Blickrichtungswechsel
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Blickrichtungswechsel

Lernen mit und von Menschen mit Demenz

Brigitta Schröder

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  1. 140 pages
  2. German
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Blickrichtungswechsel

Lernen mit und von Menschen mit Demenz

Brigitta Schröder

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Accompanying people with dementia is a tremendous challenge. Can there still be any rays of hope? This book provides motivation for all those caring for and accompanying people with dementia, showing how to attend the affected individuals with imaginativeness and creativity, learning from them and appreciating them. The author succeeds in encouraging hard-pressed relatives to find rays of hope and fresh insights in stressful situations.

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Informations

Année
2021
ISBN
9783170371569
Édition
4
Sous-sujet
Geriatrics

1 Wissenswertes ĂŒber Demenz

In diesem Abschnitt werden theoretische und wissenschaftliche Kenntnisse nur kurz skizziert, um ZusammenhĂ€nge aufzuzeigen, die zu einem besseren VerstĂ€ndnis von Menschen mit Demenz und Verhaltensweisen ihnen gegenĂŒber fĂŒhren können. Theorie und Praxis ergĂ€nzen sich.

1.1 Demografische Entwicklung

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V. hat die Epidemiologie der Demenz im Internet veröffentlicht und auf Folgendes hingewiesen: In Deutschland leben ĂŒber eine Million Menschen mit Demenz und jĂ€hrlich kommen etwa 250.000 Neuerkrankungen hinzu. Einer neuesten Studie zufolge wird sich die Zahl der Menschen mit Demenz in Deutschland bis zum Jahre 2050 nahezu verdoppeln.
Bei den ĂŒber 90-JĂ€hrigen hat schon mehr als jeder Dritte mit Demenz zu leben. Geschlechts- oder geografische Unterschiede sind nicht zu erkennen. Es ist nicht zwangslĂ€ufig so, dass jeder, der betagt ist, an Demenz erkrankt. Die Altersweltrekordlerin, die Französin Jeanne Calment, erfreute sich zu ihrem 116. Geburtstag bei bester Gesundheit an einem Glas Sherry. Die Dame ist 122 Jahre alt geworden. Diese Ausnahme ist ein Beispiel dafĂŒr, dass es nicht unabwendbar dazu kommt, im Alter eine Demenz zu entwickeln.
Die Überalterung unserer Bevölkerung sowie die Zunahme von Demenzerkrankungen geht alle an. Eine Haltung mit neuer Sichtweise ist zu entwickeln. Menschen mit Demenz gehören zur Gesellschaft, haben Rechte, brauchen UnterstĂŒtzung in ihrem Sosein und benötigen eine akzeptierende, wertschĂ€tzende Haltung mit entsprechendem Umfeld.

1.2 Menschen mit Demenz in unserer Gesellschaft

»Alzheimer lĂ€sst grĂŒĂŸen!« Dieser Ausspruch wird oft leichtfertig eingesetzt. Wird etwas vergessen, ist ein Gegenstand nicht auffindbar oder wird ein Wort nicht umgehend gefunden, kommt es schnell zu dieser Äußerung. Alzheimer ist eine Form von Demenz.
Demenz, lat.: dementia, »ohne Geist« bzw. mens = Verstand, de = abnehmend, wird ĂŒbersetzt mit »ent-geistigt«. Vom Geist verlassen, ohne Geist, ist eine harte, einseitige, kurzsichtige Umschreibung und schreit nach VerĂ€nderung. Redewendungen, die darauf hinweisen, dass diese Lebensform menschenunwĂŒrdig oder ein »Lebendig-tot-Sein« ist, können nicht akzeptiert werden. Diese Erkrankung erzeugt Verluste, dennoch sind Menschen mit Demenz wertvolle Mitglieder der Gesellschaft. Die WĂŒrde des Menschen geht nicht verloren. Sie ist unantastbar. So steht es geschrieben im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.
Die Angst vor Menschen mit Demenz löst oft Distanzierung, Abgrenzung, Unsicherheit und Hilflosigkeit aus. Wie könnte diese Angst verblassen und wie können wir die Begegnung zwischen dementen und nicht dementen Menschen positiv stĂ€rken? Der Kern aller Anstrengungen, die Gruppe dementer Menschen adĂ€quat zu begleiten, liegt im Selbstwert derjenigen Personen, die mit ihnen zusammen sind. Menschen mit Demenz haben andere Kompetenzen. Sie eröffnen uns neue Lernfelder. Menschen, die sich selber wertschĂ€tzen, können ihnen gegenĂŒber Neugier und Lernbereitschaft entwickeln und Zugang zu dieser fremden, ungewohnten Seins-Ebene finden.
Eine notwendige Voraussetzung fĂŒr die Begleitung eines Menschen mit Demenz ist die FĂ€higkeit, fĂŒr sich selbst gut sorgen zu können, um den unbekannten Herausforderungen und verĂ€nderten Lebenssituationen gewachsen zu bleiben.
Der Autonomieverlust der Begleitpersonen wĂ€hrend der Betreuung von Menschen mit Demenz kann zu einer wachsenden Selbstentfremdung und GesundheitsgefĂ€hrdung fĂŒhren. Es ist wichtig, gesundheitsschĂ€digende und krĂ€ftezehrende Situationen zu vermeiden und ihnen frĂŒhzeitig entgegenzuwirken. Alle Begleitenden sind aufgefordert, Überforderungen zu unterlassen, sich nicht in die Fallen des Helfersyndroms zu begeben, auch keine Aufopferungshaltung einzunehmen oder sich von MitleidsgefĂŒhlen ĂŒberschwemmen zu lassen. Die schmerzhaften, schweren Belastungen durch das kaum verstehbare Verhalten dieser Menschen werden dadurch nur vergrĂ¶ĂŸert. Pflegende Angehörige sind oft gesundheitlich gefĂ€hrdeter als die Betroffenen. SchuldgefĂŒhle und perfektionistische AnsprĂŒche an sich selbst und Andere verstĂ€rken diesen Zustand.
– Unperfekt ist perfekter als perfekt. –
GesprĂ€che mit dem Hausarzt oder qualifiziertem Fachpersonal frĂŒhzeitig in Anspruch zu nehmen, ist entlastend und bringt VerstĂ€ndnis fĂŒr diese oft unverstĂ€ndliche Situation. Das rechtzeitige Einholen von Informationen sowie Kontakte mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, die ĂŒber hervorragende Kenntnisse, umfassende GesprĂ€chskompetenz sowie flĂ€chendeckende Vernetzung verfĂŒgt, sind als Informationsquelle unverzichtbar. Die Inanspruchnahme von Selbsthilfegruppen oder Treffen fĂŒr Angehörige, Tageseinrichtungen und Besuchsdienste wirken in dieser kritischen, bedrĂŒckenden Lebenslage entlastend.
Menschen mit Demenz sind kaum noch ĂŒber die kognitive Ebene zu erreichen. Diskussionen, StreitgesprĂ€che und Rechthaberei sind im Kontakt mit ihnen zu vermeiden, von Überzeugungshandlungen und KlĂ€rungsversuchen gilt es, sich zu distanzieren und zu verabschieden. Aussagen wie »Mutter, das kennst du doch, das haben wir doch immer so gemacht!« oder »Mutter, das habe ich dir soeben erklĂ€rt!« sowie »Mutter, das weißt du doch!«, sind zu vermeiden.
Eine enorme Herausforderung ist der zwangslĂ€ufige Rollentausch in der Eltern-Kind-Beziehung oder zwischen Ehepartnern. Menschen mit Demenz verlieren ihre SelbststĂ€ndigkeit und Eigenverantwortung. Sie sind in einem Stadium wie Kleinkinder, die handlungsunfĂ€hig, wehrlos, schutzbedĂŒrftig, abhĂ€ngig, unsicher und auch hĂ€ufig Ă€ngstlich sind. WĂ€rme, ZĂ€rtlichkeit und einfĂŒhlsame Zuwendungen sind existenziell. Das bezeichne ich als emotionale Nahrung. Wird diesen VerĂ€nderungen und BedĂŒrfnissen keine Rechnung getragen, suchen sich Menschen mit Demenz einen Ausgleich durch herausforderndes Verhalten, wie Aggressionen oder depressiven RĂŒckzug. Die gravierende PersönlichkeitsverĂ€nderung der eigenen Eltern oder des Partners mitzuerleben, ist eine besonders beklemmende Tatsache. Es braucht viel Bereitschaft und Mut, einen solchen Rollentausch anzunehmen und einzuĂŒben, um sich auf dieser fremdartigen Ebene zu bewegen und durch einen Blickrichtungswechsel unerwartete Möglichkeiten zu entdecken.
Damit Integration und Wertachtung der Betroffenen gestĂ€rkt werden, sind auf der anderen Seite Isolation und Degradierung zu unterlassen. Wer UnterstĂŒtzung durch Familienmitglieder, Freunde, Nachbarn oder den Besuchsdienst annimmt, schafft sich wesentliche Entlastung, denn die FreirĂ€ume dienen zum »Auftanken« der eigenen KrĂ€fte. Dies kommt wiederum dem Betroffenen zugute. Es heißt: »Wenn es mir gut geht, geht es auch meiner Umgebung gut.« Menschen mit Demenz haben einen ausgeprĂ€gten SpĂŒrsinn fĂŒr Echtheit, AuthentizitĂ€t und das BedĂŒrfnis, als Person gesehen, beachtet, angenommen und wertgeschĂ€tzt zu werden. Sie nur auf die Rolle des Empfangenden zu reduzieren, ist keine Basis fĂŒr ein wertschĂ€tzendes Miteinander. Über den Verlust der frĂŒheren FĂ€higkeiten entwickeln diese Menschen neue Ausdrucksformen und Kompetenzen, die zu sehen, zu beachten, zu fördern, zu verstĂ€rken und zu loben sind. Menschen mit Demenz haben FĂ€higkeiten, die ihnen mit Hilfe von aufgeschlossenen, lernbereiten Begleitenden ungeahnte LebensqualitĂ€t ermöglichen. Diese neue Sichtweise erleichtert es, Unbekanntes zu entdecken, damit zu experimentieren und sich von Normen und PrĂ€gungen zu verabschieden. Ein Blickrichtungswechsel mit dem Schwerpunkt:
– Mehr leben statt pflegen. –
Jede Lebensphase ist voller Geheimnisse, gefĂŒllt mit tĂ€glichen Überraschungen, Entfaltungsmöglichkeiten und Lernchancen. Das Ă€ußere Bild der Ă€lteren Generation hat sich grundlegend verĂ€ndert. Bunt, attraktiv, mit modischer Eleganz bewegt sich diese Altersgruppe. Wir sollten uns von der Anti-Aging-Haltung, von der Zauberformel »FĂŒr ewig jung« verabschieden. Anti-Aging ist Anti-Living. Die Aufgabe im Alter ist, VerĂ€nderungen an Körper, Seele und Geist bejahend anzunehmen, ihnen Raum zu geben, um unbekannte Dimensionen zu entdecken, um auf das Lebensende hin zu wachsen und zu reifen. Äußere Eingrenzungen können zur inneren Weite fĂŒhren, wenn die Bereitschaft vorhanden ist, diesen Blickrichtungswechsel vorzunehmen.
Menschen mit Demenz, so tönt es immer wieder, sind fĂŒr die Gesellschaft kostenintensiv, fĂŒr die Angehörigen und das Betreuungspersonal eine drĂŒckende Belastung, was zum Burn-out-Syndrom der Beteiligten fĂŒhren kann. Solchen Gedanken und Sichtweisen ist kein Raum zu geben. Ältere Menschen, auch solche mit Demenz, geben unserer Gesellschaft wertvolle BeitrĂ€ge und Impulse durch ihr Sosein. Der ungewohnte Blickrichtungswechsel ermöglicht, die Lebensphase des Alters sowie Menschen mit Demenz neu zu entdecken, zu erleben und von ihnen zu lernen.
Die Schwierigkeit, Menschen mit Demenz zu verstehen, liegt darin, dass ĂŒber den Verlust der geistigen FĂ€higkeiten auch die Wahrnehmung, das Erleben und das Verhalten beeintrĂ€chtigt werden. Die Persönlichkeit dieser Menschen Ă€ndert sich ebenso wie die innere Vorstellung von der Welt, der Umgebung und den Mitmenschen. Je fortgeschrittener die Demenz ist, desto mehr befinden sich diese Menschen in ihrer eigenen Welt. Sie haben ihre innere Uhr verloren. Es setzt eine starke Persönlichkeit voraus, sich in die Welt dieser Menschen, sich auf ihre Daseinsebene zu begeben, um sie adĂ€quat zu begleiten. Wer diesen Weg wagt, beginnt zu staunen und wird dankbar fĂŒr Kleinigkeiten. Im tĂ€glichen Umgang mit dementen Menschen sollten sich die Bezugspersonen bewusst sein, dass sie selbst noch die Kompetenzen haben, die bei diesen Menschen bereits versiegt sind.
Begleitende
‱ haben Erinnerungsvermögen
‱ besitzen UrteilsfĂ€higkeit
‱ können Strukturen entwickeln und planen
‱ haben Überblick
‱ sind vorausschauend
‱ verwenden Erfahrungen
‱ steuern und kontrollier...

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