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GlĂŒcksspielsucht unter tĂŒrkischen Migranten in Deutschland
Cemil Sahinöz
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GlĂŒcksspielsucht unter tĂŒrkischen Migranten in Deutschland
Cemil Sahinöz
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Studien zeigen, dass Migranten stĂ€rker von der GlĂŒcksspielsucht betroffen und auch anfĂ€lliger sind. In Deutschland betrifft dies vor allem tĂŒrkische Migranten. Hier fehlen jedoch verlĂ€ssliche Forschungsarbeiten und Daten. Genau hier soll die vorliegende Arbeit anknĂŒpfen. Im Fokus stehen vor allem der Einfluss der Migration und die tĂŒrkischen CafĂ©s, die zu einem wichtigen Faktor fĂŒr GlĂŒcksspielsucht unter tĂŒrkischen Migranten gehören. Aber auch LösungsvorschlĂ€ge, Therapieempfehlungen, kulturelle Unterschiede, Wahrnehmung von GlĂŒcksspielsucht, der Familienkontext, die tĂŒrkischsprachige GlĂŒcksspielsuchthotline, Daten, Fakten und Statistiken sind Bestandteil der Arbeit.
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Informations
1.0 EinfĂŒhrung
GlĂŒcksspielsucht, oder auch Pathologisches Spielen, ist hĂ€ufig ein Thema, dass noch nicht wirklich in der Gesellschaft thematisiert wird. Vor allem, wenn man mit dem Thema nichts zu tun hat, bekommt man wenig davon mit.
Zudem wird sie nicht so wahrgenommen wie andere SĂŒchte. Ihre Gefahren sind unbekannt. GlĂŒcksspielsĂŒchtige berichten davon, dass, wenn sie von ihrer Sucht sprechen, viele Personen sie fragen, wonach sie ĂŒberhaupt sĂŒchtig sind, da diese Sucht eine substanzungebundene ist. Dass heiĂt, die Unkenntnis ĂŒber dieses Thema ist sehr hoch.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass GlĂŒcksspielsucht erst seit 2001 in Deutschland als Krankheit anerkannt wurde. Die Weltgesundheitsorganisation deklarierte es schon 1992 als solches. Dies zeigt, dass noch viel Sensibilisierungsarbeit in diesem Gebiet geleistet werden muss.
An dieser Stelle macht es Sinn zu schauen, wann man ĂŒberhaupt von einer GlĂŒcksspielsucht spricht. Laut dem ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health) wird es folgendermaĂen definiert (F63.0): âDie Störung besteht in hĂ€ufigem und wiederholtem episodenhaften GlĂŒcksspiel, das die LebensfĂŒhrung des betroffenen Patienten beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiĂ€ren Werte und Verpflichtungen fĂŒhrt.â
Seit 1980 ist GlĂŒcksspielsucht als Pathologisches GlĂŒcksspiel auch im DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) eingetragen. Laut der Definition von DSM-IV spricht man von GlĂŒcksspielsucht wenn mindestens 5 dieser Punkte1 zutreffen:
- Eingenommensein vom GlĂŒcksspiel
- Toleranzentwicklung. Die EinsÀtze werden höher.
- Kontrollverlust
- Entzugserscheinungen. Unruhe und Reizungen, wenn nicht gespielt wird.
- Spielen, um Problemen zu entkommen
- Gewinn âhinterher jagenâ, um Verluste auszugleichen
- LĂŒgen zur Verheimlichung
- Illegale Handlungen, um Spielen zu finanzieren
- GefÀhrdung/Verlust wichtiger (beruflicher, persönlicher) Beziehungen
- Verlassen auf Geldbereitstellung durch Andere
Diese Sucht nur auf WillensschwĂ€che zurĂŒckzufĂŒhren, wĂ€re eine EinschrĂ€nkung. Auch ist sie keine bloĂe Impulsstörung. Neurobiologische Studien zeigen, dass sich das Belohnungssystem des Gehirns bei Spielern auf glĂŒcksspielbezogene Reize sensibilisiert. âDer Betroffene entwickelt eine selektive Wahrnehmung fĂŒr diese Reize und erlebt durch sie ein erhöhtes Spielverlangen, welches sich sozusagen automatisch als Konsequenz einer erlernten neurobiologischen Kettenreaktion zwischen Reizwahrnehmung, Reizbewertung und Handlungsinitiierung ergibtâ (MĂŒller et al., 2013). Der Spieler wird also quasi gelenkt vom reizauslösenden Stimulus. Somit kann man von einem Verhaltenssucht sprechen. Es gibt einen Drang, bestimmte Verhaltensweisen immer wieder zu wiederholen.
Wenn man von GlĂŒcksspiel redet, meint man selbstverstĂ€ndlich nicht nur Automaten, sondern auch Kartenspiele oder Sportwetten. WĂ€hrend man bei GlĂŒcksspielen eindeutig von Zufall spricht, ist dies vielleicht bei anderen GlĂŒcksspielen nicht deutlich. Wenn man aber die âWeltmeisterâ im Poker und im Schach vergleicht, kommt man zu folgendem erstaunlichen Ergebnis (DHS, 2013, S.14):
Pokerweltmeister: | Schachweltmeister: |
1989: Phil Hellmuth | 1989: Garri Kasparow |
1990: Mansour Matloubi | 1990: Garri Kasparow |
1991: Brad Daugherty | 1991: Garri Kasparow |
1992: Hamid Dastmalchi | 1992: Garri Kasparow |
1993: Jim Bechtel | 1993: Garri Kasparow |
1994: Russ Hamilton | 1994: Garri Kasparow |
1995: Dan Harrington | 1995: Garri Kasparow |
1996: Huck Seed | 1996: Garri Kasparow |
1997: Stu Ungar | 1997: Garri Kasparow |
1998: ScottyNguyen | 1998: Garri Kasparow |
1999: J. J. âNoelâ Furlong | 1999: Garri Kasparow |
2000: Chris Ferguson | 2000: Wladimir Kramnik |
2001: Carlos Mortensen | 2001: Wladimir Kramnik |
2002: Robert Varkonyi | 2002: Wladimir Kramnik |
2003: Chris Moneymaker | 2003: Wladimir Kramnik |
2004: Greg Raymer | 2004: Wladimir Kramnik |
2005: Joseph Hachem | 2005: Wladimir Kramnik |
2006: Jamie Gold | 2006: Wladimir Kramnik |
2007: Jerry Yang | 2007: Viswanathan Anand |
2008: Peter Eastgate | 2008: Viswanathan Anand |
2009: Joseph Cada | 2009: Viswanathan Anand |
2010: Jonathan Duhamel | 2010: Viswanathan Anand |
2011: Pius Heinz | 2011: Viswanathan Anand |
2012: Greg Merson | 2012: Viswanathan Anand |
Es gibt also seit 1989 immer nur unterschiedliche Pokerweltmeister. Es gibt niemanden, der mehr als einmal Weltmeister wurde. Dies zeigt, dass Pokern nur auf GlĂŒck und Zufall basiert und Begriffe wie Können, Profi, Talent oder Experte hier nicht zutreffen. Auf der anderen Seite gab es seit 1989 nur 3 verschiedene Personen, die Weltmeister wurden. Wenn man noch weiter in die Vergangenheit geht, sieht man, dass seit 1886 nur 15 verschiedene Personen Schachweltmeister wurden. Dies zeigt noch einmal, dass ein Siegen beim GlĂŒcksspiel rein gar nichts mit dem Spieler selbst oder seinen Kompetenzen zu tun hat. Trotz dieser Tatsache gehen jedoch viele Spieler davon aus, dass sie den Ausgang eines GlĂŒcksspieles kontrollieren können. Sie haben die Vorstellung, dass sie durch KnopfdrĂŒcke am Automaten das Ergebnis beeinflussen können. âFast- Gewinneâ oder kleine Gewinne signalisieren ihm dabei, dass er es fast geschafft hat und sich noch etwas mehr âanstrengenâ muss, um den groĂen Gewinn zu ergattern.
Auch Sportwetten sind ein Bereich der GlĂŒcksspielsucht. Vor allem diese erfĂŒllen meist die Aufgabe der âEinstiegsdrogeâ bei Jugendlichen. Doch gerade in diesem Bereich sind Wettmanipulationen sehr verbreitet. Immerhin betrĂ€gt das Volumen des weltweiten Sportwettenmarktes ca. 200-300 Milliarden Euro im Jahr. Bei diesen groĂen Mengen ist die Wettmafia immer dabei Man kann quasi fĂŒr alle möglichen Spiele weltweit wetten, sogar fĂŒr A-Jugendspiele, die vor 15-20 Zuschauern stattfinden (Best, 2013; Schnitzler, 2011).
SelbstverstĂ€ndlich verdient auch der Staat am GlĂŒcksspiel. Seit 1998 werden höhere Steuereinnahmen verbucht als ĂŒber die Besteuer...