Iranische Religionen
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Iranische Religionen

Zoroastrismus, Yezidentum, Bahāʾītum

Manfred Hutter

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  1. 244 pages
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Iranische Religionen

Zoroastrismus, Yezidentum, Bahāʾītum

Manfred Hutter

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Die drei iranischen Religionen stehen in Wechselwirkung mit der Gesellschaft, die – geschichtlich und gegenwärtig – nicht auf das Staatsgebiet der heutigen Islamischen Republik Iran beschränkt ist. Der Zoroastrismus ist im ostiranischen Kulturraum, d.h. in zentralasiatischen Gebieten, entstanden, das Yezidentum ist immer eng mit den kurdischen Raum verknüpft gewesen und das Bah?'?tum stammt zwar aus dem persischen Milieu, hat sich aber bereits in den ersten Jahrzehnten seiner Existenz über den Iran Raum hinaus verbreitet.

Daher behandelt das Buch in ausgewogener Weise das unterscheidend Eigene und das verbindend Gemeinsame der Religionen. Dies geschieht durch einen weitgehend parallelen Aufbau der drei Hauptkapitel, in denen die Entwicklung jeder Religion, ihre Weltbilder und rituellen Praktiken sowie Organisationsformen als gesellschaftliche Gruppe dargestellt werden. Das Schlusskapitel bettet sie in den religiösen Pluralismus und die Religionspolitik der Islamischen Republik Iran ein. Dadurch wird das Buch für Religionshistoriker und Theologen in gleicher Weise relevant wie für Islamwissenschaftler, Iranisten und Politik- bzw. Sozialwissenschaftler in Bezug auf den Nahen Osten.

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Information

Publisher
De Gruyter
Year
2019
ISBN
9783110657494

1Einleitung

Iran wird oft als „islamisches Gebiet“ gesehen – was zwar richtig ist, aber zugleich den religionshistorischen und gegenwärtigen Pluralismus verdeckt. Daher sei eingangs in Erinnerung gerufen, dass zur iranischen Religionswelt bis zur Gegenwart neben dem Islam genauso das Christentum und Judentum gehören,1 vor allem aber der bis ins späte 2. Jahrtausend zurückreichende Zoroastrismus. Ferner sind die eng miteinander verwandten Religionen der Yeziden und der Yāresān (Ahl-e Haqq) zu nennen, erstere hauptsächlich im Kurdengebiet außerhalb der Staatsgrenzen der Islamischen Republik Iran verbreitet, letztere innerhalb dieses Staates. Beide Religionen existieren in einer islamischen Umgebung, wobei genuin iranische Traditionen die Basis beider Religionen sind, auch wenn sie teilweise durch islamische Einflüsse verändert wurden. Ebenfalls enge Beziehungen zum schiitischen Islam weist die Frühzeit der Bahāʾī-Religion auf. In der Forschung treten diese islamischen Elemente bei der Beschäftigung mit der Bahāʾī-Religion manchmal stärker in den Vordergrund als die Berücksichtigung der iranischen Motive. Dies hängt mit dem Selbstverständnis der Bahāʾī-Religion hinsichtlich der substanziellen Einheit aller Religionen zusammen, weshalb iranische Elemente in der Tradition der Bahāʾī nicht stärker betont werden als andere Religionen.
Der Vollständigkeit halber darf man nicht vergessen, dass zur „iranischen Religionswelt“ auch heute nicht mehr vorhandene Religionen gehören, einerseits diejenige der Elamier invorchristlicher Zeit, die noch in der Zeit der Achämeniden im Westen Irans ein wichtiger Faktor im religiösen Pluralismus war, ferner eine Religion, in deren Mittelpunkt der indo-iranische Gott Miϑra stand. Einige Elemente dieser uns nur noch teilweise erschließbaren „Miϑra-Religion“ haben zur Entwicklung der so genannten „Mithras-Mysterien“ im Römischen Reich beigetragen, aber auch in den religiösen Vorstellungen der Yeziden sowie der Yāresān klingen Traditionen dieser Religion noch an. Als eigenständiges Religionssystem ist diese – vor allem im Westen Irans verbreitete – „Miϑra-Religion“ wohl noch in vorchristlicher Zeit verschwunden. Genauso ist der Manichäismus2 zu erwähnen, der seinen Anfang und seine Blüte – im Gebiet des heutigen Iran – während der frühen Sasanidenzeit hatte; noch vor dem Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. wurden die Manichäer im Kernland der Sasaniden verfolgt, so dass viele von ihnen nach Syrien, Ägypten, in das Mittelmeergebiet bzw. in ostiranische Gebiete ausweichen mussten und ihre Religion entlang der Seidenstraße bis nach China verbreiten konnten. Dadurch war der Manichäismus bis zum Beginn des 2. Jahrtausends in manchen Teilen Zentralasiens eine nicht unbedeutende religiöse Größe, verlor aber schrittweise gegenüber dem Buddhismus3 und der Expansion des Islam nach Zentralasien seine Bedeutung.
Diese kurze Skizze religiöser Vielfalt macht deutlich, dass sich die Rede von „Religionen Irans“ bzw. „iranischen Religionen“ nicht auf die Grenzen des heutigen Staatsgebietes der Islamischen Republik Iran beschränken darf. Denn dabei handelt es sich um eine einschränkende Grenzziehung, die erst seit der Mitte des 2. Jahrtausends n. Chr. während der Safawiden-Zeit entstanden ist. Andere und ältere Epochen zeigen häufig größere Ausdehnungen des „Iran“. Die verwendeten Begriffe „Iran“ bzw. „iranisch“ reichen daher über den heutigen Iran hinaus und werden hier primär sprachlich definiert, was – über das Medium Sprache – eine kulturgeographische (und nicht politische) Verwendung der Begriffe bedeutet. Das heißt, als iranisch wird all das bezeichnet, dessen sprachlich-materielle Hinterlassenschaft den iranischen Sprachräumen zugewiesen werden kann.4 Demzufolge behandle ich in dieser Monographie die folgenden „iranischen Religionen“:5 den Zoroastrismus mit den vor allem in altiranisch-avestischer und mittelpersischer Sprache überlieferten Primärquellen, die Religion der Yeziden (und Yāresān) mit ihren lange Zeit nur mündlich tradierten kurdischen Texten und die Bahāʾī-Religion mit ihren neupersischen (und arabischen) normativen Schriften. Diese drei Religionen sind – hinsichtlich ihrer Entstehung – zugleich geeignet, den Begriff „iranisch“ in unterschiedlichen Bedeutungen zu skizzieren, wobei auch einschränkende Teilbereiche, die den Religionen ein spezifisches Gepräge geben, sichtbar werden.
Der Zoroastrismus ist ursprünglich ostiranisch, d. h. geographisch etwa im Gebiet der heutigen Staaten Turkmenistan, Usbekistan sowie der nördlichen Teile Afghanistans zu verorten. Die „Westexpansion“ dieser Religion hat dazu geführt, dass der Zoroastrismus weite Teile des iranischen Raumes in vorislamischer Zeit geprägt hat. Beginnend mit Bewohnern des Achämenidenreichs (559 bis 330 v. Chr.) über Parther (247 v. Chr. bis 224 n. Chr.) und sasanidische Perser (224 bis 651 n. Chr.) waren teilweise auch kurdisch sprechende Volksgruppen Teil dieser Religion, die zudem im Ostiran unter Baktriern oder Sogden im 1. Jahrtausend n. Chr. sowie bis in die Gegenwart unter Tadschiken – immer neben anderen Religionen – praktiziert wurde. Genauso ist die Verbreitung des Zoroastrismus in Indien bei den Parsen zu beachten, weshalb man im Zoroastrismus sicherlich die „gesamt-iranische“ Religion schlechthin sehen kann.
Die Religion der Yeziden ist „eingeschränkt iranisch“, da ihre Sprachträger Kurden sind. Aufgrund der Zugehörigkeit zur Religion durch Geburt und nicht durch Konversion dauert diese enge Verbindung bis zur Gegenwart prinzipiell an, auch wenn Tendenzen einer „Distanzierung“ von Kurden, die dem sunnitischen Islam angehören, bestehen. Durch Abgrenzung von kurdischen Sunniten betonen Yeziden gegenwärtig häufig eine eigene religiös-ethnische yezidische (und nicht kurdische) Identität. Solche Identitätsprozesse sind mit der komplexen Entstehungsgeschichte der Religion verbunden, die aus einer islamischen Umgebung und Vorstellungswelt gespeist wird, ohne den iranischen Anteil der Religion zu minimieren. Aber diese Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte ist oft auch eine konfliktgeladene Geschichte der Verfolgung oder Unterdrückung der Yeziden in ihrer muslimischen (kurdischen) Umgebung. Eng verwandt mit der Religion der Yeziden sind die religiösen Vorstellungen der Yāresān in den kurdischen Gebieten der Islamischen Republik Iran. Dass in dieser Studie zu „iranischen“ Religionen die Yāresān nur am Rande im Zusammenhang mit den Yeziden behandelt werden, ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass im deutschsprachigen Raum inzwischen eine große Zahl yezidischer Migrant(inn)en lebt, so dass deren religiöse Konzepte und Praktiken bevorzugt dargestellt werden sollen.
Die Bahāʾī-Religion ist ursprünglich als persische Religion zu charakterisieren, die im schiitischen Kontext entstanden ist. Allerdings setzt bereits früh im Wirken ihres Begründers Bahāʾuʾllāh ein religiöser Wandel zu einer „nicht-persischen“ Religion mit universellem Anspruch ein, die – vom theologischen Selbstverständnis der Bahāʾī ausgehend – auch Islam, Zoroastrismus, Judentum und Christentum „rezipiert“. Im Kontext iranisch-persischer nationalistischer Interessen bedeutet dies, dass man wegen dieser „un-iranischen“ universellen Ausrichtung diese Religion genauso ablehnt wie aufgrund des Anspruchs der Bahāʾī, als nach-islamische Religion auch den (schiitischen) Islam abgelöst zu haben.
Die äußerst kurze Charakteristik zeigt die Leitidee, aber auch die Dynamik des Begriffs „iranisch“ für diese Darstellung. Denn er erfasst sowohl Kontinuitäten als auch spezifische Propria, die die Religionsgeschichte Irans in unterschiedlichem Ausmaße prägen, wobei manches bis in die Gegenwart Auswirkungen hat. Um dies zu verdeutlichen, behandle ich den Zoroastrismus (Mazdaismus), das Yezidentum (mit Seitenblicken auf die strukturell vergleichbare Religion der Yāresān) und das Bahāʾītum6 in einem weitgehend gleichen dreiteiligen Aufbau, der eine Religionsdefinition widerspiegelt, die ich wie folgt formuliere:7„Religion ist demnach ein System, das ausgehend von einer identitätsbegründenden Komponente (beispielsweise ein [fiktiver] Stifter, ein Ur-Ahne, eine „Ur-Schrift“) durch gemeinsame Anschauungen und Weltdeutungen (d. h. „Lehre und Praxis“) eine Gemeinschaft (in durchaus unterschiedlich dichter Organisationsstruktur) konstituiert.“
Ohne dabei strukturelle Unterschiede zwischen den drei Religionen zu verwischen, sind daher in einem jeweils ersten Unterkapitel die Entstehung der Religion und deren maßgebliche Quellen als Teil der „Identitätsstiftung und -deutung“ dargelegt. Das längere zweite Unterkapitel skizziert das Weltbild, zentrale Lehrinhalte und deren praktischen Konsequenzen in Ritual und Ethik. Das jeweils abschließende dritte Unterkapitel behandelt die Religionsgemeinschaft als „soziale Gruppe“ und ihre (hierarchischen) Schichtungen sowie Veränderungen durch die geographische Verbreitung außerhalb des Entstehungsgebietes. Durch diesen parallelen Aufbau werden bei kontinuierlicher Lektüre Gemeinsamkeiten und Unterschiede des „iranischen Anteils“ der drei Religionen leicht sichtbar, aber es werden auch Veränderungen und Religionskontakte im Laufe der Geschichte aufgezeigt.
Der Aufbau des Buches erlaubt noch zwei andere Zugänge zur Lektüre. So ist es möglich, auch nur das Kapitel über eine der Religionen zu lesen, falls nur Kenntnisse über diese spezifische Religion angestrebt werden. Da aber eine Religion nie in Isolation von anderen existiert, ist es nützlich, diese Lektüre – zur Kontextualisierung – mit dem sechsten Kapitel, das ein kurzes Resümee zu allen hier behandelten Religionen zieht, abzuschließen. Für einen am Vergleich einzelner religiöser Thematiken interessierten Leserkreis bietet das Buch durch den grundsätzlich parallelen Aufbau der drei Kapitel über Zoroastrismus, Yezidentum und Bahāʾītum die Möglichkeit, schnell einen Einblick beispielsweise in das Menschenbild dieser Religionen zu erhalten, indem nur diese Abschnitte gelesen werden. Dabei bleibt es jedoch der Leserschaft überlassen, daraus entsprechend den eigenen Interessen vergleichende Schlussfolgerungen zu ziehen oder daraus weitere Anregungen für die Vergleichende Religionswissenschaft abzuleiten. Dafür sind im siebenten Kapitel eine Reihe von Impulsfragen zusammengestellt.

2Der religionsgeschichtliche Rahmen

2.1Zur kulturellen Situation vor den Achämeniden

Der Achämenidenherrscher Dareios I. (522–486 v. Chr.) beschreibt das ganze Gebiet seines Machtbereichs in der dreisprachigen Inschrift auf dem Felsen über dem heutigen Ort Bisotun folgendermaßen (§ 6):
Es kündet Dareios, der König: Dies (sind) die Länder, die mir zuteil wurden; nach dem Willen Ahura Mazdās war ich ihr König; Persien, Elam, Babylonien, Assyrien, Arabien, Ägypten, (die Völker,) die am Meer (wohnen), Lydien, Ionien, Medien, Armenien, Kappadokien, Parthien, Drangiana, Areia, Choresmien, Baktrien, Sogdien, Gandāra, Saken, Sattagydien, Arachosien, Mekrān, im ganzen 23 Länder.8
Diese Aufzählung ist idealisierend, sie spiegelt – wenngleich aus der Perspektive der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. – die Größe Irans wider. Hinsichtlich unserer Fragestellung nach iranischen Religionen bedeutet dies, dass der dafür in Frage kommende historische und geographische Raum weit über die Grenzen der heutigen Islamischen Republik Iran hinausreicht. Dabei sind – geht man in die vor-achämenidische Zeit zurück – unterschiedliche Verhältnisse östlich bzw. westlich des heutigen Iran zu berücksichtigen.
Im großen Gebiet, das im Wesentlichen das heutige Turkmenistan, Nord-Afghanistan und Teile von Usbekistan umfasst, zeigte sich bereits im späten 3. Jahrtausend eine bronzezeitliche kulturelle Blüte, wofür Victor I. Sarianidi im Jahr 1974 die Bezeichnung „Baktrisch-Margianischer Archäologischer Komplex“ einführte.9 Kulturelle Übereinstimmungen innerhalb dieses Gebietes betreffen die Lehmziegelarchitektur bei befestigten Siedlungen, Form und Produktionsart von Keramik sowie die Art der Körperbestattungen mit vergleichbaren Grabbeigaben. Nach Mike Teufer ist die Bezeichnung Baktrisch-Margianischer Archäologischer Komplex als „Ausdruck eines überregionalen Netzwerkes der Mittel- und frühen Spätbronzezeit (2500 –1800 v. Chr.) zu verstehen, das durch standardisierte Formen der materiellen Kultur gekennzeichnet ist.“10 Es wäre zwar unzulässig, wollte man bereits hier von Iranern sprechen, jedoch kann man für das späte 2. Jahrtausend diesen Raum als Siedlungsgebiet unterschiedlicher iranischer Gruppen vermuten. Im Avesta finden sich – aus der religiösen Sicht zoroastrischer Priester – zwei Textpassagen (Vd. 1; Yt 10:13f.), die in Form einer mythologischen Geographie eine Liste jener Länder nennen, die Ahura Mazdā geschaffen hat.11 Soweit die Liste sich auf historische Verhältnisse deuten lässt, zeigt sie die östliche Ausdehnung iranischer Gebiete. Im Südosten reichen diese Gebiete über Sistān (Drangiane) bis nach Pakistan, im Nordosten erstrecken sie sich über Parthien und Choresmien nach Sogdien und Baktrien, d. h. es sind davon moderne Staaten wie Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan betroffen. Für die Religionsgeschichte ist dabei interessant, dass diese Gebiete nach Zentralasien hineinreichen, d. h. in ein Gebiet mit teilweise nomadischer Lebensführung. Chronologisch ist ferner beachtenswert, dass – bis spätestens zur Mitte des 2. Jahrtausends – die noch nicht voneinander getrennten (späteren) Inder und Iraner – als so genannte Aryā – in diesem Raum gemeinsam lebten. Aus dieser Zeit resultiert, dass die iranischen Religionen Gemeinsamkeiten mit der indischen Religionswelt aufweisen.
Im Südwesten des heutigen Iran waren seit dem 4. Jahrtausend die Elamier ansässig, wo sie eine eigenständige Kultur mit eigener Sprache entwickelt haben.12 Aufgrund der geographischen Lage bestanden rege Wechselbeziehungen zwischen Elam und Mesopotamien, die bis zum Ende der elamischen Geschichte unter den Achämeniden im 5. Jahrhundert v. Chr. anhielten. Mit dem ältesten kultischen Großbau, einer zweistufigen Ziqqurat aus Susa um 4000 v. Chr., erfanden die Elamier einen Tempelbautyp, der in Südmesopotamien rezipiert wurde, wobei die „Tempeltürme“ Mesopotamiens bezüglich der Größe hinter den elamischen Vorbildern zurückblieben. Von den Elamiern selbst wurden solche Kultbauten bis in die mittelelamische Zeit gepflegt, wie der berühmte Tempel von Dūr Untaš (Čoqā Zanbil) aus dem 13. Jahrhundert zeigt. Beziehungen zwischen Elam und Mesopotamien brachten auch einen teilweisen kulturellen Austausch, indem elamische und mesopotamische Götter miteinander gleichgesetzt werden konnten. In den letzten Jahrzehnten ist dabei in der Forschung deutlich geworden,13 dass v. a. im 7. und 6. Jahrhundert Elam im Hochland von Fars einen wichtigen Einfluss auf den in der Mitte des 6. Jahrhunderts beginnenden Aufstieg des Achämenidenreiches ausübte, bis Elam unter Dareios (521/520) in das Achämenidenreich einverleibt wurde, aber auch dann noch die persische Verwaltung prägte.
Dadurch tritt aber zugleich die Rolle der Meder im Nordwesten, d. h. im kurdischen Gebiet des heutigen Iran, etwas in den Hintergrund.14 Seit dem 9. Jahrhundert haben wir Hinweise auf diese iranisch-sprachige Volksgruppe in assyrischen und babylonischen Texten. Es ist deutlich, dass die Meder ab dem 8. bzw. 7. Jahrhundert v. Chr. eine politische und kulturelle Machtentfaltung aufwiesen, nachdem sich verschiedene Stämme unter Führung des Deiokes zusammengeschlossen hatten. Gemeinsam mit den Chaldäern zerstörten die Meder unter Führung von Kyaxares das neuassyrische Reich (612). Allerdings verloren sie in der Mitte des 6. Jahrhunderts ihre Eigenständigkeit, als ihr Herrscher Astyages dem Aufstieg des Achämenidenreiches nicht länger Widerstand leisten konnte und 549 die medische Hauptstadt Ekbatana (Hamadān) von den persischen Truppen erobert wurde.

2.2Die religiösen Verhältnisse unter Ac...

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