Finanzkapitalismus
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Kapital und Christentum (Band 2)

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Kapital und Christentum (Band 2)

About this book

Mit der Trilogie "Kapital & Christentum" bietet Eugen Drewermann eine umfassende Analyse der Entstehung und der Wirksamkeit des kapitalistischen Wirtschaftssystems. In Band 2 klärt E. Drewermann die Frage, was Menschen mit Geld machen – und was das Geld mit Menschen macht. Was überhaupt ist das: Geld? Und wie wird es zu Kapital? Was treiben die Banken? Wie wirkt der Zins? Welche Rolle spielen Finanzspekulationen? – Was bringt uns dazu, Gewinnsucht und Geldgier als eine unternehmerische Tugend zu betrachten und Geld und Gelderwerb in den Mittelpunkt unseres Lebens zu rücken? Die von der Realwirtschaft abgekoppelte Finanzwirtschaft bewirkt wachsende Ungerechtigkeit, spaltet zwischen Arm und Reich, erhält sich durch Gewalt. Erst wenn wir verstehen, wie das kapitalistische Wirtschaftssystem funktioniert, zeichnet sich ab, wie wir uns aus dem Tanz ums Goldene Kalb befreien können.

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Information

C) Von Banken und Börsen

1) Das Kasino als Geschäftsmodell

a) Geldschöpfung aus dem Nichts

Beginnend mit der Geschichte des Geldes, fanden wir uns in eine Zeit versetzt, da die Tempel Banken waren; angelangt an dem (vorläufigen) Ende der Entwicklung in unseren Tagen, finden wir uns wieder in einer Zeit, da die Banken Tempel sind. Was bedeuten schon die Kathedralen von einst, wenn über sie der Schatten der Manhattan-Skyline moderner Bankhochhäuser fällt? Nicht mehr das Gebet um die Vergebung der Schuld bestimmt unser Dasein, sondern der Kredit und der Zinssatz. Eine Bank kennt kein Erbarmen, nur Geschäfte; sie, wie wir sahen, verdient immer – am meisten an den Schulden, die sie anderen auflädt.
Da ist – noch einmal – der Dispo-Zins: er eignet sich perfekt, um täglich Millionen Kunden in der BRD zu schröpfen. »Eine Umfrage bei 1472 Instituten ergab (sc. 2015, d. V.), dass der Zins bei durchschnittlich 10,25 Prozent liegt … Ein fairer Zins müsste deutlich niedriger sein als zehn Prozent, da sich die Institute derzeit Geld zu fast null Prozent von der Europäischen Zentralbank leihen können.«372 Und dieses zum Nulltarif geliehene Geld dient dann als Mindestreserve in Höhe von 2 % dazu, mit hohen Zinsen selbst Geld zu verleihen. »Elf Institute berechnen ihren Kunden sogar einen Zins von mehr als 13 Prozent, wenn diese mit ihrem Girokonto ins Minus rutschen. Der Disporahmen liegt meist bei zwei bis drei Netto-Monatseinkommen. Die teuersten Banken sind durchgehend Genossenschaftsbanken. Spitzenreiter ist die Raiffeisenbank Trostberg-Traunreut, die von Kunden bis zu 16 Prozent Zinsen verlangt … Der Überziehungszins wird fällig, wenn der Kunde den Disporahmen überzieht.«373
Wohlgemerkt: im Fall der Zahlungsunfähigkeit eines Kunden kann gepfändet werden, – dann werden aus den rein fiktiven Fiat-Geldern einer Bank durchaus reale Forderungen. Das sind die »Hebel«- und »Multiplikator«-Wirkungen jener schier einzigartigen Befähigung der Banken, nach der 2 %-Regel aus läppischen von der EZB gratis geliehenen 200 Euro das 50fache, also 10 000 Euro, zu »machen«, die sich für 10 % (und mehr) an Geldbedürftige verleihen lassen374. Hatte da BERTOLT BRECHT nicht recht, als er sarkastisch meinte: »Was ist denn der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank«? Wer sich auf solche Weise Eigentum verschafft, der handelt wie ein Dieb, der zockt mit fremdem Geld auf eigene Rechnung; und er vergibt Schuldscheine, die andere ihm bezahlen müssen; er genießt dabei den vollen Schutz des Staates.
Eben da aber liegt das Problem; es führt mittlerweile dahin, daß die Finanzmärkte sich von der Realwirtschaft vollkommen losgelöst haben. Zwar tut man so, als hätte »das westliche Wirtschaftssystem unter Führung der USA die schlimmste Krise seit der großen Depression der 1930er Jahre« in der Zeit nach 2008 endgültig gemeistert. »Aber bei den heutigen Finanzmärkten handelt es sich nur noch um ein Spiegelkabinett, das ein solides ökonomisches Fundament der realen Wirtschaften des Westens lediglich vorgaukelt. Denn ohne den Interventionismus der von der US-amerikanischen Federal Reserve (Fed) angeführten westlichen Notenbanken mit Billiggeldschwemmen in Höhe von insgesamt 13 Billionen US-Dollar wären die Wertpapiere von Wall Street über Tokio bis Frankfurt längst in Rauch aufgegangen … Tatsächlich (sc. aber, d. V.) wurde die reale Wirtschaft durch die als ›quantitative Erleichterung‹ (QE) bekannte Fed-Politik des superbilligen Geldes entgegen ständigen, anderslautenden Behauptungen der ›Experten‹ in den Medien überhaupt nicht stimuliert … Statt dessen hat die QE-Politik überall zu einer ganzen Reihe schwerwiegender strukturverändernder Fehlallokationen von Ressourcen geführt. Weg von Arbeitsplätze schaffenden Investitionen in der realen Wirtschaft, hin zu Finanzspekulationen, die auf sichere Weise schnelle und hohe Gewinne versprechen.« Zwar sind spekulative Anlagen immer riskant. »Aber die Politik der sogenannten ›Forward guidance‹, nach der die Fed Banken und Spekulanten im voraus über jeden geplanten geldpolitischen Schritt informiert hat, hat das Risiko eliminiert. Damit hat die Fed aus Spekulationsgeschäften sichere Geldanlagen gemacht. Vergleichbar mit einem Kasino, in dem Black Jack (17 und 4) gespielt wird und den Spielern, die eine verdeckte Karte ziehen wollen, deren Wert vorher angesagt wird. So funktioniert das Zocken ohne Risiko im großen Finanzkasino … Da QE sich als ineffizient zur Anregung von Inflation und Wirtschaft erwiesen hat, schien es der Fed dabei nur noch darum zu gehen, den Banken soviel Geld wie möglich zuzuschanzen.«375
Inzwischen besteht ein Hauptproblem darin, die Banken wieder von der QE-Droge der Null-Zins-Politik zu entwöhnen. Zinsen lassen sich, wenn auch noch moderat, nur erhöhen, wenn die Wirtschaft sich in einer Phase soliden Aufschwungs befindet. »Davon ist die der USA jedoch weit entfernt, trotz ständig neuer, kreativer Zahlenakrobatik bei der Erstellung der offiziellen ökonomischen Eckdaten … die Preise für alle Rohstoffe, insbesondere für Energie und Erze, sind schon eine ganze Weile im Keller. Die BRICS-Länder (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) sind entweder bereits in einer Rezession, wie z. B. das von Rohstoffexporten abhängige Brasilien, oder ihnen droht ein Wachstumseinbruch wie in China. Auch in Europa und Japan dümpelt das Wachstum der realen Wirtschaft weiter dahin. Hochkonjunktur haben nur die Börsenkurse, die durch immer neue Geldschwemmen und durch Null- und teilweise sogar Negativzinsen der Europäischen Zentralbank, der Notenbanken von Japan (Bank of Japan, BoJ) und von China (People’s Bank of China, PBoC) aufgebläht werden … Getragen von einer Geldschwemme der PBoC gab es praktisch eine Garantie auf steigende Kurse. – Diese Blase ist geplatzt.«376
Ein Teil des Problems ist in Europa zweifellos politischer Natur und hat mit den Konstruktionsfehlern der Eurozone zu tun. Als im Februar 1992 in Maastricht der Vertrag der Europäischen Union (EU) von den Mitgliedsländern unterzeichnet wurde, hatte man sich eine politische, soziale und wirtschaftliche Einheit zum Ziel gesetzt; bis zum Jahr 2000 sollten die Nationalen Währungen abgeschafft werden und eine gemeinsame Währung (der Euro) unter der Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) an die Stelle treten. So geschah es denn auch am 1. Januar 1999, – elf Länder, darunter die BRD, führten den Euro ein. Das Problem, das man sich damit einhandelte, hätte man durchaus sehen können, – es bestand in dem sich dramatisch verengenden Spielraum bei der Lösung eines sozialen Kernproblems: der Arbeitslosigkeit, und, damit verbunden, in der unterschiedlichen Wirtschaftsleistung der Euro-Beitrittsländer. Denn: Die EZB, an welche die Regierungen die Kontrolle über die Geldmenge abgegeben haben, kann nicht in die nationalstaatlichen Konflikte und Verteilungskämpfe eingreifen, sie hat ein einziges geldpolitisches Ziel zu verfolgen, das da heißt: Preisstabilität (Inflationsbekämpfung); damit ist sie – bei gleichzeitiger Festlegung auf das Wirtschaftsziel Wachstum – selber ein Teil des »magischen Dreiecks«, in dem eine wirksame Bekämpfung der Arbeitslosigkeit kaum mehr möglich ist. Als letztes Mittel steht den Nationalstaaten nur noch die Steuerpolitik zur Verfügung (die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 % zum Beispiel in der BRD bei Beginn der »christlich-liberalen« Koalition unter Kanzlerin Merkel); gleichzeitig gilt formell die Maastrichter Festlegung auf eine Obergrenze der Staatsverschuldung von maximal 3 % des BIP, so daß es unmöglich wird, eine KEYNESianische Politik des »Deficitspending« (einer Ankurbelung der Wirtschaft durch kreditfinanzierte Staatsinvestitionen) zu verfolgen.
Schon 1999 prophezeite deshalb BERNARD A. LIETAER: »Alles deutet darauf hin, daß sich die europäischen Regierungen durch die Einführung des Euro unter den beschriebenen Bedingungen in eine Sackgasse mit unhaltbar hohen Arbeitslosenquoten manövriert haben … Selbst vor der Einführung des Euro war das soziale und politische Klima in vielen europäischen Ländern schon stark aufgeheizt. Wenn sich die Arbeitsmarktsituation nicht wie durch ein Wunder (sc. etwa durch statistische Kosmetik: Kurz- und Leiharbeiter werden als »Beschäftigte« gezählt, Minijobs als reguläre Anstellungen ausgegeben, d. V.)377 verbessert, muß man mit wachsenden Spannungen rechnen, von denen nur extremistische und nationali­stische Parteien profitieren. Außerdem kann man davon ausgehen, daß die Europäische Union für die steigenden Arbeitslosenzahlen verantwortlich gemacht wird«378, – die EU verliert damit ihre Legitimation in der Bevölkerung. Besser läßt sich die Lage 2016 nicht beschreiben. Das Wort der Kanzlerin: »Scheitert der Euro, scheitert Europa«, löst nicht, sondern verschärft das Problem, denn es verlangt förmlich nach gerade den fiskalpolitischen Maßnahmen der »Institutionen« (der »Troika« aus IWF, EZB und EU-Kommission), die im Falle Griechenland soeben erst demonstriert haben, daß die Stärkung des Geldsystems zur Rettung der Banken das sozialpolitische und wirtschaftliche Dilemma mitverursacht und ins Unerträgliche steigert.
Zum zweiten darf man nicht übersehen, daß mit der Einrichtung der Eurozone ein neoliberaler Wuns...

Table of contents

  1. COVER
  2. HAUPTTITEL
  3. Inhalt
  4. Rückschau und Vorschau
  5. Geld und Kapital
  6. A) Geld und Schuld
  7. B) Zins als Schuldgewinn
  8. C) Von Banken und Börsen
  9. ÜBER DEN AUTOR
  10. ÜBER DAS BUCH
  11. ÜBER DIE REIHE
  12. IMPRESSUM
  13. HINWEISE DES VERLAGS