Social Media Reichweite ROI: Richtig kommunzieren und Erfolge messen
// Von Simone Janson
FĂŒr viele Unternehmen und Marketingleute ist dies das Entscheidende Thema: Erfolgsmessung und Reichweite in Social. Diese richtig zu messen, ist gar nicht so einfach.
Twitter â Die Entdeckung der Einfachheit?
Mein liebstes Informations-, Kommunikations- und Filtertool ist und bleibt allerdings Twitter. Die Idee dahinter ist simpel, aber genau darin liegt der Reiz: Mehr als 140 Zeichen, die sogenannten Tweets, sind nicht erlaubt, um eine Information loszuwerden. Das zwingt den Absender, sich kurz und prĂ€gnant auf den Kern einer Aussage zu beschrĂ€nken â vermutlich einer der HauptgrĂŒnde fĂŒr den Erfolg des Microblogging-Tools Twitter. Der andere dĂŒrfte sein, dass die kurzen Nachrichten oft mit einer Prise Humor, Ironie und Sarkasmus gewĂŒrzt sind. Nach einer Auswertung von Google Trends steht Twitter jedenfalls in der weltweiten Statistik auf Platz vier â hinter Facebook und zwei Netzwerken, die in Deutschland keine Bedeutung haben.
Die Tweets sind öffentlich und können auch ĂŒber Google gefunden werden. Vor allem werden sie aber in der sogenannten Timeline all derjenigen Benutzer angezeigt, die meine Nachrichten abonniert haben â meine sogenannten Follower. Will ich jemandem Antworten, schreibe ich ein @ vor seinen Twitternamen (z.B. @simonejanson). Wenn ich eine Nachricht besonders gut finde, kann ich sie wiederholen (Retweeten) oder merken (Faven). Daneben gibt es sogenannte Direktmessages, kurz DMs, die nur fĂŒr bestimmte Nutzer gedacht sind. Wörter innerhalb des Tweets, die ich besonders hervorheben will, markiere ich mit einem # als #hashtag, nach denen man gezielt suchen kann. Denn das ist eine weitere Besonderheit an Twitter: Anders als Google und viele andere Suchmaschinen, die Suchergebnisse indiziert und daher nur zeitversetzt anzeigen, tauchen Tweets sofort in der Suche auf. Dieser Echtzeitsuche hat Twitter seinen Ruf als schnellstes Nachrichtenmedium zu verdanken.
Und Twitter kann wirklich Zeit sparen. Zum Beispiel erhielt ich kĂŒrzlich in 140 Zeichen die Nachricht, dass mein Gasanbieter Insolvenz angemeldet hat. Per se kein Grund zur Freude, aber ich hatte bereits vergeblich Zeit in der Warteschleife der Hotline verbracht, um wegen der RĂŒckzahlung nachzufragen und hatte eigentlich vorgehabt, wieder anzurufen. Das konnte ich mir nun gleich ganz sparen. Noch besser ist natĂŒrlich, wenn Unternehmen ihren Kundenservice gleich ganz ĂŒber Twitter laufen lassen. JĂŒngestes Beispiel ist die Deutsche Bahn, die unter @DB_Bahn mit acht Mitarbeitern engagiert Kundenanfragen auch durchaus mit Humor beantwort. Danach gefragt, ob man seine französische Dogge in einer Reisetasche mitfĂŒhren könne, entspann sich bei Twitter folgender Dialog: â@DB_Bahn: @Bertimaus Hunde bis zur GröĂe einer Hauskatze werden kostenfrei befördert⊠Ist Ihre Bulldogge denn gröĂer als eine Hauskatze? @Bertimaus: @DB_Bahn nein, aber deutlich muskulöser und deshalb die reisetasche. das ist das einzige was 12kg hĂ€lt⊠@DB_Bahn: @Bertimaus Wenn Ihr Hund deutlich muskolöser ist, ist er gröĂer als eine Hauskatze. Daher muss der Kinderpreis gezahlt werden.â
LĂ€ngst mehr als banal
Auch wenn ich das mit der Zeitersparnis ernst meine, dĂŒrfen Sie ĂŒber das Beispiel lachen! Ganz ernsthaft aber ist das System mit den 140-Zeichen-Kurznachrichten ist so erfolgreich, dass es mittlerweile auch auf andere Systeme ĂŒbertragen wurde, die zum Beispiel in Unternehmen genutzt werden. Zur Zeit gibt es weltweit gut 30 Anbieter von Enterprise-Microblogging. Das Bekannteste ist Yammer, der einzige deutsche Anbieter ist Communote. Wie auch Twitter ermöglichen diese Tools Mitarbeitern, schnell und in Echtzeit Links und Informationen auszutauschen und so gemeinsam an Projekten zu arbeiten. mit dem sich in einem firmeninternen Netzwerk nicht nur öffentliche und private Nachrichten sondern auch DateianhĂ€nge verschicken lassen. AuĂerdem gibt es, anders als bei Twitter, ausgereifte Gruppenfunktionen und Diskussionthreads lassen sich verschlagworten und spĂ€ter wieder auffinden. WĂ€hrend etwa Unternehmenswikis immer auch den Anspruch auf VöllstĂ€ndigkeit der Information erheben, lĂ€uft die Kommunikation beim Microblogging völlig spontan und intuititv. Und wie bei Twitter können die Mitarbeiter auf diese Weise auch informelle Dinge kommunizieren â der klassische Flurfunk lĂ€sst grĂŒĂen. Dennoch gibt es einige gravierende Unterschiede zu Twitter, die den speziellen BedĂŒrfnissen von Unternehmen geschuldet sind: Bei Communote beispielsweise lassen sich DateianhĂ€nge mitschicken, was den eMail-Verkehr ersetzt. Es sind mehr als 140 Zeichen erlaubt und die Diskussionsthreads lassen sich verschlagworten, was die Nachvollziehbarkeit erheblich erleichtert. Die Software lĂ€sst sich in bestehende IT-Systeme integrieren, funktioniert auch hinter einer Firewall und berĂŒcksichtigt deutsche Datenschutzbestimmungen.
Twitter ist also lĂ€ngst mehr als ein Medium fĂŒr banale Kurznachrichten, sondern ein echtes ProduktuvitĂ€tstool. Dennoch sind die Vorbehalte bislang immer noch groĂ. Dem halte ich entgegen: Einfach selbst ausprobieren. Twitter ist, wie alle Sozialen Netzwerke, ja nicht nur ein reines Tool, sondern es steht und fĂ€llt mit den Menschen, die man dort wiedertrifft und kennenlernt. An ihnen liegt es, wir den gegenseitigen Austausch als fruchtbar, produktiv und innovativ oder als unsinnige Zeitverschwendung wahrnehmen. Wenn ich den richtigen Leuten folgen, die kluge Dinge von sich geben, bekommen ich ĂŒber meine Timeline auch nĂŒtzliche und wichtige Informationen. Ich weiĂ aber selbst noch, dass ich mich anfangs auch gefragt habe, wozu Twitter eigentlich gut sein soll. Damals war ich von Facebook noch sehr begeistert. Das jedoch hat sich mittlerweile grundlegend geĂ€ndert.
Facebook: Ein durchgeknallter Kneipenwirt aus Kalifornien?
Mein Problem mit Facebook: Es wird mit wachsender GröĂe â mittlerweile sind es gut 750 Millionen Nutzer â immer unĂŒbersichtlicher. Zwar kann man bei Facebook tatsĂ€chlich jede Funktion wie Benachrichtigungen, das Verbergen von Meldungen, die man nicht lesen will, die Ăffentlichkeit des eigenen Profils sowie seiner Daten usw. ein- bzw. abstellen. Die stĂ€ndigen Ănderungen lassen aber auch den geĂŒbtesten User schnell wichtige Einstellungsmöglichkeiten aus den Augen verlieren. PrekĂ€r: Wer nicht aufpasst, gibt aus purer Unkenntnis unfreiwillig Daten heraus. Denn alles fĂŒr alle offen zu legen ist die Standardeinstellung bei Facebook. Wer das nicht möchte, muss sich erst zeitaufwĂ€ndig durch mehrere Seiten klicken, um dann mĂŒhsam alle Einstellungen auf Privat zu setzten.
Doch nicht nur das macht Facebook so nervenaufreibend: Die stĂ€ndigen groĂen und kleinen Fehler, die immer mal wieder auftreten, kommen noch hinzu. Nun mag man einwenden, dass es völlig normal ist, dass bei einer Seite von diesem Funktionsumfang mal hier und da eine Anwendung nicht funktioniert. Auch das die vielen Apps, die von externen Entwicklern fĂŒr Facebook programmiert wurden, nicht immer hundertprozentig funktionieren, kann man kaum dem âblauen Riesenâ selbst anlasten. Kritisch wird es allerdings wenn z.B. ganze Unternehmensseiten in Facebook verschwinden. Der Hamburger Personalberatung Atenta ist das passiert. Nach zahlreichen Nachrichten an Facebook tauchte die Seite nach genau 30 Tagen wieder auf â ohne ErklĂ€rung. Wer bei Google den Suchbegriff âfacebook page disappearedâ eingibt, wird feststellen, dass das Problem kein unbekannter Bug ist. FĂŒr ein Unternehmen kann das den wirtschaftlichen Ruin bedeuten, wenn es sich zu sehr von Facebook abhĂ€ngig macht.
Von der Website in Social Media? Ist das klug?
FĂŒr heftige Diskussionen in der Social-Media- und Marketingbranche sorgte einst das MĂ€nnermagazin FHM, das seinen regulĂ€ren Webauftritt schloss und seinen Onlineauftritt auf Facebook verlagerte. BegrĂŒndet wurde dieser Schritt damit, dass man da sein wolle, wo die eigenen Leser sind. FĂŒr die einen eine gute, folgerichtige Idee, weil man dort mehr Leser bei weniger Aufwand erreicht, fĂŒr die anderen blanker Irrsinn. Vermutlich war aber das Betreiben der Website dem Verlag zu aufwĂ€ndig geworden, denn nur ein halbes Jahr spĂ€ter wurde das Magazin eingestellt. Mittlerweile gibt ein anderer Verlag das Magazin heraus. Die Ironie bei der Geschichte ist, dass die neuen Macher offenbar nichts von der Facebook-Only-Strategie halten: Jedenfalls wird jetzt an einer neuen InternetprĂ€senz gearbeitet.
Kosten senken und Arbeitsaufwand verringern â wer wollte das nicht? Doch auch wenn der Schritt weg von der eigenen Seite hin zu Facebook verlockend erscheint: Lassen Sie es besser sein. Nicht nur macht man sich von Facebook unnötig abhĂ€ngig, auch muss man sich mit den arg limitierten Möglichkeiten zur Seitengestaltung und anderen EinschrĂ€nkungen abfinden. Martin Oetting, Gesellschafter und Forschungsleiter bei der Word-of-Mouth Marketingplattform trnd, hat das sehr treffend kommentiert:
âFacebook ist eine.. extrem erfolgreiche Kneipe. Die gröĂte der Welt. 500 Millionen Menschen gehen aus und ein. NatĂŒrlich kann ich jetzt, wenn ich meine GetrĂ€nke bekannt machen und vertreiben will, in der Riesenkneipe einen Tisch mit meinen Wimpeln schmĂŒcken und dort auch meine GetrĂ€nke ausschenken lassen. Gute Idee. Aber deswegen soll ich meine eigene Kneipe schlieĂen? Was ist denn, wenn der Wirt bei Facebook irgendwann mal keinen Bock mehr auf mich hat? Was ist, wenn er von heute auf morgen die Regeln Ă€ndert, und ich ĂŒberhaupt nicht mehr rein darf? Was ist, wenn er mir einen Tisch direkt am Klo anweist, an dem es meine Kundschaft kaum noch aushĂ€lt? Mir erscheint der Gedanke arg riskant, allein auf einen etwas durchgeknallten Kneipenwirt aus Kalifornien bei der eigenen Markenkommunikation im Internet zu setzen.â
Zeitfalle Internet
Facebook kann also nicht nur zu einem grandiosen Zeitfresser werden. FĂŒr Unternehmen, die sich nur darauf verlassen, kann es auch gefĂ€hrlich werden. Dabei verspricht das Unternehmen seinen Usern ja das genaue Gegenteil: Die ĂŒbersichtliche Anwendung aller notwendigen Kommunikationsmöglichkeiten auf einen Blick. eMails, SMS, Chat und Pinnwand-Nachrichten in einem. Ein komfortables Fotoalbum, die Möglichkeit, Videos anzuschauen und zu spielen⊠und und und. Und das alles auf nur einer Plattform, wo User sonst fĂŒr jede Funktion ein anderes Angebot nutzen mĂŒssten. Klingt doch verlockend zu zeitsparend â oder? Kein Wunder also, dass Facebook seine User nun dazu auffordert, es als Startseite einzurichten: Facebook möchte zu unser aller ersten Anlaufstelle im Internet werden. Weil es so schön einfach ist.
Bei vielen klappt diese Methode auch sehr gut, wie ein Experiment der Schweizer Agentur Rod zeigt. 50 Probanden verzichteten gegen eine AufwandsentschĂ€digung von 300 Franken fĂŒr 30 Tage auf Facebook. Andere Soziale Netzwerke waren erlaubt. Die Facebooklosen fĂŒhlten sich zwar einerseits sozial ausgegrenzt, gaben aber andererseits zu, konzentrierter zu arbeiten und auch zielgerichteter mit guten Freunden zu kommunizieren. Besonders frapierend: Die meisten hatten ihre gesamten Kontakte lediglich in Facebook organisiert. Das sich stets aktualisierende Telefon- und Adressbuch wirkt ja so bequem.Daten wie Geburtstage, Telefonnummern und eMail-Adressen von Freunden, Familie und Bekannten wurden einfach an keinem anderen Ort mehr notiert. Und: Viele lieĂen, da sie Facebook nicht nutzen konnten, den Computer gleich ganz aus. Das zeigt, wie sehr Facebook mittlerweile die Computer-Nutzung dominiert.
Mehr ist besser: Alternativen zu Facebook
Ein Tool fĂŒr alle Aufgaben? Aus Zeitmanagement-Sicht klingt das sicher verlockend: Einmal Passwort eingeben, das wars. Und der Mythos hĂ€lt sich hartnĂ€ckig â zum Beispiel auch, wenn es um Googles neues Netzwerk Google+ geht, das sich gerade anschickt, Facebook ernsthafte konkurrenz zu machen. Thomas Mauch etwa stellt bei imgriff.com verschiedene professionelle Einsatzmöglich...