Martin Heidegger: Sein und Zeit
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Martin Heidegger: Sein und Zeit

Thomas Rentsch, Thomas Rentsch

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Martin Heidegger: Sein und Zeit

Thomas Rentsch, Thomas Rentsch

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Ohne Martin Heideggers Sein und Zeit von 1927 lĂ€sst sich weder die Philosophie des 20. Jahrhunderts noch die philosophische Gegenwartsdiskussion verstehen. Wie kam es, dass sein innovativer Zugang zur Welt und zur menschlichen Existenz, sein neues VerstĂ€ndnis von Zeit und Geschichte, Sorge und Tod, AlltĂ€glichkeit und Verstehen sowie seine grundsĂ€tzliche Kritik an traditioneller Ontologie und Bewusstseinsphilosophie bereits die erste SchĂŒlergeneration zu wegweisenden EntwĂŒrfen inspirierte? Warum blieb das Werk Fragment? Wodurch ermöglichte es dennoch Rezeptionen, die bis in die Gegenwart Epoche machen? Wie konnte das Werk seine tiefgreifenden Wirkungen auf ev. wie kath. Theologie, auf Psychologie und Literaturwissenschaft ausĂŒben? Schließlich: Wie verhĂ€lt sich Heideggers spĂ€teres Denken zu Sein und Zeit?

Die einzigartige Zwischenstellung von Sein und Zeit zwischen Ontologie, Transzendentalphilosophie, PhĂ€nomenologie, Existenzanalyse und Hermeneutik sowie die kontroverse Interpretationsgeschichte machen eine grĂŒndliche einfĂŒhrende Kommentierung unverzichtbar. FĂŒr die vorliegende 3. Auflage des renommierten Bandes wurden die BeitrĂ€ge auf den neuesten Stand der internationalen Heidegger-Forschung gebracht.

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Information

Publisher
De Gruyter
Year
2015
ISBN
9783110387124
Jean Grondin

1 Die Wiedererweckung der Seinsfrage auf dem Weg einer phĂ€nomenologisch-hermeneutischenDestruktion (§§ 1–8)

„Wir nehmen ,Sein und Zeit‘ als den Namen fĂŒr eine Besinnung, deren Notwendigkeit weit hinausliegt ĂŒber das Tun eines Einzelnen, der dieses Notwendige nicht ,erfinden‘, aber auch nicht bewĂ€ltigen kann. Wir unterscheiden daher die mit dem Namen ,Sein und Zeit‘ bezeichnete Notwendigkeit und das so betitelte ,Buch‘ (,Sein und Zeit‘ als Name fĂŒr ein Ereignis im Seyn selbst. ,Sein und Zeit‘ als Formel fĂŒr eine Besinnung innerhalb der Geschichte des Denkens. ,Sein und Zeit‘ als Titel einer Abhandlung, die einen Vollzug dieses Denkens versucht).“1
Die Einleitung zu Sein und Zeit ist die EinfĂŒhrung in ein Werk, das wir nicht kennen. Sie versteht sich tatsĂ€chlich als die EinfĂŒhrung zu einem Buchprojekt, aus dem „nur“ 2 Sechstel vorliegen. Zeitgenossen, wenn nicht Heidegger selbst, erwarteten lange die versprochenen Teile, aber das Werk behielt hartnĂ€ckig – gleichsam als Dokument eines lehrreichen Scheiterns – seinen „fragmentarischen“ Charakter. Gewiß kann man versuchen, und es wurde nicht selten getan, die Intentionen der fehlenden Teile zu rekonstruieren.2 Aber das Buch ist – trotz seiner faszinierenden 437 Seiten, die es zu einem der Hauptwerke der philosophischen Literatur des 20. Jahrhunderts werden ließen – faktisch ein Torso geblieben. In die Entstehungsphase des Werkes bietet allein die Einleitung einen gewissen Einblick. Als solche ist sie bereits der erste Kommentar zum faktisch vorhandenen Werk.
In ihr treten auch Schwerpunkte in Erscheinung, die im gedruckten Werk eher unterbelichtet erscheinen. Das gilt ganz besonders fĂŒr die Seinsfrage. Das veröffentlichte Werk (das heißt die Fundamentalanalyse des Daseins) wollte sie gewiß vorbereiten, ließ sie aber unentfaltet. Das verblĂŒffte bereits viele Zeitgenossen: das Buch schien viel mehr vom menschlichen Dasein als vom Sein selbst zu handeln, sei also mehr „Existenzphilosophie“ als Ontologie. Heidegger beeilte sich, darin ein MißverstĂ€ndnis und eine VerkĂŒrzung zu sehen, war aber meist redlich genug, einzusehen, daß er bzw. das „fragmentarisch“ gelassene Werk daran schuld war. So mochte er bedauert haben, den geschriebenen 3. Teil trotz seiner MĂ€ngel nicht doch veröffentlicht zu haben, um wenigstens die von ihm angestrebte Richtung anzuzeigen.3 Dieses Bedauern wird man jedoch relativieren dĂŒrfen: Wenn die vierzig Seiten der Einleitung es nicht vermocht haben, die erwĂŒnschte Richtung anzumahnen, wĂ€re in einem fehlenden Teil schwerlich eine völlig andere Perspektive zu Tage getreten. Es sieht beinahe so aus, als wĂ€re sich Heidegger erst wĂ€hrend der Niederschrift seines Werkes des vollen Gewichtes der Seinsfrage, die seine Lebensfrage werden sollte, bewußt geworden. Auch wenn sie sich als BeitrĂ€ge zu einer „Geschichte der Ontologie und Logik“ verstanden, hielten Heideggers programmatische PhĂ€nomenologische Interpretationen zu Aristoteles von 1922 noch fest: „Der Gegenstand der philosophischen Forschung ist das menschliche Dasein als von ihr befragt auf seinen Seinscharakter“.4 Der Seinscharakter des Daseins, also nicht unbedingt das Sein als solches stand 1922 im Mittelpunkt. Die Einleitung von 1927 wird zuweilen denselben Eindruck vermitteln, aber den Akzent doch stĂ€rker auf die Seinsfrage und ihre Vergessenheit legen. Diese Akzentuierung werden die spĂ€teren Arbeiten und die Uminterpretationen von Sein und Zeit noch verschĂ€rfen. Sein und Zeit – und selbst dieser Titel entstand, als die Arbeit beendet war – markiert damit eine Wegscheide. Das gilt erst recht fĂŒr die Einleitung. Sie ist emblematisch fĂŒr Heideggers Denkweg, insofern sie sich unterwegs zur Seinsfrage weiß, ohne je an ein Ende gekommen zu sein, als sei hier das Unterwegssein das Entscheidende.
DafĂŒr ist die Einleitung sehr systematisch angelegt. Heidegger ist vielleicht nirgendwoanders so systematisch gewesen wie in ihr. Ein erstes Kapitel verteidigt eindrucksvoll, aber zugleich provokativ die „Notwendigkeit, Struktur und [den] Vorrang der Seinsfrage“ (§§ 1 bis 4). Aus der Evidenz dieser wiedergewonnenen Frage heraus entwickelt ein zweites Kapitel die Doppelaufgabe der Werkes, die einer „ontologischen Analytik des Daseins“ (§ 5) und einer „Destruktion der Geschichte der Ontologie“ (§ 6), die die Zweiteilung des Werkes nach sich zieht. Aus dieser Doppelaufgabe fließt auch die phĂ€nomenologische (und hermeneutische) Methode (§ 7) des Werkes und dessen Plan (§ 8). Kein Zweifel: die Einleitung bietet eine kondensierte Fassung des gesamten Konzeptes von Sein und Zeit. Es ist aber die einzige Spur eines Werkes, das es als solches nicht gibt. Die Einleitung ist Sein und Zeit in nuce, aber in vielem wegweisender als das Werk selbst. Wir folgen der Zweiteilung der Einleitung, indem wir zunĂ€chst den Sinn der Seinsfrage und alsdann die vielfache Aufgabe des Werkes aufrollen.

1.1 Der Sinn der Seinsfrage

Die Seinsfrage ist heute in Vergessenheit geraten, proklamiert die erste Zeile von Sein und Zeit. Es ist 1927 vielleicht nicht ganz klar, ob dieses Vergessen ein Versehen oder, wie der spĂ€te Heidegger betonen wird, eine Notwendigkeit darstellt (in diese Richtung weisen jedoch bereits Andeutungen der Einleitung – (6; 36) –, auf die wir zurĂŒckkommen). Der spĂ€te Heidegger wird nĂ€mlich die Seinsfrage zunehmend als eine solche charakterisieren, die das abendlĂ€ndische Denken nicht bzw. nicht zureichend gestellt hat oder hat stellen können, so daß das VersĂ€umnis der Seinsfrage zur Signatur der abendlĂ€ndischen Ontologie werden wird. Auch wenn es gegen diese Vergessenheit anrennt, malt Sein und Zeit ein etwas weniger dĂŒsteres Bild aus. Die Frage, behauptet er, habe nĂ€mlich bereits „das Forschen von Plato und Aristoteles in Atem gehalten“, um erst von da an zu verstummen (2). Daß diese Frage das antike Philosophieren, wie es auch heißt, „in die Unruhe trieb“, ist ĂŒbrigens eine historisch diskutable Sache. Daraus geht jedenfalls hervor, daß es Heidegger in der Einleitung doch um die Wiedergewinnung einer verstummten Frage geht. Auch wenn das Buch und die Einleitung historisch ansetzen, mit Plato und Aristoteles, werden sie im allgemeinen mit historischen Nachweisen eher zurĂŒckhaltend sein (die zweifelsohne im zweiten, historisch destruierenden Teil breiter ausgefĂŒhrt worden wĂ€ren). Die Einleitung will zunĂ€chst in systematischer Absicht die Notwendigkeit der Seinsfrage erweisen. Wie argumentiert Heidegger?
Der erste Paragraph, der diese Notwendigkeit nahelegen will, muß als ein erster Anlauf betrachtet werden, ĂŒber dessen Grenzen sich Heidegger auch bewußt war (da er sie wenige Seiten spĂ€ter auch vermerkte). In Wahrheit soll diese „Notwendigkeit“ allein aus dem spĂ€ter erörterten Vorrang der Seinsfrage, ja aus dem Ganzen von Sein und Zeit, wenn nicht aus Heideggers gesamtem Opus hervorgehen. Es ist ĂŒberhaupt schwer, eine solche Notwendigkeit in wenigen einleitenden Seiten darzutun. Deshalb genießen diese ersten Seiten nur eine „protreptische“, das heißt eine zur Frage hinleitende Funktion. Denn Heidegger begnĂŒgt sich dort weitgehend damit, gĂ€ngige, in dieselbe Richtung gehende Vorurteile ĂŒber die „Unnötigkeit“ der Seinsfrage namhaft zu machen, wobei er sich – ob ironisch oder mit vollem Ernst, ist nicht immer auszumachen – an der herkömmlichen Definitionslogik, aber auch an der ihm nĂ€her liegenden ontologischen Tradition von Aristoteles bis Thomas von Aquin orientiert: 1) Das Sein sei der allgemeinste Begriff (und folglich der Erörterung unbedĂŒrftig); 2) Es sei zudem (aber als Konsequenz aus dem ersten Vorurteil) undefinierbar; 3) Es sei schließlich auch der selbstverstĂ€ndlichste Begriff, verstehe ihn doch jeder ohne weiteres. Alle drei Vorurteile sollen von einer ausdrĂŒcklichen Thematisierung der Seinsfrage abhalten. So einfach ist das nicht, suggeriert nun Heidegger, ohne wohlgemerkt die GĂŒltigkeit der Vorurteile entschieden in Abrede zu stellen. Die Allgemeinheit, macht er erstens geltend, schließe nicht ein, daß der Seinsbegriff „der klarste und aller weiteren Erörterung unbedĂŒrftig“ (3) sei. Das stimmt, aber es demonstriert allein nicht die Notwendigkeit einer solchen Erörterung. Zweitens dispensiere die Undefinierbarkeit nicht von der Frage nach dem Sinn des Seins, sondern fordere sie gerade heraus. Dies mag auch sehr wohl sein, aber Heidegger weicht damit der Frage aus, inwiefern eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Seins, die die Einleitung in Aussicht stellt, auf keinen Fall doch so etwas wie eine ,Definition‘ im weiten Sinne wĂ€re. Die dritte Erwiderung wird die Diskussion wenig spĂ€ter weiterbringen: Ein selbstverstĂ€ndlicher Begriff könne doch Indiz eines nur selbstverstĂ€ndlich gewordenen Tatbestandes sein, den es kritisch zu hinterfragen gilt. Unvermeidlich wird man dabei an Hegels berĂŒhmtes Wort in der PhĂ€nomenologie des Geistes denken: „Das Bekannte ĂŒberhaupt ist darum, weil es bekannt ist, nicht erkannt“.
Ist aber damit die „Notwendigkeit“ der Seinsfrage – im starken Sinne – wirklich erwiesen? Der Schluß, den Heidegger aus seiner knappen Diskussion zieht, geht wohl zu weit: „Daß wir je schon in einem SeinsverstĂ€ndnis leben und der Sinn von Sein zugleich in Dunkel gehĂŒllt ist, beweist die grundsĂ€tzliche Notwendigkeit, die Frage nach dem Sinn von ,Sein‘ zu wiederholen.“ (4). Das geht zu weit, weil das doch von sehr vielen, wenn nicht von allen Begriffen gilt: Wir leben doch alle in einem gewissen VerstĂ€ndnis von Kunst, vom Guten, vom Gerechten, von Liebe, von Vaterschaft, usw., dessen Sinn auch etwas dunkel ist, ohne daß damit die absolute Dringlichkeit einer philosophischen Frage nach ihnen demonstriert worden wĂ€re. Wieso ausgerechnet das Sein? Bislang spricht fĂŒr ihre Notwendigkeit allein, wie Heidegger spĂ€ter auch zugeben wird (8), die „EhrwĂŒrdigkeit ihrer Herkunft“ und das „Fehlen einer bestimmten Antwort“. Die Notwendigkeit der Seinsfrage wird damit nicht mehr als suggeriert, zumal die ehrwĂŒrdige Tradition der Ontologie, wie man spĂ€ter in Erfahrung bringen wird, einer Destruktion unterzogen werden kann! Die weiteren Erörterungen ĂŒber die Struktur und vor allem den Vorrang der Seinsfrage werden diese Notwendigkeit auch einsichtiger machen helfen.
Die Reflexionen ĂŒber deren Struktur (§ 2) packen die Seinsfrage zunĂ€chst auch nicht direkt an, da sie sich von der Struktur einer jeden Frage her legitimieren lassen. Heidegger greift hier auf Erörterungen ĂŒber die Struktur des Fragens zurĂŒck, die er gelegentlich in seinen Vorlesungen vorgetragen hatte.5 Diese Struktur hat den Vorteil, die bislang etwas unspezifisch erscheinende Seinsfrage und damit den Gang der Heideggerschen Untersuchung zu gliedern. Heideggers Erörterungen werden auch besonders viel Wert auf die hier zu gewinnende Durchsichtigkeit legen.
Im Fragevollzug lassen sich nach Heidegger ein Gefragtes (wonach im allgemeinen gefragt wird), ein Befragtes (bei wem angefragt wird) und ein Erfragtes (das Intendierte) unterscheiden. Gefragt wird ganz allgemein nach dem Sein. Das Sein, fĂŒhrt Heidegger aus, ist aber das Sein des Seienden, muß also vom Seienden unterschieden werden. Damit „praktiziert“ Heidegger die „ontologische Differenz“ von Sein und Seiendem, die als solche erst in den Schriften unmittelbar nach Sein und Zeit thematisch und zentral werden wird. Sie ist aber bereits in den ersten Seiten von Sein und Zeit prĂ€sent – und noch bevor das Dasein als solches eingefĂŒhrt wird. Diese Unterscheidung impliziert fĂŒr Heidegger vor allem, daß sich das Sein nicht durch die auf das Seiende zugeschnittenen Begrifflichkeit fassen lĂ€ĂŸt. Das Sein fordert nĂ€mlich „eine eigene Aufweisungsart, die sich von der Entdeckung des Seienden wesenhaft unterscheidet“, „verlangt“ also „eine eigene Begrifflichkeit“ (6). LĂ€ĂŸt sich die Begrifflichkeit fĂŒr und das gĂ€ngige Sprechen ĂŒber das Seiende terminologisch als „ontisch“ bezeichnen, wird die Rede vom Sein rein „ontologisch“ sein mĂŒssen. Die programmatische Trennung zwischen der ontologischen und der ontischen Ebene lĂ€ĂŸt sich nicht als die von zwei strikt voneinander geschiedenen Regionen fassen, weil dies wiederum zu „ontisch“ gedacht wĂ€re. Trotz ihres unmittelbar einleuchtenden Charakters birgt die von Heidegger praktizierte ontologische Differenz enorme RĂ€tsel in sich. Heidegger wird sich nĂ€mlich bis zum Ende seines Denkweges fragen, ob es so eine „ontologische“ Redeweise ĂŒberhaupt gibt und immer neue Möglichkeiten erproben, darunter die der Dichtung und des Schweigens, um das Sein hörbar werden zu lassen. Diese RĂ€tsel wohnen aber bereits der Einleitung zum Hauptwerk inne. Denn die dort konstruierte Seinsfrage bleibt auf das „Seiende“ auf zweifache Weise angewiesen: Zum einen besagt Sein immer Sein des Seienden (spĂ€ter wird Heidegger gelegentlich das Sein noch schĂ€rfer vom Seienden unterschieden wissen wollen 6), zum anderen wendet sich die Frage nach dem Sein an ein spezifisches Seiendes. Dieses Seiende, das das „Befragte“ in der Fragestruktur buchstĂ€blich verkörpert, ist nĂ€mlich das Seiende, das wir selber sind und das Heidegger terminologisch als Dasein fixiert. Damit fĂ€llt Heideggers wichtigster und berĂŒhmtester Terminus fĂŒr die Weise, in der er den Menschen anspricht. Unter Dasein soll man also zunĂ€chst gleichsam nur so viel hören wie: „Da [ist das] Sein“. Da Sein „da“ und nur da ist, wird dieses Dasein auf sein Sein hin (ab)gefragt werden mĂŒssen. Die Frage nach dem Sein wird also den „Umweg“ bzw. den Königsweg einer Herausstellung des Seins des Daseins einschlagen mĂŒssen.
Wie ist aber Sein „da“ im Dasein? In einem gewissen „SeinsverstĂ€ndnis“, antwortet Heidegger konsequent. Wir „bewegen uns immer schon in einem SeinsverstĂ€ndnis“ (5). Diese allgemeine, aber vage Seinsorientierung oder -vertrautheit wird Heideggers Leitfaden und das eigentliche „Befragte“ seiner Fragestellung werden. Das Ziel seiner Untersuchung (das Erfragte also) wird es somit sein, den Sinn dieses so verstandenen (und gekannten) Seins zu ermitteln, um gleichsam dieses VerstĂ€ndnis zu einem besseren VerstĂ€ndnis seiner selbst zu bringen. Heideggers AusfĂŒhrungen machen auch völlig klar, was dabei angestrebt ist. Es geht bei der Frage nach dem Sinn von Sein nicht etwa um den „Sinn des Lebens“ (so sehr dies auch mitanklingen mag), sondern um die begriffliche Herausstellung des Sinnes dessen, was unter „Sein“ vage und durchschnittlich verstanden wird. Das unter Sein Verstandene soll zur Transparenz, zur begrifflichen „Durchsichtigkeit“, zur „AufklĂ€rung“ gebracht werden. „Aus der Helle des Begriffes“ (6) sollen schließlich, verkĂŒndet Heidegger, die Weisen des durchschnittlichen SeinsverstĂ€ndnisses und die seiner Verdunkelung (womit angedeutet ist, daß das VersĂ€umnis der Seinsfrage alles andere als ein zu berichtigendes Versehen ist) erklĂ€rt werden. Damit scheint das Ziel der Fragestellung Heideggers deutlich abgesteckt zu sein: die Aufhellung des Sinnes von „S...

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