂ€me sie demonstrativ unfolgsam zu spĂ€t nach Hause, dreht der werte Papa mit Sicherheit ihren Sommertrip ab. Sie muss es strategisch angehen: »Papa, alle, wirklich alle in unserer Klasse dĂŒrfen beim Schulabschlussfest bis nach Mitternacht bleiben. Nur ich nicht! Ich mache mich lĂ€cherlich.« »Lena, du weißt genau«, erklĂ€rt ihr der um Contenance bemĂŒhte Vater, »dass das ein PrĂ€zedenzfall wĂ€re. Also nein. Jetzt wartest du noch das eine Jahr. Dann bist du 16, und dann sehen wir weiter.« Allerdings hat Lena so etwas antizipiert und kontert mit dem schlagenden Argument: »Papa, eigentlich ist jetzt Sommerzeit, und 23 Uhr ist 22 Uhr. Niemand verletzt also die Regel, und es gibt damit auch keinen PrĂ€zedenzfall! Im Herbst haben wir dann ja wieder Normalzeit.« Mit diesem Winkelzug hat ihr Papa nicht gerechnet. Er fĂŒhlt sich entwaffnet, ist aber gleichzeitig auch stolz auf die Raffinesse seiner Tochter. Zudem fĂŒhlt er sich erleichtert, ohne Gesichtsverlust seine vĂ€terliche Toleranz zu demonstrieren: »Okay, das ĂŒberzeugt auch mich. Also sei’s drum. Dann kommst du halt einmal erst um 23 Uhr nach Haus!« Lena triumphiert ĂŒber den Etappensieg. Mutig legt sie tags darauf ein SchĂ€uferl nach: »Du, Dad«, spricht sie ihn, versöhnlich wie schon lange nicht, an: »Du, Dad – ich könnte mit der Mama von Clarissa nach Hause fahren. WĂ€r‘s nicht gescheit, wenn ich gleich mit ihr fahre? Aber bitte entscheide du selbst, ob du das willst.« Das Vaterherz antizipiert die nĂ€chtliche Marscherleichterung und gibt klein bei: »Ja super, da brauch ich dich nicht abzuholen. Ja, meinetwegen.« Daraufhin lĂ€sst Lena, ihren Sieg vor Augen, die Katze aus dem Sack: »Danke, Dad! Das ist super. Aber ich glaube, die Mama von Clarissa holt uns erst spĂ€ter, so gegen Mitternacht, ab.«
Ihr Dad spĂŒrt zwar, dass er jetzt in Toleranzzonen hineinschlittert, die jenseits davon liegen, was er fĂŒr rechtens hĂ€lt, will aber die soeben errungene friedliche Koexistenz nicht gleich wieder aufs Spiel setzen. Er willigt also ein. Zwei Tage spĂ€ter outet sich Lena: »Dad, Scheiße – Clarissas Mama ist verhindert und kann nicht fahren.« Darauf der kalt erwischte Papa: »Dann hol ich dich um 23 Uhr ab.« Lena dazu: »Das geht jetzt nicht mehr, denn ich hab allen schon gesagt, dass ich auch bis Mitternacht bleiben darf.« In einem Moment resignierter Selbstaufgabe kapituliert das Vaterherz und gibt nur mehr ein grantig in sich hineingebrummtes: »Mach, was du halt glaubst!« von sich.
Im Herbst steht die Halloween-Party an. Mit der alten Tour kann Lena nicht mehr kommen. Diesmal setzt sie auf eine neue Taktik: »Dad, nĂ€chste Woche ist die Halloween-Party. Ich komm erst am Sonntag so gegen 22 Uhr nach Hause.« Wachsam stellt ihr Vater fest: »Sonntag! Das ist mir zwar nicht recht wegen der Schule, aber das geht okay.« Lena darauf empathisch: »Ja, das mit der Schule am Montag kann ich gut verstehen. Aber mach dir keine Sorgen. Das Fest beginnt schon Freitag um Mitternacht. Wahrscheinlich wird’s Sonntag eh nicht so spĂ€t.« Dass diesem kecken Ansinnen eine forsche Absage erteilt wird, war Lena sonnenklar. Aber sie konnte darauf bauen, dass ihr besorgter Papa sein gewieftes Töchterchen freitagnachts um drei Uhr frĂŒh, leicht schlaftrunken, heimbringen wird.
Lena setzte clever und subtil ihre Interessen durch. Wie sie dabei vorging, wird in der Manipulationsforschung die Fuß-in-die-TĂŒr-Technik, das Ködern und die Aber-Sie-sind-frei-Technik genannt. Zur Durchsetzung der Halloween-Party wandte sie die wirksame TĂŒr-vor-den-Kopf-Technik an. Was steckt hinter diesen abstrus klingenden Methoden, und wie werden sie zum Einsatz gebracht?
Wir glauben zu wissen, andere Menschen seien in der Hauptsache durch Zureden, Einreden, Überreden, Überzeugen, ja bis hin zum Breitschlagen, also durch direkte Beeinflussung, dazu zu bringen, anders als bisher zu denken, zu fĂŒhlen oder zu handeln. ...

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