Kindheit in Pradl
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Kindheit in Pradl

Josef Wallinger

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Kindheit in Pradl

Josef Wallinger

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Eine Reise in die Vergangenheit Innsbrucks - lebendig in persönlichen Erinnerungen!Josef Wallinger nimmt die Leserinnen und Leser mit auf einen Streifzug durch das Pradl der sechziger und siebziger Jahre. Er teilt seine Erinnerungen an die Greißlerläden der Umgebung, in denen er mit seiner Mutter die täglichen Einkäufe erledigte, an das Schwimmbad, in dem er mit Freunden heiße Sommertage verbrachte, oder an das Tivoli-Stadion, Kultstätte legendärer Fußballspiele des FC Wacker Innsbruck. "Kindheit in Pradl" ist der erste Band der Reihe "Erinnerungen an Innsbruck", die sich mit der Vergangenheit Innsbrucks und seiner Viertel befasst. Andenken aus der Kindheit und Jugend gebürtiger Innsbruckerinnen und Innsbrucker sollen erzählt und historische Themen aufgearbeitet werden.

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DIE WESTLICHE GUMPPSTRASSE

Kehren wir nach der intensiven Begehung der Pradler Straße wieder zum Ausgangspunkt, meinem Wohnhaus am Schnittpunkt von Pradler Straße und Gumppstraße, zurück.
Es gab nicht viele gemeinsame Aktivitäten, die mein Vater mit mir unternahm, aber zu Allerheiligen nahm mich mein Vater stets an der Hand und wir brachen Richtung Friedhof auf. Vor dem Friedhofsbesuch mussten wir aber noch Blumen für das Grab meines Großvaters besorgen. Zu diesem Zwecke bogen wir Richtung Westen in die Gumppstraße ab.

DAS POLITISCHE PRADL: DER SEIPEL-ATTENTÄTER

Wir passierten auf der rechten Seite, an der Ecke zur Körnerstraße, das Café Rainer, das auch eine gewisse Zeit das bevorzugte Gasthaus meines Vaters war und seinen Gästen auch ein paar Tische im Freien bot, die sich in der wärmeren Jahreszeit großer Beliebtheit erfreuten. Genau gegenüber gab es damals noch die Konditorei „Walter“, die später dann in die Pradler Straße, gegenüber der Leitgeb-Halle, übersiedelt ist und von der mir persönlich die ausgezeichneten Cremeschnitten in Erinnerung blieben. Es handelte sich um einen reinen Familienbetrieb, wobei die männlichen Mitglieder der Familie Walter einen gewissen asiatischen Einschlag in ihren Gesichtszügen teilten. Die sehr freundliche Frau Walter hatte das Sagen im Geschäft, die Männer arbeiteten offensichtlich in der Backstube und man sah sie nur, wenn sie die Kuchen und Torten auf ihren umweltfreundlichen Fahrradtransportern lieferten. An Sonntagen leistete sich auch meine Familie manchmal einen Kuchen vom Walter.
Dort, wo sich schon seit Jahrzehnten die Shell-Tankstelle mit dem Restaurant im 1. Stock, genannt „Sonnpark“, befindet, gab es zur Zeit meiner Kindheit noch Grünflächen mit einigen Schrebergärten und die Gärtnerei „Widmann“. Der Inhaber gleichen Namens war ein Bekannter meines Vaters, ich habe auch ihn noch sehr genau vor meinem geistigen Auge: Er trug eigentlich immer einen Hut mit nach oben gebogener Krempe, auf seiner Nase saß eine Hornbrille mit extrem dicken Gläsern, das Kinn war etwas nach vorne gerichtet, insgesamt war sein Gesichtsausdruck verkniffen, was gut zu seiner undeutlichen Art zu reden passte.
Zu Allerheiligen und bei so manchen Geburtstagen übernahm es immer mein Vater, Blumen für das Grab meines Großvaters zu besorgen, da er Herrn Widmann ja kannte, mit ihm gerne plauderte, um dann in seinem recht großen Eingangsbereich ein Schnapserl mit ihm zu trinken.
Dabei erinnere ich mich, wenn auch sehr vage, noch an ein altes Männlein, das an einem im Eck befindlichen Tisch saß und mir als Kind ziemlich unheimlich war. Der alte Mann war vollkommen in Schwarz gekleidet, trug stets einen Hut mit breiter Krempe, unter dem prominent eine wirklich auffallend lange und spitze Nase hervorragte. Auf derselben saß eine schwarze Hornbrille, und seinen schmallippigen Mund zierte, ja man muss es so nennen, ein Hitler-Bärtchen. Die Wangen wirkten eingefallen, wohl auch deshalb, weil der alte Mann zumindest im Oberkiefer keine Zähne mehr hatte. Offensichtlich war er mit Herrn Widmann befreundet und wärmte sich gerne bei diesem auf. Ich hatte natürlich keine Ahnung, wer dieses Männlein war, ich nehme an, dass es mein Vater wusste, kann mich aber nicht erinnern, dass er mich über dessen Identität aufgeklärt hätte.
Irgendjemand hatte mir aber später, bereits nach dessen Tod, erzählt, um wen es sich bei diesem rätselhaften Mann, den man auch oft auf seinem schwarzen Waffenrad mit einer großen Holzkiste auf dem Gepäckträger durch Pradl fahren sah, handelte. Und zwar um niemand Geringeren als um jenen jungen Sozialisten, der am 1. Juni 1924 das Attentat auf Bundeskanzler Seipel verübt hatte und Karl Jawurek hieß. Wie verschlug es diesen nach Tirol, und warum ausgerechnet nach Pradl? Nun, Jawurek war als junger Mann überzeugter Sozialist, dem die Politik des katholischen Prälaten Seipel zutiefst verhasst war, so dass er beschloss, ihm aufzulauern und ihn zu erschießen. Jawurek lauerte Seipel auf, drückte ab, traf ihn mit zwei Schüssen und richtete dann die Pistole gegen sich selbst. Doch beide, Opfer und Täter, überlebten. Jawurek wurde zu vier Jahren Haft verurteilt, von denen er nur zweieinhalb absitzen musste. Bundeskanzler Seipel verzieh bald dem inzwischen reumütigen Täter und soll ihn sogar im Gefängnis besucht haben. Bei dessen vorzeitiger Entlassung ließ er dem einstigen Attentäter 200 Schilling zukommen, als Starthilfe in ein neues Leben sozusagen. Ein beeindruckendes Beispiel von großmütigem Verzeihen eines christlich-sozialen Politikers, der noch dazu den Ruf hatte, besonders hart gegen die Arbeiterschaft vorzugehen – bemerkenswert, könnte man im Hinblick auf die fehlende ethische Ausrichtung der Nachfolgepartei anmerken.
Natürlich konnte Jawurek nicht in seinen angestammten Ort zurückkehren, beschloss wohl deshalb, nach Tirol auszuwandern und siedelte sich dort in Pradl an. Tirol war weit weg von Wien und möglicherweise war ihm der Stadtteil Pradl mit seinen vielen Arbeitern sympathisch. Apropos sympathisch: Nicht wenige Frauen kannten dort bald den dem weiblichen Geschlecht offensichtlich sehr zugeneigten Außenseiter, der mit seinem Fahrrad und seiner Kleidung ja auch unübersehbar war. Und angeblich soll er auch manchen von zu Hause weg gelaufenen Frauen und Mädchen in seiner barackenartigen Behausung im Pradler Saggen Zuflucht geboten haben, wobei viele ihre eigene Meinung darüber hatten, worin die Entschädigung seitens der gestrandeten Frauen bestand.
Je älter Jawurek wurde, desto mehr avancierte er zu einem Innsbrucker Original, welches auch das Interesse so mancher Zeitschrift weckte. Insbesondere die Zeitschrift ECHO ist hier zu erwähnen, der er für einen geringen Betrag seine „Memoiren“ verkaufte, die diese dann in einem ausführlichen Artikel anlässlich Jawureks 80. Geburtstag wiedergaben.
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Der zu einem Innsbrucker Original avancierte Ex-Attentäter Karl Jawurek mit seinem traditionellen Waffenrad (!) (Foto: Echo, 1977).
Schließlich starb der einstige Seipel-Attentäter Karl Jawurek 1977 80-jährig in Innsbruck. Am erstaunlichsten dabei ist, dass eine Figur, die beinahe entscheidend in die Geschichte Österreichs eingegriffen hätte, trotz ihrer auffälligen Erscheinung lange Zeit weitgehend unerkannt und unbeachtet im Stadtteil Pradl in Innsbruck leben konnte.

PRADLER FRIEDHOF

Also, die Friedhofsblumen in der Gärtnerei Widmann waren gekauft und mein Vater und ich setzten unseren Weg Richtung Pradler Friedhof mit einem Chrysanthemen-Stock unter dem Arm fort. Am Allerheiligentag war dort vor dem Haupteingang stets ein Maronibrater postiert, der Duft der Maroni war schon von weitem wahrzunehmen und dort angelangt, kaufte mein Vater immer ein Sackerl voll heißer Maroni, die wir dann gemeinsam verzehrten. Daraufhin gingen wir zum Grab meines Großvaters Josef, dem ich, wie gesagt, meinen Vornamen verdanke. Mein Großvater war 1953, vier Jahre vor meiner Geburt, gestorben, und als ich auf die Welt gekommen war, bat meine Großmutter meine Mutter inständig darum, es möge „ein Peppi“ werden, in Erinnerung an ihren Mann. Und so geschah es denn auch, meine Mutter gab dem Drängen nach und die Namen Wilhelm und Manfred waren, Gott sei Dank, Geschichte.
Der Friedhofsbesuch war für mich immer etwas abstrakt, da ich ja meinen Großvater väterlicherseits – ebenso wie meinen Großvater mütterlicherseits, aber das ist eine ganz andere, viel kompliziertere Geschichte, die ich in meinem ersten Buch festgehalten habe – nicht gekannt hatte. Auf jeden Fall war der Friedhofsbesuch aber eine der wenigen Ausgänge, die ich allein mit meinem Vater unternahm.
Eine weitere Erinnerung, die ich mit dem Pradler Friedhof verbinde, ist mein einziger Auftritt als Ministrant – und das ausgerechnet bei einem Begräbnis. Mir ist nicht mehr in Erinnerung, ob dieser Auftritt der Auftakt zu einer ausführlicheren Ministrantenkarriere werden sollte oder einfach als einmaliges Schnuppererlebnis gedacht war. Auf jeden Fall trafen ein Kollege und ich uns mit dem für das entsprechende Begräbnis vorgesehenen Pfarrer, und ich erinnere mich sehr genau daran, um wen es sich dabei handelte, nämlich um den derzeitigen Pfarrer der Gemeinde Patsch, Norbert Gapp. Er war schon in jungen Jahren eine schillernde Persönlichkeit. Einerseits vom Äußeren her, hatte er doch schon graues Haar, das er in Form einer Bürstenfrisur trug. Seine Gesichtsfarbe wechselte mit dem Verlauf der Predigten von Rot zu Super-Rot und, auch auffällig, sein Hals wuchs dabei zu beachtlicher Größe an. Seine Predigten trug er in einem sehr feierlichen, salbungsvollen Ton vor, was seine totale Hingebung an seine Berufung zusätzlich unterstrich. So auch bei diesem Sterbegottesdienst auf dem Pradler Friedhof, bei dem es meine bescheidene Aufgabe war, das kleine Weihrauch-Behältnis zu tragen. Von den beiden Ministranten fiel meinem Kollegen die, aus meiner Sicht, wesentlich bedeutungsvollere Rolle zu, den Weihrauchkessel schwenken zu dürfen. Möglicherweise war diese kleine Enttäuschung dann der Grund, weswegen ich meine Karriere als Ministrant nicht fortsetzte und sich diese auf ein einziges Begräbnis beschränkte.
Was das damalige Aussehen des Friedhofs betrifft, so gab es nur den nördlich von der Wiesengasse gelegenen Teil, der südliche Teil entstand erst später im Zuge der dringend nötigen Vergrößerung und beherbergte auch einen sich stetig vergrößernden Urnenfriedhof. Die Errichtung des Krematoriums in unmittelbarer Nähe des Friedhofes war nur eine logische Folge dieser religiösen Neuorientierung der Bevölkerung. Die aus der noch vor 1964 gültigen christlich-katholischen Tradition heraus unverzichtbare Erdbestattung verlor sowohl aus rein praktischen (Platz)Gründen wie auch durch den Rückgang der Religiosität vieler Bewohner von Innsbruck an Bedeutung. Denkt man an die Vergrößerung der Flächen der Friedhöfe, stellt die Form der Feuerbestattung eine wichtige Entlastung einer von Raumnot geplagten Stadt wie Innsbruck dar. Selbst die Einrichtung eines Krematoriums war lange umstritten und somit ist wohl auch die Standortwahl – neben der Autobahn in der Peripherie des Stadtteiles Pradl – zu erklären.

DIE ZEIT AM TOLLINGERHOF

Mit meiner Mutter beschritt ich für einige Zeit meiner Kindheit auch den eben beschriebenen Weg über die Gumppstraße, allerdings gingen wir an der Gärtnerei Widmann vorbei, rechts am neuen Tivoli Schwimmbad entlang, die Knollerstraße zur Rechten, vorbei an der Feuerwehr und dann, links abbiegend, das Sillufer entlang, unter der Olympia-Brücke durch bis zu den Sillhöfen. Zur Schonung ihrer damals schon lädierten Bandscheiben stützte sich meine Mutter auf mich, der ich auf meinem geliebten roten Roller neben ihr herfuhr. Die Schwester meines Vaters, meine Tante Traudl, hatte mit Ferdinand Tollinger einen Großbauern aus Innsbruck geheiratet, dessen als Sillhöfe bekanntes Anwesen sich im Süden Pradls befand. Als ich etwa zwischen sechs und acht Jahre alt war, arbeitete meine Mutter für meinen Onkel, und zwar vor allem Küchenhilfe, aber auch auf dem Feld, wenn zum Beispiel bei der Kartoffelernte besonders viele Hände zum „Kartoffelaufklauben“ benötigt wurden.
Das Anwesen bestand aus einem Stall mit 68 Kühen, die jeden Tag das ablieferten, was man in Innsbrucks Lebensmittelgeschäften dann als „Tollingers Kindermilch“ kaufen konnte. Die Milch wurde mit dem Prädikat „Vorzugsmilch“ ausgezeichnet, weil sie direkt in Flaschen abgefüllt und morgens persönlich von meinem Onkel Ferdl an die umliegenden Geschäfte ausgeliefert wurde.
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Die Tollinger-Kühe schön aufgefädelt im Stall (Foto: Privatarchiv).
Natürlich wurde die Milch damals noch in Flaschen abgefüllt, weswegen es auch eine Flaschenwaschanlage gab, auf die ich nun kurz eingehen möchte. Diese Anlage befand sich in jenem Gebäude, das unmittelbar nach der Einfahrt auf der Westseite des Hofes gelegen war und aus drei Räumen bestand. Verantwortlich für die Flaschenreinigung war ein gewisser Heinz, ein schwarzhaariger, großgewachsener Typ mit einem etwas pockennarbigen Gesicht, der wahrscheinlich Ende zwanzig und ein ziemlich lässiger und attraktiver junger Mann war. Außerdem mochte er offensichtlich Kinder und freute sich, wenn ich bei ihm vorbeischaute. Für mich bot die Waschanlage natürlich einen interessanten Anblick: Heinz war vornehmlich damit beschäftigt, die verschmutzten Flaschen auf spezielle Spieße mit Gummiaufsätzen zu stecken, die dann auf einer in einer Art Bottich befindlichen Walze mit diversen Chemikalien gesäubert wurden. Danach gab es noch einen Spül- und Trockenvorgang. Während also Heinz die einzelnen Spieße mit Flaschen bestückte, erzählte er mir Geschichten, die sehr unterhaltsam, oft auch lustig waren. So wurde seine monotone Tätigkeit für ihn etwas weniger langweilig und in mir hatte er einen aufmerksamen Zuhörer. Später sollte mir Heinz dann bei der Speditionsfirma Gottardi & Haindl, bei der lange Zeit auch mein Vater als Beifahrer arbeitete, wieder über den Weg laufen und erst damals wurde mir klar, dass Heinz ein ziemliches Alkoholproblem hatte.
Über der Waschanlage waren die Zimmer der sogenannten „Knechte“, die mein Onkel für die Bewirtschaftung des Hofes beschäftigte. Ich erinnere mich an einen schon ziemlich alten Mann namens Engele; an sein zerfurchtes, rotbraun gefärbtes Gesicht, seine gebogene Nase, über der sich, tief eingebettet, zwei blaue Augen befanden. Engele nuschelte sehr ausgeprägt und so musste man genau zuhören, wenn er etwas sagte, wobei die meisten seiner Sätze mit der Bestätigungsfloskel „woasch“ („you know“) eingeleitet wurden. Der zweite Knecht war auch schon ein älterer Mann namens Weiß, ein zurückhaltender, recht unspektakulärer Typ, der wenig sprach und einfach konsequent seine Arbeit verrichtete.
Da mein Vater damals noch Kraftfahrer und stolz darauf war, mit großen Brummern herumzufahren, hatte ich ein ausgeprägtes Interesse für alles Fahrbare, auch für Traktoren, von denen es am Tollinger-Hof vorerst zwei schon etwas ältere Modelle gab: Einen grünen Traktor ohne Dach, der für diverse Tätigkeiten wie Mähen oder Heuaufladen verwendet und von Engele gesteuert wurde und ein überaus lautes, sich langsam aufbauendes, knatterndes Motorengeräusch hatte. Mein Lieblingstraktor war aber der andere: Das war auch ein grünes, aber kompakter konstruiertes, überdachtes Gefährt, das vor allem für den Transport bzw. als Zugmaschine genutzt wurde. Mein großer Traum wäre es natürlich gewesen, einmal meinen Lieblingstraktor selber steuern zu dürfen. Mitfahren durfte ich des Öfteren, was hieß, dass ich auf dem seitlich angebrachten Sitz thronte und mit dem alten Weiß plauderte. Aber mein Traum ließ mir keine Ruhe und so schlich ich mich eines Vormittages einmal in die Garage, in der mein Lieblingstraktor stand und machte, um nicht entdeckt zu werden, die Türe zu. Da ich natürlich keinen Schlüssel zum Starten hatte, blieb mir nur die – ohnehin viel aufregendere – Variante, den Traktor zu starten, indem ich die Kurbel, die vorne im Motor steckte, so schnell zu drehen versuchte, dass der Motor ansprang. Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, war, dass der Gang eingelegt war und es so kaum möglich war, auch nur eine Umdrehung zu schaffen. Mit letzter Kraft gelang mir dann aber zumindest eine Umdrehung, was zur Folge hatte, dass der Traktor einen Sprung nach vorne machte und mich in gefährliche Nähe zum Garage...

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