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Zwischen Kern und Peripherie
Untersuchungen zu Randbereichen in Sprache und Grammatik
- 325 Seiten
- German
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Zwischen Kern und Peripherie
Untersuchungen zu Randbereichen in Sprache und Grammatik
Über dieses Buch
Die auf Noam Chomsky zurückgehende Unterscheidung zwischen Kern und Peripherie in Sprache und Grammatik wird in der Linguistik kontrovers diskutiert. Umstritten sind dabei Fragen wie: Was für sprachliche Phänomene gehören zum Kern, welche zur Peripherie? Besteht zwischen diesen Phänomenbereichen ein gradueller Übergang? Ist es überhaupt theoretisch und methodologisch sinnvoll, von einer solchen Unterscheidung auszugehen?
Die Beiträge in diesem Sammelband befassen sich aus unterschiedlichen theoretischen Perspektiven mit der grammatiktheoretischen Relevanz dieser Unterscheidung als auch mit empirischen Phänomenen an Randbereichen der Grammatik, die besondere Herausforderungen an die Kern/Peripherie-Unterscheidung stellen.
Häufig gestellte Fragen
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Information
Ein Trick wird Trend: Zur Dynamik, den Wurzeln und der Funktionvon Binnenmajuskelschreibung
1. Statt einer Einleitung: Ein Entwicklungsbeispiel
Als im September 1997 nach längeren Verhandlungen ein Kooperationsvertrag zwischen der Fried. Krupp und der Thyssen Stahl AG abgeschlossen wurde, präsentierte man das neu gegründete Unternehmen der Öffentlichkeit unter dem Namen „Thyssen Krupp Stahl AG“. 18 Monate später und nach weiteren Fusionierungsschritten wurde das Unternehmen am 17. März 1999 als „ThyssenKrupp AG“ [sic] ins Handelsregister eingetragen.
Während seit dieser Zeit die Namen beider Gesellschaften im offiziellen Logo unter Auslassung des Leerzeichens kombiniert wurden, verwendeten öffentliche Verlautbarungen zunächst noch die Schreibung „Thyssen Krupp AG“ – so etwa in der ersten Ausgabe der unternehmensinternen Zeitschrift „Fusion aktuell“ vom März desselben Jahres. Auch im Zwischenbericht von 1999 ist die schwankende Schreibung noch präsent: Das Logo auf der Titelseite218 wie auch die tabellarische Übersicht der wichtigsten Geschäftszahlen nutzt die Schreibung „ThyssenKrupp“ (s. FN 1, S. 1–3), der anschließende Fließtext hingegen scheut die Binnenmajuskel und schreibt „Thyssen Krupp“ mit Spatium. Erst seit dem folgenden Zwischenbericht 1999/2000 setzt sich die Binnenmajuskel fast vollständig durch und verdrängt das Spatium in allen folgenden Texten.219
Das Beispiel illustriert, wie eine Körperschaft des öffentlichen Lebens im Zuge innerer Entwicklungen schrittweise ein grafisches Phänomen übernimmt, das von der deutschen Schriftnorm zwar nicht vorgesehen ist, sich aber dennoch zunehmend ausbreitet. Die Entwicklungsdynamik der Binnenmajuskelschreibungen (im Folgenden: BMS) ist so hoch, dass sie bereits heute kaum mehr als ein Phänomen der orthografischen Peripherie betrachtet werden kann, sondern zum alltäglichen schriftsprachlichen Gebrauch gerechnet werden muss. In vielen Lebensbereichen ist BMS ebenso präsent wie Abkürzungen, Kurzwörter oder Akronyme. Kaum findet sich noch eine illustrierte Zeitschrift oder Geschäftsstraße, in der sich keine Anwendungsbeispiele nachweisen ließen. BMS hat sich von einem sporadisch auftretenden Randphänomen zu einem produktiven grafischen Mittel der deutschen Schriftsprache entwickelt.
2. Die Entwicklungsdynamik von BMS
Etwa zeitgleich mit der Fusion von Thyssen und Krupp in Essen beginnt auch die sprachwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen der BMS. Nach kurzen, erwähnenden Darstellungen von Baumgart (1992) und Heller (1996) sowie kursorischen Ausführungen bei Nussbaumer (1996) und Zimmer (1997) veröffentlicht Stein (1999) den bis heute einflussreichsten Beitrag, der auch den Begriff „Binnenmajuskel“ etabliert. Nach einer weiteren Behandlung von Grzega (2001) ebbt das sprachwissenschaftliche Interesse an BMS ab. Spätere Erwähnungen folgen in der Regel Steins Deutung, bei BMS handle es sich um eine bewusste Abweichung von der schriftsprachlichen Norm, die als marketingtechnischer Trick eingesetzt werde, um durch bewussten Normverstoß die Aufmerksamkeit des Lesers auf Produkt- und Markennamen zu lenken.
Die jüngste Entwicklung, insbesondere die fortschreitende Ausbreitung von BMS auf neue schriftsprachliche Anwendungsbereiche machen es erforderlich, die von Stein vorgelegte Interpretation des Phänomens einer Revision zu unterziehen. Insbesondere ist es notwendig, die Funktion von BMS genauer aus den schriftsprachlichen Bedürfnissen der Sprachgemeinschaft heraus zu entwickeln. Der folgende Beitrag versteht sich daher als Ergänzung, aber auch als Modifikation des Stein’schen Deutungsansatzes.
Wenn ein grafostilistisches Phänomen wie BMS sich mit hoher Eigendynamik gegen die etablierte Norm entwickelt, so müssen mindestens drei Faktoren zusammenkommen, um diese Entwicklung zu ermöglichen:
- Es muss ein (schrift-)sprachliches Problem geben, für dessen Lösung Bedarf besteht, für das aber keine von der Sprachgemeinschaft als hinreichend erachteten Lösungswege etabliert sind. Eine solche Situation kann dadurch zustande kommen, dass das schriftsprachliche Problem neu entstanden ist und einer Lösung zugeführt werden muss. Es kann sich auch ein bereits vorhandenes Problem durch außersprachliche Entwicklungen verschärft haben, sodass die etablierten Lösungswege nicht mehr als ausreichend erachtet oder zunehmend als unbefriedigend empfunden und daher abgelöst werden.
- Es muss historische Wurzeln geben, von welchen die Entwicklung ihren Ausgang nehmen und an welche sie anknüpfen kann. Diese Wurzeln müssen dem Problem nicht notwendigerweise funktional verwandt sein, sie können auch lediglich als „Ideengeber“ fungieren. Die Ausweitung ihres Gebrauchs wird aber umso wahrscheinlicher, je näher sie ihrer Struktur nach dem schriftsprachlichen Problem sind.
- Es muss einen Motor geben, der dafür sorgt, dass sich das in den Wurzeln angelegte, aber noch nicht produktiv gewordene Potenzial zu einer bestimmten Zeit entfaltet. Dieser Motor führt in der Regel dazu, dass ein spezialisiertes Anwendungsszenario von größeren Kreisen genutzt und dabei auf allgemeinere Gebrauchssituationen generalisiert wird.
Im folgenden Beitrag wird untersucht, worin das sprachliche Problem liegt, auf das BMS reagiert, von welchen Wurzeln sie ausgegangen ist und worin der Motor dieser Entwicklung besteht.
3. Zum Phänomen
Binnenmajuskeln sind vom amtlichen Gebrauch der deutschen Rechtschreibung nicht vorgesehen. Die amtliche Regelung220 (AR) blendet das Phänomen gänzlich aus, die Dudenregeln halten die „Großschreibung im Wortinnern“ für in „bestimmten Kontexten gebräuchlich“, aber „kontrovers diskutiert und für den allgemeinen Schreibgebrauch häufig abgelehnt“ (DUDEN 2009: 56).
BMS stellt zwar eine Abweichung von grundlegenden Prinzipien des deutschen orthografischen Systems dar, allerdings ist nicht leicht zu entscheiden, welches Prinzip eigentlich verletzt wird, denn BMS lässt sich nicht nur als ein Phänomen der Groß- und Kleinschreibung, sondern auch als eines der Getrennt- und Zusammenschreibung interpretieren. Steins Begriff der „Binnenmajuskel“ suggeriert, dass BMS durch Großschreibung eines Buchstabens innerhalb eines orthografischen Wortes zustande kommt, und verdeckt dadurch die alternative Interpretation, dass zwei orthografische Wörter durch Weglassen eines Spatiums verbunden werden. Die Entwicklungsgeschichte im Anfangsbeispiel der ThyssenKrupp AG propagiert eher die Sichtweise eines Fehlspatiums als einer Binnenmajuskel. Im Laufe der Untersuchung wird zu klären sein, ob dies ein generalisierbarer Befund ist.
3.1. Dimensionen des Anwendungsbereiches von BMS
Stein nennt vier Bereiche, in denen BMS gehäuft auftreten, nämlich 1. Computertechnik (OfficeJet, AltaVista), 2. Service und Dienstleistungen (BahnTours, GiroService), 3. Werbung und Werbeanzeigen (AutoForum, ReiseCenter) sowie 4. Firmennamen (KirchGruppe, ProSieben; vgl. Stein 1999: 261f.).221 Diese Kategorisierung erhebt nicht den Anspruch, disjunkt oder exhaustiv zu sein, denn zwischen allen vier Gruppen sind deutliche Schnittmengen festzustellen. So können viele Produkte der Computertechnik gleichzeitig als Firmennamen wie als Serviceangebote verstanden werden (AltaVista, CompuServe) und als solche auch Gegenstand von Werbeanzeigen sein.
In der aktuellen Entwicklung lässt sich die Ausbreitung von BMS sowohl innerhalb als auch außerhalb der von Stein konstatierten Kategorien belegen. Neben der weiteren Verwendung im Computer- und Technikbereich (iPad, Quality Hosting) und bei Firmennamen (easyJet, nVidia, GlaxoSmithKline), finden sich BMS zunehmend auch in Anwendungsbereichen, die aus Steins Typologie herausfallen (CityClean, BuchReigen, AntoniQ, Bio-Zisch). Dazu gehört in größerem Umfang auch der Forschungs- und Bildungssektor, in dem BMS ebenfalls besonders häufig im Zusammenhang mit neuen Medien, Internet und Technik auftritt (OpenCourses, eTEACHiNG, MyMobile, eXplorarium).222 Hinzu kommen ferner Produkte von Bildungsverlagen (EinFach Deutsch, ZuHören, MatheNetz), wissenschaftliche und pädagogische Programme (LehrOptim, BeLesen, MitVerantwortung223) und Institutionen (FernUniversität Hagen, EuroComCenter).
Nach wie vor zeigt BMS eine hohe Affinität zum semantischen Feld „Modernität und Technik“, dem sich die meisten Verwendungsbelege assoziieren lassen. Allerdings reicht diese Bestimmung allein nicht aus, denn weder lassen sich alle Anwendungsbeispiele diesem Themengebiet zuordnen (etwa BioFrischeMarkt, KönigPilsener) noch wird BMS selbst in seinen Kerngebieten auf alle Arten von technischen Begriffen angewendet (*GrafikKarte, *BetriebsSystem, *SmartPhone).
Hinzukommen muss ein zweiter, funktionaler Aspekt, der sich vorläufig als „Begriffsbildung und Namensgebung“ fassen lässt. Durch BMS ausgezeichnete Sprachstrukturen sollen in besonderer und noch näher zu spezifizierender Weise als (Eigen-)Namen verstanden werden.
Der Anwendungsbereich von BMS ist damit von zwei unabhängigen semantischfunktionalen Dimensionen strukturiert, durch die ihr Auftreten begünstigt wird. Die erste, sprachexterne Dimension legt das lebensweltliche Verwendungsgebiet auf den Bereich „Modernität und Technik“ fest. Die zweite, sprachinterne Dimension grenzt das funktionale Verwendungsprinzip auf Begriffsbildung und Namensgebung ein.
BMS wird umso wahrscheinlicher, je stärker eine schriftsprachliche Entität von diesen beiden Dimensionen beeinflusst wird. Das erklärt ihren Gebrauch bei Produkt-, Marken-und Firmennamen im Allgemeinen und bei technischen Produkten im Besonderen. In dem von Stein konstatierten Anwendungsbereich „Service un...
Inhaltsverzeichnis
- studia grammatica 76
- Titel
- Impressum
- Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Die Kern/Peripherie-Unterscheidung: Probleme und Positionen
- Kernigkeit: Anmerkungen zur Kern-Peripherie-Unterscheidung
- Ja, nein, doch als sententiale Anaphernund deren pragmatische Optimierung
- Festschrift oder nicht Festschrift Syntax, Semantik und Pragmatik einerperipheren Konstruktion
- Variation im Kernbereich: Koordinierte Subjekte und Subjekt-Verb-Kongruenzim Deutschen
- Differentielle Objektmarkierung: Spezifizität und Akkusativ im Spanischen
- German psych-adjectives
- Result states, target states, and aspectual perfectivity
- Syntactic constraints and production preferencesfor optional plural marking in Yucatec Maya
- Computations in the mental lexicon: Noun classes and the mass/count distinction
- Notes on prepositional systematicityin German and Spanish
- Coordinative structures in morphology
- Sechzehn, sechzig, vierundsechzig Zur Bildung komplexer Kardinalia im Deutschen
- Ein Trick wird Trend: Zur Dynamik, den Wurzeln und der Funktionvon Binnenmajuskelschreibung