Woche 1
Die Problematik verstehen
1.1 Was willst du als Käufer?
Die ungelösten Probleme halten einen Geist lebendig und nicht die gelösten.
Erwin Guido Kolbenheyer
Stell dir vor, du bist ein potenzieller Käufer. Du wünschst dir ein Auto oder ein Haus. Du brauchst eine Geldanlage oder Gartenmöbel und dringend Urlaub. Warum ist das so? Weil du offensichtlich Bedürfnisse hast. Von diesen leitet sich jeweils der Bedarf nach einem bestimmten Produkt ab. Dieses Produkt löst dein Problem, bringt dir den erwünschten Nutzen. Und das möglichst zu einem angemessenen Preis. So stellst du dir das jedenfalls vor.
Der einzige Grund, warum du irgendein Produkt oder eine Dienstleistung in Anspruch nimmst – der einzige Grund warum du dich dazu entschließt, ein Projekt, eine Partei oder eine Bürgerinitiative zu unterstützen, lautet immer: Du versprichst dir einen Nutzen davon.
Du hast genug davon, zu frieren, und denkst: »Ich bräuchte bis zum Winter eine neue Heizungsanlage.« Gleichzeitig werden dir zwei Dinge bewusst: »Das wird wohl erstens nicht gerade billig, und zweitens habe ich keine Ahnung von Heizungsanlagen.«
Trotzdem bist du wild entschlossen, das Projekt »warme Füße« anzugehen. Damit beginnt deine Karriere als Käufer. Dein Ziel ist klar: Du willst eine Lösung für dein Problem. Und du willst dabei nicht »über den Tisch gezogen« werden. Dabei wünschst du dir auf dem Weg zum Kaufvertrag einen Begleiter, der dich kompetent und bedarfsorientiert informiert. Optimalerweise ein Mensch, dem du vertrauen kannst. Der dir hilft, am Ende die richtige Entscheidung zu treffen.
- Denk mal
Welches größere Kaufprojekt steht bei dir an? Welche konkrete Hilfestellung wünschst du dir dafür?
- Mach mal
Visualisiere fünf Situationen unterschiedlicher Dringlichkeit, in denen du in der Rolle eines Käufers warst. Was hast du dabei gefühlt?
1.2 Der Käufer 2.0
Der Fortschritt lebt vom Austausch des Wissens.
—Albert Einstein
Stell dir weiter vor: Du bist nicht nur ein Käufer, sondern ein »Käufer 2.0« – kennst dich also im Internet aus. Seit das Internet zum Mitmach-Web, zum Web 2.0, wurde, bist du als Konsument viel mündiger geworden. Rund um die Uhr kannst du dich über das gewünschte Produkt, die benötigte Dienstleistung, seinen Hersteller bzw. Anbieter, seine Geschichte und seine Anwendung informieren. Spielend kannst du verschiedene Produkt-Alternativen samt ihrer Preise miteinander vergleichen.
Du lernst alles über die Vor- und Nachteile spezifischer Anwendungen. Es gibt viele Gratis-Berater im Netz: Anwender, die in Blogs, Foren und auf Videoportalen von ihren Erfahrungen mit einem Produkt berichten. So weißt du schnell, was die Knackpunkte sind. Du erfährst, wovon du besser die Finger lässt. Deine Käufer-Kompetenz beinhaltet inzwischen auch die Fähigkeit, die im Netz verfügbaren Informationen und ihre Quellen auf ihre Seriosität hin einzuschätzen.
Trotz dieser Vorabinformationen bleiben noch Fragen offen. Doch diese haben es in sich. Was du jetzt ganz bestimmt nicht brauchen kannst, ist ein Verkäufer, der »sein Programm abspult«. Du brauchst jemanden, der zunächst erkennt, wo du gerade stehst, welchen Informationsstand du hast. Jemanden, der dich dafür lobt, wie gut du dich schon auskennst, und deine Wissens-Lücken mit kompetenter Gelassenheit auffüllt. Dieser Mann, diese Frau wird das Geschäft machen.
- Denk mal
Wie hat sich dein Verhalten beim Einkaufen in den letzten Jahren verändert?
- Mach mal
Erinnere dich an alte Zeiten ohne Internet. Notiere einmal, wie man »damals« vorging, um eine größere Anschaffung zu machen.
1.3 Jeder ist Verkäufer
Ich bin der schlechteste Verkäufer der Welt – darum muss ich es den Kunden einfach machen, bei mir zu kaufen.
—Frank W.W. Woolworth
Jeder von uns – ob Firmenchef, Freiberufler oder Arbeitnehmer – ist Verkäufer eines Produkts, einer Dienstleistung oder auch einer Idee. Der eine verkauft Heizungsanlagen, der andere Urlaubsträume. Mancher verkauft seine Arbeitskraft, seine Fertigkeiten oder Leistungsbereitschaft. Wieder andere »verkaufen« politische oder gesellschaftliche Ideen und Möglichkeiten zum Engagement. Oder du verkaufst einem potenziellen Lebenspartner den Traum von einem gemeinsamen Familienleben. Das mag unromantisch klingen, doch letztlich will man den anderen auch hier zum »Zugreifen« bewegen. Also bist auch du ein Verkäufer.
Was willst du als Verkäufer? Na klar: Verkaufen. Du willst möglichst viele Heizungsanlagen, Autos, Häuser, Geldanlagen an den Mann und an die Frau bringen. Du willst, dass sich deine Idee durchsetzt, dass deine Arbeitskraft gefragt ist. Und was hast du davon? Einkommen, Anerkennung, Zukunftssicherheit ...
Du folgst Verkaufs- oder Umsatzzielen. Wenn du zu wenig verkaufst, stehst du schlecht da – vor deinem Chef, deinen Kollegen, deinen Kunden, deiner Familie oder vor dir selbst.
Letztlich ist die Fähigkeit, gut zu verkaufen, die Grundlage deines Erfolgs. Also hast du gelernt, zu überzeugen und für dein Produkt zu begeistern. Wenn ein Kunde einen Bedarf signalisiert, willst du einen Abschluss. Koste es, was es wolle. Und besser, der Kunde kauft bei dir als beim Wettbewerb.
- Denk mal
In welchen Bereichen deines Lebens versuchst du, etwas zu »verkaufen«?
- Mach mal
Was waren deine drei größten Verkaufserfolge im letzten Jahr? Analysiere, was sie charakterisiert. Was haben sie gemeinsam?
1.4 Die alte Verkaufslogik
Es ist nicht die stärkste Spezie, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.
—Charles Darwin
Achtung: Der Käufer hat sich weiterentwickelt. Sein Einkaufsverhalten hat sich dramatisch verändert. Damit ändert sich in der Folge auch das Anforderungsprofil an den Verkäufer. Kennst du noch die alten Verkäufer-Haudegen? Gehörst du vielleicht selber zur Truppe der Verkaufs-Dinosaurier? Seit Jahrzehnten arbeiten sie nach den in Urzeiten erlernten Mustern. Sie dominieren ihre Kunden, versuchen, sie zu überrumpeln, zum Abschluss zu überreden. Beim Verkaufen haben sie den Beißreflex eines Bullterriers.
Die tatsächlichen Bedürfnisse des Kunden übergehen sie mit kaltschnäuziger Ignoranz. Sie sehen ihn geradezu als Feind, den es zu überwältigen gilt. Bestenfalls als williges Opfer, dem sie nach Belieben alles Mögliche aufschwatzen können. Hauptsache teuer, überflüssig, aber provisionsträchtig. Sie präsentieren sich gern als besser- oft sogar als allwissend. Geschickt drängen sie ihre Opfer am Ende zum Abschluss, zur lukrativen Unterschrift.
»Einwandsbehandlung« und »Abschlusstechnik« sind die Waffen, an denen sie ausgebildet wurden und die sie mit verbundenen Augen beherrschen. Umsatz ist ihr Fetisch und einziger Gradmesser ihres Erfolgs. Und so definieren und verstehen sie sich als Top-Verkäufer. Wer etwas verkaufen kann, was keiner offensichtlich braucht, der gehört zur Crème de la Crème, zur Verkäufer-Elite schlechth...