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Kritische Fremdsprachendidaktik
Grundlagen, Ziele, Beispiele
David Gerlach
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Kritische Fremdsprachendidaktik
Grundlagen, Ziele, Beispiele
David Gerlach
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Das Ziel dieses Sammelbands besteht darin, den Fremdsprachenunterricht durch kritische AnsÀtze wie Critical Literacy oder Critical Pedagogy anzureichern, um das bildungstheoretische Potential beim Lernen und Lehren von Fremdsprachen zu erhöhen. Anhand von unterschiedlichen UnterrichtsgegenstÀnden und -beispielen wird der Frage nachgegangen, wie Fremdsprachenlernen stÀrker pÀdagogisch, sozial und werteorientiert geprÀgt werden kann.
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EinfĂŒhrung in eine Kritische Fremdsprachendidaktik
David Gerlach
If ever there was a time to reconsider the nature and purposes of education and schooling in society â it is now. â Allan Luke (2017)
1. Einleitung
Ungerechtigkeit reproduziert sich selbst. In keinem anderen entwickelten Land ist der Bildungserfolg von SchĂŒlerinnen und SchĂŒlern derart abhĂ€ngig von sozioökonomischen Faktoren wie in Deutschland (vgl. OECD 2016). Zu viele Kinder und Jugendliche in diesem Land gelten als benachteiligt und können so ihr volles Potenzial nicht ausschöpfen. Dies setzt sich fort: Wie sollen diese jungen Erwachsenen dann aufgrund mangelhafter Schulbildung â auch mangels eines Bewusstseins ihres Status â eine individuelle VerĂ€nderung in ihrem Leben bewirken? Wie ist es möglich, dass in einem derart hochentwickelten Land wie Deutschland 6,8 Millionen erwachsene Menschen trotz Schulpflicht nur gering literalisiert sind (vgl. GrotlĂŒschen et al. 2019), vor einigen Jahren gar noch als âfunktionale Analphabetenâ bezeichnet wurden (vgl. GrotlĂŒschen/Riekmann 2012), damit basal-schriftsprachliche Fertigkeiten in ihrem Alltagsleben nicht erfĂŒllen und damit nicht an einer durch Lesen und Schreiben dominierten Gesellschaft teilhaben können?
Was wĂ€re, wenn Schule und Bildung grundsĂ€tzlich auf den Abbau dieser Ungerechtigkeiten fokussieren wĂŒrden? Was wĂ€re, wenn die FĂ€cher basal-schriftsprachliche Schwerpunkte stĂ€rker berĂŒcksichtigen und damit diese Teilhabe wieder ermöglichen? Und was wĂ€re, wenn der Fremdsprachenunterricht mit seinem ihm genuinen Gegenstand â der Fremdheit von Sprache â SchĂŒlerinnen und SchĂŒlern ein Bewusstsein darĂŒber vermittelt, dass Sprache Macht ist und Sprache machtvoll machen kann, dass Sprache Ungleichheit konstruieren, diese aber auch relativieren kann, dass Sprache diskriminieren kann, aber auch davon erlösen kann?
Es scheint gleichsam, als entdecke die internationale Fremdsprachenforschung Grundansichten der PĂ€dagogik, insbesondere der Kritischen PĂ€dagogik, wieder. Man mag diese Wende an zwei Entwicklungen festmachen: Zum einen am social turn in der Angewandten Sprachwissenschaft z.B. auch mit den Arbeiten von Bonny Norton (2000) und â damit eng verbunden â der verĂ€nderten Positionierung von Lernenden als IdentitĂ€ten, die ein investment im Sprachenlernen fĂŒr sich nutzen (vgl. auch Norton 2011, Bonnet 2018). Die Hinwendung zu einer stĂ€rker pĂ€dagogisch orientierten Fremdsprachenunterrichtspraxis geht zudem im Besonderen zurĂŒck auf die 1999 erschienene Schwerpunktausgabe des TESOL Journal, in dem u.a. Alastair Pennycook (1999) sich fĂŒr die BerĂŒcksichtigung kritischer AnsĂ€tze und transformatorischer Bildung im Englisch-als-Zweitsprache-Unterricht ausgesprochen hat. In der Folge ist in den vergangenen zwanzig Jahren tatsĂ€chlich eine Vielzahl fremdsprachendidaktischer Publikationen erschienen â international primĂ€r zu Englisch als Fremd- oder Zweitsprache â, die sich gerade fĂŒr die StĂ€rkung dieses kritischen Elements einsetzen (z.B. Kumaravadivelu 1999/2006, Abednia 2012, Jeyaraj/Harland 2016, Banegas/Villacañas de Castro 2016). Besonders die ohnehin einem eher kritischen Diskurs verpflichteten Ramin Akbari (2008) sowie Graham Crookes (2009/2010/2013) haben in den vergangenen Jahren die Bedeutung der Kritischen PĂ€dagogik und postmoderner Theorien fĂŒr unterschiedliche, fremdsprachenunterrichtliche Kontexte herausgearbeitet. WĂ€hrend sie aufzeigen, dass die BegrĂŒndungslinien fĂŒr den Einsatz von Konstrukten wie der Kritischen PĂ€dagogik (s.u.) in der Vergangenheit primĂ€r fĂŒr erwachsene Fremdsprachenlernende bzw. Migranten und Migrantinnen in anderssprachigen (teils postkolonialen) Kontexten galt und diese ohne eine kritische Perspektive immer auch Subjekte von Benachteiligung waren, betont Crookes (2009) beispielsweise die Notwendigkeit der Disziplin, ein kritisches Bewusstsein im Fremdsprachenunterricht zu fördern. Und zuletzt hat â wieder Pennycook (2018) â unter einer posthumanistischen Brille die Angewandte Linguistik danach befragt, âwhat it means to be humanâ (ebd.: 445).
Nun sollen ihre Ăberlegungen zu den dahinterliegenden theoretischen Konstrukten und ihre praktischen Implikationen in diesem Beitrag und Sammelband fĂŒr den deutschsprachigen Kontext ebenso kritisch beleuchtet werden. Es ist die Frage danach, wie Fremdsprachenunterricht ein kritisches, pĂ€dagogisches Element dynamisch in seine Didaktik integrieren und methodisch umsetzen kann. Es geht â unter anderem â um das Thematisieren und Erkennen von machttheoretischen ZusammenhĂ€ngen, den Abbau von Vorurteilen, Bildung fĂŒr soziale Gerechtigkeit und Demokratieerziehung.
Ziel dieses einleitenden Beitrags soll es daher sein, die folgenden Fragen zu beantworten:
- Welche theoretischen Konzepte und Annahmen können hinter einer Kritischen Fremdsprachendidaktik stehen?
- Welches Potenzial haben aktuell dominierende kritische Konzeptionen und Theorien fĂŒr die Fremdsprachendidaktik?
- Welche methodisch-didaktischen Implikationen haben diese Konzepte und Annahmen fĂŒr den Fremdsprachenunterricht, seine GegenstĂ€nde, Materialien und DurchfĂŒhrung?
Laurenz Volkmann (2010) hinterfragt bereits, ob die Kritische PĂ€dagogik als weitere Baustelle nicht eher den Hochschulbereich angehe, den schulischen Fremdsprachenunterricht jedoch ĂŒberfrachten könnte neben allen anderen Forderungen von der Förderung der funktional-kommunikativen Kompetenzen bis hin zum inter- und transkulturellen Lernen: âWie âdekonstruktivistischâ im ursprĂŒnglichen Wortsinn, also wie âauseinandernehmendâ oder gar alte Wahrheiten destruierend darf der Fremdsprachenunterricht sein?â (ebd.: 15) Meine eigene Argumentation soll bereits in dieser Einleitung beginnen mit einem Mutmachen: âHeute umso mehr!â Durch soziale und politische Verschiebungen dies- und jenseits des Atlantiks, globale und lokale Herausforderungen, die vielbeschriene Politikverdrossenheit, die sich zudem in Wahlen von Extremen Ă€uĂern, darf die Förderung und Emanzipierung kritischer BĂŒrgerinnen und BĂŒrger â und hier vor allem auch system- und institutionenkritischer Heranwachsender â nicht nur Aufgabe von Hochschulen wĂ€hrend des Studiums sein. Die Grundlagen dafĂŒr mĂŒssen bereits im schulischen Unterricht ĂŒber das Herstellen einer kritischen DiskursfĂ€higkeit angelegt werden, gerade vor dem Hintergrund einer offenbar wachsenden politisch-sozialen Bewusstheit junger Menschen und ihrem gestiegenen Interesse, sich gesellschaftlich zu engagieren (Stichwort: Fridays for Future).
Jeder Diskurs oder allein die Auseinandersetzung mit ihm kann dabei â manchmal auf kaum vorhersehbare Weise â fĂŒr einzelne Lernende sozial relevant sein und eine politische und machtbezogene Dimension erhalten. Eine der zentralen Aufgaben der Schule besteht nun darin, Lernende an Diskurse und Praktiken heranzufĂŒhren und ihnen hierdurch die Teilhabe an ihnen â das heiĂt auch: die Teilhabe an der Gesellschaft â zu ermöglichen. (FĂ€cke et al. 2017: 5)
Der Fremdsprachenunterricht mit seinen AnsĂ€tzen und UnterrichtsgegenstĂ€nden, den Zielen und Kompetenzen kann hier bedeutende Impulse liefern, die möglicherweise zunĂ€chst insbesondere ĂŒber lehrer*innenbildende Institutionen in die Schulen hineingetragen werden könnten (vgl. z.B. Abednia 2012 und Gerlach/Fasching-Varner in diesem Band).
2. Ăberlegungen zum aktuellen Stand der Fremdsprachendidaktik
Herbeizurufen, dass die Fremdsprachendidaktik in einer Krise stecke, ist sicherlich ĂŒbertrieben. Allerdings wird die Hauptfrage, der sie bis ans Ende des 20. Jahrhunderts nachgegangen war, nĂ€mlich der, wie Fremdsprachen möglichst effizient gelehrt und gelernt werden können, zunehmend durch andere Konzepte abgelöst. In einem postmethodischen Zeitalter, in dem die funktional-sprachliche Methodenfrage durch die LehrkrĂ€fte eher eklektisch denn durch eine GroĂmethode beantwortet wird (vgl. Bell 2007, Kumaravadivelu 2006), stehen besonders Aspekte interkulturellen (vgl. z.B. Byram 1997, Volkmann 2010) und transkulturellen Lernens (vgl. z.B. Hallet 2002, FĂ€cke 2006) im Vordergrund (vgl. zur Kritik am Konstrukt der interkulturellen Kompetenz: Plikat 2017). Das Erreichen der near-nativeness wurde aufgegeben zugunsten des Ziels, einen intercultural speaker aufzubauen, der mittels einer âfremdsprachlichen DiskursfĂ€higkeitâ (Hallet 2008) bzw. âfremdsprachlichen Diskursbewusstheitâ (Plikat 2017) gesellschaftliche Teilhabe ausĂŒben kann (vgl. Norton 2000/2011). Zudem scheinen verstĂ€rkt auch allgemein-gesellschaftliche bzw. allgemein-pĂ€dagogische Fragestellungen wie Inklusion und Digitalisierung in ihrer Fachlichkeit ausdekliniert zu werden, was sich in Publikationen und Konzeptentwicklungen niederschlĂ€gt. Gleichzeitig kritisiert Pennycook (1990) schon vor dreiĂig Jahren die zunehmend funktionalistisch ausgerichtete Fremdsprachendidaktik mit einer âtrivialization of content and an overemphasis on communicative competenceâ (ebd.: 13).
Es ĂŒberrascht daher nicht, dass zunehmend in internationalen Diskussionen weniger von âlanguage teaching and learningâ sondern stĂ€rker von âlanguage pedagogyâ gesprochen wird (vgl. z.B. Burns/Richards 2012). Dabei gerĂ€t verstĂ€rkt die ursprĂŒngliche Bedeutung des aus dem Altgriechischen stammenden Wortes PĂ€dagogik in den Blick: ein Kind anleiten (pais = Kind, ago = leiten, fĂŒhren). Damit wird zunehmend die Abkehr von einem transmissionsorientierten bzw. sprachlich-funktional ausgerichteten Lehren und Lernen im Fremdsprachenunterricht betont. Vielmehr geht es um die erzieherische sowie transformatorische Rolle, fremdsprachliche Bildungsprozesse anzustoĂen und mittelfristig soziale Ungleichheit abzubauen. Der Fokus im Fremdsprachenunterricht mĂŒsste damit verschoben werden auf eine âlanguage in social contexts that goes beyond mere correlations between language and society and instead raises more critical questions to do with access, power, disparity, desire, difference, and resistanceâ (Pennycook 2001: 5).
Dabei ĂŒberrascht fĂŒr den deutschen Kontext, dass das Konstrukt âBildungâ in einschlĂ€gigen EinfĂŒhrungswerken zur Fremdsprachendidaktik kaum eine Rolle zu spielen scheint (vgl. Sauer 2008). Höchstens im Zusammenhang mit der Förderung einer interkulturellen kommunikativen Kompetenz wird es thematisch (teils nur implizit) verhandelt. Die damit angestrebte ReflexionsfĂ€higkeit, das âFremdverstehenâ (vgl. Bredella/Christ 1995), der nötige Perspektivwechsel und die individuell-identitĂ€r wirksame Positionierung vor dem Hintergrund kultureller (auch literaturdidaktischer) GegenstĂ€nde mögen allesamt einem fremdsprachendidaktischen Bildungsziel entsprechen. Ihre Wirksamkeit muss jedoch hinterfragt werden, wenn bspw. fĂŒr den englischdidaktischen Literaturunterricht attestiert werden muss, dass das Potenzial literarischer Texte nicht selten vernachlĂ€ssigt wird, wenn SchĂŒlerinnen und SchĂŒler Literatur nur als (unkritische) Rezipienten und Rezipientinnen erfahren (vgl. Gardemann in Vorbereitung).
Sehr wohl wohnt den im fremdsprachen-, literatur- und kulturdidaktischen Diskurs besprochenen Konstrukten und Prozessen ein Potenzial inne, âBildung als Transformation grundlegender Figuren des Selbst- und WeltverstĂ€ndnissesâ (Koller 2018: 15) zu konstruieren (vgl. auch Plikat 2017). Allerdings geht es im bildungstheoretischen Diskurs mittlerweile stĂ€rker um die Wahrnehmung von Bildung als ânegativ-reflexiven Prozess der [âŠ] Aufhebung von Selbst- und Welterfahrungsschemata zugunsten neuer und v.a. komplexerer, selbstreflexiver Perspektivenâ (Zirfas/Jörissen 2007: 65). Diese selbstreflexive Perspektive mĂŒsste in ihrer KomplexitĂ€t â neben anderen Aspekten â in meinen Augen ebenso eine Förderung der (fachlich geprĂ€gten) KritikfĂ€higkeit an institutionalisierten Denkweisen und sozial gewachsenen, gesellschaftlichen Strukturen vorsehen. Damit wird sie auch zu einem Gegenstand der (kritischen) Fremdsprachendidaktik.
3. Mögliche Bezugsquellen einer Kritischen Fremdsprachendidaktik
Ganz bewusst wird im Folgenden die Kritische Theorie in der Tradition der Frankfurter Schule als Grundlage fĂŒr die weiteren theoretischen BezĂŒge kurz umrissen. Dabei sollte allerdings anschlieĂend auffallen, dass ich Kritische Erziehungswissenschaft und Kritische PĂ€dagogik voneinander trenne: Unter ersterem Begriff skizziere ich das deutsche VerstĂ€ndnis einer Disziplin, die sich natĂŒrlicherweise stark anlehnt an die Vertreter der Frankfurter Schule, allerdings weitgehend die Diskussionen und EinflĂŒsse auf einer internationalen Ebene, die der Kritischen PĂ€dagogik im Anschluss an Paulo Freire, gleichsam zu ignorieren scheint. Daher bespreche ich beide Bereiche zunĂ€chst getrennt voneinander und versuche sie erst spĂ€ter wieder aufeinander zu beziehen, wenn es um die konkret fremdsprachendidaktisch gedachten Konzepte gehen soll.
DarĂŒber hinaus seien die folgenden Bezugsquellen in zunehmend praxisorientierter Reihenfolge genannt: Von der Kritischen Theorie ĂŒber die Kritische PĂ€dagogik sowie Critical Literacy, die international weitestgehend im Anschluss an die Kritische PĂ€dagogik diskutiert wird, werde ich in GrundzĂŒgen die Annahmen hinter dem (unscharfen) Konstrukt des kritischen Denkens vorstellen. Letzteres ist auch dem Umstand geschuldet, eine gewisse Abgrenzung der anderen Konstrukte zu diesem latent inflationĂ€r verwendeten Konzept zu ziehen, es gleichzeitig aber auch hinsichtlich seiner ProduktivitĂ€t im Hinblick auf fremdsprachendidaktische Fragestellungen zu hinterfragen.
Diese Bandbreite soll es sein, die didaktisch-methodischen Implikationen fĂŒr eine Kritische Fremdsprachendidaktik in AnsĂ€tzen anschlieĂend skizzierbar zu machen.
Kritische Theorie
Obwohl die Kritische Theorie, und hier fĂŒr Deutschland besonders bedeutsam die Frankfurter Schule, immer eine eher marxistisch-sozialkritische Perspektive einnahm, die die selbstbestimmte Autonomie der BĂŒrgerinnen und BĂŒrger betonte und gleichzeitig die nötige kritische Haltung gegenĂŒber (totalitĂ€ren) AutoritĂ€ten, lassen sich aus ihr auch erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse ziehen (vgl. Lehmann 2015). SpĂ€testens mit Adornos Erziehung nach Ausschwitz (1971a) wird die Bedeutung einer soziologisch-kritischen Perspektive auf Bildung und Erziehung im Nachkriegs-Deutschland zentral gestellt, in der Hoffnung, totalitĂ€re und faschistische Regime in Zukunft verhindern zu können. In seiner Vorlesung âTabus ĂŒber dem Lehrberufâ (1971b) stellt Adorno zudem heraus, dass Bildung ohnehin stĂ€ndig ideologisch gefĂ€hrdet sei und gerade SchĂŒlerinnen und SchĂŒler zu eigenstĂ€ndig denkenden, demokratischen BĂŒrgerinnen und BĂŒrgern erzogen werden mĂŒssten.
AnhĂ€ngerinnen und AnhĂ€nger der Kritischen Theorie zeichnet eine grundsĂ€tzliche Skepsis aus: Sie betrachten soziale PhĂ€nomene aus sich heraus und setzen sich mit ihnen in ihrer EigenstĂ€ndigkeit hermeneutisch auseinander (immanente Kritik). Dadurch erhalten diese ZugĂ€nge einen NeutralitĂ€tsanspruch, der wiederum nur durch den Gegenstand selbst begrĂŒndet und damit ahistorisch ist und dekontextualisiert wird. Diese EinschrĂ€nkung, die die Mitglieder der Frankfurter Schule natĂŒrlich nicht als solche bezeichnen wĂŒrden, kann kritisiert werden: So vernachlĂ€ssigt sie (potenziell) das Einbeziehen zahlreicher sozialer oder kultureller Faktoren, möchte nicht explizit Ursache-Wirkungs-Ketten aufstellen, sondern phĂ€nomenologisch aus sich heraus beschreiben, interpretieren und kritisieren, âwas Sache istâ. Selten entstehen daher konkrete Handlungsempfehlungen aus hermeneutisch-kritischen Bearbeitungen bestimmter PhĂ€nomene: Die ...
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