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Der GoldkÀfer
Edgar Allan Poe
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Der GoldkÀfer
Edgar Allan Poe
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"Der GoldkĂ€fer", Originaltitel "The Gold-Bug", ist eine Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe, in der im Rahmen einer Schatzsuche ausfĂŒhrlich die Dechiffrierung einer Geheimschrift anhand von HĂ€ufigkeitszahlen der einzelnen Buchstaben in englischen Texten erlĂ€utert wird. Die Kurzgeschichte wurde am 21. und 28. Juni 1843 erstmals im "Dollar Newspaper" veröffentlicht.
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Informations
Der GoldkÀfer
Holla, holla! Der Bursche tanzt wie toll!
Es hat ihn die Tarantula gebissen.
All in the Wrong
Vor vielen Jahren stand ich in nahen Beziehungen zu einem Herrn William Legrand. Er entstammte einer alten Hugenottenfamilie und war einst wohlhabend gewesen; durch allerlei UnglĂŒcksfĂ€lle aber war sein Vermögen zusammengeschmolzen, so daĂ er nur noch das Nötigste hatte. Um DemĂŒtigungen auszuweichen, verlieĂ er Neu-Orleans, die Heimat seiner VĂ€ter, und lieĂ sich auf Sullivans Insel nahe bei Charleston in SĂŒdkarolina nieder.
Diese Insel ist recht merkwĂŒrdig. Sie besteht fast ganz aus Seesand und ist etwa drei Meilen lang. Ihre Breite betrĂ€gt nirgends mehr als eine Viertelmeile. Vom Festland ist sie durch einen schmalen Meeresarm getrennt, der sich durch eine Wildnis von Schilf und Schlamm mĂŒhsam seinen Weg sucht und ein Lieblingsaufenthalt des Marschhuhns ist. Die Vegetation ist, wie sich denken lĂ€Ăt, spĂ€rlich und zwerghaft. GröĂere BĂ€ume gibt es nicht; doch findet sich am Westende, da, wo Fort Moultrie steht, die stachlige Zwergpalme. Auch einige HolzhĂ€user stehen hier, Sommerwohnungen von Charlestoner BĂŒrgern, die dem Staub und dem Fieber zu entfliehen trachten. Der ganze ĂŒbrige Teil der Insel, mit Ausnahme des harten weiĂen Strandes, ist dicht bewuchert von der wohlriechenden Myrte, die bei englischen GĂ€rtner sehr gesucht ist. Der einzelne Strauch erreicht hier oft eine Höhe von fĂŒnfzehn bis zwanzig FuĂ und bildet ein undurchdringliches Buschwerk, das die Luft in weitem Umkreis mit WohlgerĂŒchen trĂ€nkt.
Mitten in diesem Myrtendickicht, nicht weit von der einsamen OstkĂŒste der Insel, hatte Legrand sich eine kleine HĂŒtte gezimmert, die er damals bewohnte, als ich ihn rein zufĂ€llig kennenlernte. Wir wurden bald zu Freunden, denn der Einsiedler gewann mir Achtung und Interesse ab. Ich fand in ihm einen gebildeten Mann von hervorragenden Geistesgaben, nur war er sehr menschenscheu und abwechselnd krankhaften AnfĂ€llen von Begeisterung und von Schwermut unterworfen. Er hatte viele BĂŒcher bei sich, von denen er aber selten Gebrauch machte. Sein HauptvergnĂŒgen war Fischen und Jagen; doch schlenderte er auch gern am Strand entlang, um Muscheln zu suchen, oder durchforschte das Myrtendickicht nach seltenen Insekten. Von letzteren besaĂ er eine Sammlung, um die selbst ein Swammerdam ihn beneidet hĂ€tte. Bei seinen Wanderungen begleitete ihn in der Regel ein alter Neger namens Jupiter, der von der Familie seines Herrn, als diese noch wohlhabend gewesen, die Freiheit erhalten hatte, aber weder durch Drohungen noch Versprechungen zu bestimmen gewesen war, die FĂŒrsorge fĂŒr seinen jungen »Massa Will« aufzugeben. Es ist nicht unwahrscheinlich, daĂ die Verwandten Legrands dem Neger diese Halsstarrigkeit eingegeben hatten, weil es ihnen gut schien, den exzentrisch veranlagten jungen Mann behĂŒtet und ĂŒberwacht zu sehen.
Sullivans Insel liegt auf einem Breitengrad, auf dem ein strenger Winter selten ist und man nur ausnahmsweise einmal eines wĂ€rmenden Feuers bedarf. Mitte Oktober 18.. aber hatten wir einen sehr frostigen Tag. Gegen Sonnenuntergang bahnte ich mir meinen Weg durchs immergrĂŒne Buschwerk zur HĂŒtte meines Freundes, den ich seit Wochen nicht besucht hatte. Ich wohnte damals in Charleston, das neun Meilen von der Insel entfernt liegt, und die Reiseverbindungen waren jenerzeit nicht so bequem wie heutzutage. Als ich die HĂŒtte ereicht hatte, klopfte ich wie gewöhnlich an, und als ich keine Antwort bekam, nahm ich den SchlĂŒssel aus dem mir bekannten Versteck, schloĂ auf und trat ein. Im Kamin brannte ein krĂ€ftiges Feuer â eine mir keineswegs unwillkommene Ăberraschung. Ich warf den Ăberzieher ab, rĂŒckte mir einen Lehnstuhl an die knisternden Scheite und erwartete geduldig die Heimkehr meiner Wirte.
Sie kamen bald nach Dunkelwerden und begrĂŒĂten mich herzlich. Jupiter grinste von einem Ohr bis zum andern, wĂ€hrend er sich anschickte, uns ein paar MarschhĂŒhner zum Abendessen zu bereiten. Legrand hatte einen seiner BegeisterungsanfĂ€lle â ich kann es nicht anders nennen. Er hatte eine unbekannt zweischalige Molluske gefunden, die eine neue Gattung bildete, und mehr noch: Er hatte mit Jupiters Hilfe einen KĂ€fer eingefangen, den er fĂŒr etwas ganz Neues hielt, worĂŒber er aber noch am andern Morgen meine Meinung hören wollte. »Und warum nicht schon heute?« fragte ich und wĂ€rmte meine HĂ€nde ĂŒber der Flamme; in meinem Innern wĂŒnschte ich alle KĂ€fer der Welt zum Teufel.
»Ja, wenn ich doch nur gewuĂt hĂ€tte, daĂ Sie kommen!« sagte Legrand. »Aber es ist so lange her, seit ich Sie sah, und wer hĂ€tte ahnen können, daĂ Sie gerade heute abend mich besuchen wĂŒrden? Auf dem Heimweg begegnete mir Leutnant G. von der Festung, törichterweise lieh ich ihm den KĂ€fer; so werden Sie denselben vor morgen frĂŒh nicht sehen können. Ăbernachten Sie hier! Bei Sonnenaufgang lasse ich den KĂ€fer dann durch Jup holen. Sie können sich gar nichts Schöneres denken!«
»Als was â den Sonnenaufgang?«
»Unsinn! Nein â den KĂ€fer. Er ist von leuchtender Goldfarbe â etwa so groĂ wie eine WalnuĂ â mit zwei jetschwarzen Punkten an einem Ende des RĂŒckens und einem einzigen gröĂeren am andern Ende. Die FĂŒhlhörner sind ...«
»Kein biĂchen Horn an ihm, Massa Will, sag's Ihnen noch mal«, fiel hier Jupiter ein; »Tier ist ein GoldkĂ€fer, schwer Gold, jedes biĂchen ganz Gold, auĂen und innen, FlĂŒgel und alles â nie im Leben ich habe so schweren KĂ€fer in Hand gehalten.«
»Nun, nehmen wir an, du habest recht, Jup«, erwiderte Legrand ernsthafter, als es mir nötig schien, »ist das aber ein Grund, daĂ du die HĂŒhner anbrennen lĂ€Ăt? Die Farbe« â hier wandte er sich zu mir â »vermag allerdings Jupiters Ansicht zu bestĂ€tigen. Noch nie haben Sie etwas Strahlenderes gesehen als die FlĂŒgel dieses Tieres â doch darĂŒber können Sie erst morgen urteilen. Einstweilen will ich Ihnen einen Begriff von seiner Gestalt geben.« Mit diesen Worten setzte er sich an einen kleinen Tisch, auf dem sich Tinte und Feder befanden; Papier fehlte. Er suchte in einer Schublade danach, konnte aber keins finden.
»Tut nichts«, sagte er schlieĂlich, »dies hier tut es auch.« Und er zog aus der Westentasche einen Fetzen, den ich fĂŒr sehr schmutziges Propatriapapier hielt, und entwarf darauf eine flĂŒchtige Federzeichnung.
WĂ€hrenddessen nahm ich meinen Platz beim Feuer wieder ein, denn mir war noch immer kalt. Als er die Zeichnung fertig hatte, reichte er sie mir, ohne aufzustehen. Kaum hatte ich sie in der Hand, als drauĂen ein lautes Knurren ertönte, dem ein Kratzen an der TĂŒr folgte; Jupiter öffnete, und ein groĂer NeufundlĂ€nder, der Legrand gehörte, stĂŒrmte herein, legte die Pfoten auf meine Schultern und ĂŒberhĂ€ufte mich mit Liebkosungen, denn ich hatte ihn bei meinen Besuchen stets gut behandelt. Als er sich beruhigte, blickte ich auf das Papier und war, die Wahrheit zu sagen, nicht wenig verwirrt ĂŒber das, was mein Freund da hingemalt hatte.
Nachdem ich es minutenlang betrachtet hatte, sagte ich: »Der KĂ€fer ist in der Tat seltsam, das muĂ ich zugeben; er ist mir gĂ€nzlich neu â habe nie dergleichen gesehen â es sei denn ein SchĂ€del, ein Totenkopf, denn damit allein hat er Ăhnlichkeit.«
»Ein Totenkopf!« wiederholte Legrand. »Nun ja, mag sein, daĂ er auf dem Papier etwas davon hat. Die zwei oberen schwarzen Punkte sehen wie Augen aus, wie? Und der lĂ€ngere unten wie ein Mund â und die Form des Ganzen ist oval.«
»Vielleicht liegt es daran«, sagte ich. »Doch, Legrand, ich fĂŒrchte, Sie sind kein ZeichenkĂŒnstler. Ich muĂ warten, bis ich den KĂ€fer selber gesehen habe, ehe ich mir eine Vorstellung von ihm machen kann.«
»Sonderbar«, sagte er, ein wenig verletzt, »ich zeichne ganz gut â habe jedenfalls vortreffliche Lehrer gehabt und darf mir wohl auch schmeicheln, nicht gerade ein Dummkopf zu sein.«
»Ja, mein lieber Freund, dann haben Sie wohl einen Scherz beabsichtigt?« sagte ich. »Dies hier ist ein ganz gut gezeichneter SchĂ€del, ja, ich kann wohl sagen, ein meisterhaft gezeichneter SchĂ€del â und Ihr SkarabĂ€us muĂ der merkwĂŒrdigste KĂ€fer von der Welt sein, wenn er ihm gleicht; er könnte geradezu unheimliche Vorahnungen erwecken. Ich nehme an, Sie werden den KĂ€fer Scarabaeus caput homini...