Patient oder Kunde?
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Patient oder Kunde?

Eine empirische Studie ĂŒber Konzepte, Strukturen und Kundenorientierung in KrankenhĂ€usern

Cemil Sahinöz

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  1. 152 pages
  2. German
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Patient oder Kunde?

Eine empirische Studie ĂŒber Konzepte, Strukturen und Kundenorientierung in KrankenhĂ€usern

Cemil Sahinöz

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Patient oder Kunde?KrankenhÀuser sind nicht mehr traditionell nur "KrankenhÀuser". Kundenorientierung und Wettbewerb haben sich in die KrankenhÀuser eingeschlichen, so dass neue Konzepte entworfen werden, um die Professionalisierung zu bewerkstelligen. Fraglich bei diesen Konzepten ist, ob der "Patient" noch immer Patient ist, oder schon als "Kunde" gilt.Um dieser Fragestellung nachzugehen und diesen Wandel in den KrankenhÀusern darzustellen, werden in dieser soziologischen und empirischen Arbeit Managementkonzepte erforscht.

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Informations

Éditeur
Books on Demand
Année
2020
ISBN
9783751925259
Édition
1
Sous-sujet
Sociologie

1.0 Einleitung

Unser Gesundheitswesen unterliegt derzeit einem starken Wandel. Politiker und Krankenkassen fordern den Einzug der Marktwirtschaft und des Wettbewerbs in den Gesundheitssektor, mit dem Ziel, die Kosten gesamtgesellschaftlich in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig versucht man die Versorgung der Patienten durch verschiedene Konzepte (wie z.B. DMP oder DRG) zu optimieren. Solche Konzepte bringen Begriffe wie „Kundenorientierung“ und „Wettbewerb“ mit sich. Somit steht das System des Krankenhauses in einem Spannungsfeld. Einerseits soll es die QualitĂ€t des einzelnen Krankenhauses und den Service fĂŒr die Patienten verbessern und andererseits die Kosten senken. Hier sollen Managementkonzepte helfen, das Spannungsfeld zwischen QualitĂ€t und Kosten zu regeln.
Daher ist die Erforschung von Managementkonzepten im System des Krankenhauses (organisations-) soziologisch relevant. Das Krankenhaus ist eine Organisation, die gesamtgesellschaftliche Bedeutung hat und in der in den nĂ€chsten Jahren starke Wandel zu erwarten sind. Der Wandel vollzieht sich in Richtung Ökonomisierung. Die Steuerung erfolgt durch das Management. Allerdings gab es Managementkonzepte schon immer in KrankenhĂ€usern, wie z.B. die DMP (Disease Management Programme). DMP bedeutet Krankheitsmanagement und verfolgt das Ziel, die QualitĂ€t und Wirtschaftlichkeit der Versorgung bei chronischen Krankheiten zu steigern. Die DMP wurde politisch gesteuert eingefĂŒhrt, um in bestimmten Sektoren des Gesundheitssystems eine effektive (kostengĂŒnstige) und qualitativ hochwertige Versorgung zu gewĂ€hrleisten. So ist z.B. ein DMP Brustkrebs durch stĂ€ndige Kontrollen und der GewĂ€hrleistung von Mindeststandards in Bezug auf radiologische GerĂ€te und Anzahl der Untersuchungen (und dadurch Erfahrung und Diagnosesicherheit) geeignet, BrustkrebsfĂ€lle frĂŒhzeitig und sicher, aber auch falsche positiv Ergebnisse (z.B. Tumorverdacht, obwohl keiner da ist) und damit ĂŒberflĂŒssige Punktionen zu minimieren.
Durch solche Konzepte soll die Versorgung der Patienten und die Kostenminimierung optimiert werden. Besonders die „Kundenorientierung“ wird hĂ€ufig als Paradigma verwendet. Eine Kundenorientierung erfordert aber eine neue Organisationsstruktur. So ergibt sich ein neues Feld fĂŒr die Organisation Krankenhaus. Hier ist zu schauen, wie diese neuen Strukturen das Krankenhaus beeinflussen.
Als Fallbeispiel fĂŒr diese Arbeit wurde ein Krankenhaus in einer Kleinstadt auserwĂ€hlt, dessen Name aus forschungs-ethischen GrĂŒnden in dieser Arbeit nicht erwĂ€hnt wird und in der ich vor ein paar Jahren meinen Zivildienst gemacht habe. Die Fragestellungen der Arbeit werden im nĂ€chsten Kapitel kurz beschrieben. Im dritten Kapitel wird der theoretische Rahmen (Systemtheorie) vorgestellt, auf die sich die Forschung bezieht. Allerdings geht es hier schon direkt um das Krankenhaus und nicht allgemein um Organisationen. Auf eine umfassende organisationstheoretische Sicht wird bewusst verzichtet, um das Augenmerk auf die „Krankenhaus“-Theorien zu lenken. Hierzu ist Kapitel 4 sehr wichtig. ZunĂ€chst wird hier die historische Entwicklung der KrankenhĂ€user beschrieben. Danach werden die einzelnen Berufsgruppen, Verwaltung, Pflege1 und Arzt, nacheinander vorgestellt. Im fĂŒnften Kapitel geht es um Managementkonzepte und dann speziell im Unterpunkt um Kundenorientierung. Hier wird noch einmal aufgezeigt, was die Literatur dazu sagt. Danach werden die Hypothesen der Arbeit aufgestellt. Im siebten Kapitel wird der Methodische Rahmen der Forschungsarbeit beschrieben. Im darauffolgenden Kapitel wird das Krankenhaus in Kleinstadt vorgestellt. ZunĂ€chst werden die historische Entwicklung des Hauses und danach die Organisationsstruktur dargestellt. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgt im neunten Kapitel. Dieser Kapitel ist in verschiedene Unterpunkte (Kategorien) aufgeteilt, die relevant fĂŒr die Fragestellungen sind. Am Ende jeder dieser Kapitel gebe ich eine kurze Zusammenfassung. Danach erfolgt eine Schlussfolgerung, in der versucht wird, die Fragestellungen der Arbeit anhand der Auswertungen zu beantworten. Auch die Hypothesen werden hier analysiert. Zuletzt erfolgt ein Fazit mit einem Ausblick in die Zukunft.

1 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird der Begriff „Pflege“Synonym fĂŒr „Pflegekraft“ verwendet.

2.0 Forschungsfrage

In der Neustrukturierung der KrankenhĂ€user haben sich vor allem die Kundenorientierung, dass heißt kundenorientierte Managementkonzepte durchgesetzt. Sie, die Kundenorientierung, ist zu einem eigenstĂ€ndigen Managementkonzept geworden. Hatten sich Wirtschaftsunternehmen schon lange auf diese Orientierung eingestellt, trifft dies nun auch auf Non-Profit Organisationen zu.
Nun gibt es auch in einem Krankenhaus verschiedene Konzepte, wobei es um die Optimierung der Dienstleistungen geht2. Dem Patienten soll QualitĂ€t zugesichert werden, aber gleichzeitig sollen die Kosten sinken. Hier entstehen zunĂ€chst einmal verschiedene Konflikte, da es verschiedene InterpretationsrĂ€ume fĂŒr Regeln und Konzepte gibt. Meine erste Fragestellung lautet daher:
  • Welche Folgen und Auswirkungen hat die EinfĂŒhrung eines Managementkonzepts auf die Organisation?
Ich gehe davon aus, dass die EinfĂŒhrung eines Managementkonzepts strukturelle VerĂ€nderungen mit sich bringt. Das Krankenhaus befindet sich nĂ€mlich in zwei Systemen. Im System der Krankenbehandlung und im System der Ökonomie. Hier werde ich schauen, wie damit umgegangen wird und welche VerĂ€nderungen dies mit sich bringt. Die zweite Fragestellung der Arbeit lautet:
  • Welche Rolle spielt die Kundenorientierung im Krankenhaus?
Wie schon eingangs erwÀhnt, gab es das Management im Krankenhaus schon immer. Neu ist das Aspekt des ökonomischen Denkens. Es gibt eine marktwirtschaftlich orientierte Umgestaltung. Das Ziel ist dabei ist Profitmaximierung. Mittel zum Zweck scheint die Kundenorientierung zu sein. Ich werde schauen, wie mit dem Begriff der Kundenorientierung, der eigentlich im Krankenhaus fremd zu sein scheint, umgegangen wird.
Ein weiterer Punkt, der fĂŒr die Professionalisierung allgemein in der Medizinbranche wichtig erscheint, ist die Vertrauensbeziehung zwischen dem Arzt und seinen Patienten. Hier ist zu schauen, in wie weit sich die Vertrauensbeziehung durch die Professionalisierung Ă€ndert und ob diese Beziehung durch eine UnmĂŒndigkeit des Patienten gekennzeichnet ist. Denn es Ă€ndern sich nicht nur die Strukturen im Krankenhaus, sondern auch das VerstĂ€ndnis der Patienten. Hierzu wird eine kurze Studie in einer Arztpraxis vorgestellt werden.

2 Es geht in der Arbeit nicht um die EffektivitÀt oder Effizient von Managementkonzepten oder der Kundenorientierung, sondern um die Analyse derer.

3.0 Theoretischer Rahmen

In diesem Kapitel wird der theoretische Rahmen beschrieben, mit dem die Fragestellungen untersucht werden. ZunĂ€chst gebe ich kurz eine sehr allgemeine organisationstheoretische Sicht wieder, die mir als Grundlage dient. Dies wird bewusst kurzgehalten, aber dafĂŒr die „Krankenhaus-Theorien“ umso lĂ€nger, da ich diese in das Zentrum meines Theorierahmens stellen möchte.
Im weiteren Verlauf werde ich Organisationen als rationale Systeme betrachten. Es gibt auch die Möglichkeit, sie als natĂŒrliche oder offene Systeme zu sehen. NatĂŒrlich hat dies Vor- und Nachteile. Diese Eingrenzung muss aber gemacht werden, da eine umfassende Sicht den Rahmen dieser Arbeit sprengen wĂŒrde. Organisationen als rationale Systeme zu bezeichnen, ist fĂŒr diesen Fall, fĂŒr das Krankenhaus, am sinnvollsten, da sich das meiste durch diese Sicht erklĂ€ren lĂ€sst. RationalitĂ€t bedeutet in diesem Sinne, dass „eine Sequenz von Aktionen so organisiert ist, dass sie mit einem Maximum an Effizienz zum vorher bestimmten Ziel fĂŒhrt“ (Scott, 1986, S. 92).
Man kann nicht genau bestimmen, seit wann es Organisationen gibt. Es wird aber davon ausgegangen, dass bis in die spĂ€ten vierziger Jahre hinein Organisationen im Sinne eines eigenstĂ€ndigen Gegenstandes soziologischer Forschung nicht existierten (Scott, 1986, S. 29). Allgemein gilt die Annahme, dass moderne Gesellschaften sich durch Organisationen kennzeichnen. Es wird sogar gesagt, dass diese Gesellschaften als Organisationsgesellschaften wahrgenommen werden (vgl. TĂŒrk, 1978, S. 1; Voss, 1993, S.14; BĂŒschges, 1983, S. 16). Luhmann (1969, S. 400) z.B., geht davon aus, dass „eine komplexe und funktional-differenzierte Gesellschaftsstruktur nur durch Organisation möglich“ ist. Er begrĂŒndet dies damit, dass „die primĂ€ren Teilbereiche der Gesellschaft, wie etwa Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Religion, Kultur, Freizeitbetrieb, Krankenpflege usw. nur durch Organisation entsprechender Teilsysteme getrennt und an spezifischen Funktionen ausgerichtet werden können.“ Somit kann man sagen, dass unsere Gesellschaft eine Organisationsgesellschaft ist. Ja, Organisationen sind sogar „lebenswichtige Mechanismen zur Verfolgung kollektiver Ziele“ (Scott, 1986, S. 51). Sie sind Mittel um Ziele zu erreichen.
Eine mögliche Definition fĂŒr Organisation lautet nach Barnard: „Die formelle Organisation impliziert die bewusste, beabsichtigte und zweckgerichtete Kooperation von Menschen“ (Barnard, 1938, S. 4). Blau und Scott (1962, S. 5) machen folgende Aussage ĂŒber Organisationen: „Da das charakteristische Merkmal dieser Organisation darin besteht, dass sie formell und ausdrĂŒcklich zum Zweck der Erreichung bestimmter Ziele geschaffen wurden, wird zu ihrer Bezeichnung der Terminus ÂŽformelle OrganisationenÂŽ verwendet.“ Eine andere Definition lautet: „Organisationen sind soziale Einheiten (oder Gruppierungen von Menschen), gebildet und umgebildet zur Verfolgung spezifischer Ziele“ (Etzioni, 1964, S. 3). Der Grund, warum ich mehrere Definitionen aufliste ist, um zu zeigen, dass sich die Ergebnisse der Forscher Ă€hneln. Sie kommen zusammengefasst zum gleichen Ergebnis: Organisationen sind zweckgerichtete KollektivitĂ€ten. Scott (1986, S. 45) fasst dies folgendermaßen zusammen: „Eine Organisation ist eine an der Verfolgung relativ spezifischer Ziele orientierte KollektivitĂ€t mit einer relativ stark formalisierten Sozialstruktur.“ Durch diese KollektivitĂ€t können Aufgaben gelöst und Ziele erreicht werden, die ein Einzelner alleine nicht könnte.
In der Systemtheorie betrachtet man die formale Organisation unter der Perspektive der FlexibilitÀt zur Verarbeitung von UmweltkomplexitÀt. Die Merkmale der formalen Organisation regelt dabei die AnpassungsfÀhigkeit an die Umwelt. Unter FormalitÀt versteht man, den Aufbau einer Struktur von Verhaltenserwartungen, um die Mitgliedschaft zur Organisation von den Nichtmitgliedern zu trennen.
Wenn wir uns nun unserem Problemfeld Krankenhaus widmen, gehen wir davon aus, dass das Krankenhaus ein soziales System und/oder eine komplexe Organisation ist. Ein soziales System ist „ein Sinnzusammenhang von sozialen Handlungen“ (Luhmann, 1984, S. 155). Siegrist (1973, S. 245) beschreibt diese KomplexitĂ€t folgendermaßen: „Auf einer sehr allgemeinen Ebene können wir das Krankenhaus als komplexe Organisation betrachten, dass heißt in der Sprache der Soziologie, als ein soziales System mit einem angebbaren Mitgliederkreis, einer Vorstellung seiner kollektiven IdentitĂ€t und Verhaltensprogrammen, die der Erreichung spezifischer Ziele dienen.“ Drucker (1981, S. 28) beschreibt KrankenhĂ€user als: „[...] probably one of the most complex organizations in our society.“ Genau diese KomplexitĂ€t erweist sich als Problemfeld. Voss (1993, S. 17) bezeichnet diese KomplexitĂ€t als die „Quelle fĂŒr StöranfĂ€lligkeit“ und nicht als „Quelle fĂŒr Problemlösungen“. KomplexitĂ€t fĂŒhrt somit zu mehr Problemen, die gelöst und organisiert werden mĂŒssen. Um diese KomplexitĂ€t zu ĂŒberwinden, schreibt Rohde (1974, S. 252): „Die Welt lĂ€sst sich in der Unbegreiflichkeit ihrer KomplexitĂ€t nur bewĂ€ltigen, wenn man sie sorgsam in kleine StĂŒcke zerlegt und diese zu bewĂ€ltigen sucht.“ Durch Reduktion der KomplexitĂ€t vermitteln soziale Systeme zwischen der WeltkomplexitĂ€t und der KomplexitĂ€tsverarbeitungskapazitĂ€t des einzelnen Individuums. Dadurch entsteht zwar eine Ordnung, allerdings mit EinschrĂ€nkung der Möglichkeiten. Diese EinschrĂ€nkungen kann man als Struktur des Systems bezeichnen.
Ausschlaggebend fĂŒr diese KomplexitĂ€t in der Organisation Krankenhaus ist mit Sicherheit auch der Tatbestand, dass mehrere verschiedene Berufsgruppen gleichzeitig und miteinander arbeiten. Diese unterschiedlichen Berufskulturen haben auch verschiedene Denkrichtungen. Das Krankenhaus ist zwar damit hochqualifiziert aber durch diese Unterschiede entstehen Konflikte und verschiedene organisatorische Probleme. Dies wird auch einer der wichtigsten Faktoren dieser Arbeit sein. Im Anschluss an die vorliegende Literatur wird das Krankenhaus in drei Bereiche eingeteilt. Diese sind: Pflege, Verwaltung und Medizin. An der Spitze dieser Bereiche befinden sich Betriebsleitungen. Weiterhin besitzen alle Bereiche ihre eigenen Hierarchiewege. Rohde (1974, S. 357) beschreibt die Innendifferenzierung folgendermaßen: „Nahezu jede untergeordnete Position innerhalb des Krankenhauses ist der Weisung von mindestens zwei, wenn nicht gar drei Befehlsquellen unterworfen. So empfĂ€ngt z.B. die Pflegeschwester Anordnungen vom Stationsarzt, von der Stationsschwester und darĂŒber hinaus noch von Seiten der Verwaltung; und es gibt in der Tat nahezu keine Position, keinen Funktions- und Statusbereich, der nicht zumindest virtuell den AutoritĂ€tsansprĂŒchen des medizinischen Funktionskreises unterworfen und ausgesetzt wĂ€re, obgleich er formell nur anderen AutoritĂ€tstrĂ€gern, administrativen oder pflegerischen, unterstellt ist.“
Diese Innendifferenzierung erfolgt nach zwei Aspekten (Voss, 1993, S. 172-174):
  • Verrichtungsaspekt: Hier geht es darum, gleiche Aufgaben, die sich aber auf ungleiche Objekte beziehen, zusammenzufassen. (z.B. Chirurgie)
  • Objektaspekt: Gleiche Objekte mit ungleichen Verrichtungen werden zusammengefasst. (z.B. kann ein Herzkranker sowohl in der einen als auch in der anderen Station behandelt werden. Unterschieden wird danach, welche Art von Herzkrankheit vorliegt.)
Damit die Arbeit im Krankenhaus also einwandfrei funktioniert und dieses Durcheinander der AutoritĂ€tsstrukturen bereinigt wird, wird eine effektive und rationale Arbeitsteilung angestrebt. Allerdings mĂŒssen wir immer davon ausgehen, dass der Mensch niemals vollstĂ€ndig rational handeln kann. Dies kann mehrere GrĂŒnde haben. „FĂŒr ein einzelnes, isoliertes Individuum ist es unmöglich, einen hohen Grad an RationalitĂ€t zu erreichen. Die Zahl der Alternativen, die es untersuchen muss, ist so groß, die Informationsmengen, die es zu ihrer Auswertung benötigen wĂŒrde, sind so riesig, dass sogar eine AnnĂ€herung an objektive RationalitĂ€t kaum denkbar ist“ (Simon, 1981, S. 115). Der Mensch kennt nicht alle Alternativen zu einer Handlung und ist auch nicht in der Lage die Alternativen, die gekannt werden, alle durchzugehen. Ihm fehlt es also an Information und Zeit. Somit kommt es tĂ€glich zu verschiedenen Organisationsproblemen, wie z.B. falsche DienstplĂ€ne, mangelnde Kommunikation zwischen Leistungsstellen und Stationen und zwischen den Mitarbeitern auf den Stationen oder eine fehlerhafte Planung der Operationstermine (Kaltenbach, 1991, S. 168).
Hier wird in der Systemtheorie der Begriff Kontingenz eingefĂŒhrt. „Formal definiert wird Kontingenz durch Negation der Unmöglichkeit und Negation der Notwendigkeit. Kontingent ist demnach alles, was zwar möglich, aber nicht notwendig ist“ (Luhmann, 1982, S. 187). „Der Begriff der Kontingenz soll sagen, dass die im Horizont aktuellen Erlebens angezeigten Möglichkeiten weiteren Erlebens und Handelns nur Möglichkeiten sind, daher auch anders ausfallen können, als erwartet wurde [...]“ (Luhmann, 1985a, S. 32). Das heißt, es gibt unendliche Möglichkeiten, was zu einer KomplexitĂ€t fĂŒhrt. Um diese KomplexitĂ€t zu vermindern, wĂ€hlt man aus den Möglichkeiten bestimmte Möglichkeiten nach bestimmten Kriterien aus. Luhmann (1985b, S. 70) hier zu: „Zeit ist der Grund fĂŒr den Selektionszwang in komplexen Systemen, denn wenn unendlich viel Zeit zur VerfĂŒgung stĂŒnde, könnte alles mit allem abgestimmt werden.“ Somit wird deutlich, dass es fĂŒr den Einzelnen, fĂŒr das Individuum also, unmöglich ist, vollkommen rational zu handeln. Die RationalitĂ€t ist begrenzt. Eine Organisation aber, lĂ€sst es zu, sich einer objektiven RationalitĂ€t anzunĂ€hern (wohlgemerkt anzunĂ€hern): und zwar durch Arbeitsteilung, durch „die geplante HerbeifĂŒhrung organisatorisch definierter Situationen“ (Voss, 1993, S. 28). Dies geschieht, in dem man versucht, die Selektionen zu rationalisieren. Und diese sind dann rational, wenn sie „dazu dienen, menschliches Handeln in einer Ă€ußerst komplexen Welt sinnvoller zu orientieren, also das menschliche Fassungs- und Reduktionsvermögen fĂŒr KomplexitĂ€t zu steigern“ (Luhmann, 1973, S. 98; vgl. Voss, 1993, S. 55). Der einzelne verhĂ€lt sich dann sozusagen „rational“, da die Alternativen begrenzt und die Wahlmöglichkeiten vorausdefiniert sind.
Zudem wird die KomplexitÀt im Krankenhaus dadurch gesteigert, da es zwischen den verschiedenen Bereichen zu verschiedenen Zielkonflikten kommt. Die Verwaltung z.B. möchte Kosten minimieren. Denn auch das Krankenhaus ist eine Organisatio...

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