C. Auguste Dupin - Die Triologie
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C. Auguste Dupin - Die Triologie

Der Doppelmord in der Rue Morgue, Das Geheimnis der Marie RogĂȘt, Der entwendete Brief

Edgar Allan Poe

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C. Auguste Dupin - Die Triologie

Der Doppelmord in der Rue Morgue, Das Geheimnis der Marie RogĂȘt, Der entwendete Brief

Edgar Allan Poe

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À propos de ce livre

Diese Ausgabe enthĂ€lt die drei Kurzgeschichten von Edgar Allan Poe, die sich um den deduktiv analysierenden Detektiv C. Auguste Dupin drehen."Der Doppelmord in der Rue Morgue" ("The Murders in the Rue Morgue") ist eine Kurzgeschichte des amerikanischen Schriftstellers Edgar Allan Poe, die erstmals im April 1841 in der Zeitschrift "Graham's Magazine" erschien. Sie ist die erste von drei Kurzgeschichten, die sich um den deduktiv analysierenden Detektiv C. Auguste Dupin drehen."Das Geheimnis der Marie RogĂȘt" (englischer Originaltitel "The Mystery of Marie RogĂȘt") ist eine Kurzgeschichte des US-amerikanischen Schriftstellers Edgar Allan Poe, die 1842 veröffentlicht wurde. Sie ist eine von Poes drei Detektivgeschichten um C. Auguste Dupin, zu denen auch "Der Doppelmord in der Rue Morgue" und "Der entwendete Brief" zĂ€hlen."Der entwendete Brief" (englischer Originaltitel "The purloined letter") ist eine Detektivgeschichte von Edgar Allan Poe, die erstmals im Dezember 1844 in dem literarischen Almanach "The Gift for 1845" veröffentlicht und bald darauf in verschiedenen Journalen und Zeitungen nachgedruckt wurde.

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Informations

Éditeur
Books on Demand
Année
2015
ISBN
9783738630992
Édition
1

Das Geheimnis der Marie RogĂȘt

Vorbemerkung

Ein junges MĂ€dchen namens Mary Cecilia Rogers war in der NĂ€he New Yorks ermordet worden. Ihr Tod hatte eine ungeheure und nachhaltige Aufregung hervorgerufen; das Geheimnis desselben war in der Zeit, da diese Geschichte geschrieben und veröffentlicht wurde, noch nicht aufgedeckt. In vorliegender ErzĂ€hlung folgt der Autor unter dem Vorgeben, das tragische Geschick einer Pariser Grisette zu berichten, bis in die kleinsten Einzelheiten den wesentlichen Tatsachen des wirklichen Mordes an der Mary Rogers, wĂ€hrend er die unwesentlichen nur parallel stellte. So ist also jede auf die Fiktion gegrĂŒndete Schlußfolgerung auf das wahre Ereignis anwendbar, und der Zweck der Geschichte war die ErgrĂŒndung der Wahrheit.
»Das Geheimnis der Marie RogĂȘt« wurde weit entfernt vom Tatort niedergeschrieben und basierte lediglich auf den betreffenden Zeitungsberichten. So entging dem Schreiber manches, woraus er an Ort und Stelle hĂ€tte Nutzen ziehen können. Dessenungeachtet ist zu bemerken, daß die Aussagen zweier Personen (deren eine die Frau Deluc der ErzĂ€hlung ist), die zu verschiedenen Zeiten und lange nach Veröffentlichung der folgenden BlĂ€tter gemacht wurden, nicht nur die allgemeine Schlußfolgerung, sondern auch die hauptsĂ€chlichsten hypothetischen Einzelheiten, durch die diese Schlußfolgerung gewonnen wurde, voll bestĂ€tigten.

Das Geheimnis der Marie RogĂȘt

Es gibt eine Reihe idealischer Begebenheiten, die der Wirklichkeit parallel lĂ€uft. Selten fallen sie zusammen. Menschen und ZufĂ€lle modifizieren gewöhnlich die idealische Begebenheit, so daß sie unvollkommen erscheint und ihre Folgen gleichfalls unvollkommen sind. So bei der Reformation; statt des Protestantismus kam das Luthertum hervor.
Novalis, Moral-Ansichten.
Selbst unter den kĂŒhlsten Denkern gibt es nur wenige, die nicht gelegentlich durch ein fast wundervolles Zusammentreffen von Ereignissen sich versucht gefĂŒhlt hĂ€tten, an ĂŒbernatĂŒrliche Dinge zu glauben. Solches FĂŒhlen – denn dies halbe Glauben, von dem ich rede, wird nur gefĂŒhlt, nicht streng gedacht –, solches FĂŒhlen ist schwer zu unterdrĂŒcken, höchstens durch die Lehre von den ZufĂ€lligkeiten oder, wie der Terminus technicus lautet, durch die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Nun ist solche Berechnung in ihrem Wesen rein mathematisch, und da haben wir also die Absonderlichkeit, die exakteste aller Wissenschaften auf die Schatten und Schemen der spekulativsten Wissenschaft angewendet zu sehen.
Man wird finden, daß meine zeitlich voranliegende Geschichte, zu deren Veröffentlichung ich jetzt aufgefordert worden bin, in ihren Einzelheiten höchst merkwĂŒrdigerweise das vollkommene SeitenstĂŒck bildet zu der jĂŒngst geschehenen Mordtat an der Mary Cecilia Rogers in New York.
Als ich vor Jahresfrist in einer ErzĂ€hlung, betitelt »Der Doppelmord in der Rue Morgue«, versuchte, die auffallenden Geistesgaben meines Freundes, des Chevaliers C. August Dupin, zu schildern, ahnte ich nicht, daß ich dies Thema je wieder aufnehmen wĂŒrde. Meine Absicht hatte sich vollkommen erfĂŒllt, und der seltsame Gang der Ereignisse hatte den Beweis fĂŒr Dupins eigentĂŒmliche FĂ€higkeiten zur GenĂŒge erbracht. An keinem anderen Beispiel hĂ€tte ich sie so trefflich zeigen können. JĂŒngste Ereignisse aber, ĂŒberraschende EnthĂŒllungen, haben mir einige weitere höchst seltsame Dinge offenbart, ĂŒber die ich nicht schweigend hinweggehen kann.
Nachdem Dupin die Tragödie aufgedeckt, die ĂŒber dem geheimnisvollen Tod der Frau L'Espanaye und ihrer Tochter lag, widmete er der Angelegenheit keine Aufmerksamkeit mehr und fiel wieder in seine alte trĂ€umerische Versunkenheit zurĂŒck. Selbst immer zur Einsamkeit geneigt, teilte ich ohne weiteres seine Stimmung. In unsere Zimmer im Faubourg Saint-Germain vergraben, schlugen wir alle ZukunftsplĂ€ne in den Wind und schlummerten friedlich dahin, die dĂŒstere Welt mit TrĂ€umen vergoldend.
Diese TrĂ€ume waren jedoch nicht ganz ungestört. Man kann sich denken, daß die Rolle, die mein Freund in dem Drama der Rue Morgue gespielt, auf die Pariser Polizei nicht wenig Eindruck gemacht hatte. Bei ihren Beamten wurde der Name Dupins viel genannt. Da die einfachen RĂŒckschlĂŒsse, mit Hilfe deren er das Geheimnis entwirrt hatte, nicht einmal dem PrĂ€fekten, sondern einzig nur mir bekannt waren, ist es weiter nicht erstaunlich, daß man die Sache fĂŒr ein Wunder und des Chevaliers analytische FĂ€higkeiten fĂŒr eine Art Sehergabe nahm. Seine Offenheit wĂŒrde ihn veranlaßt haben, ein solches Vorurteil zu zerstreuen; dazu kam es aber nicht, weil seine Indolenz ihm gegenĂŒber das BerĂŒhren eines Themas verbot, das fĂŒr ihn selbst alles Interesse verloren hatte. So kam es, daß die Augen der Polizei bewundernd an ihm hingen und man in nicht wenigen FĂ€llen versuchte, seine Dienste fĂŒr die PrĂ€fektur in Anspruch zu nehmen. Einer der bemerkenswertesten FĂ€lle war der der Ermordung eines jungen MĂ€dchens namens Marie RogĂȘt.
Dieser Mord ereignete sich ungefĂ€hr zwei Jahre nach den Greueltaten in der Rue Morgue. Marie, deren Tauf- und Familienname durch seine Ähnlichkeit mit jenem der unglĂŒcklichen »ZigarrenverkĂ€uferin« sofort auffĂ€llt, war die einzige Tochter der Witwe Estelle RogĂȘt. Der Vater war gestorben, als Marie noch ein Kind gewesen, und seit seinem Tode bis achtzehn Monate vor der Mordtat, die den Gegenstand unserer ErzĂ€hlung bildet, hatten Mutter und Tochter gemeinsam in der Rue PavĂ©e Sainte AndrĂ©e gewohnt, wo die Mutter unter Mithilfe ihrer Tochter eine Pension leitete. So lebten sie dahin, bis das junge MĂ€dchen zweiundzwanzig Jahre zĂ€hlte; da erregte ihre große Schönheit die Aufmerksamkeit eines ParfĂŒmeurs, der im Erdgeschoß des Palais Royal einen Laden hatte und dessen Kundschaft in der Hauptsache von den verzweifelten Abenteurern gebildet wurde, die die Nachbarschaft unsicher machten. Herr Le Blanc war sich ĂŒber den Vorteil klar, der seinem ParfĂŒmeriegeschĂ€ft durch Anwesenheit der schönen Marie erwachsen wĂŒrde, und seine glĂ€nzenden Angebote wurden von dem MĂ€dchen gern, von der Mutter nach einigem Zögern angenommen.
Die Erwartungen des Kaufmanns erfĂŒllten sich, und die Reize der anmutigen »Grisette« machten seinen Laden bald bekannt. Sie stand ein Jahr in seinen Diensten, als ihre Verehrer durch ihr plötzliches Verschwinden in Verwirrung gesetzt wurden. Herr Le Blanc wußte fĂŒr ihr Fernbleiben keine ErklĂ€rung zu geben, und Frau Roget war in verzweifelter Angst und Aufregung. Die Zeitungen nahmen die Sache auf, und die Polizei wollte gerade ernstliche Nachforschungen anstellen, als Marie eines schönen Morgens nach Verlauf einer Woche gesund, wenn auch mit etwas trĂŒber Miene, wieder hinter dem Ladentisch erschien. Selbstredend wurde alles Forschen und Fragen sofort unterdrĂŒckt. Herr Le Blanc behauptete wie vorher, nichts zu wissen. Marie und ihre Mutter erwiderten auf alle Fragen, das junge MĂ€dchen habe die letzte Woche bei Verwandten auf dem Land zugebracht. Man beruhigte sich also, und die Sache wurde bald vergessen, um so mehr, als das MĂ€dchen, augenscheinlich um sich der dreisten Neugier zu entziehen, seine Stellung aufgab und sich in den Schutz der mĂŒtterlichen Behausung, Rue PavĂ©e Sainte AndrĂ©e, zurĂŒckzog.
Es war etwa fĂŒnf Monate nach dieser RĂŒckkehr, als ihre Freunde zum zweitenmal durch ihr plötzliches Verschwinden beunruhigt wurden. Drei Tage gingen hin, und man hörte nichts von ihr. Am vierten fand man ihren Leichnam in der Seine, und zwar in einer Gegend, die dem Viertel der Rue Sainte AndrĂ©e nahezu entgegengesetzt und nicht sehr weit von der BarriĂšre du Roule lag.
Die GrĂ€ĂŸlichkeit dieses Mordes – denn es war klar, daß ein Mord geschehen war –, die Jugend und Schönheit des Opfers und vor allem des MĂ€dchens allgemeine Beliebtheit riefen bei den leicht erregbaren GemĂŒtern der Pariser große Aufregung hervor. Ich kann mich keines Ă€hnlichen Ereignisses erinnern, das einen so allgemeinen und so tiefen Eindruck gemacht hĂ€tte. Wochenlang vergaß man im GesprĂ€ch ĂŒber diesen Fall die wichtigsten politischen Tagesereignisse. Der PrĂ€fekt machte ungewöhnliche Anstrengungen, und die gesamte Pariser Polizei spannte ihre KrĂ€fte aufs Ă€ußerste an. Zuerst, als man die Leiche entdeckte, nahm man an, der Mörder werde sich höchstens ganz kurze Zeit vor den sofort in Angriff genommenen Nachstellungen verborgen halten können. Erst nach Ablauf einer Woche hielt man es fĂŒr nötig, eine Belohnung auszusetzen, und selbst da meinte man, mit tausend Franken genug getan zu haben. Inzwischen wurden die Nachforschungen mit Eifer, wenn auch nicht immer mit Verstand fortgesetzt, und zahlreiche Personen wurden zwecklos verhaftet; da aber nach wie vor jeder SchlĂŒssel zu dem Geheimnis fehlte, wuchs die allgemeine Aufregung aufs höchste. Nach zehn Tagen hielt man es fĂŒr ratsam, die ursprĂŒnglich festgesetzte Summe zu verdoppeln, und schließlich, als die zweite Woche verstrichen war, ohne irgendwelche Anhaltspunkte zu liefern, und das Vorurteil, das in Paris gegen die Polizei nun einmal herrscht, sich in mehreren ernsthaften Angriffen Luft gemacht hatte, nahm es der PrĂ€fekt auf sich, die Summe von zwanzigtausend Franken auszusetzen »fĂŒr ÜberfĂŒhrung des Mörders« oder, falls es sich erweisen sollte, daß mehr als einer beteiligt gewesen, »fĂŒr ÜberfĂŒhrung irgendeines der Mörder«. In der Proklamation, die diese Belohnung verkĂŒndete, wurde jedem, der seinen Mitschuldigen nannte, völlige Straffreiheit zugesichert, und dieser Proklamation war ein privater Aufruf einiger BĂŒrger angefĂŒgt, die sich zusammengetan hatten, um der von der PrĂ€fektur ausgesetzten Summe aus eigenen Mitteln zehntausend Franken hinzuzufĂŒgen. Die gesamte Belohnung belief sich also auf nicht weniger als dreißigtausend Franken, ein ganz ungewöhnlich hoher Betrag in Anbetracht der niedrigen sozialen Stellung des MĂ€dchens und der HĂ€ufigkeit solcher Mordtaten in der Großstadt.
Niemand bezweifelte mehr, daß sich nun schnell das Dunkel ĂŒber dem geheimnisvollen Mord lichten werde. Doch obgleich ein oder zwei Verhaftungen vorgenommen wurden, von denen man sich AufklĂ€rung versprach, ergab sich nichts, was die VerdĂ€chtigungen gegen die Betreffenden gerechtfertigt hĂ€tte, und man mußte sie wieder entlassen. So seltsam es auch scheinen mag, so war doch schon die dritte Woche nach Auffindung der Leiche hingegangen – und hingegangen, ohne in das Dunkel der Sache Licht zu bringen –, ehe auch nur ein GerĂŒcht ĂŒber diese, die öffentliche Meinung so aufregenden Ereignisse Dupin und mir zu Ohren kam. In Forschungen vertieft, die unsere ganze Aufmerksamkeit erforderten, war es fast ein Monat, seit einer von uns zuletzt ausgegangen war oder Besucher empfangen oder mehr als einen flĂŒchtigen Blick auf den politischen Leitartikel der fĂŒhrenden Tageszeitung geworfen hatte. G. selbst war es, der uns die erste Mitteilung von dem Mord machte. Er besuchte uns am 13. Juli 18 .. frĂŒh am Nachmittag und blieb bis tief in die Nacht. Er war ĂŒber das Fehlschlagen aller seiner BemĂŒhungen, die Mordbuben ausfindig zu machen, sehr gereizt. Sein Ruf – so sagte er mit der SelbstgefĂ€lligkeit des Parisers – stehe auf dem Spiel. Selbst seine Ehre sei gefĂ€hrdet. Die Augen der Menge seien auf ihn gerichtet und es gĂ€be kein Opfer, das er nicht fĂŒr die Aufdeckung des Geheimnisses bereitwillig brĂ€chte. Er schloß seine etwas konfuse Rede mit einem Kompliment fĂŒr etwas, was er Dupins »TaktgefĂŒhl« zu nennen beliebte, und machte ein direktes Angebot – ein glĂ€nzendes Angebot, das nĂ€her darzutun ich mich nicht berufen fĂŒhle, das aber auch fĂŒr den eigentlichen Gegenstand meiner ErzĂ€hlung von keiner Bedeutung ist.
Das Kompliment wies mein Freund zurĂŒck, so gut er konnte, das Angebot aber nahm er ohne weiteres an, trotzdem dasselbe lediglich in der Zuerkennung einer Provision bestand. Dies erledigt, erging sich der PrĂ€fekt sogleich in Darlegung seiner eigenen Ansichten, sie mit langen Kommentaren ĂŒber die tatsĂ€chlichen Geschehnisse wĂŒrzend. Über diese letzteren waren wir noch immer nicht aufgeklĂ€rt. Er redete viel und keineswegs unerfahren, wĂ€hrend ich hier und da eine Vermutung, einen Rat einwarf und die Nacht langsam hinschlich. Dupin, der behaglich in seinem gewohnten Lehnstuhl saß, schien die verkörperte Aufmerksamkeit. Er hatte die ganze Zeit seine Brille auf, und ein gelegentlicher Blick hinter ihre grĂŒnen GlĂ€ser genĂŒgte, mich zu ĂŒberzeugen, daß er wĂ€hrend der ganzen sieben oder acht bleiernen Stunden, die der PrĂ€fekt noch bei uns weilte, tief und friedlich schlief.
Am Morgen beschaffte ich von der PrÀfektur einen genauen Bericht der Beweisaufnahme und aus den verschiedenen Zeitungsverlagen ein Exemplar jeder einzelnen Nummer, in der irgendwelche Angaben in dieser traurigen Angelegenheit veröffentlicht worden waren. Unter Weglassung alles dessen, was sich als positiv falsch erwies, lauteten die Angaben wie folgt:
Marie RogĂȘt verließ die Wohnung ihrer Mutter in der Rue PavĂ©e Sainte AndrĂ©e am Sonntag, dem 22. Juni 18 .., gegen 9 Uhr morgens. Beim Fortgehen machte sie einem Herrn Jacques St. Eustache – und diesem allein – Mitteilung von ihrer Absicht, den Tag bei einer Tante in der Rue des DrĂŽmes zu verbringen. Die Rue des DrĂŽmes ist eine kurze und schmale, doch sehr belebte Straße, nicht allzu weit vom Fluß und auf dem nĂ€chsten Weg etwa zwei Meilen von der Pension Frau RogĂȘts entfernt. St. Eustache war der anerkannte Bewerber Maries und wohnte und speiste in der Pension. Er sollte seine Verlobte bei Dunkelwerden abholen und heimbegleiten. Am Nachmittag jedoch begann es stark zu regnen, und in der Voraussetzung, sie werde, wie das bei Ă€hnlichen Gelegenheiten bereits geschehen, die Nacht bei der Tante verbleiben, hielt er es nicht fĂŒr nötig, sein Versprechen zu halten. Als die Nacht kam, Ă€ußerte Frau RogĂȘt – eine krĂ€nkliche alte Dame von siebzig Jahren –, sie fĂŒrchte, »Marie nie wieder zu sehen«; diese Bemerkung fand aber damals wenig Beachtung.
Am Montag wurde festgestellt, daß das MĂ€dchen nicht in der Rue des DrĂŽmes gewesen war. Und als der Tag verging, ohne daß man von ihr hörte, nahm man an verschiedenen Punkten der Stadt und ihrer Umgebung eine verspĂ€tete Streife vor. Doch erst am vierten Tage ihres Verschwindens ließ sich Bestimmtes feststellen. An diesem Tage (Mittwoch, den fĂŒnfundzwanzigsten Juni) wurde ein Herr Beauvais, der gemeinsam mit einem Freund in der NĂ€he der BarriĂšre du Roule Nachforschungen anstellte, davon benachrichtigt, daß zwei Fischer soeben einen Leichnam aus dem Wasser gezogen hĂ€tten. Bei Besichtigung der Leiche erkannte Beauvais nach einigem Zögern in ihr das gesuchte LadenmĂ€dchen. Sein Freund erkannte sie mit Bestimmtheit. Das Gesicht war ganz mit geronnenem Blut bedeckt; auch aus dem Mund floß Blut. Der bei Ertrunkenen ĂŒbliche Schaum fehlte. Das Zellengewebe zeigte normale FĂ€rbung. Am Hals waren Quetschwunden und FingerabdrĂŒcke. Die Arme waren ĂŒber der Brust gekreuzt und steif, die rechte Hand geballt, die linke halb offen. Am linken Handgelenk zeigten sich rundum HautabschĂŒrfungen wie von Stricken; auch das rechte Handgelenk war arg zerschunden, ebenso der ganze RĂŒcken, besonders aber die SchulterblĂ€tter. Um die Leiche an Land zu ziehen, hatten die Fischer ein Seil daran befestigt, doch hatte dies keine der HautabschĂŒrfungen verursacht. Der Hals war stark geschwollen. Schnittwunden waren nicht sichtbar, auch keine blutunterlaufenen Stellen, die etwa auf SchlĂ€ge mit einem stumpfen Instrument hingedeutet hĂ€tten. Ein Spitzenstreifen war so fest um den Hals geschlungen, daß er zunĂ€chst nicht sichtbar war; er war tief im Fleisch vergraben und mit einem Knoten geschlossen, der gerade unter dem linken Ohr lag. Der Streifen allein hĂ€tte genĂŒgt, den Tod herbeizufĂŒhren. Das Ă€rztliche Gutachten sprach der Verstorbenen einen tugendhaften Lebenswandel zu. Sie sei, so hieß es, brutaler Gewalt unterlegen. Als die Leiche gefunden wurde, war ihr Zustand noch derartig, daß sie unschwer von Bekannten identifiziert werden konnte.
Die Bekleidung war sehr beschĂ€digt und zerrissen. Aus dem Oberkleid war ein Streifen von etwa einem Fuß Breite vom unteren Saum bis zur Taille auf-, aber nicht abgerissen. Er war dreimal um die HĂŒften geschlungen und im RĂŒcken zu einer Art Henkel verknotet. Auch aus dem Unterkleid aus feinem Musselin war ein achtzehn Zoll breiter Streifen herausgerissen – und zwar fadengerade und sorgsam. Er lag lose um ihren Hals und war mit festem Knoten geschlossen. Über dem Musselinstreifen und dem Spitzenstreifen lagen die zusammengeknĂŒpften BĂ€nder einer Haube, die lose daran hing. Der Knoten, mit dem die HaubenbĂ€nder geschlossen waren, war ein regelrechter Seemannsknoten.
Nach Rekognoszierung der Leiche wurde diese nicht, wie sonst ĂŒblich, nach der Morgue verbracht, sondern, da diese FormalitĂ€t diesmal ĂŒberflĂŒssig, schleunigst beerdigt – nicht weit von der Stelle, wo sie gelandet worden war. Durch die BemĂŒhungen Beauvais' gelang es, die Sache vorlĂ€ufig nicht bekanntwerden zu lassen, und mehrere Tage vergingen, ehe sie von der Öffentlichkeit aufgenommen wurde. Ein Wochenblatt griff dann aber doch den Fall auf, dies Leiche wurde wieder ausgegraben und einer nochmaligen Untersuchung unterzogen. Neues ergab sich dadurch aber nicht. Die KleidungsstĂŒcke wurden nun jedoch der Mutter und den Bekannten der Verstorbenen vorgelegt und von diesen als jene bezeichnet, die sie bei ihrem Fortgehen von Hause getragen.
Inzwischen wuchs die Aufregung von Stunde zu Stunde. Mehrere Personen wurden festgenommen und wieder freigegeben. Besonders auf St. Eustache fiel der Verdacht, und er vermochte zunĂ€chst nicht, eine zufriedenstellende ErklĂ€rung ĂŒber sein Tun und Lassen wĂ€hrend des fraglichen Sonntags abzugeben. SpĂ€ter jedoch gab er Herrn G. eidlich Rechenschaft von jeder Stunde des Tages. Als die Zeit verging, ohne daß man irgend etwas entdeckte, zirkulierten wohl tausend einander widersprechende GerĂŒchte, und die Journalisten gaben die verschiedensten Mutmaßungen zum besten. Am meisten Aufsehen erregte eine davon, die dem Gedanken Raum gab, daß Marie RogĂȘt noch am Leben und die in der Seine gefundene Leiche diejenige einer andern UnglĂŒcklichen sei. Ich halte es fĂŒr nötig, dem Leser einige Stellen, die ebendiese Vermutung dartun, zu ĂŒbermitteln. Die betreffenden Stellen sind eine wörtliche Übersetzung aus dem »Etoile«, einem Blatt, das sehr geschickt geleitet wird.
»FrĂ€ulein Marie RogĂȘt verließ das Haus ihrer Mutter am 22. Juni 18 .., einem Sonntagmorgen, mit der ausgesprochenen Absicht, ihre Tante oder sonstige Bekannte in der Rue des DrĂŽmes aufzusuchen. Von dieser Stunde an hat sie erwiesenermaßen keiner mehr gesehen. Keine Spur war mehr von ihr zu finden, keine Nachricht zu erlangen ... Niemand hat sich bis jetzt gemeldet, der sie an jenem Tag, da sie von Hause fortgegangen, gesehen hĂ€tte ... Wenn es also auch nicht erwiesen ist, daß Marie RogĂȘt am Sonntag, dem 22. Juni, morgens nach neun Uhr noch unter den Lebenden weilte, so haben wir doch Beweise dafĂŒr, daß sie bis zu dieser Stunde noch lebte. Am Mittwochmittag entdeckte man in der Gegend der BarriĂšre du Roule eine auf dem Wasser treibende Frauenleiche. Das waren also, selbst wenn wir voraussetzen, daß Marie RogĂȘt innerhalb drei Stunden nach Verlassen der mĂŒtterlichen Wohnung ins Wasser geworfen worden wĂ€re, nur drei Tage, seit sie von Hause fortgegangen – genau drei Tage! Es ist aber Torheit, anzunehmen, daß der Mord – falls hier ein Mord vorliegt – frĂŒh genug ausgefĂŒhrt werden konnte, um den Mördern zu ermöglichen, die Leiche vor Mitternacht in den Fluß zu werfen. Wer sich so scheußlicher Verbrechen schuldig macht, wĂ€hlt die Nacht und nicht den Tag zu seiner Tat ... Wir sehen also, daß die gefundene Leiche, wenn sie diejenige der Marie Roget gewesen sein sollte, nur zwei und einen halben Tag, im Höchstfall drei Tage im Wasser gewesen sein kann. Die Erfahrung zeigt aber, daß Leichen Ertrunkener oder sofort nach dem Tod gewaltsam ins Wasser Geworfener sechs bis zehn Tage brauchen, ehe die Zersetzung eingetreten ist, die sie an die OberflĂ€che bringt. Selbst wenn man ĂŒber einer unter Wasser ruhenden Leiche eine Kanone abfeuert und so das Steigen der ersteren vor dem fĂŒnften oder sechsten Tag veranlaßt, sinkt dieselbe wieder unter, sowie die ErschĂŒtterung vorbei ist. Wir fragen nun: weshalb sollte in diesem Fall ein Abweichen von der natĂŒrlichen Regel stattgefunden haben? ... HĂ€tte die Leiche in ihrem verstĂŒmmelten Zustand bis Dienstag nacht an Land gelegen, so hĂ€tte man Spuren von den Mördern finden mĂŒssen; auch ist es höchst zweifelhaft, ob der Körper, selbst wenn er erst zwei Tage nach eingetretenem Tode ins Wasser geworfen worden wĂ€re, so bald schon an der OberflĂ€che treiben kann. Und fernerhin ist es Ă€ußerst ...

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