Aristoteles. Gesammelte Werke. Illustriert
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Aristoteles. Gesammelte Werke. Illustriert

Nikomachische Ethik, Organon, Metaphysik, Physik, Über die Dichtkunst

Aristoteles, Alfred Gudeman, Adolf Lasson, J.H. Von Kirchmann, C.H. Weiße

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Aristoteles. Gesammelte Werke. Illustriert

Nikomachische Ethik, Organon, Metaphysik, Physik, Über die Dichtkunst

Aristoteles, Alfred Gudeman, Adolf Lasson, J.H. Von Kirchmann, C.H. Weiße

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Aristoteles war ein griechischer Universalgelehrter. Er gehört zu den bekanntesten und einflussreichsten Philosophen und Naturforschern der Geschichte. Sein Lehrer war Platon, doch hat Aristoteles zahlreiche Disziplinen entweder selbst begrĂŒndet oder maßgeblich beeinflusst, darunter Wissenschaftstheorie, Naturphilosophie, Logik, Biologie, Physik, Ethik, Staatstheorie und Dichtungstheorie. Aus seinem Gedankengut entwickelte sich der Aristotelismus.Inhalt: Nikomachische EthikOrganonMetaphysikPhysikÜber die Dichtkunst

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Aristoteles

Gesammelte Werke (Illustriert):

Nikomachische Ethik, Organon, Metaphysik, Physik, Über die Dichtkunst

Nikomachische Ethik

Vorbemerkung

1. Die Stufenleiter der Zwecke und der höchste Zweck

Alle kĂŒnstlerische und alle wissenschaftliche TĂ€tigkeit, ebenso wie alles praktische Verhalten und jeder erwĂ€hlte Beruf hat nach allgemeiner Annahme zum Ziele irgendein zu erlangendes Gut. Man hat darum das Gute treffend als dasjenige bezeichnet, was das Ziel alles Strebens bildet. Indessen, es liegt die Einsicht nahe, daß zwischen Ziel und Ziel ein Unterschied besteht. Das Ziel liegt das eine Mal in der TĂ€tigkeit selbst, das andere Mal noch neben der TĂ€tigkeit in irgendeinem durch sie hervorzubringenden Gegenstand. Wo aber neben der BetĂ€tigung noch solch ein weiteres erstrebt wird, da ist das hervorzubringende Werk der Natur der Sache nach von höherem Werte als die TĂ€tigkeit selbst.
Wie es nun eine Vielheit von Handlungsweisen, von kĂŒnstlerischen und wissenschaftlichen TĂ€tigkeiten gibt, so ergibt sich demgemĂ€ĂŸ auch eine Vielheit von zu erstrebenden Zielen. So ist das Ziel der Ă€rztlichen Kunst die Gesundheit, dasjenige der Schiffsbaukunst das fertige Fahrzeug, das der Kriegskunst der Sieg und das der Haushaltungskunst der Reichtum. Wo nun mehrere TĂ€tigkeiten in den Dienst eines einheitlichen umfassenderen Gebietes gestellt sind, wie die Anfertigung der ZĂŒgel und der sonstigen Hilfsmittel fĂŒr Berittene der Reitkunst, die Reitkunst selbst aber und alle Arten militĂ€rischer Übungen dem Gebiete der Kriegskunst, und in ganz gleicher Weise wieder andere TĂ€tigkeiten dem Gebiete anderer KĂŒnste zugehören: da ist das Ziel der herrschenden Kunst jedesmal dem der ihr untergeordneten FĂ€cher gegenĂŒber das höhere und bedeutsamere; denn um jenes willen werden auch die letzteren betrieben. In diesem Betracht macht es dann keinen Unterschied, ob das Ziel fĂŒr die BetĂ€tigung die TĂ€tigkeit selbst bildet, oder neben ihr noch etwas anderes, wie es in den angefĂŒhrten Gebieten der TĂ€tigkeit wirklich der Fall ist.
Gibt es nun unter den Objekten, auf die sich die BetĂ€tigung richtet, ein Ziel, das man um seiner selbst willen anstrebt, wĂ€hrend man das ĂŒbrige um jenes willen begehrt; ist es also so, daß man nicht alles um eines anderen willen erstrebt, / denn damit wĂŒrde man zum Fortgang ins Unendliche kommen und es wĂŒrde mithin alles Streben eitel und sinnlos werden /: so wĂŒrde offenbar dieses um seiner selbst willen Begehrte das Gute, ja das höchste Gut bedeuten. MĂŒĂŸte darum nicht auch die Kenntnis desselben fĂŒr die LebensfĂŒhrung von ausschlaggebender Bedeutung sein, und wir, den SchĂŒtzen gleich, die ein festes Ziel vor Augen haben, dadurch in höherem Grade befĂ€higt werden, das zu treffen, was uns not ist? Ist dem aber so, so gilt es den Versuch, wenigstens im Umriß darzulegen, was dieses Gut selber seinem Wesen nach ist und unter welche Wissenschaft oder Fertigkeit es einzuordnen ist. Es liegt nahe anzunehmen, daß es die dem Range nach höchste und im höchsten Grade zur Herrschaft berechtigte Wissenschaft sein wird, wohin sie gehört. Als solche aber stellt sich die Wissenschaft vom Staate dar. Denn sie ist es, welche darĂŒber zu bestimmen hat, was fĂŒr Wissenschaften man in der Staatsgemeinschaft betreiben, welche von ihnen jeder einzelne und bis wie weit er sie sich aneignen soll. Ebenso sehen wir, daß gerade die Fertigkeiten, die man am höchsten schĂ€tzt, in ihr Gebiet fallen: so die KĂŒnste des Krieges, des Haushalts, der Beredsamkeit. Indem also die Wissenschaft vom Staate die andern praktischen Wissenschaften in ihren Dienst zieht und weiter gesetzlich festsetzt, was man zu tun, was man zu lassen hat, so umfaßt das Ziel, nach dem sie strebt, die Ziele der anderen TĂ€tigkeiten mit, und mithin wird ihr Ziel dasjenige sein, was das eigentĂŒmliche Gut fĂŒr den Menschen bezeichnet. Denn mag dieses auch fĂŒr den einzelnen und fĂŒr das Staatsganze dasselbe sein, so kommt es doch in dem Ziele, das der Staat anstrebt, umfassender und vollstĂ€ndiger zur Erscheinung, sowohl wo es sich um das Erlangen, wie wo es sich um das Bewahren handelt. Denn erfreulich ist es gewiß auch, wenn das Ziel bloß fĂŒr den einzelnen erreicht wird; schöner aber und göttlicher ist es, das Ziel fĂŒr ganze Völker und Staaten zu verfolgen. Das nun aber gerade ist es, wonach unsere Wissenschaft strebt; denn sie handelt vom staatlichen Leben der Menschen.

2. Form und Abzweckung der Behandlung des Gegenstandes

Was die Behandlung des Gegenstandes anbetrifft, so muß man sich zufrieden geben, wenn die Genauigkeit jedesmal nur so weit getrieben wird, wie der vorliegende Gegenstand es zulĂ€ĂŸt. Man darf nicht in allen Disziplinen ein gleiches Maß von Strenge anstreben, sowenig wie man es bei allen gewerblichen Arbeiten dĂŒrfte. Das Sittliche und Gerechte, die GegenstĂ€nde also, mit denen sich die Wissenschaft vom staatlichen Leben beschĂ€ftigt, gibt zu einer großen Verschiedenheit auseinandergehender Auffassungen Anlaß, so sehr, daß man wohl der Ansicht begegnet, als beruhe das alles auf bloßer Menschensatzung und nicht auf der Natur der Dinge. Ebensolche Meinungsverschiedenheit herrscht aber auch ĂŒber die GĂŒter der Menschen, schon deshalb, weil sie doch vielen auch zum Schaden ausgeschlagen sind. Denn schon so mancher ist durch den Reichtum, andere sind durch kĂŒhnen Mut ins Verderben gestĂŒrzt worden. Man muß also schon fĂŒr lieb nehmen, wenn bei der Behandlung derartiger GegenstĂ€nde und der Ableitung aus derartigem Material die Wahrheit auch nur in gröberem Umriß zum Ausdruck gelangt, und wenn bei der Erörterung dessen, was in der Regel gilt und bei dem Ausgehen von ebensolchen GrĂŒnden auch die daraus gezogenen SchlĂŒsse den gleichen Charakter tragen. Und in demselben Sinne muß man denn auch jede einzelne AusfĂŒhrung von dieser Art aufnehmen. Denn es ist ein Kennzeichen eines gebildeten Geistes, auf jedem einzelnen Gebiete nur dasjenige Maß von Strenge zu fordern, das die eigentĂŒmliche Natur des Gegenstandes zulĂ€ĂŸt. Es ist nahezu dasselbe: einem Mathematiker Gehör schenken, der an die GefĂŒhle appelliert, und von einem Redner verlangen, daß er seine SĂ€tze in strenger Form beweise.
Jeder hat ein sicheres Urteil auf dem Gebiete, wo er zu Hause ist, und ĂŒber das dahin Einschlagende ist er als Richter zu hören. Über jegliches im besonderen also urteilt am besten der gebildete Fachmann, allgemein aber und ohne EinschrĂ€nkung derjenige, der eine universelle Bildung besitzt. Darum sind junge Leute nicht die geeigneten Zuhörer bei Vorlesungen ĂŒber das staatliche Leben. Sie haben noch keine Erfahrung ĂŒber die im Leben vorkommenden praktischen Fragen; auf Grund dieser aber und betreffs dieser wird die Untersuchung gefĂŒhrt. Indem sie ferner geneigt sind, sich von ihren Affekten bestimmen zu lassen, bleiben die Vorlesungen fĂŒr sie unfruchtbar und nutzlos; denn das Ziel derselben ist doch nicht bloße Kenntnis, sondern praktische BetĂ€tigung. Dabei macht es keinen Unterschied, daß einer jung ist bloß an Jahren oder unreif seiner Innerlichkeit nach. Denn nicht an der Zeit liegt die UnzulĂ€nglichkeit, sondern daran, daß man sich von Sympathien und Antipathien leiten lĂ€ĂŸt und alles einzelne in ihrem Lichte betrachtet. Leuten von dieser Art helfen alle Kenntnisse ebensowenig wie denen, denen es an Selbstbeherrschung mangelt. Dagegen kann denen, die ihr Begehren vernĂŒnftig regeln und danach auch handeln, die Wissenschaft von diesen Dingen allerdings zu großem Nutzen gereichen.
Dies mag als Vorbemerkung dienen, um zu zeigen, wer der rechte Hörer, welches die rechte Weise der Auffassung, und was eigentlich unser Vorhaben ist.

Einleitung

1. Verschiedene Auffassungen vom Zweck des LebensPreface

Wir kommen nunmehr auf unseren Ausgangspunkt zurĂŒck. Wenn doch jede Wissenschaft wie jedes praktische Vorhaben irgendein Gut zum Ziele hat, so fragt es sich: was ist es fĂŒr ein Ziel, das wir als das im Staatsleben angestrebte bezeichnen, und welches ist das oberste unter allen durch ein praktisches Verhalten zu erlangenden GĂŒtern? In dem Namen, den sie ihm geben, stimmen die meisten Menschen so ziemlich ĂŒberein. Sowohl die Masse wie die vornehmeren Geister bezeichnen es als die GlĂŒckseligkeit, die EudĂ€monie, und sie denken sich dabei, glĂŒckselig sein sei dasselbe wie ein erfreuliches Leben fĂŒhren und es gut haben. Dagegen ĂŒber die Frage nach dem Wesen der GlĂŒckseligkeit gehen die Meinungen weit auseinander, und die große Masse urteilt darĂŒber ganz anders als die höher Gebildeten. Die einen denken an das Handgreifliche und vor Augen Liegende, wie VergnĂŒgen, Reichtum oder hohe Stellung, andere an ganz anderes; zuweilen wechselt auch die Ansicht darĂŒber bei einem und demselben. Ist einer krank, so stellt er sich die Gesundheit, leidet er Not, den Reichtum als das höchste vor. Im GefĂŒhle der eigenen UnzulĂ€nglichkeit staunen manche Leute diejenigen an, die in hohen Worten ihnen UnverstĂ€ndliches reden. Von manchen wurde die Ansicht vertreten, es gebe neben der Vielheit der realen GĂŒter noch ein anderes, ein Gutes an sich, das fĂŒr jene alle den Grund abgebe, durch den sie gut wĂ€ren.
Alle diese verschiedenen Ansichten zu prĂŒfen wĂŒrde selbstverstĂ€ndlich ein ĂŒberaus unfruchtbares GeschĂ€ft sein; es reicht völlig aus, nur die gangbarsten oder diejenigen, die noch am meisten fĂŒr sich haben, zu berĂŒcksichtigen. Dabei dĂŒrfen wir nicht außer acht lassen, daß ein Unterschied besteht zwischen den Verfahrungsweisen, die von den Prinzipien aus, und denen, die zu den Prinzipien hinleiten. Schon Plato erwog diesen Punkt ernstlich und untersuchte, ob der Weg, den man einschlage, von den Prinzipien ausgehe oder zu den Prinzipien hinfĂŒhre, gleichsam wie die Bewegung in der Rennbahn von den Kampfrichtern zum Ziele oder in umgekehrter Richtung geht. Ausgehen nun muß man von solchem was bekannt ist; bekannt aber kann etwas sein in doppeltem Sinn: es ist etwas entweder uns bekannt oder es ist schlechthin bekannt. Wir mĂŒssen natĂŒrlich ausgehen von dem, was uns bekannt ist. Deshalb ist es erforderlich, daß einer, der den Vortrag ĂŒber das Sittliche und das Gerechte, ĂŒberhaupt ĂŒber die das staatliche Leben betreffenden Themata mit Erfolg hören will, ein Maß von sittlicher Charakterbildung bereits mitbringe. Denn den Ausgangspunkt bildet die Tatsache, und wenn diese ausreichend festgestellt ist, so wird das BedĂŒrfnis der BegrĂŒndung sich gar nicht erst geltend machen. Ein so Vorgebildeter aber ist im Besitz der Prinzipien oder eignet sie sich doch mit Leichtigkeit an. Der aber, von dem keines von beiden gilt, mag sich des Hesiodos Worte gesagt sein lassen:
Der ist der allerbeste, der selber alles durchdenket; Doch ist wacher auch der, der richtigem Rate sich anschließt. Aber wer selbst nicht bedenkt und was er von andern vernommen Auch nicht zu Herzen sich nimmt, ist ein ganz unnĂŒtzer Geselle.
Wir kehren nunmehr zurĂŒck zu dem, wovon wir abgeschweift sind. Unter dem Guten und der GlĂŒckseligkeit versteht im Anschluß an die tĂ€gliche Erfahrung der große Haufe und die Leute von niedrigster Gesinnung die Lustempfindung, und zwar wie man annehmen möchte, nicht ohne Grund. Sie haben deshalb ihr GenĂŒge an einem auf den Genuß gerichteten Leben. Denn es gibt drei am meisten hervorstechende Arten der LebensfĂŒhrung: die eben genannte, dann das Leben in den GeschĂ€ften und drittens das der reinen Betrachtung gewidmete Leben. Der große Haufe bietet das Schauspiel, wie man mit ausgesprochenem Knechtssinn sich ein Leben nach der Art des lieben Viehs zurecht macht; und der Standpunkt erringt sich Ansehen, weil manche unter den MĂ€chtigen der Erde Gesinnungen wie die eines Sardanapal teilen. Die vornehmeren Geister, die zugleich auf das Praktische gerichtet sind, streben nach Ehre; denn diese ist es doch eigentlich, die das Ziel des in den GeschĂ€ften aufgehenden Lebens bildet. Indessen, auch dieses ist augenscheinlich zu Ă€ußerlich, um fĂŒr das Lebensziel, dem wir nachforschen, gelten zu dĂŒrfen. Dort hĂ€ngt das Ziel, wie man meinen möchte, mehr von denen ab, die die Ehre erweisen, als von dem, der sie empfĂ€ngt; unter dem höchsten Gute aber stellen wir uns ein solches vor, das dem Subjekte innerlich und unentreißbar zugehört. Außerdem macht es ganz den Eindruck, als jage man der Ehre deshalb nach, um den Glauben an seine eigene TĂŒchtigkeit besser nĂ€hren zu können; wenigstens ist die Ehre, die man begehrt, die von seiten der Einsichtigen und derer, denen man nĂ€her bekannt ist, und das auf Grund bewiesener TĂŒchtigkeit. Offenbar also, daß nach Ansicht dieser Leute die TĂŒchtigkeit doch den höheren Wert hat selbst der Ehre gegenĂŒber. Da könnte nun einer wohl zu der Ansicht kommen, das wirkliche Ziel des Lebens in den GeschĂ€ften sei vielmehr diese TĂŒchtigkeit. Indessen auch diese erweist sich als hinter dem Ideal zurĂŒckbleibend. Denn man könnte es sich immerhin als möglich vorstellen, daß jemand, der im Besitze der TĂŒchtigkeit ist, sein Leben verschlafe oder doch nie im Leben von ihr Gebrauch mache, und daß es ihm außerdem recht schlecht ergehe und er das schwerste Leid zu erdulden habe. Wer aber ein Leben von dieser Art fĂŒhrt, den wird niemand glĂŒcklich preisen, es sei denn aus bloßer Rechthaberei, die hartnĂ€ckig auf ihrem Satz besteht. Doch genug davon, ĂŒber den Gegenstand ist in der populĂ€ren Literatur ausreichend verhandelt worden.
Die dritte Lebensrichtung ist die der reinen Betrachtung gewidmete; ĂŒber sie werden wir weiterhin handeln. Das Leben dagegen zum Erwerb von Geld und Gut ist ein Leben unter dem Zwange, und Reichtum ist sicherlich nicht das Gut, das uns bei unserer Untersuchung vorschwebt. Denn er ist bloßes Mittel, und wertvoll nur fĂŒr anderes. Deshalb möchte man statt seiner eher die oben genannten Zwecke dafĂŒr nehmen; denn sie werden um ihrer selbst willen hochgehalten. Doch offenbar sind es auch diese nicht; gleichwohl ist man mit AusfĂŒhrungen gegen sie verschwenderisch genug umgegangen. Wir wollen uns dabei nicht lĂ€nger aufhalten.
Förderlicher wird es doch wohl sein, jetzt das Gute in jener Bedeutung der Allgemeinheit ins Auge zu fassen und sorgsam zu erwĂ€gen, was man darunter zu verstehen hat, mag auch einer solchen Untersuchung manches in uns widerstreben, weil es teure und verehrte MĂ€nner sind, die die Ideenlehre aufgestellt haben. Indessen, man wird uns darin zustimmen, daß es doch wohl das Richtigere und PflichtmĂ€ĂŸige ist, wo es gilt fĂŒr die Wahrheit einzutreten, auch die eigenen SĂ€tze aufzugeben, und das erst recht, wenn man ein Philosoph ist. Denn wenn uns gleich beides lieb und wert ist, so ist es doch heilige Pflicht, der Wahrheit vor allem die Ehre zu geben.
Die Denker, welche jene Lehre aufgestellt haben, haben Ideen nicht angenommen fĂŒr diejenigen Dinge, bei denen sie eine bestimmte Reihenfolge des Vorangehenden und des Nachfolgenden aufstellten; das ist der Grund, weshalb sie auch fĂŒr die Zahlen keine Idee gesetzt haben. Der Begriff des Guten nun kommt vor unter den Kategorien der Substanz, der QualitĂ€t und der Relation; das was an sich, was Substanz ist, ist aber seiner Natur nach ein Vorangehendes gegenĂŒber dem Relativen; denn dieses hat die Bedeutung eines NebenschĂ¶ĂŸlings und einer Bestimmung an dem selbstĂ€ndig Seienden. Schon aus diesem Grunde könnte es keine gemeinsame Idee des Guten ĂŒber allem einzelnen Guten geben.
Nun spricht man aber weiter vom Guten in ebenso vielen Bedeutungen wie man vom Seienden spricht. Es wird etwas als gut bezeichnet im Sinne des substantiell Seienden wie Gott und die Vernunft, im Sinne der QualitĂ€t wie wertvolle Eigenschaften, im Sinne der QuantitĂ€t wie das Maßvolle, im Sinne der Relation wie das NĂŒtzliche, im Sinne der Zeit wie der rechte Augenblick, im Sinne des Ortes wie ein gesunder Aufenthalt, und so weiter. Auch daraus geht hervor, daß das Gute nicht als ein Gemeinsames, Allgemeines und Eines gefaßt werden kann. Denn dann wĂŒrde es nicht unter sĂ€mtlichen Kategorien, sondern nur unter einer einzigen aufgefĂŒhrt werden.
Da es nun ferner fĂŒr das Gebiet einer einzelnen Idee auch jedesmal eine einzelne Wissenschaft gibt, so mĂŒĂŸte es auch fĂŒr alles was gut heißt eine einheitliche Wissenschaft geben. Es gibt aber viele Wissenschaften, die vom Guten handeln. Von dem, was einer einzigen Kategorie angehört, wie vom rechten Augenblick, handelt mit Bezug auf den Krieg die Strategik, auf die Krankheit die Medizin; das rechte Maß aber bestimmt, wo es sich um die ErnĂ€hrung handelt, die Medizin, und wo um anstrengende Übungen, die Gymnastik.
Andererseits könnte man fragen, was die Platoniker denn eigentlich mit dem Worte »an sich« bezeichnen wollen, das sie jedesmal zu dem Ausdruck hinzufĂŒgen. Ist doch in dem »Menschen-an-sich« und dem Menschen ohne Zusatz der Begriff des Menschen einer und derselbe. Denn sofern es beidemale »Mensch« heißt, unterscheiden sich beide durch gar nichts, und wenn das hier gilt, so gilt es auch fĂŒr die Bezeichnung als Gutes. Wenn aber damit gemeint ist, daß etwas ein Ewiges sei, so wird es auch dadurch nicht in höherem Maße zu einem Guten; gerade wie etwas was lange dauert deshalb noch nicht in höherem Grade ein Weißes ist, als das was nur einen Tag dauert. GrĂ¶ĂŸere Berechtigung möchte man deshalb der Art zuschreiben, wie die Pythagoreer die Sache aufgefaßt haben, indem sie das Eins in die eine der beiden Reihen von GegensĂ€tzen einordneten und zwar in dieselbe, wo auch das Gute steht, und ihnen scheint sich in der Tat auch Speusippos angeschlossen zu haben.
Indessen, dafĂŒr wird sich ein andermal der Platz finden. Dagegen stellt sich dem eben von uns AusgefĂŒhrten ein Einwurf insofern entgegen, als man erwidert: die Aussagen der Platoniker seien ja gar nicht von allem gemeint was gut ist, sondern es werde nur alles das als zu einer Art gehörig zusammengefaßt, was man um seiner selbst willen anstrebt und werthĂ€lt; das aber was diese Dinge hervorbringt oder ihrer Erhaltung dient oder was das Gegenteil von ihnen verhĂŒtet, werde eben nur aus diesem Grunde und also in anderem Sinne gut genannt. Daraus wĂŒrde denn hervorgehen, daß man vom Guten in doppelter Bedeutung spricht, einerseits als von dem Guten an sich, andererseits als von dem was zu diesem dient. Wir wollen also das an sich Gute und das bloß zum an sich Guten Behilfliche auseinanderhalten und untersuchen, ob denn auch nur jenes unter eine einzige Idee fĂ€llt. Wie beschaffen also mĂŒĂŸte wohl dasjenige sein, was man als Gutes-an-sich anerkennen soll? Sind es etwa die GegenstĂ€nde, die man auch als fĂŒr sich allein bestehende anstrebt, wie das VerstĂ€ndigsein, das Sehen, oder wie manche Arten der Lust und wie Ehrenstellen? Denn wenn man diese auch als Mittel fĂŒr ein anderes anstrebt, so wird man sie doch zu dem rechnen dĂŒrfen, was an sich gut ist. Oder gehört dahin wirklich nichts anderes als die Idee des Guten? Dann wĂŒrde sich ein Artbegriff ohne jeden Inhalt ergeben. ZĂ€hlen dagegen auch die vorher genannten Dinge zu dem Guten-an-sich, so wird man verpflichtet sein, den Begriff des Guten in Ihnen allen als denselbigen so aufzuzeigen, wie die weiße Farbe im Schnee und im Bleiweiß dieselbe ist. Bei der Ehre, der Einsicht und der Lust aber ist der Begriff gerade insofern jedesmal ein ganz anderer und verschiedener, als sie Gutes vorstellen sollen. Mithin ist das Gute nicht ein alledem Gemeinsames und unter einer einheitlichen Idee Befaßtes.
Aber in welchem Sinne wird denn nun das Wort »gut« gebraucht? Es sieht doch nicht so aus, als stĂ€nde durch bloßen Zufall das gleiche Wort fĂŒr ganz verschiedene Dinge. Wird es deshalb gebraucht, weil das Verschiedene, das darunter befaßt wird, aus einer gemeinsamen Quelle abstammt? oder weil alles dahin Gehörige auf ein gemeinsames Ziel abzweckt? oder sollte das Wort vielmehr auf Grund einer bloßen Analogie gebraucht werden? etwa wie das was im Leibe das Sehvermögen ist, im Geiste die Vernunft und in einem anderen Substrat wieder etwas anderes bedeutet? Indessen, das werden wir an dieser Stelle wohl auf sich beruhen lassen mĂŒssen; denn in aller Strenge darauf einzugehen wĂŒrde in einem anderen Zweige der Philosophie mehr an seinem Platze sein. Und ebenso steht es auch mit der Idee des Guten. Denn gesetzt auch, es gĂ€be ein einheitliches Gutes, was gemeinsam von allem einzelnen Guten ausgesagt wĂŒrde oder als ein abgesondertes an und fĂŒr sich existierte, so wĂŒrde es offenbar kein Gegenstand sein, auf den ein menschliches Handeln gerichtet wĂ€re und den ein Mensch sich aneignen könnte. Was wir aber hier zu ermitteln suchen, ist ja gerade ein solches, was diese Bedingungen erfĂŒllen soll.
Nun könnte einer auf den Gedanken kommen, es sei doch eigentlich herrlicher, jene Idee des Guten zu kennen gerade im Dienste desjenigen Guten, was ein möglicher Gegenstand des Aneignens und des Handelns fĂŒr den Menschen ist. Denn indem wir jene Idee wie eine Art von Vorbild vor Augen haben, wĂŒrden wir eher auch das zu erkennen imstande sein, was das Gute fĂŒr uns ist, und wenn wir es nur erst erkannt haben, wĂŒrden wir uns seiner auch bemĂ€chtigen. Eine gewisse einleuchtende Kraft ist diesem Gedankengange nicht abzusprechen; dagegen scheint er zu der RealitĂ€t der verschiedenen Wissenschaften nicht recht zu stimmen. Denn sie alle trachten nach einem Gute und streben die Befriedigung eines BedĂŒrfnisses an; aber von der Erkenntnis jenes Guten-an-sich sehen sie dabei völlig ab. Und doch ist schwerlich anzunehmen, daß sĂ€mtliche Bearbeiter der verschiedenen FĂ€cher ĂŒbereingekommen sein sollten, ein Hilfsmittel von dieser Bedeutung zu ignorieren und sich auch nicht einmal danach umzutun. Andererseits wĂŒrde man in Verlegenheit geraten, wenn man angeben sollte, was fĂŒr eine Förderung fĂŒr sein Gewerbe einem Weber oder Zimmermann dadurch zufließen sollte, daß er eben dieses Gute-an-sich kennt, oder wie ein Arzt noch mehr Arzt oder ein Stratege noch mehr Stratege dadurch soll werden können, daß er die Idee selber geschaut hat. Es ist doch klar, daß der Arzt nicht einmal die Gesundheit an sich in diesem Sinne ins Auge faßt, sondern die Gesundheit eines Menschen, und eigentlich noch mehr die Gesundheit dieses bestimmten Patienten; denn der, den er kuriert, ist ein Individuum. / Damit können wir nun wohl den Gegenstand fallen lassen.

2. Kennzeichen und Erreichbarkeit der EudÀmonie

Wir kommen wieder auf die Frage nach dem Gute, das den Gegenstand unserer Untersuchung bildet, und nach seinem Wesen zurĂŒck. In jedem einzelnen Gebiete der TĂ€tigkeit, in jedem einzelnen Fach stellt sich das Gute mit anderen ZĂŒgen dar, als ein anderes in der Medizin, ein anderes in der Kriegskunst und wieder ein anderes in den sonstigen FĂ€chern. Was ist es nun, was fĂŒr jedes einzelne Fach etwas als das durch dasselbe zu erreichende Gut charakterisiert? Ist nicht das Gut jedesmal das, um dessen willen man das ĂŒbrige betreibt? Dies wĂ€re also in der Medizin die Gesundheit, in der Kriegskunst der Sieg, in der Baukunst das GebĂ€ude, in anderen FĂ€chern etwas...

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