Geld verdienen mit Rohstoffen: Investments Börse und die Macht der Dinge
// Von Jim Rogers
Das nĂ€chste heisse Ding sind â Dinge. Eine neue Hausse ist im Gang, und sie findet bei den Rohstoffen statt.
Rohstoffe sind allgegenwÀrtig
Es geht um âCommoditiesâ, âMaterialienâ, âharten VermögensgegenstĂ€ndenâ und âgreifbaren Dingenâ, die nicht nur in Ihrem Leben, sondern im Leben jedes Menschen auf der Welt eine ganz wesentliche Rolle spielen. Wenn Sie in den Supermarkt oder ins Einkaufszentrum gehen, befinden Sie sich zwischen lauter Rohstoffen, die weltweit gehandelt werden. In Ihrem Auto oder Lastwagen sind Sie ebenfalls von lebhaft gehandelten Rohmaterialien umgeben. Ohne die Futures-MĂ€rkte, wo die Rohstoffpreise ermittelt und reguliert werden, wĂ€ren Dinge rar und oft auch zu teuer, die wir alle zum Leben brauchen. Zu diesen wesentlichen Dingen gehören Ăl, Erdgas, Weizen, Mais, Baumwolle, Sojabohnen, Aluminium, Kupfer, Silber, Gold, Rinder, Schweine, SchweinebĂ€uche, Zucker, Kaffee, Kakao, Reis, Wolle, Gummi, Bauholz und die etwa 80 anderen Dinge, die in der Bibel der Trader aufgelistet sind â also im Commodity Research Yearbook.
Rohstoffe sind so allgegenwĂ€rtig, dass man meiner Meinung nach nicht erfolgreich in Aktien, Anleihen oder Devisen investieren kann, wenn man die RohstoffmĂ€rkte nicht versteht. Man muss sie verstehen, auch wenn man nur in Aktien und Anleihen investieren will. Rohstoffe gehören in jedes wirklich gut diversifizierte Depot. Mit einem Rohstoff-Investment kann man sich gegen eine Aktienbaisse, galoppierende Inflation und sogar eine schwerwiegende Wirtschaftskrise absichern. Rohstoffe sind nicht das âriskante GeschĂ€ftâ, als das sie oft bezeichnet werden. Ich glaube, dass Rohstoffinvestments in den kommenden zehn Jahren enorme Chancen bieten werden. FĂŒr die meisten Investoren ist der Rohstoffhandel ein geheimnisvolles Land voller sagenhafter Drachen.
Mehr Lernen ĂŒber Rohstoffe
Viele intelligente und gut informierte Leute wissen nichts ĂŒber Rohstoffe. DafĂŒr kennen sie die KGVs groĂer und kleiner Aktien, studieren die Bilanzen von Hightech- und Biotech-Unternehmen, von Halbleiterproduzenten und kleinen Banken in den SĂŒdstaaten. Diese selbst ernannten âerfahrenen Investorenâ verfolgen die Kurse und Renditen von Anleihen genauer als die Baseball-Ergebnisse und haben womöglich sogar ein Auge auf den Euro, den Yen, den Dollar und den Schweizer Franken. Falls sie doch etwas wissen, handelt es sich meist um Informationen aus zweiter oder dritter Hand, die sie missverstanden haben und die in der Regel noch eine warnende Geschichte von einem Schwager enthalten, der mit einer Sojabohnen-Spekulation sein letztes Hemd verloren hat. Wenn ein Investor vor Rohstoffen zurĂŒckschreckt, verpasst er unglaubliche Möglichkeiten â Ă€hnlich wie Amerikaner, die nie ins Ausland reisen, weil sie dort weder Sprache noch BrĂ€uche kennen und befĂŒrchten, deshalb erniedrigt oder betrogen zu werden.
Man kann nicht einen kompletten Marktsektor ignorieren â jedenfalls nicht, wenn man wirklich als âintelligenter Investorâ gelten will. Wenn Sie einen Freund haben, der stark am Aktienmarkt engagiert ist und in den 90er-Jahren nie auch nur daran gedacht hat, eine Technologie-Aktie zu kaufen, der nicht zur Kenntnis nahm, was in der Welt von Microsoft, Cisco, Amazon, eBay und sogar IBM vor sich ging, dann finden Sie dessen Verhalten mit Sicherheit merkwĂŒrdig. Und doch haben sich die meisten Investoren im Rohstoffbereich exakt so verhalten. Ein Grund fĂŒr die gute Entwicklung von Unternehmen und Aktien in den 80er- und 90er-Jahren war, dass sich die Rohstoffe in einer Baisse befanden: Niedrige Rohstoffpreise nahmen jeglichen Kosten- und Margendruck von denjenigen Unternehmen, die Rohstoffe fĂŒr ihre TĂ€tigkeit benötigen.
Wann platzt die Blase?
Wer der Ăberzeugung war, dass die Rohstoffbaisse in den spĂ€ten 90er-Jahren enden wĂŒrde, der sah auch das Ende der Aktienhausse kommen. Die Kommentatoren auf CNBC strahlten damals noch ĂŒber das ganze Gesicht und rieten, noch mehr Dotcom-Aktien zu kaufen â wĂ€hrend die klugen Investoren den Markt verlieĂen und sich den Rohstoffen zuwandten. Sie konnten sehen, dass die steigenden Kosten bald auf die Gewinne drĂŒcken wĂŒrden â und dass die Aktienkurse den Gewinnen folgen wĂŒrden. Wir reden hier nicht von Kleinigkeiten. Der Rohstoffmarkt ist der gröĂte Markt der Welt â wenn man von den WertpapierhandelsplĂ€tzen absieht. Die jĂ€hrliche Produktion der 35 am aktivsten gehandelten Rohstoffe, deren Preise tĂ€glich in New York, Chicago, Kansas City, London, Paris und Tokio festgestellt werden, ist 2,2 Billionen Dollar wert.
Das an den Rohstoffbörsen gehandelte Geldvolumen ist um ein Mehrfaches höher als an allen AktienmĂ€rkten der USA. (Die UmsĂ€tze des auĂerbörslichen Rohstoffhandels sind noch einmal um ein Vielfaches höher als die UmsĂ€tze an den Rohstoffbörsen.) Und wo immer es einen Markt gibt, da kann man auch Gewinne erzielen. Ich weiĂ: Die Wirtschaftsseiten Ihrer Tageszeitung, die Finanzmagazine und CNBC widmen sich hauptsĂ€chlich dem Aktienmarkt. Wenn man den Medien und anderen Aktienmarkt-âExpertenâ glaubt, dann hat sich der Aktienbulle immer gleich hinter der nĂ€chsten Ecke versteckt. Aber Millionen von Investoren, die 1998 bis 2000 auf das GeschwĂ€tz der Experten ĂŒber die New Economy hörten, haben mit Aktien enorme Verluste erlitten und mĂŒhen sich immer noch ab, ihr Geld wiederzubekommen. Der kluge Investor sucht nach Möglichkeiten, Wertvolles billig zu kaufen, und hat dabei immer ein Auge auf eine bevorstehende dynamische VerĂ€nderung gerichtet, die dieses Investment sogar noch wertvoller machen könnte. Heute trifft auf die Rohstoffe beides zu. Die Baisse endete 1998, als sich die Preise ihren 20-Jahres-Tiefs nĂ€herten (die inflationsbereinigt den Preisen wĂ€hrend der Weltwirtschaftskrise entsprachen).
Was hat die Börse mit Philosophie zu tun?
Philosophie, Politik und Wirtschaftswissenschaften (PPE) als akademischer Grad wurde in den 1920er-Jahren in Oxford konzipiert, insbesondere am Balliol College. Gedacht war diese Kombination als Alternative zu den klassischen FĂ€chern und zur Vorbereitung derjenigen, die als britische Beamte das Empire verwalten sollten. NatĂŒrlich war den Briten damals nicht klar, dass das Empire schon in den letzten ZĂŒgen lag. Heute weiĂ ich genug ĂŒber universitĂ€re Ausbildung, um mich zu fragen, ob die Aussendung vieler wichtigtuerischer PPE-Absolventen den Niedergang des Empires vielleicht sogar beschleunigt hat. Das Vereinigte Königreich war 1918 das reichste und mĂ€chtigste Land der Welt. Wenn man die Weltkarte betrachtete, sah man ausschlieĂlich rot. Das Empire war ĂŒberall. Im 19. Jahrhundert blĂŒhte der globale Handel; es kam zur Integration der weltweiten Volkswirtschaften, die sich ĂŒberall öffneten â hauptsĂ€chlich zum Vorteil der Seemacht GroĂbritannien. In wirtschaftlicher, sozialer und kĂŒnstlerischer Hinsicht war das eine spannende Zeit.
Aber alle Imperien ĂŒbernehmen sich am Ende und geben zu viel Geld aus. 1918 korrodierte das britische Weltreich bereits von innen her. Das Blut und das Geld, das der Burenkrieg gekostet hatte, fĂŒhrten zu den gleichen internationalen Turbulenzen, wie sie ein Jahrhundert spĂ€ter von den unfĂ€higen Politikern eines nachfolgenden Imperiums ausgelöst wurden â den USA. Die Amerikaner verschwendeten willkĂŒrlich Menschenleben und Ressourcen mit sinnlosen Unternehmungen in Vietnam und im Irak; sie ĂŒberstrapazierten die Nation in jeglicher Hinsicht: militĂ€risch, geopolitisch und wirtschaftlich â vom moralischen Aspekt ganz zu schweigen.
Wie wird man zum erfolgreichen Investor?
Meine Heimatstadt Demopolis liegt mitten in Alabama, dort, wo der Black Warrior River in den Tombigbee River mĂŒndet. Sie ist die gröĂte Stadt im Marengo County und befindet sich mittendrin in einer Region, die Teile von Alabama, Georgia und Mississippi umfasst und historisch als Black Belt bekannt ist. Man nennt sie so, weil es dort reichen und fruchtbaren Ackerboden gibt, der 200 Jahre lang das Wachstum riesiger Baumwollplantagen gefördert hat. Manche von ihnen ĂŒberlebten die Abschaffung der Sklaverei, aber keine ĂŒberlebte den RĂŒsselkĂ€fer, der die Samenkapseln der Pflanzen absterben lieĂ.
Als ich ein kleiner Junge war, gruben meine Freunde und ich in dieser Erde nach Ködern, und dann verbrachten wir den Rest des Tages mit Angeln. Katzenwelse sind Allesfresser und beiĂen auf fast alles, das sie riechen können. Sie können auch fast alles riechen, und an einem heiĂen Sommertag sind WĂŒrmer leichter zu finden als Grillen. Ich war ungefĂ€hr acht Jahre alt und wir gruben im Garten unseres Hauses nach WĂŒrmern. Da machte mein Cousin Wade, etwa zehn Monate Ă€lter als ich, eine Bemerkung, mit der ich damals ĂŒberhaupt nichts anfangen konnte, die mir aber bis heute im GedĂ€chtnis geblieben ist, als wĂ€re es gestern gewesen. »Wenn wir weiterbuddeln, kommen wir irgendwann bis nach China.« Ich wusste damals schon, dass die Erde eine Kugel ist, aber erst als ich einen Globus zur VerfĂŒgung hatte â ich war schon damals ein begeisterter Forscher â konnte ich die Tatsache wirklich wĂŒrdigen, dass direkt gegenĂŒber von Alabama, auf der anderen Seite des Planeten, die riesige Landmasse der Volksrepublik lag. Bedeckt mit Dreck und SchweiĂ wĂŒrde ich tatsĂ€chlich dort wieder ans Tageslicht kommen, wenn ich nur die Energie aufbrĂ€chte, immer weiter zu graben.
Der Aufstieg Asiens
Seither sind Jahrzehnte vergangen, mein Leben ist nicht ganz so geradlinig verlaufen, aber heute lebe ich tatsĂ€chlich an der Schwelle zu China. Und ich habe zwei kleine Töchter mit blauen Augen und blonden Haaren, die Mandarin ebenso flieĂend sprechen wie Englisch. Wie kam es dazu, dass ich heute in Singapur lebe? Auch das hat etwas mit Graben zu tun, wenn auch auf andere Weise; nicht ganz so mĂŒhsam, aber nicht mit weniger Energie. Es ist die Folge meiner unermĂŒdlichen Anstrengungen, aus erster Hand zu erfahren, wie die Welt funktioniert, die wahren ZusammenhĂ€nge zu ermitteln â und zwar nur fĂŒr mich selbst. Ich bin zweimal rund um die Welt gereist; einmal auf einem Motorrad, einmal in einem Auto. Ich habe sie von Grund auf studiert, habe in diesen fĂŒnf Jahren die sich verĂ€ndernden UmstĂ€nde in mehr als 100 LĂ€ndern aufgezeichnet. Aus meiner Sicht kann man die Geschichte und ihre Folgen nicht vom Lehnstuhl aus verstehen. Man muss an der Quelle forschen. FĂŒr mich hat sich das als sehr lohnend erwiesen; sowohl persönlich als auch materiell. Und es musste wohl so kommen, dass ich nun hier gelandet bin. Weit weg vom lĂ€ndlichen Alabama, stattdessen im gröĂtenteils chinesisch geprĂ€gten AuĂenposten am sĂŒdlichen Ende der Malaiischen Halbinsel. Wenn die Geschichte etwas bestĂ€tigt, dann ist es die von den alten Griechen vertretene Meinung, das einzig BestĂ€ndige sei der Wandel. Der geistige Vater dieses Gedankens war der Philosoph Heraklit, der im 6. Jahrhundert vor Christus erklĂ€rte, es sei unmöglich, zweimal in denselben Fluss zu steigen. Der Erfolg im Leben wird an der FĂ€higkeit gemessen, VerĂ€nderungen zu antizipieren. Mein Umzug nach Singapur war die Reaktion auf meine Feststellung, dass die Welt mitten in einer historischen Wende steckte, in einer dramatischen VerĂ€nderung der Rahmenbedingungen, gekennzeichnet von einem allmĂ€hlichen Verlust der amerikanischen FĂŒhrungsrolle und andererseits dem Aufstieg Asiens.
Ich schreibe dies inmitten einer weltweiten Finanzkrise. Die meisten Politiker versichern Ihnen, diese Krise sei ein vorĂŒbergehendes PhĂ€nomen. Man sagt uns, die Dinge wĂŒrden wieder besser werden. Damit will ich mich gar nicht auseinandersetzen. Ich erachte es als meine Aufgabe, Ihnen zu sagen: Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Dinge wĂ€hrend Ihrer Lebenszeit auf Dauer zum Besseren wenden werden. Die unglaublichen Schuldenlasten in vielen LĂ€ndern werden die Art, wie wir alle leben und arbeiten, massiv verĂ€ndern. Viele alte Institutionen, Traditionen, politische Parteien, Regierungen, Kulturen und sogar Nationen werden einen Niedergang erleben, sogar zusammenbrechen oder einfach verschwinden â so wie es in Zeiten politischer und ökonomischer UmwĂ€lzungen schon immer der Fall war. Die Investmentbank Bear Stearns hatte zum Beispiel schon jahrzehntelang existiert, als sie 2008 unterging. Die Finanzdienstleistungsfirma Lehman Brothers, die im selben Jahr kollabierte, hatte ihre GeschĂ€fte schon seit mehr als 150 Jahren betrieben. Der Zusammenbruch dieser seit Langem etablierten, global tĂ€tigen Unternehmen ist ein Beispiel fĂŒr die verĂ€nderten Bedingungen, mit denen sich viele amerikanische Institutionen konfrontiert sehen. Harvard, Princeton und Stanford wissen es vielleicht noch nicht, aber sie könnten auf dem Weg zum Bankrott sein. Museen, Kliniken und andere Institutionen, die wir kennen und lieben, stehen vor Problemen, und wir werden sehen, dass viele von ihnen wĂ€hrend der bevorstehenden finanziellen oder ökonomischen UmwĂ€lzungen verschwinden werden. Manche haben mich einen Panikmacher genannt, eine Art moderne Kassandra. Aber nichts von dem, was ich fĂŒr die Zukunft prognostiziere, muss ein Grund zur Panik sein oder auch nur ĂŒberraschend kommen. Der Wind der VerĂ€nderung weht, er weht aus China und tut dies auf vorhersagbare Art und Weise. Wir erleben nichts Ungewöhnliches; die Geschichte schlĂ€gt nur eine bekannte Seite auf. Und in der gesamten Menschheitsgeschichte haben solche Situationen des Ăbergangs fĂŒr aufmerksame Menschen Chancen geschaffen. Daher bin ich extrem optimistisch, was viele zukĂŒnftige Entwicklungen betrifft.
Krisen und ĂbergĂ€nge
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gingen kluge Leute nach London. Hundert Jahre spĂ€ter zogen die klugen Leute nach New York. Und wenn Sie am Beginn des 21. Jahrhunderts klug sind, machen Sie sich auf den Weg nach Asien. In weiteren hundert Jahren kann der Zyklus der VerĂ€nderung die Menschen an irgendeinen anderen Ort locken. Am Ende des ersten Jahrtausends gingen alle klugen Laute nach CĂłrdoba, der BlĂŒte des islamischen Spaniens, damals das intellektuelle Zentrum und die bevölkerungsreichste Stadt der Welt. Ich zog 2007 nach Asien, und was noch wichtiger ist: Ich zog mit meinen Kindern dorthin. In ihrem Leben wird Wissen ĂŒber Asien unentbehrlich sein fĂŒr den Erfolg. Und Mandarin zu sprechen wird sich weltweit als ebenso wichtig erweisen, wie es heute die FĂ€higkeit ist, flieĂend Englisch zu sprechen. In den 1920er- und 1930er-Jahren verschoben sich Macht und Einfluss in der Welt von GroĂbritannien zu den USA. Der Verlust der britischen FĂŒhrungsrolle wurde durch eine Finanzkrise und politisches Missmanagement noch verschĂ€rft â was viele Leute erst 20 oder 30 Jahre spĂ€ter erkannten. Jetzt bewegen sich Macht und Einfluss von den USA nach Asien, der Verlust der amerikanischen FĂŒhrungsrolle wird durch die gleichen KrĂ€fte beschleunigt, und auch diese VerĂ€nderungen werden von den meisten Leuten nicht bemerkt. Der Ăbergang in Richtung Asien fĂ€llt mit einer zweiten historischen Verschiebung zusammen. Angesichts eines finanziellen Absturzes steht die Welt am Rand eines Ăbergangs, weg vom Finanzwesen, einer zyklischen Verschiebung weg von Finanzunternehmen als Quelle des Wohlstands. In der gesamten Menschheitsgeschichte gab es Phasen, in denen die Finanziers am lĂ€ngeren Hebel saĂen, und andere, in denen diese Rolle den Erzeugern realer GĂŒter zukam: Bauern, Bergarbeitern, Energieversorgern oder HolzfĂ€llern. In den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren, vor der groĂen Hausse, war an der Wall Street und in der Londoner City wenig los. Das wird wieder passieren. Die Geldscheffler erleben einen Niedergang, und die »Holzhauer und WassertrĂ€ger« werden nun die Erde erben, wie es schon im Buch Josua geschrieben steht.
Ich habe die historischen KrĂ€fte untersucht, die fĂŒr die beschriebenen VerĂ€nderungen verantwortlich sind. Und weil ich der einfachen Hypothese zuneige, dass nichts ewig wĂ€hrt, stimme ich der Bemerkung eines anderen groĂen Denkers zu, Albert Einstein, der erklĂ€rte: »Nur zwei Dinge sind unendlich: das Universum und die menschliche Dummheit. Und was das Universum betrifft, bin mir nicht so sicher.« Eines dĂŒrfen wir nicht vergessen: Kassandra, die trojanische Prinzessin, die allen auf die Nerven ging, weil sie davor warnte, das hölzerne Pferd der Griechen in die Stadt zu holen, hat sich zumindest durch eines ins GedĂ€chtnis der Menschen eingeprĂ€gt: Sie hatte recht. Eines der Ziele dieses Buchs ist die Untersuchung, wie wir dorthin gekommen sind, wo wir jetzt sind, und wie wir uns auf die Zukunft vorbereiten können. Ich werde Ihnen dabei einiges mitteilen, was ich wĂ€hrend eines Lebens im Finanzwesen, als Investor und Abenteurer gelernt habe; Lektionen, die ich in meiner Jugend und auf der StraĂe mitbekommen habe, die mich vom Black Belt bis auf die andere Seite des Globus in diesen Stadtstaat in SĂŒdostasien gefĂŒhrt haben. Eine lebenslange Reise, in deren Verlauf ich die ganze Welt kennengelernt habe.
Das Abenteuer an den MĂ€rkten
Mein Abenteuer an den MĂ€rkten begann im FrĂŒhjahr 1964. Ich absolvierte gerade mein letztes Jahr in Yale und kam dann im Prinzip genauso an die Wall Street, wie ich an diese Elite-UniversitĂ€t gekommen war: Ich stolperte hinein.
In der Highschool war ich begeistertes Mitglied des Key Clubs, einer von SchĂŒlern geleiteten Dienstleistungsorganisation und Teil von Kiwanis International. Bis 1976 durften dort nur Jungs Mitglied werden. Die Mitgliedschaft im Key Club von Demopolis war so etwas wie eine groĂe Sache, denn der örtliche Sponsor hatte beschlossen, pro Jahr nur fĂŒnf Jungs neu aufzunehmen. In dem Jahr, als ich Vorsitzender war, gewann der Club aus Demopolis die Auszeichnung als weltweit bester Key Club aus einer Kleinstadt. Damals vergab die UniversitĂ€t Yale jedes Jahr ein vierjĂ€hriges Stipendium an ein Mitglied des Key Club International. Durch dieses Stipendium hörte ich von Yale. Ohne den Key Club hĂ€tte ich mich nie beworben. Ich war mir absolut sicher, die einzige Schule zu besuchen, an der ich mich neben Yale beworben hatte: die University of the South in Sewanee, Tennessee. Der Schwerpunkt lag dort auf den Geisteswissenschaften und es bestand eine enge Verbindung zur Episkopalkirche. Ich wurde in Sewanee aufgenommen, kurz nachdem ich meine Bewerbungsunterlagen eingeschickt hatte. Erst im April oder im Mai, lange nachdem mein Vater Sewanee die obligatorischen 50 Dollar AufnahmegebĂŒhren geschickt hatte, erhielt ich einen dicken Umschlag aus Yale. Daraus ging hervor, dass ich aufgenommen worden war und das Key-Club-Stipendium in Höhe von 2000 Dollar pro Jahr erhielt. Ich war verblĂŒfft. Ich war damals 17 und wusste wenig ĂŒber Yale, auĂer dass die UniversitĂ€t ihren Sitz in New Haven, Connecticut, hatte. Meine Eltern wussten allerdings genug, um die Bedeutung meiner Aufnahme in Yale wĂŒrdigen zu können. Beide waren College-Absolventen. Sie hatten sich an der University of Oklahoma kennengelernt, wo sie beide der Vereinigung hervorragender Akademiker angehörten. Mein Vater hatte Erdöltechnik studiert, meine Mutter Geisteswissenschaften. FĂŒr sie war es eine enorme Sache, dass ich in Yale studieren wĂŒrde. Ich weiĂ noch, dass mein
Vater sagte: »Ich bin ein wenig besorgt, dass wir dich in dieser Bastion des Liberalismus im Norden abliefern mĂŒssen.« Aber in Wirklichkeit waren er und meine Mutter ganz begeistert. Die Freude meines Vaters wurde spĂ€ter ein wenig gedĂ€mpft, weil er die 50 Dollar nicht zurĂŒckerstattet bekam, die er nach Sewanee geschickt hatte. 1960 in Demopolis waren 50 Dollar viel Geld. Es ist auch heute noch viel Geld, aber damals lag ihr Wert etwa fĂŒnfmal so hoch wie heute. Ich war der Ă€lteste von fĂŒnf BrĂŒdern und einer von weniger als 50 Studenten aus meinem Highschool-Jahrgang. Bald zeigte ich ihnen allen den ĂŒbertriebenen Sinn fĂŒr meine eigene Wichtigkeit, obwohl ich letztlich nur GlĂŒck gehabt hatte. Sofort machte ich den dicken Max, aber mein aufgeblĂ€htes SelbstwertgefĂŒhl sollte nur von kurzer Dauer sein. Bald dĂ€mmerte mir: Oh nein, jetzt muss ich nach Yale. Und plötzlich wurde ich Ă€ngstlich, weil ich wusste, dass ich ĂŒberfordert war. Was werde ich jetzt tun? Als ich in diesem Sommer zur nationalen Tagung des Key Clubs nach Boston fuhr, stieg ich in New Haven aus dem Zug und ging zum ZulassungsbĂŒro in Yale. Ich wollte wissen, warum man mich aufgenommen hatte. Ich hoffte, ich wĂŒrde durch das Stellen dieser Frage eine Vorstellung davon erhalten, was mich erwartete und was diese Leute von mir erwarteten. Der Leiter der Zulassungsstelle suchte meine Akte heraus und fragte: »Was meinen Sie eigentlich? Sie haben als Bester Ihrer Klasse abgeschnitten. In manchen FĂ€chern hatten Sie die volle Punktzahl. Sogar Ihr Durchschnitt lag fast bei der vollen Punktzahl.« Ja, aber das war in Demopolis. Mein Gott, dachte ich mir, diese Leute halten mich fĂŒr intelligent und glauben, dass ich etwas weiĂ.
Der Wettbewerb an der Hochschule
Ich fĂŒhlte mich völlig unvorbereitet auf den Wettbewerb mit Absolventen angesehener Vorbereitungsschulen aus dem Nordosten. Daher fuhr ich schon ein wenig frĂŒher nach Yale und war bereit, angestrengter zu lernen als alle anderen. Dann kam eine PrĂŒfung, wie ich mich erinnern kann, und einer meiner Klassenkameraden sagte, er werde fĂŒnf Stunden lernen, um sich darauf vorzubereiten. »Diese PrĂŒfung ist fĂŒnf Stunden Lernen wert«, sagte er. Ich fand seine Argumentation sehr seltsam. Meine Methode war, so lange zu lernen, bis ich das Thema beherrschte, und dann sicherheitshalber noch ein bisschen mehr. Das war auf allen Gebieten meine Methode; diese Disziplin hatten meine BrĂŒder und ich von unseren Eltern ĂŒbernommen. So etwas wie »genug« gibt es nicht. Man lernt, arbeitet oder forscht einfach weiter; egal, um welche Aufgabe es sich handelt. Ich wĂŒnschte, ich könnte diesen Charakterzug heute auf meine Kinder ĂŒbertragen. Ich wĂŒnschte, ich könnte meine Eltern anrufen und fragen: »Welche Pille habt ihr uns gegeben?« Nennen Sie es Disziplin, nennen Sie es Sorgfalt oder Arbeitsethik â wir haben sie alle, meine BrĂŒder und ich. Ich weiĂ nicht, woher das kommt. Ich wĂŒnschte, ich könnte das Gen dafĂŒr bestimmen. Ich bin sicher nicht der Einzige, der den Wert der Beharrlichkeit zu schĂ€tzen weiĂ. Wir alle kennen kluge Menschen, die nicht erfolgreich sind; wir alle kennen talentierte Menschen, die nicht erfolgreich sind. Beharrlichkeit macht den Unterschied aus.
Die Kosten fĂŒr StudiengebĂŒhren, Kost und Logis in Yale betrugen damals 2300 Dollar jĂ€hrlich. Mit meinem 2000-Dollar-Stipendium fehlten mir also von Anfang an 300 Dollar â und hinzu kamen noch die Kosten fĂŒr BĂŒcher und andere Ausgaben. Also arbeitete ich ein paar Stunden pro Woche als Aushilfe im Speisesaal und nahm weitere Teilzeitarbeiten an der UniversitĂ€t an, wann imm...