Wenn Lernen schwierig ist
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Wenn Lernen schwierig ist

Alles, was den Lernalltag mit Kindern erleichtert

Jutta Gorschlüter, Marie Gorschlüter

  1. 256 pages
  2. German
  3. ePUB (mobile friendly)
  4. Available on iOS & Android
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Wenn Lernen schwierig ist

Alles, was den Lernalltag mit Kindern erleichtert

Jutta Gorschlüter, Marie Gorschlüter

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Children come into the world as fascinating learning creatures, with an astounding rate of learning during the initial years of life. At school, however, many children then lose their enthusiasm for learning and their confidence in their own success, and become caught up in learning difficulties. This book aims to sensitize adults to ways of perceiving learning processes in children. Adults need to reflect on their own behaviour during everyday learning processes (via many?aha experiences=), show more understanding and accompany children more effectively in their learning. The focus is on learning the basic skills of reading, writing and arithmetic. The book contains many practical tips on how to build on these basic skills in order to support children and give them more confidence.

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Information

Year
2021
ISBN
9783170404465

I

Grundlagen des Lernens

1

Spielend lernen – Spielräume erweitern

Ich wollte immer, dass meine Kinder vor allem eines sind: zufrieden und glücklich. Selbstständig sollten sie sein und kreativ, sich frei fühlen und gleichzeitig lernen, Hindernissen nicht aus dem Weg zu gehen und Krisen als Chance nutzen, um zu wachsen. Sie sollten entscheidungsfreudig sein. Ich habe mir gewünscht, dass sie ihr Potenzial ausschöpfen und dass sie einen Sinn in ihrem Leben sehen. Bei der Frage nach dem »Wie« bin ich in die gleiche Falle getappt wie viele Eltern. Ich habe mich dabei erwischt, dass ich viele Ideen hatte, wie das Leben meiner Kinder später konkret aussehen könnte. Ich glaubte ja, ihre Talente und ihre Veranlagungen zu sehen, und auf diesem Hintergrund schlich sich die eine oder andere Vorstellung bei mir ein, dies oder jenes könnte doch später vielleicht ein guter Beruf sein. Ich glaubte zu wissen, was meinen Kindern liegt und die Richtung zu kennen, in die es gehen könnte. Ich hatte keine genauen Pläne, aber Vorstellungen.
Rückblickend kann ich nur sagen, dass das, was meine inzwischen erwachsenen Kinder heute ausmacht, womit sie sich beruflich und privat beschäftigen, die Bereiche, in denen sie zufrieden und erfolgreich sind, definitiv nicht einmal annähernd auch nur als Idee auf meiner langen Liste vorkamen. Noch schlimmer, sie kamen nicht nur auf meiner Liste nicht vor, sie existierten nicht einmal als Möglichkeit in meinem Kopf. Wenn wir also vielleicht gar nicht so genau planen und absehen können, wie unsere Kinder ihr Leben gestalten werden, was können wir ihnen dann mitgeben? Wie müsste die Bildung für unsere Kinder aussehen? Was brauchen sie von uns, um in dieser Welt bestehen zu können?
Die Antwort ist relativ einfach. Das Wichtigste, was Kinder zum Lernen benötigen, ist ein sicherer Hafen, ein sicheres Umfeld, Menschen, die eine intensive Beziehung zu ihrem Kind haben, ihnen Sicherheit geben. Eltern oder Gemeinschaften, die sich verbunden fühlen mit dem Kind, ihm etwas zutrauen und es inspirieren. Die es so annehmen und lieben, wie es ist. Das ist die Basis von allem. Der wichtigste Ort zum Lernen ist also die Familie, in der ein Kind seine Wurzeln nach unten strecken darf, um Halt zu bekommen, um sich dann nach oben entfalten zu können. In diesem sicheren Umfeld erleben Kinder die wichtigsten Lektionen des Lernens. Sie dürfen sein – sich entdecken – versuchen – ausprobieren – nachahmen – staunen – Spielräume erleben und … spielen, spielen, spielen.
Im Spiel lernen Kinder unglaublich viel. Es ist ein Irrglaube, Spielen und Lernen seien zwei getrennte Dinge. Lernen ist ebenso wenig an die Schule und Tausende von Arbeitsblättern gebunden wie Spielen nur an speziell für Kinder vorgesehene Spielzeuge. Kinder, die ihre Entdeckerfreude ausleben dürfen, die von den Erwachsenen gesehen und ernst genommen werden, die sich begeistern können und sich anstecken lassen von der Begeisterung anderer, die sich gemeinsam kreativ auf den Weg machen, haben die beste Chance, ihr Potential zu entfalten, kreative Lösungen zu finden und neue Wege zu wagen.
Allerdings werden junge Eltern heute immer früher verunsichert und verspüren den Drang, in die Selbstentfaltung der Kinder einzugreifen. Dabei laufen sie Gefahr, statt Freiräume im Spiel zuzulassen, Impulse zu geben und auf kindliches Interesse zu reagieren, zu steuern und zu manipulieren. Das ist auch kein Wunder, werden sie doch von allen Seiten überschüttet mit Ratschlägen, die ihnen auflisten, was ihr Kind wann alles können oder haben müsse, um sich bestmöglich zu entwickeln. Auf MamaBlogs sind strahlende Mütter zu sehen, durchgestylt, ausgestattet mit Unmengen an Kreativität und Gelassenheit. Glückliche Kinder, die in die Kamera lächeln und natürlich das selbstgebastelte Spielzeug der Mama dankbar als Anreiz nehmen, um intensiv damit zu spielen. Und das Fazit heißt #Musthaves.
Ich beneide die jungen Eltern wirklich nicht, wenn man die Flut an Informationen bedenkt, die auf sie einprasseln. Beim Kinderarzt, im Kindergarten, in der Spielgruppe: Die Verunsicherung wird untereinander zusätzlich genährt durch ständiges Vergleichen, ob das Kind dies oder das auch schon könne, und das Vorführen der Kinder, zu zeigen, was er oder sie schon alles kann. Sicher wollen alle Eltern nur das Beste für ihre Kinder. Die Frage ist nur: Was ist das Beste und ist das Beste planbar?
Die Wirklichkeit sieht so aus, dass schon recht früh in den Köpfen vieler Eltern der Wunsch vorherrscht, dass ihre Kinder einen guten Beruf erlangen sollen, d.h. eine gute Bildung benötigen, d.h. einen guten Schulabschluss, d.h. gute Noten in der Schule, d.h. eine frühe Förderung … damit all das gelingen kann. Was also ist der naheliegendste Gedanke für viele Eltern? Ganz einfach: »Man kann nicht früh genug anfangen!« In diesem Denk-Dilemma stecken viele Eltern unbewusst, da sie den Konkurrenzkampf in unserer Leistungsgesellschaft mitbekommen und sich Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder machen. Eltern möchten das Beste für ihr Kind. Doch was ist dieses »Beste«?
Verunsicherungen dieser Art kenne ich auch:
Mein ältester Sohn bekam mit 4 Jahren Krankengymnastik verschrieben, was bedeutete, dass ich zwei Kinder, nämlich meinen Sohn und seine ein Jahr ältere Schwester, ins Auto packen musste, um in den 25 Minuten entfernten Nachbarort zu fahren. Dort musste ich meinen Sohn umkleiden und dann mit ansehen, wie er zunächst einmal 10 von den kostbaren 25 Minuten, die ihm verschrieben wurden, damit verbrachte, an meinem Hosenbein zu kleben, nur damit er dann mit viel Überredungskunst nach 10 Minuten lustlos und unmotiviert begann mitzumachen. Die junge Frau wollte seinen Gleichgewichtssinn trainieren, und dazu sollte mein Sohn über unterschiedliche Kissen und Hindernisse laufen, die sie im Raum verteilt hatte. Nach dem 4. Termin traf ich eine Entscheidung und meldete ihn ab. Das musste doch auch mit mehr Begeisterung und geringerem Aufwand für mich als Mutter gehen. Also gingen wir häufiger in den Wald und jedes Mal querfeldein. Das bedeutete: Hinsehen, die Füße heben, Hindernisse wie Äste und Baumstämme übersteigen, balancieren auf Baumstämmen und sich den unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten anpassen. Wir hatten Spaß, und ganz nebenbei trainierte mein Sohn seinen Gleichgewichtssinn.
Was mich damals ermutigt hat, diese Entscheidung so zu treffen, ist eigentlich ein offenes Geheimnis. Ich habe auf meinen Bauch gehört und das sollten Eltern häufiger tun.
Manchmal wird uns Erwachsenen der Blick für das Wesentliche verschleiert, weil wir Angst vor dem möglichen eigenen Versagen haben oder weil wir glauben, nicht genug getan zu haben. Wenn wir den Schleier der Angst, der beständig »Aber, aber, aber…« ruft, ignorieren oder zur Seite schieben, bin ich sicher, dass es in den Antworten von Eltern einen Konsens gibt: Wir möchten, dass unsere Kinder zufrieden und glücklich sind und dass sie eine positive Lebenseinstellung haben.
Ich habe über die Jahre viele Eltern kennengelernt, die kamen und erzählten, dass ihr Gefühl ihnen sagte: »Da stimmt etwas nicht. Mein Kind versteht viele Dinge nicht und ich glaube, da versteckt sich mehr dahinter.« In den meisten Fällen stimmte das Bauchgefühl der Eltern, und entweder waren die Kinder maßlos überfordert, unterfordert, kamen mit den Inhalten nicht zurecht oder hatten andere Schwierigkeiten. Diese Eltern sorgten sich und spürten, dass ihre Kinder sich veränderten, unzufrieden wurden und litten. Wenn Eltern eine gesunde Beziehung zu ihren Kindern haben, ist das Bauchgefühl oftmals ein sehr guter Gradmesser.
Das Bauchgefühl von Eltern wahrzunehmen und ihm zu vertrauen, heißt nicht zwangsläufig, dass Pädagogen sofort eine Lösung für die Schwierigkeit des Kindes präsentieren können und müssen. Doch Pädagogen sollten hier sensibel und feinhörig sein und ihr Unterscheidungsvermögen schulen. Denn das schrittweise Suchen von Lösungen ist ein wichtiger Baustein des Lernens. Das gilt auch für uns Erwachsene.
Auch ich erlebte in den letzten 25 Jahren immer wieder Situationen, in denen ich mir und meinem Gegenüber eingestehen musste, dass ich keine sofortige Lösung griffbereit hatte. Aber genau durch diese Herausforderungen fielen mir neue kreative Wege ein und ich habe am meisten hinzugelernt.
Grundsätzlich ist es so: Ein Kind möchte gesehen werden und das heißt im schulischen Kontext, dass es dort Menschen geben muss, die das Kind wahrnehmen und als Subjekt behandeln. Angesprochen sind damit alle Personen, die Lernprozesse begleiten. Beziehung ist aber nicht gleich Beziehung. Hinter einer Äußerung wie: »Ich habe nichts gegen das Kind!« steht sicherlich keine ausreichend positive Grundeinstellung dem Kind gegenüber. Gemeint sind wirklich wohlwollende Beziehungen. Beziehungen, die Kinder motivieren, die Welt zu entdecken und zu erobern. Das kann die Welt der Zahlen und Wörter, der Sätze und Geschichten sein, die Welt der Tiere, Entdeckungen, der Musik und des Sports. Wenn Begeisterung ins Spiel kommt, steigert das die eigene emotionale Beteiligung, und diese wird zu einer zündenden Kraft. Genauso lernen Kinder im Spiel.
Im spielerischen Lernen ist der Moment, in dem ein Aha-Effekt passiert, nicht planbar.
Jasper ist 6 Jahre alt und bei uns zu Besuch. In tiefe Gedanken versunken schaut er aus dem Fenster und beobachtet einen Möbelwagen, der vor einem Mehrfamilienhaus parkt. Nach und nach tragen zwei Männer mehrere Möbel in den Wagen. Plötzlich dreht Jasper sich zu mir um und fragt nachdenklich: »Wenn einer eine Wohnung hat und dann umzieht, dann zieht doch ein Neuer ein, oder?« »Ja«, antworte ich, »dann kann die Wohnung neu vermietet werden und ein anderer zieht dort ein.« Eine kurze Pause entsteht, und Jasper schlussfolgert weiter: »Aber der hat doch vorher auch eine Wohnung gehabt? Zieht dann da auch wieder ein Neuer ein?« »Ja«, antworte ich, »auch in diese Wohnung zieht dann wieder jemand anderes ein.« Wiederum denkt Jasper einen Moment nach, dann setzt er seine Gedanken laut fort: »Aber wenn einer umzieht, und dann noch jemand und noch jemand, dann …« Er seufzt und sagt mehr zu sich selbst: »Dann ist ja die ganze Welt in Bewegung!«
Wie diese Geschichte zeigt, verlaufen diese Aha-Momente nicht immer laut und spektakulär. Es passiert einfach, aber jedes Mal, wenn es passiert, ist das beglückende Gefühl, das damit verbunden ist, gleichzeitig auch der innere Antrieb weiterzumachen.
Was bedeutet das aber für das schulische Lernen? Heißt das, dass Erfolge nicht planbar sind? Bis zu einem gewissen Grad sind sie tatsächlich nicht planbar, doch je mehr wir über die Lernprozesse wissen, desto mehr können wir die Lern- bzw. Spielräume gestalten. Immer da, wo Kinder als vollständige Persönlichkeiten gesehen werden und emotional beteiligt sind, wird der Nährboden für solche Aha-Effekte bereitet.
Meine Schülerin ...

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APA 6 Citation

Gorschlüter, J., & Gorschlüter, M. (2021). Wenn Lernen schwierig ist (1st ed.). Kohlhammer Verlag. Retrieved from https://www.perlego.com/book/3175114/wenn-lernen-schwierig-ist-alles-was-den-lernalltag-mit-kindern-erleichtert-pdf (Original work published 2021)

Chicago Citation

Gorschlüter, Jutta, and Marie Gorschlüter. (2021) 2021. Wenn Lernen Schwierig Ist. 1st ed. Kohlhammer Verlag. https://www.perlego.com/book/3175114/wenn-lernen-schwierig-ist-alles-was-den-lernalltag-mit-kindern-erleichtert-pdf.

Harvard Citation

Gorschlüter, J. and Gorschlüter, M. (2021) Wenn Lernen schwierig ist. 1st edn. Kohlhammer Verlag. Available at: https://www.perlego.com/book/3175114/wenn-lernen-schwierig-ist-alles-was-den-lernalltag-mit-kindern-erleichtert-pdf (Accessed: 15 October 2022).

MLA 7 Citation

Gorschlüter, Jutta, and Marie Gorschlüter. Wenn Lernen Schwierig Ist. 1st ed. Kohlhammer Verlag, 2021. Web. 15 Oct. 2022.