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Hochfunktionaler Autismus bei Erwachsenen
Ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches Manual
Isabel Dziobek, Sandra Stoll
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- 196 pages
- German
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Hochfunktionaler Autismus bei Erwachsenen
Ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches Manual
Isabel Dziobek, Sandra Stoll
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In patients with highly functional autism and Asperger syndrome, a lack of social competence means that despite normal intelligence, they are unable to cope with the demands of private and professional life. Persistent stress, often leading to depression and anxiety disorders, is the consequence. This is the first German-language manual focusing on the individual psychotherapeutic treatment of this group of patients. Numerous quotations, reports by and discussions with those affected vividly convey the clinical picture of the disorder.
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Information
1 Grundlagen
1.1 Diagnose/Symptomatik
1.1.1 Geschichte
Ohne sich auf die Arbeit des jeweilig anderen zu beziehen, veröffentlichten der Kinderpsychiater Leo Kanner (Kanner, 1943) und der Kinderarzt Hans Asperger (Asperger, 1944) fast zeitgleich ihre Fallbeschreibungen von Kindern mit autistischer Symptomatik. Beide Ărzte verwendeten den Begriff »Autismus« bzw »autistisch« (αáœÏÏÏ, Griechisch fĂŒr »selbst«), um anzuzeigen, dass die Kinder als hervorstechende Wesensart ein Alleinsein bzw. Auf-sich-selbst-bezogen-Sein zeigten. DarĂŒber hinaus beschrieben beide Ărzte ein Beharren auf Routinen und das BeschĂ€ftigen mit abnormen Verhaltensweisen und Interessen. Die Beschreibung dieser zwei Verhaltens- und Erlebensbereiche sind als Kernsymptome von Autistischen Störungen in der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10; World Health Organization [WHO], 1992) und dem Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen â DSM-5Âź (American Psychiatric Association [APA], 2013) enthalten. Sowohl Leo Kanner als auch Hans Asperger gingen davon aus, dass sich die Störung von Geburt an manifestiert und eine biologische Ursache hat. WĂ€hrend Kanners Arbeit, die in Englisch verfasst war, schnell ihren Weg in wissenschaftliche Fachkreise und 1978 in die dritte Ausgabe des DSM fand, blieb Aspergers Arbeit bis in die frĂŒhen 1980er-Jahren praktisch unbekannt, als Lorna Wing seine wegweisende Arbeit in einem Artikel beschrieb (Wing, 1981) und seine Dissertationsschrift schlieĂlich von Uta Frith zehn Jahre spĂ€ter ins Englische ĂŒbersetzt wurde (Frith, 1991). Kurze Zeit spĂ€ter wurde das sog. Asperger-Syndrom als eigenstĂ€ndige Diagnose in das ICD-10 (WHO, 1992) integriert. In beiden Klassifikationssystemen sind die Autistische Störung und das Asperger-Syndrom unter den sog. Tiefgreifenden Entwicklungsstörungen gelistet. In der Neuauflage des amerikanischen Systems DSM-5 (APA, 2013) wurden sĂ€mtliche autistische Störungen, die zuvor als separate Subtypen gelistet waren (u. a. Autistische Störung, Asperger-Syndrom, tiefgreifende Entwicklungsstörung nicht nĂ€her bezeichnet) unter die Sammelbezeichnung Autistische Störung (Autism Spectrum Disorder) subsummiert, u. a. weil die Forschung der letzten zwei Dekaden wenig Evidenz fĂŒr qualitative Unterschiede erbracht hatte (v. a. zwischen dem Asperger-Syndrom und der Autistischen Störung ohne Intelligenzminderung) und die Diagnosen notorisch inkonsistent ĂŒber die verschiedenen spezialisierten Forschungszentren der USA hinweg vergeben wurden, also als mangelnd trennscharf beurteilt wurden. Das Beibehalten von separaten diagnostischen Kategorien schien somit nicht gerechtfertigt. Auch die neue Ausgabe des ICD, die im Sommer 2018 vorgestellt wurde und 2019 verabschiedet werden soll, hat diese Entwicklung aufgenommen und die Diagnose Asperger-Syndrom in einer ĂŒbergeordneten Diagnose Autismus-Spektrum-Störung aufgehen lassen.
1.1.2 Diagnosekriterien
Der FrĂŒhkindliche Autismus und das Asperger-Syndrom sind im ICD-10 (WHO, 1992) unter den Tiefgreifenden Entwicklungsstörungen gelistet. Diese Gruppe von Störungen verbinden qualitative BeeintrĂ€chtigungen in sozialen Interaktionen und Kommunikation und ein eingeschrĂ€nktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Verhaltensweisen. Die qualitativen AuffĂ€lligkeiten sind situationsĂŒbergreifende Funktionsmerkmale, woraus sich der Begriff »tiefgreifend« erklĂ€rt. Um die Diagnose im Erwachsenenalter zu stellen, muss die Symptomatik bis ins Kinderalter zurĂŒck verfolgbar sein, was den Diagnostiker hĂ€ufig vor Schwierigkeiten stellt, vor allem wenn Kindheitsinformationen oder -informanten wie die Eltern nicht verfĂŒgbar sind ( Tab. 1.1).
Tab. 1.1: Diagnosekriterien fĂŒr den FrĂŒhkindlichen Autismus und das Asperger-Syndrom, vereinfacht nach ICD-10
Wie in Tabelle 1.1 ĂŒberblicksartig zu sehen, stimmen die diagnostischen Kriterien fĂŒr den frĂŒhkindlichen Autismus und das Asperger-Syndrom ĂŒberein bezĂŒglich der qualitativen BeeintrĂ€chtigungen in sozialer Interaktion und den begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmustern, Interessen und AktivitĂ€ten. Beim Asperger-Syndrom fehlen die BeeintrĂ€chtigungen in der Kommunikation und ferner muss die Entwicklung bezĂŒglich Intelligenz, adaptivem Verhalten und der SprachfĂ€higkeiten unauffĂ€llig verlaufen. Das Asperger-Syndrom kann somit als eine im Kern autistische Störung mit einer geringer ausgeprĂ€gten Symptomatik verstanden werden.
In den letzten Jahren setzt sich auch im deutschsprachigen Raum zunehmend der Begriff Autismus-Spektrum- Störungen durch, der ausdrĂŒckt, dass es zwischen unterschiedlichen Varianten von Autismus lediglich graduelle Unterschiede gibt und die qualitative Abgrenzung theoretisch und praktisch schwierig ist.
Eine Charakterisierung, die hĂ€ufig anzutreffen aber nicht offiziell definiert ist, ist die des sog. Hochfunktionalen Autismus (HFA). Hiermit werden solche FĂ€lle mit FrĂŒhkindlichem Autismus (F84.0) bezeichnet, bei denen eine durchschnittliche oder ĂŒberdurchschnittlich hohe Intelligenz vorliegt (IQ > 70), vor dem Kontext der bekannten sozialen und behavioralen Symptome ( Tab. 1.1) sowie der Sprachentwicklungsverzögerung (Vogeley & Remschmidt, 2011). In der Tat ist besonders bei erwachsenen Menschen die Unterscheidung zwischen dem Asperger-Syndrom und HFA schwierig zu treffen. Denn trotz einer per Definition vorliegenden Sprachentwicklungsverzögerung beim HFA entwickeln die meisten Betroffenen schlieĂlich sprachliche FĂ€higkeiten, die nicht mehr zu unterschieden sind von denen der Menschen mit einer Asperger-Syndrom-Diagnose. In der Praxis kommt es ergo nicht selten vor, dass Patient*innen eine vergleichbare Schwere an Symptomatik bezĂŒglich sozialen BeeintrĂ€chtigungen und repetitivem, stereotypem Verhalten und Interessen prĂ€sentieren und keine auffĂ€llige Sprache sowie ein normales Intelligenzniveau aufweisen. Basierend auf den unterschiedlichen Angaben zur Sprachentwicklung, wird jedoch einer von beiden mit dem Asperger-Syndrom und der andere mit HFA diagnostiziert. Obwohl einige Forscher an einer Abgrenzung der Störungen festhalten und Unterschiede fĂŒr z. B. motorische Ungeschicklichkeit und Intelligenz postulieren (z. B. Remschmidt, 2000), ist nach Erfahrung der Autorinnen die Unterscheidung fĂŒr das gesprĂ€chsorientierte psychotherapeutische Setting nicht relevant.
Es soll an dieser Stelle erwĂ€hnt werden, dass das Konzept der Störung gerade fĂŒr den Bereich des hochfunktionalen Autismus und Asperger-Syndroms nicht von allen Klinikern und Betroffenen befĂŒrwortet wird. Zunehmend setzt sich die Konzeptionalisierung und der Begriff der NeurodiversitĂ€t durch, der ein weniger defizitorientiertes VerstĂ€ndnis von ASS transportiert. Nach diesem VerstĂ€ndnis reflektieren viele als psychische Störungen bezeichnete ZustĂ€nde normale neuronale Vielfalt und sollten daher nicht als Störungen oder grundsĂ€tzliches Defizit betrachtet werden. Eine solche Betrachtungsweise erlaubt ein ausgewogeneres Gesamtbild von Menschen mit ASS mit einem offeneren Blick fĂŒr vorhandene StĂ€rken und Potenziale (vgl. Bölte, 2009). Nach dem Konzept der NeurodiversitĂ€t werden psychisch unauffĂ€llige Personen als neurotypischbezeichnet, um dem Fakt Rechnung zu tragen, dass sie auf dem Kontinuum neuronaler Vielfalt die Mehrheit reprĂ€sentieren, d. h., Personen mit einer typischen MerkmalsausprĂ€gung darstellen. Um dieser Sichtweise einer Andersartigkeit Rechnung zu tragen, verwenden wir in diesem Manual daher hĂ€ufig die Begriffe neurotypisch und Autismus-Spektrum-Spezifik (ASS). TatsĂ€chlich befĂŒrworten wir ein VerstĂ€ndnis von ASS als Hintergrundzustand, der nicht per se Behandlungsziel in einer Psychotherapie sein muss. Viele Personen mit ASS empfinden ihre Andersartigkeit als integralen Anteil ihrer Persönlichkeit, den sie nicht Ă€ndern können oder, auch wenn dies möglich wĂ€re, nicht Ă€ndern wollen wĂŒrden. Leidensdruck entsteht fĂŒr diese Personen dadurch, dass gesellschaftliche Erwartungen nicht oder nur unter groĂer Anstrengung erfĂŒllt werden können und dadurch zu ĂberforderungszustĂ€nden, Depression und Angststörungen fĂŒhren. Die Betroffenen werben daher fĂŒr ein gesellschaftliches Klima, dass gröĂere psychische Vielfalt möglich macht und Inklusion erlaubt.