Berufen statt zertifiziert (E-Book)
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Berufen statt zertifiziert (E-Book)

Neues Lernen, neue Chancen

Anja C. Wagner

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  1. 148 pages
  2. German
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  4. Disponible sur iOS et Android
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Berufen statt zertifiziert (E-Book)

Neues Lernen, neue Chancen

Anja C. Wagner

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Dieses E-Book enthĂ€lt komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen.Arbeit strukturiert unsere Gesellschaft und prĂ€gt uns selbst. Wir werden aus-, fort- und weitergebildet, damit wir in unserem Beruf bestehen, den eigenen Unterhalt verdienen und fĂŒr eine Familie sorgen können. So war das jedenfalls, bevor die digitale Transformation einsetzte. Nun fallen Jobs weg und damit auch gleich ganze Berufe und Lebenskonzepte. FĂŒr die neuen Arbeitsanforderungen qualifizieren die im tradierten Bildungssystem erworbenen AbschlĂŒsse und Zertifikate nicht. Was denn sonst? Anja C. Wagner macht uns Mut fĂŒr VerĂ€nderung.

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Informations

Éditeur
hep verlag
Année
2021
ISBN
9783035518696
Édition
1
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RĂŒckblick

Wie es zum Zertifikate-Wahnsinn kommen konnte

«WENN ICH DIE FOLGEN GEAHNT HÄTTE, WÄRE ICH UHRMACHER GEWORDEN.»
Albert Einstein
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Ein kleiner RĂŒckblick auf die Berufsentwicklung

«Und, was machen Sie so beruflich?» – oder: «What do you do for a living?» wird gerne zu Beginn einer Unterhaltung gefragt, um das GegenĂŒber grob einordnen zu können. «Ach, Sie sind nicht fest angestellt?» – «Nein, ich bin selbststĂ€ndig oder pflege meine Eltern oder kĂŒmmere mich um unsere Kinder.» – «Ach so, verstehe 
 [nicht].»
Der Beruf ist im deutschsprachigen Raum das Drehkreuz des Lebens. Sowohl individuell als auch gesamtgesellschaftlich bestimmt er unsere Diskurse und Strategien, unsere WĂŒnsche und Hoffnungen. Entsprechend steht die Berufsausbildung als Sinnbild fĂŒr die Integration junger Menschen in die Gesellschaft. Ob dies nun per Studium oder betrieblicher Lehre erfolgt, sei erst einmal dahingestellt. Aber ein Beruf beziehungsweise die darauf aufbauende Arbeit gibt Menschen Sinn, so sagen sie. Der Beruf ermögliche ihnen eine selbstbestimmte Existenz. Der Beruf sei schließlich die Voraussetzung fĂŒr eine spĂ€tere Alterssicherung – ausgeĂŒbt am besten in einem AnstellungsverhĂ€ltnis, denn dieses böte am meisten Sicherheit, so meinen sie.
Nun ist zu diskutieren, ob ein Studium der Sozialwissenschaften tatsĂ€chlich spezifische Berufsbilder suggeriert, mit denen man in einem Berufsfeld reĂŒssieren kann, um RentenansprĂŒche anzusammeln. Vom Taxifahren ĂŒber die Beratung und Politik bis hin zur Vorstandsvorsitzenden ist hier alles möglich. Von solch einem Studium ausgehend sind die beruflichen Wege so vielfĂ€ltig und wenig vorherbestimmt, dass man fragen muss: Was ist eigentlich ein Beruf? Und wie hat sich das (angestellte) Berufsbild im deutschsprachigen Raum so fest etablieren können?

Beruf stammt von Berufung

Gehen wir zurĂŒck bis zu Martin Luther, der die christliche Religion vom Klerus befreite und damit die klerikal definierte Beruflichkeit (Gott dienen!) in die Welt fĂŒhrte. Diese Analyse verdanken wir den Forschungen Max Webers zur protestantischen Ethik und der Entstehung des Kapitalismus, die er Anfang des 20. Jahrhunderts vorantrieb.
—WĂ€hrend frĂŒherℱ das Notwendige gearbeitet wurde, um das Überleben zu sichern, grĂ¶ĂŸtenteils unabhĂ€ngig von irgendwelchen «Berufen», so verknĂŒpfte Luther angesichts des sich steigernden Handelsvolumens die wachsende Bedeutung der Berufsarbeit mit einem religiösen Wert: Arbeit und Fleiß seien der einzige Weg, um Gott zu gefallen, da er die Menschen dazu berufen hat. Zwar seien alle Berufe gleichwertig, das Leben des Einzelnen sei aber vorherbestimmt und das Individuum habe sich dem Willen Gottes zu fĂŒgen. Berufliche TĂ€tigkeit wurde hier im Sinne weltlicher PflichterfĂŒllung und der (hierarchischen) Einordnung in die Gesellschaft zur göttlichen Berufung erhoben.
—Calvinismus und Idealismus knĂŒpften daran an: Im Laufe der Zeit wandelte sich das Berufsbild zur Idee, die eigene Persönlichkeitsentwicklung selbstbestimmt und fokussiert voranzutreiben. Bauern, Handwerker oder Kaufleute, die sich in ZĂŒnften und Gilden organisierten, um sich gegenĂŒber dem Adel und der Kirche abzusichern, brachten sich zunehmend in Stellung. Der jeweilige Beruf stellte das primĂ€r sinnstiftende Element des Lebens und mithin der Persönlichkeit dar. Insbesondere in der Landwirtschaft und im Handwerk waren Berufsleben und Privatleben hĂ€ufig untrennbar miteinander verbunden.[2]
—Mit der AufklĂ€rung, die schließlich die wesentlichen Voraussetzungen fĂŒr die Französische Revolution schuf und damit die Befreiung des Dritten Standes ermöglichte, also der normalen Bevölkerung, waren schließlich die ideellen Voraussetzungen fĂŒr die «Erfolgsgeschichte» des Kapitalismus geschaffen. Freiheit, Gleichheit und BrĂŒderlichkeit eröffneten neue berufliche Perspektiven, sodass sich die Berufsbilder fortan ausdifferenzierten.

Neue Positionen durch die Industrialisierung

Nun startete die Industrialisierung durch; mit der Konsequenz einer signifikanten BĂŒrokratisierung. 1794 erfolgt in Preußen die Festschreibung der allgemeinen Bilanzierungspflicht fĂŒr Unternehmen. 1821 wird die Schreibmaschine erfunden; BĂŒroarbeit und Produktion werden durchrationalisiert und in Fabriken strukturiert.
Damit einher geht eine zunehmende Entfremdung des Menschen von seiner Arbeit, sowohl rĂ€umlich als auch funktional. ArbeitsstĂ€tte und Wohnort liegen neu an unterschiedlichen Orten. Eine Landflucht setzt ein. Junge Bauern strömen in die Fabriken, um ihre zukĂŒnftigen Familien ernĂ€hren zu können. Sie benötigen keine besonderen, an ihre Person gebundenen FĂ€higkeiten, sondern können sich mit einfachen manuellen TĂ€tigkeiten in die Arbeitsprozesse einbringen. Damit verliert der Beruf seinen Charakter als Berufung; er dient fortan hauptsĂ€chlich dem Erwerbszweck.[3]
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Entstehung erster «Berufe»
—Geleitet werden die Unternehmen in Preußen vor und nach 1800 zunĂ€chst von Beamten. Bis weit in die zweite HĂ€lfte des 19. Jahrhunderts hinein betreibt der Staat in eigener Regie von Beamten geleitete Unternehmen, vor allem Bergwerke und einzelne Musterbetriebe.[4] Andere Fabriken werden nach und nach von bĂŒrgerlichen Familien und Kaufleuten aus vorindustriellen Handwerksbetrieben herausgegrĂŒndet und betrieben. Die Betreiber haben familienintern ein geeignetes Skillset an FĂ€hig- und Fertigkeiten entwickelt, das sie an den Nachwuchs weiterreichen können, um ohne Absicherung und Anleitung die sich bietenden Gelegenheiten der sich schnell entwickelnden Industrialisierung fĂŒr ihre Zwecke zu nutzen.[5]
—Gleichzeitig braucht der frĂŒhe Kapitalismus genau diese Formen familialer Strukturen, Prozesse und Ressourcen, um die Herausforderungen zu bewĂ€ltigen, fĂŒr die es noch keine staatlichen Strukturen gibt. Stehen die Unternehmen zu Beginn noch in starker Konkurrenz zum Adel und zum Stand des Beamtentums, so können sie ĂŒber die Jahrzehnte durch interfamiliale Verheiratungen, Akkumulation von Kapital und der Abgrenzung gegenĂŒber der Angestelltenschicht eine fĂŒhrende Rolle innerhalb der gesellschaftlichen Hierarchie einnehmen.[6]
—Managementpositionen der wachsenden Betriebe werden von Mitgliedern der eigenen Familie(ndynastie) besetzt. Es existierten ja keine Managementschulen oder vergleichbare Institutionen. Das Ă€ndert sich mit der Zeit. Ab dem frĂŒhen 19. Jahrhundert bildeten preußische Beamte in staatlichen Einrichtungen wie Gewerbeschulen oder technischen Hochschulen Handwerker, Werkmeister, Techniker, Ingenieure und Unternehmer aus, fĂŒr die in der Wirtschaft ein zunehmender Bedarf entsteht. Der Ingenieurtitel war bis weit ins 19. Jahrhundert hinein dem Kriegsbaumeister vorbehalten. Dieser militĂ€rischen Herkunft und preußischen Tradition ist es zuzuschreiben, dass es – anders als etwa in England oder der USA – lange keine zivilen, also unabhĂ€ngigen Bau- und Maschineningenieure gab.[7]

Differenzierung der ErwerbstÀtigen

Der Staat zieht sich in der frĂŒhen Industrialisierung zunehmend aus den wirtschaftlichen Kontexten zurĂŒck und schafft einen Markt, der (nach Adam Smith) als unsichtbare Hand Angebot und Nachfrage ĂŒber die Preismechanismen zusammenbringt und innerhalb dessen sich alle frei bewegen können. Auch auf dem Arbeitsmarkt steht es zunehmend den Menschen grundsĂ€tzlich frei, sich ein Einkommen ĂŒber verschiedene Wege zu verschaffen. Dies gilt auch fĂŒr Frauen, die als weniger aufmĂŒpfige Arbeiterinnen vor allem in der Textilindustrie gerne eingestellt werden.[8]
—Es differenzieren sich industrielle Berufsbilder aus. Neben den preußischen Beamten und Unternehmer*innen etablieren sich Ingenieure, Buchhalter, Korrespondenten, Registratoren, Werkstattschreiber, Meister, Zeichner, Kassierer und andere als Angestellte, die als innerbetriebliche Gruppen bereits in der ersten Phase der Industrialisierung klar identifizierbar sind. Ihr Sonderstatus gegenĂŒber der Arbeiterklasse zeigt sich an ihrer finanziellen Absicherung, der geringeren Anzahl an Arbeitsstunden und der relativen Arbeitsplatzsicherheit, da sie an ihre Person gebundene FĂ€higkeiten besitzen. Viele verstehen sich als Privatbeamte. Über die Jahre organisieren sie sich immer stĂ€rker ĂŒberbetrieblich, um sich weiter abzusichern und als Mittelstand von den Arbeiter*innen abzuheben, die sich zunehmend auch organisieren und sozialpolitische Forderungen stellen.
—Das Beamtenbild, bestehend aus Macht, Bildung, Pflichtethos und sozialer Sicherheit, war fĂŒr viele MĂ€nner erstrebenswert, da dem ausgeprĂ€gten Selbstbewusstsein der Beamten generell Anerkennung gezollt wird. Dieses bĂŒrokratische Organisations- und Verhaltensmuster findet so Eingang in die frĂŒhen Unternehmen, denn Manufakturen und Fab...

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