Nachhaltiges Lieferkettenmanagement
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Nachhaltiges Lieferkettenmanagement

Von der Strategie zur Umsetzung

Martin Müller, Sara Siakala

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  1. 207 pages
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Nachhaltiges Lieferkettenmanagement

Von der Strategie zur Umsetzung

Martin Müller, Sara Siakala

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Die Publikation richtet sich an Unternehmen aller Branchen und Größen, die ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement etablieren möchten. Angefangen bei der Entwicklung einer Strategie bis hin zur konkreten Umsetzung wird dargelegt, welche Aspekte hierbei zu beachten sind. An den Informationen und Anleitungen können sich sowohl Unternehmen orientieren, die bereits erste Ansätze eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements etabliert haben, als auch Unternehmen, die am Anfang des Aufbauprozesses stehen. Das Buch fasst Erkenntnisse aus wissenschaftlichen und praxisorientierten Publikationen sowie Interviews mit Expertinnen und Experten aus der Wirtschaft, Wissenschaft und NGOs zusammen. Um zugleich der Komplexität des Themas wie auch den zeitlich knappen Ressourcen eines Praktikers gerecht zu werden, besteht jedes Kapitel aus ausführlichen Beschreibungen sowie einer kurzen, stichpunktartigen Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte. Mit Hilfe der Zusammenfassungen können sich Praktiker in kurzer Zeit einen Überblick über das Thema verschaffen. Um aufzuzeigen, welche Ansätze in der Praxis bereits umgesetzt werden, enthält diese Publikation zahlreiche Beispiele von Vorreitern auf dem Gebiet des nachhaltigen Lieferkettenmanagements (u.a. von BMW, Adidas, Merck und der Responsible Business Alliance).
Das Buch richtet sich an Personen, die im Unternehmen für die nachhaltige Gestaltung der Lieferkette verantwortlich sind bzw. sich in diesem Bereich fundiertes Fachwissen aufbauen möchten.

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Information

Year
2019
ISBN
9783110648690
Edition
1

1 Einleitung

Unternehmen fokussieren sich heutzutage verstärkt auf ihre Kernkompetenzen und lagern Aktivitäten, die nicht zu diesen gehören, aus (Ageron et al., 2012). Outsourcingraten von bis zu 80 Prozent führen dazu, dass immer mehr Verantwortung an externe Lieferkettenteilnehmer übertragen wird (Wellbrock und Ludin, 2019). Mit dem erhöhten Outsourcing ist die Anzahl der Unternehmen, die in einer typischen Lieferkette involviert ist, deutlich gestiegen (Müller und Seuring, 2007). Darüber hinaus haben sich die Lieferbeziehungen zwischen Unternehmen durch die Globalisierung weltweit vernetzt (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Wirtschaft, Bau und Reaktorsicherheit und Umweltbundesamt, 2017). Durch die globale Arbeitsteilung hat bereits das konventionelle Lieferkettenmanagement eine beachtliche Bedeutungssteigerung erfahren (Gold und Seuring, 2012). Hinzu kommt, dass Unternehmen in Bezug auf die Sicherstellung hoher sozial-ökologischer Standards in der Lieferkette mit schärferen rechtlichen Anforderungen sowie mit steigenden Erwartungen seitens Verbrauchern, B2B-Kunden, Investoren und der Zivilgesellschaft im Allgemeinen konfrontiert werden.1,2 All diese Veränderungen führen dazu, dass die Bedeutung eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements (Sustainable Supply Chain Management, kurz SSCM) steigt. Bouchery et al. (2017) argumentieren, dass es für ein Unternehmen zunehmend unerlässlich wird, die ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimensionen seiner Lieferkette nicht nur zu kennen, sondern proaktiv zu überprüfen und zu managen.
Ziel dieses Buches ist es aufzuzeigen, wie ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement im Unternehmen etabliert werden kann. Hierin sehen wir die Chance, dass Unternehmen nicht nur selbst in vielfältiger Weise profitieren, sondern zudem einen darüberhinausgehenden gesellschaftlichen Beitrag leisten. Lieferketten repräsentieren, wie United Nations Global Compact (2015, S. 3) feststellt, „einen der wichtigsten Hebel für Unternehmen, um einen positiven Beitrag in der Welt zu leisten“.3

1.1 Vorgehensweise des Buches

Die Publikation richtet sich an Unternehmen aller Branchen und Größen, die ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement etablieren möchten. Angefangen bei der Entwicklung einer Strategie bis hin zur konkreten Umsetzung wird dargelegt, welche Aspekte hierbei von zentraler Bedeutung sind. Die Informationsaufbereitungen und Handlungsanleitungen beruhen auf der Annahme, dass das nachhaltige Lieferkettenmanagement neu im Unternehmen eingeführt wird. Unsere Darlegungen bieten allerdings nicht nur Orientierung für Unternehmen, die ganz am Anfang des Aufbauprozesses stehen, sondern ebenfalls für Unternehmen, die bereits ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement etabliert haben.
Das Buch ist zwar nicht als Lehrbuch konzipiert, bietet jedoch zusätzlich zur primären Zielgruppe der Unternehmen auch Studenten von Universitäten und Fachhochschulen eine wichtige Informationsgrundlage.
Das Buch fasst Erkenntnisse aus wissenschaftlichen und praxisorientierten Publikationen sowie Interviews mit Experten aus der Wirtschaft, Wissenschaft und NGOs zusammen. Im Fokus dieses Buches steht die Relevanz für die Praxis. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden daher nicht tiefgründig diskutiert, sondern dienen allenfalls als Basis beziehungsweise Ergänzung für praxisorientierte Informationen. Um aufzuzeigen, welche Ansätze von Unternehmen umgesetzt werden, enthält diese Publikation zahlreiche Praxisbeispiele von Vorreitern auf dem Gebiet des nachhaltigen Lieferkettenmanagements. Die Praxisbeispiele beruhen auf internen und/oder veröffentlichten Vorgaben und Verfahrensbeschreibungen sowie auf Angaben von Nachhaltigkeitsexperten der jeweiligen Organisationen, die im Zuge der Bucherstellung im Rahmen von Interviews und/oder (persönlichen) Absprachen gemacht wurden.
Um zugleich der Komplexität des Themas wie auch den zeitlich knappen Ressourcen eines Praktikers gerecht zu werden, besteht jedes Kapitel aus ausführlichen Beschreibungen sowie einer kurzen, stichpunktartigen Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte (siehe hierzu Zusammenfassungsverzeichnis). Mit Hilfe der Zusammenfassungen können sich Praktiker in kurzer Zeit einen Überblick über das Thema verschaffen.
Ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement umfasst grundsätzlich sowohl die vor- als auch die nachgelagerte Lieferkette. Der thematische Fokus dieses Buches wird auf die vorgelagerte Lieferkette eingegrenzt. Im Mittelpunkt stehen folglich nicht Händler, Konsumenten oder die Verwertung, sondern die Zulieferer von Unternehmen. Dabei werden nicht nur Zulieferer adressiert mit denen ein Vertragsverhältnis besteht (Tier-1-Lieferanten), sondern alle Unterlieferanten bis zum Beginn der Lieferkette. Das Buch befasst sich hierbei nicht mit der Frage welche Produkte und/oder Dienstleistungen beschafft werden, sondern wie Produkte und/oder Dienstleistungen beschafft werden.4 Die Fokussierung dient lediglich der thematischen Eingrenzung und stellt keine Wertung dar in Bezug auf die Bedeutung darüberhinausgehender Handlungsfelder.
Im Rahmen des Buches basiert der Begriff „nachhaltige Beschaffung“ auf dem Verständnis der United Nations (2012) und wird wie folgt definiert:
Traditionelle Beschaffung fokussiert sich auf Preis-Leistungs-Verhältnis-Überlegungen. Das Ziel und die Herausforderung von nachhaltiger Beschaffung ist die Integration von ökologischen und sozialen Überlegungen in den Beschaffungsprozess, mit dem Ziel negative Auswirkungen auf die Gesundheit, soziale Konditionen und die Umwelt zu reduzieren, dadurch wertvolle Kosten für öffentliche Organisationen und die Gesellschaft im Allgemeinen zu sparen.5
Bei der Etablierung einer nachhaltigen Beschaffung sind aus unserer Sicht insbesondere zehn Aspekte von zentraler Bedeutung. Zuallererst ist es wichtig den Fokus darauf zu legen, nachteilige Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu identifizieren, zu priorisieren und mit geeigneten Maßnahmen zu verhüten und zu mindern. Um entscheiden zu können, welche Maßnahmen mit welcher Priorität umgesetzt werden sollen, ist die Entwicklung einer SSCM-Strategie und die Ableitung entsprechender strategischer Ziele wichtig. Bei der Entwicklung der Strategie sollten die Erwartungen und Interessen der wichtigsten internen und externen Stakeholder berücksichtigt werden. Die Etablierung einer nachhaltigen Beschaffung bedarf erheblicher Anpassungen im Unternehmen, so dass die Unterstützung der Unternehmensleitung zwingend erforderlich ist. Die Unterstützung der Unternehmensleitung sollte sich auch widerspiegeln in der Bereitstellung adäquater finanzieller sowie personeller Ressourcen. Wichtig ist ferner, dass Nachhaltigkeit nicht als ein zusätzlicher Faktor neben dem originären Beschaffungsprozess eingeführt wird, sondern einen festen Bestandteil des Beschaffungsprozesses darstellt. Wichtig ist darüber hinaus eine Ausrichtung auf die Erzielung langfristiger positiver Auswirkungen. Das bedeutet auch, den Fokus nicht darauf zu legen, Lieferanten zu sanktionieren, sondern sie zu befähigen, die Nachhaltigkeitsvorgaben dauerhaft einzuhalten. Häufig bestehen die schwerwiegendsten sozial-ökologischen Missstände nicht bei den direkten Zulieferern, sondern in einer weiter vorgelagerten Lieferkettenstufe. Gerade bei der Gewinnung von Primärrohstoffen und damit am Anfang der Wertschöpfung existieren oftmals schwerwiegende sozial-ökologische Defizite. Die Maßnahmen sollten daher möglichst in die gesamte Lieferkette hinein kaskadiert werden. Da die vorgelagerte Lieferkette in der Regel aus komplexen, globalen und intransparenten Lieferantennetzwerken besteht, nimmt die Bedeutung von kooperativen Ansätzen zu. Um Synergieeffekte zu erzielen und dadurch den Aufwand und die Kosten, sowohl auf Seiten der beschaffenden Unternehmen als auch auf Seiten der Lieferanten zu reduzieren, ist darüber hinaus eine Standardisierung der Vorgaben und Verfahren bedeutend.6 Die Relevanz der zehn zentralen Aspekte wird in den einzelnen Kapiteln des Buches an unterschiedlichen Stellen verdeutlicht.
Thematisch aufgeteilt ist das Buch wie folgt: Kapitel 1 gibt zuerst einen Überblick über vier Kernthemenbereiche der unternehmerischen Nachhaltigkeit und konkretisiert anschließend das Thema Verantwortung für die Lieferkette. Kapitel 2 beleuchtet, welche Gründe es für Unternehmen gibt, ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement zu etablieren. In Kapitel 3 wird aufgezeigt, wie man zu einer SSCM-Strategie kommt und daraus nachhaltigkeitsorientierte strategische Ziele für die Lieferkette ableitet. Kapitel 4 befasst sich mit dem Thema Organisation eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements. In Kapitel 5 wird erörtert, wie der Faktor Nachhaltigkeit im Beschaffungsprozess verankert werden kann. Kapitel 6 beschreibt die Absicherung der n‑Tier Lieferkette und Kapitel 7 setzt sich mit dem Thema Kooperationen auseinander. In Kapitel 8 wird die interne und die externe Kommunikation adressiert. Im letzten Teil des Buches, Kapitel 9, folgt eine thematische Schlussbetrachtung.

1.2 Nachhaltigkeitsthemen und Handlungsbereiche

Die Gestaltung einer nachhaltigen Lieferkette schließt grundsätzlich viele unterschiedliche Themenbereiche ein. Um einen Überblick darüber zu geben, welche Handlungsbereiche in den Kernthemen Umwelt, Menschenrechte, Arbeitspraktiken sowie Betriebs- und Geschäftspraktiken bestehen können, fasst Tabelle 1.1 einige zentrale Handlungsbereiche zusammen. Die in Tabelle 1.1 dargelegten Handlungsbereiche sollen lediglich als erste Orientierungshilfe dienen und erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.
Tab. 1.1Nachhaltigkeitsthemen und Handlungsbereiche. Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an ISO 26000 (2011), Social Accountability International (2019), IAO (2019), United Nations Global Compact (2019) und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Wirtschaft, Bau und Reaktorsicherheit und Umweltbundesamt (2017)
Wie in der ISO 26000 (2011) dargelegt, sind alle Kernthemen, nicht jedoch alle Handlungsbereiche für jede Organisation von Relevanz. In Abhängigkeit von der individuellen Situation kann somit die Relevanz der Handlungsbereiche von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich ausfallen. Die Identifizierung derjenigen Handlungsbereiche, die für das eigene Unternehmen wesentlich sind und die Ableitung entsprechender Handlungsprioritäten repräsentiert einen wichtigen Schritt bei der Etablierung eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements und wird im Rahmen der strategischen Analyse (siehe hierzu Kapitel 3) ausführlich beschrieben.

1.3 Verantwortung für die Lieferkette

Der Begriff „Verantwortung“ verweist auf die Praxis des „Für-etwas-Rede-und-Antwort-Stehens“. Im Kern bedeutet dies, sich für X gegenüber Y, unter der Berufung auf Z, zu rechtfertigen. Zentral ist somit der Begriff der Rechtfertigung. Diese Rechtfertigung erfolgt oft mittels einer ethischen Norm. In der Praxis ist der Begriff der Verantwortung laut Ott (1997, S. 254) oftmals ein reiner Zuschreibungsbegriff:
Unter vorausgesetzten Werten, Normen und Prinzipien dient der Begriff der Verantwortung dazu, natürliche oder juristische Personen […] für zurechenbare Handlungen (oder Unterlassungen), die als Normverstöße interpretiert werden können, zur Rechenschaft zu ziehen.
Hier geht es dann nicht um eine ethische Reflexion, sondern darum, dass sich derjenige, dem die Verantwortung zugeschrieben wird – in der Lieferkette oft ein bestimmtes Unternehmen – rechtfertigen muss.
Aufgrund arbeitsteilig organisierter Systeme und der Tatsache, dass Unternehmen in komplexen Wechselbeziehungen operieren, gibt es bei...

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