Predigt braucht GefĂŒhl
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Predigt braucht GefĂŒhl

Große Emotionen im Gottesdienst ermöglichen

Arndt Schnepper

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  1. 176 pages
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Predigt braucht GefĂŒhl

Große Emotionen im Gottesdienst ermöglichen

Arndt Schnepper

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Eine Predigt, die mitreißt und begeistert, die zu TrĂ€nen rĂŒhrt und bewegt, nachklingt und verĂ€ndert – das ist die Sehnsucht vieler Gottesdienstbesucher.Arndt Schnepper ermutigt dazu, GefĂŒhlen in Predigten mehr Raum zu geben - so wie es jahrhundertelang in Gottesdiensten der Fall war. Ganz praktisch zeigt Schnepper, wie Predigten ihr Ziel nicht verfehlen: den Hörer. Damit die Worte nicht nur in den Kopf, sondern auch ins Herz gehen.

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Informations

Éditeur
SCM R.Brockhaus
Année
2020
ISBN
9783417229707
Édition
1
Sous-sujet
ReligiĂłn

Kapitel 1: Bitte mit GefĂŒhl!

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Einleitung: Was können wir tun?

Was können wir tun, damit unsere Predigten eine Wirkung erzielen? Eine klassische Antwort auf diese Frage ist: nichts. Schlicht und ergreifend nichts. Vertreter und Vertreterinnen dieser Position finden sich in allen Kirchen und auf vielen Kanzeln. Sie eint die Überzeugung, dass die Wirkung einer Predigt ganz und gar von Gottes Wirken abhĂ€ngig sei. Nur Gott allein könne durch unser Reden eine Resonanz der Zuhörer erwirken. Glaube sei immer eine Gabe, die ausschließlich durch den Heiligen Geist erschaffen werde. Darum, so die Überzeugung, fĂŒhre die gestellte Frage auch in die Irre. Wenn ĂŒberhaupt, dann sei das Gebet zu Gott ein legitimer Weg, der Predigt einen hohen Wirkungskreis zu ermöglichen. Auf den ersten Blick sieht dieser Standpunkt sehr ordentlich aus. Schließlich signalisieren die AnwĂ€lte dieser Position ein hohes Maß an Bescheidenheit. »Ich vermag nichts, Gott tut alles« – das ist die hohe Form der christlichen ZurĂŒckhaltung. Und ist die Ansicht nicht auch theologisch korrekt? Schließlich stimmt der Ansatz mit dem evangelischen Motto »Allein durch Gnade« (lat. sola gratia) bestens ĂŒberein. Die Antwort klingt also gut, aber ist sie auch sachgemĂ€ĂŸ?

Drei Faktoren – wie Predigten wirken

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Eindruck

Sicher ist an der beschriebenen Position richtig, dass wir eine Wirkung der Predigt weder planen noch produzieren können. Geistliche Dynamik lĂ€sst sich nicht mixen und in Flaschen abfĂŒllen. Es stimmt ja: Wir können mit einer Predigt den Glauben nicht »machen«. Er ist und bleibt etwas UnverfĂŒgbares. Die biblischen Aussagen sind an dieser Stelle eindeutig. Wenn etwas geschieht, dann durch Gottes Wort und seinen Geist. SachgemĂ€ĂŸ sprachen die alten Theologen von der Heilswirksamkeit der Schrift (lat. efficacia scripturae). So weit, so gut. Die entscheidende Frage ist aber nun, ob dies auch im Umkehrschluss bedeutet, dass wir Â»ĂŒberhaupt nichts« tun sollen? Nun, das Wichtigste – den Glauben – können wir mit einer Predigt nicht erzeugen. Aber wir sind durchaus in der Lage, fĂŒr ein paar Voraussetzungen zu sorgen, damit eine Predigt dann wirksam werden kann. Oder so formuliert: Wir können etwas tun, damit das Wesentliche durch Gott geschehen kann. Drei entscheidende Bedingungen möchte ich nĂ€her beleuchten.

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Inspiration

Auch auf die Gefahr hin, dass das folgende Beispiel lapidar klingt, so ist es doch elementar. Die erste Bedingung, damit eine Predigt wirksam werden kann, ist ihre akustische Wahrnehmung. Es stimmt leider: Prediger und Predigerinnen, die zu leise sprechen, werden kein Gehör finden. Da können ihre Ideen noch so interessant sein. Wollen wir mit der Predigt eine Wirkung ermöglichen, mĂŒssen die Menschen uns hören können. Was fĂŒr den Schall gilt, stimmt auch fĂŒr die Predigt – ohne Worte kein Widerhall. Hier berĂŒhren wir also die Ă€ußeren Rahmenbedingungen, die gegeben sein mĂŒssen.
Wie die Außenwelt ist auch die Innenwelt des Menschen fĂŒr die Predigt von erheblicher Bedeutung. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der kognitive Rahmen des Menschen, also seine FĂ€higkeit, zu denken und zu verstehen. Die Sache ist so simpel wie wahr: Eine Predigt, die meine Zuhörer nicht verstehen, wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erreichen. Das beginnt ganz grundsĂ€tzlich mit dem Zeichensystem, das eine Sprachgemeinschaft nutzt. Wird es nicht geteilt, kommt kein Verstehen zustande. Die Predigt muss also in der Muttersprache gehalten werden, die mein GegenĂŒber beherrscht. Wohl berichtet die Apostelgeschichte von der aramĂ€ischen Pfingstpredigt des Petrus, wo etliche NationalitĂ€ten plötzlich alles verstehen konnten (Apostelgeschichte 2). Doch diesen Bericht dĂŒrfen wir getrost als Sonderfall der christlichen Kommunikation bezeichnen. Schließlich besuchen auch heute noch Missionare und Missionarinnen eine Sprachschule oder nutzen die Hilfe von Übersetzern. GrundsĂ€tzlich gilt: Nur wer begreifen kann, lĂ€sst sich auch bewegen.
Aber es geht nicht nur um die gesprochene Sprache. Es sind in der Predigt auch die Inhalte, die verstĂ€ndlich gemacht werden mĂŒssen. Es ist eine Binsenweisheit: Zu Kindern redet man anders als zu Jugendlichen oder zu Erwachsenen. Leute ohne Schulabschluss sind in aller Regel nicht wie Hochschuldozierende anzusprechen. Und Menschen ohne religiöse Bildung unterscheiden sich in ihrem VerstĂ€ndnisrahmen erheblich von engagierten Gottesdienstbesuchern. Die Beispiele zeigen, dass eine Predigt eine ziemlich anspruchsvolle Angelegenheit ist. Es ist eines, die Muttersprache der Zuhörer sprechen zu können. Es ist ein anderes, auch ihre Sprache zu sprechen. Wer sich nicht bemĂŒht, seine Zuhörenden zu verstehen, steht in Gefahr, an ihnen vorbeizureden. SprachfĂ€higkeit ist gefragt.
Zum Hören und Verstehen gesellt sich aber noch eine dritte Voraussetzung, damit Predigten wirken können: das FĂŒhlen. Und das ist kein nebensĂ€chlicher Faktor. Die moderne Hirnforschung legt nahe, dass das FĂŒhlen das Denken mehr beeinflusst als umgekehrt. Doch der Reihe nach: Knapp drei Pfund wiegt das Gehirn eines Erwachsenen. Obwohl es recht klein, ist es doch das Körperorgan mit dem höchsten Energieverbrauch. Etwa 20 Prozent des gesamten Umsatzes wird hier beansprucht. Wichtige Funktionen sind hierbei die kognitiven Prozesse wie Denken, Deuten, Erinnern und Vorstellen. Sie vollziehen sich weithin in der sogenannten Großhirnrinde, der oberen Schicht des Gehirns. Rund 16 Milliarden Nervenzellen sind hier am Werk. Hinzu kommen die GefĂŒhle, die im limbischen System beheimatet sind, das von der Großhirnrinde eingefasst ist. Beide Gehirnteile funktionieren durchaus eigenstĂ€ndig, sind aber auch auf hochkomplexe Weise miteinander verbunden. Parallel zu den GefĂŒhlen entstehen im limbischen System auch die Ansichten ĂŒber das, was richtig und falsch oder wichtig ist.
Eine weitere Einsicht der Hirnforschung betrifft nun das VerhĂ€ltnis von Großhirnrinde und limbischem System. Denn hier gibt es eine klare Rangordnung: Das limbische System ist viel einflussreicher als die Großhirnrinde. Die emotionalen Schaltstellen steuern sehr viel stĂ€rker die Verstandesebene als umgekehrt. Diesen biologischen Befund kann man jederzeit an sich selbst nachvollziehen. Zum einen haben die GefĂŒhle einen mĂ€chtigen Partner, nĂ€mlich unseren Körper. Viele unserer Emotionen, die sich im Kopf bilden, werden von körperlichen Erscheinungen begleitet. So kann unser Herz vor Freude hĂŒpfen oder vor Angst rasen. Die Sorge vermag uns niederzudrĂŒcken, die Gewissheit schenkt uns einen aufrechten Gang. Bei innerer Unruhe bilden sich Falten auf unserer Stirn. Empfinden wir GlĂŒck, dann lĂ€cheln wir und fangen an zu strahlen. Zum anderen treffen wir viele unserer wichtigen Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Auch wenn wir alles sachlich durchdenken und die Argumente gegeneinander abwĂ€gen, gibt meistens unser GefĂŒhl den Ausschlag. Denn das Leben verlĂ€uft anders als Mathematik oder Geometrie.
Blicken wir nun wieder auf die Predigt: Wenn sie Resonanz finden soll, dann muss sie dem Menschen entsprechen. Nicht dem Menschen, wie er im Idealfall sein sollte, sondern dem, der er in Wirklichkeit ist. Mit anderen Worten: Zuerst mĂŒssen die Schallwellen einen Weg durch das Gehör finden – das ist die leibliche Ebene. Das Gesagte muss sodann vom Gehirn verarbeitet und verstanden werden können – das ist die kognitive Dimension. Und das GeĂ€ußerte muss schließlich vom limbischen System als bedeutungsvoll empfunden werden – das ist die emotionale Bedingung. Fehlt der Predigt eine der drei Facetten, dann fehlt ihr Wesentliches. Ja, ein anschließendes Wirken wird fast unmöglich gemacht.
NatĂŒrlich gibt es auch hier die berĂŒhmten Ausnahmen, etwa wenn Gott eine Eselin zu Bileam sprechen lĂ€sst (4. Mose 22,28). Doch Ausnahmen bestĂ€tigen bekanntlich die Regel. Und so ist es auch einzuordnen, wenn eine ziemlich schlichte und schlechte Predigt manchmal doch zu viel Nachdenken anregen kann. Oder wenn es passiert, dass eine emotionslose und langweilige Andacht zu heftigen ErschĂŒtterungen fĂŒhrt. Solche FĂ€lle gibt es immer wieder, aber sie sind und bleiben eher selten. Damit Gott durch Predigten wirken kann, mĂŒssen Prediger und Predigerinnen von außen nach innen die Voraussetzungen hierfĂŒr schaffen.

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Praxis

Doch wie sehen Predigten heute bei uns aus? Welche der drei genannten Faktoren werden möglicherweise bei uns vernachlĂ€ssigt? Das ist natĂŒrlich eine Frage, die sich pauschal so nicht beantworten lĂ€sst. Ich wĂŒsste auch nicht, wie man das messen sollte. Zu unterschiedlich sind kirchliche Traditionen, zu individuell auch die vielen Predigerinnen und Prediger. Dennoch gibt es Indizien, die in eine gewisse Richtung weisen.
Beginnen wir mit dem ersten Rahmenfaktor, also der akustischen Vernehmbarkeit. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war das eine riesige Herausforderung. Wohl traten immer wieder Prediger wie der mittelalterliche Berthold von Regensburg (1220–1272) auf, die zu vielen Tausend Zuhörern auf freiem Feld reden konnten. Doch sie waren echte Ausnahmeerscheinungen. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts musste der durchschnittliche Prediger zeit seines Lebens seine Stimme in Form halten, um im Kirchenraum durchzudringen. Viele Predigten werden die letzten Reihen nicht mehr erreicht haben. Und viele schwerhörige Menschen werden kaum etwas verstanden haben. Das Ă€nderte sich schlagartig mit der EinfĂŒhrung des Lautsprechers. Seitdem ist die Akustik ĂŒberall gewĂ€hrleistet. Das Schlimmste, was heute mancher Gemeinde am Sonntag zustoßen könnte, wĂ€re ein Stromausfall.
Und wie steht es um den zweiten Faktor – das Verstehen? ErfahrungsgemĂ€ĂŸ ist das ein weites Feld. Das formale VerstĂ€ndnis ist ja in vielen FĂ€llen gegeben. Wachse ich in Deutschland auf, dann verstehen mich dort die allermeisten Menschen, darĂŒber hinaus auch in Österreich und der Deutschschweiz. Wenn wir nun das formale Verstehen der Sprache voraussetzen, so bleibt die Herausforderung, einmal die Bibel an sich zu verstehen, sodann die Zuhörer und ihre HintergrĂŒnde zu kennen und dann auch noch eine BrĂŒcke zwischen beiden zu schlagen. FĂŒr das VerstĂ€ndnis der Heiligen Schrift bieten sich theologische Zweige wie die Hermeneutik, die Exegese, die Sprachwissenschaften und die Geschichtswissenschaften an. Die Menschen und ihre LebensverhĂ€ltnisse versuchen wir mit den Sozialwissenschaften besser zu verstehen: Hier stehen Psychologie, Soziologie oder PĂ€dagogik zur VerfĂŒgung. Wer predigt, wird immer versuchen, neue Einsichten dieser Forschungszweige in Anspruch zu nehmen.
Bleibt noch die dritte Bedingung der menschlichen Wahrnehmung: das FĂŒhlen. Und hier wird schnell deutlich, dass es sich dabei meist um ein unbekanntes Terrain handelt. NatĂŒrlich nicht in dem Sinne, dass man von diesem Land des menschlichen Lebens ĂŒberhaupt nichts wĂŒsste. Schließlich gehört ein psychologisches Grundwissen heute zu einer Art Grundausbildung. Das Land der GefĂŒhle Ă€hnelt einem mehr oder weniger gut kartografierten GelĂ€nde. Man weiß darum Bescheid – aber man begibt sich dort nicht hinein. Man hat von den Emotionen und Motivationen gehört, ist aber zögerlich, sie fĂŒr die Predigt nutzbar zu machen. Man spricht ĂŒber die GefĂŒhle ohne viel GefĂŒhl – das kann nicht gut gehen.
Noch gelten die Emotionen vielen Predigern und Predigerinnen als zu vernachlĂ€ssigende Faktoren. FĂŒr manche ist es geradezu ein hohes Ideal, Predigten ohne viel GefĂŒhl zu halten. Denn der Glaube an den dreieinigen Gott, so die Annahme, sei ja schließlich auch kein GefĂŒhl. Der Verstand erscheint ihnen als der Haupteingang zur menschlichen Seele. Und auch wenn Prediger im Gefolge einer reformatorischen Theologie der Vernunft nicht allzu viel zutrauen, so operieren sie doch weitestgehend immer mit denkerischen Mitteln. Man interpretiert, argumentiert, strukturiert, formuliert und definiert – so will man die Menschen erreichen.
Doch der Wind dreht sich. Hier und da spricht man in den Wissenschaften von einem »emotive turn«, also einer Wendung hin zu den Emotionen. Sie rĂŒcken heute mehr und mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit. Und das ist keineswegs eine Stilfrage. FĂŒr die Predigt geht es ums Überleben. Denn die Frage ist, ob wir mit der einseitigen Ausgestaltung der Predigt dem Menschen gerecht werden. Predigen wir menschlich, also mit Verstand und GefĂŒhl? Falls nicht, predigen wir am Menschen vorbei.

Christus – der Meisterprediger

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Eindruck

Am Anfang der christlichen Predigt steht Jesus Christus. Folgt man den Berichten der vier Evangelisten, war die öffentliche Rede eine seiner vornehmsten TĂ€tigkeiten. Mal sprach er im kleinen Kreis, mal vor vielen Menschen. Manchmal stieß er auf vehemente Ablehnung, andere Male erlebte er enormen Zuspruch. In der Summe lösten seine Predigten eine Bewegung aus, die bis heute weiterlebt. Was er sagte und was die Evangelisten dann spĂ€ter schriftlich festhielten, bildet heute einen wesentlichen Teil des Neuen Testaments. Wenn wir heute danach fragen, wie wir predigen sollen, darf eine Orientierung an Jesus nicht fehlen.
Doch wie predigte Jesus eigentlich? Bekanntlich ist die Zahl der Veröffentlichungen zur Frage, was genau Jesus predigte, Legion. Heerscharen von Theologen unternehmen immer wieder aufs Neue den Versuch, seine ĂŒberlieferten Aussagen zu verstehen und zu verorten. Sehr viel ĂŒbersichtlicher wird es aber, wenn wir die Frage stellen, wie Jesus predigte. Das liegt daran, dass in keinem der Evangelien etwas darĂŒber berichtet wird. LĂ€sst sich daher ĂŒberhaupt etwas zu seiner Predigtweise sagen? Bereitete Jesus sich etwa vor oder sprach er spontan? Hatte er auch die GefĂŒhle seiner Zuhörer im Blick? Finden wir bei ihm eine RĂŒcksicht auf die drei skizzierten Voraussetzungen, unter denen Predigt ĂŒberhaupt gelingen kann? Es lohnt sich, die Evangelien auf diese Frage hin ein wenig nĂ€her zu betrachten.

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Inspiration

Beginnen wir mit dem Ă€ußeren Kreis – den sinnlichen Voraussetzungen. Ohne technische Hilfsmittel und nur mit der Stimme zu sprechen, war im Altertum eine enorme Herausforderung. Daher nutzte man gerne naturgegebene oder kĂŒnstliche Erhöhungen, um besser gehört zu werden. Schauspieler stellten sich auf eine BĂŒhne und Feldherren kletterten auf ein GerĂŒst, um vor der Schlacht eine Rede an die Soldaten zu richten. Das taten sie aus zweierlei GrĂŒnden: Zum einen wurde so der Schall ihrer Stimme nicht vorschnell von den anwesenden Zuhörern abgeschwĂ€cht, sondern konnte sich ĂŒber ihre Köpfe hinweg besser ausbreiten. Und zum anderen wurden sie an einer solch exponierten Stelle viel besser gesehen. Wo ihre Stimme vielleicht nur noch schwach vernehmbar war, da konnten sie mittels Gestik und Mimik immer noch verstanden werden. Auch Jesus wusste von solchen akustischen Rahmenbedingungen. So wird etwa zu Beginn der Bergpredigt darauf hingewiesen, dass er beim Anblick der vielen Menschen auf eine Anhöhe stieg (MatthĂ€us 5,1). Das war eine wichtige Voraussetzung, damit er auch von allen Zuhörern gehört werden konnte.
Auch das BemĂŒhen um die zweite Ebene des Sprechens – die VerstĂ€ndlichkeit – ist bei Jesus in hohem Maße gegeben. NatĂŒrlich können wir nur die Reden Jesu beurteilen, die uns die Evangelisten ĂŒberliefert haben. Aber was uns vorliegt, ist auch heute noch nach rund 2000 Jahren erstaunlich gut verstĂ€ndlich. Sicher, viele Begriffe unterliegen einem Bedeutungswandel. Umso erstaunlicher ist die große Klarheit seiner Reden, die das Lesen auch heute ohne große Vorkenntnisse im Großen und Ganzen ermöglicht. FĂŒr etliche andere religiöse Schriften aus dieser Zeit, wie etwa aus der gnostischen Literatur, lĂ€sst sich das so nicht immer behaupten. Mit anderen Worten: Jesus sprach nicht dunkel und raunend wie ein Esoteriker, sondern er bemĂŒhte s...

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