„Und käm das Kindlein
heut zur Welt“
Wintermorgen am Staden
Am Staden raunt die Saar, verdampft Gespenster
und Bänke ducken sich in Strauchverstecken.
Es kugeln Hagebutten aus den Hecken.
Der Himmel öffnet kleine Wolkenfenster,
aus welchen Raureif rieselt, fällt. Wo längs der
verlassnen Ufer Enten Köpfe recken,
bevor sie schlingern durchs kalte Wasserbecken,
die Bahnen enger werden und begrenzter.
Das Eiskristall aus hohen Fronten fiel,
es unaufhörlich klirrt wie Harfenspiel
und Silberglanz verbreitet Winterkatechismen.
Welch’ frohe Botschaft, wie schimmern Prismen,
erhellen Bilder, Wege aus der Nacht,
bis alles Dunkle ans Tageslicht gebracht.
Und käm das Kindlein heut zur Welt
Und käm das Kindlein heut zur Welt
im heiligen Saarbrücken,
das Standesamt hätt’ es gezählt,
notfalls den Namen ausgewählt,
wenn’s Stammbuch voller Lücken.
Und käm das Kindlein unbemannt,
wär der Erzeuger unbekannt,
niemand würd es bedrücken.
Und ging Maria hinterher
zum Amt für Gottes Gnaden,
für Wohnung, Kleidung und Verzehr
den Antrag stellen und noch mehr
in Formularen baden.
Und wär das Kind ohn’ Unterhalt,
die zugewies’ne Wohnung kalt,
würd niemand sie einladen.
Und käm die Aufsicht ungefragt
vom Amt für alle Kinder
und hätt Maria dann gesagt,
dass sie es ganz alleine wagt,
das Amt wär Vaterfinder!
Und gäb den Namen sie nicht preis,
gäb es statt Vorschuss ’nen Verweis,
die Schmach wär nicht gelinder.
Und würd der Unterhalt gekürzt
vom Amt für Gottes Gnaden,
Maria wär in Not gestürzt,
auch wenn die Ärmel aufgeschürzt,
zur Arbeit vorgeladen.
Und wär der Lohn auch viel zu knapp,
von früh bis spät wär sie auf Trab,
Leben auf Zeittaktpfaden.
Und käm ein Mann wie Josef her
und würde sie umsorgen,
erführ’ das Amt die ganze Mär,
der Tratsch der Nachbarn lastet schwer,
dem Amt blieb nichts verborgen.
So gäb es doch kein Elterngeld,
weil ohne Trauschein dies nicht zählt,
es blieben noch mehr Sorgen.
Nun sag, oh lieber Herre Christ,
ob dies in Deinem Sinne ist?
Die Adventsfeier
Oberbürgermeisterin: „Die Weberin soll reinkommen.“
Frau Weber: „Guten Morgen Frau Oberbürgermeisterin.“
Oberbürgermeisterin: „Guten Morgen Weberin. Ist für die Adventfeier alles vorbereitet?“
Frau Weber: „Ja, die Kerzen sind alle gekauft.“
Oberbürgermeisterin: „Wie, welche Kerzen?“
Frau Weber: „Die Kerzen für die Adventsfeier.“
Oberbürgermeisterin: „Weberin, wir können nur elektrische Kerzen brennen lassen, Brandschutzbestimmung!“
Frau Weber: „Der Umweltschutz, dachte ich, müsste in diesem Jahr vorgehen.“
Oberbürgermeisterin: „Weberin, das geht nicht. Das ist gegen die Vorschrift!“
Frau Weber: „Ich halte mich lieber an die Nachschrift: Hier regierte die Oberbürgermeisterin mit den hellsten Köpfen.“
Oberbürgermeisterin: „Also bitte, Weberin, was soll denn das?“
Frau Weber: „Soll in ihrem Nachruf vielleicht stehen, dass sie Energie verschwendet hätten? Stellen sie sich das vor, die Landeshauptstadt als Energiefresserin.“
Oberbürgermeisterin: „Sie wissen genau, was uns die Brandschutzauflagen für Ärger machen. Der Umbau der HTW wird deshalb in die Geschichte eingehen.“ Frau Weber: „Der Umweltschutz ist in diesem Jahr höher zu bewerten, seitdem das Schwedenkind Greta das Klima vergiftet.“
Oberbürgermeisterin: „Die kleine Greta tritt für die Zukunft der Jugend ein.“
Frau Weber: „Eben. Deshalb brennen an diesem Abend nur Kerzen. Stellen sie sich vor, Greta wäre hier.“
Oberbürgermeisterin: „Das will ich mir nicht vorstellen.“
Frau Weber: „Dann stellen sie sich vor, neben ihren Beschäftigten ständen auch deren Kinder.“
Oberbürgermeisterin: „Die Adventsfeier ist doch kein heiliger Abend.“
Frau Weber: „Seitdem sich die Kosten für den Neubau des Ludwigsparks verdreifacht haben, ist hier nichts mehr heilig.“
Oberbürgermeisterin: „Da sehen sie es. Wir müssen uns an die Vorschriften halten, sonst fliegen uns die Brandschutzbestimmungen um die Ohren.“
Frau Weber: „Anstatt dessen dann der Haushalt.“
Oberbürgermeisterin: „Wieso Haushalt. Der ist doch genehmigt. Der kann uns nicht mehr um die Ohren fliegen.“
Frau Weber: „Wenn die Zinseszinsen nicht mehr aufzubringen sind, brennt es nicht nur im Staate Dänemark.“
Oberbürgermeisterin: „Wir werden eine Teilentschuldung bekommen. Das hat man mir in Berlin hoch und heilig versprochen.“
Frau Weber: „Wenn denen in Berlin das Versprechen so heilig ist wie ihnen die Adventsfeier, geht uns der Strom sicher bald ganz aus.“
Oberbürgermeisterin: „Wenn sie unbedingt sparen wollen, werden halt nur vier Adventskerzen brennen, elektrische wohlgemerkt.“
Frau Weber: „Bei den vielen Heiligenscheinen wäre eine Festbeleuchtung auch völlig überflüssig.“
Oberbürgermeisterin: „Heiligenscheine, wer hat denn hier einen Heiligenschein an?“
Frau Weber: „Alle, die Wasser predigen und Wein trinken.“
Oberbürgermeisterin: „Gut, dann ist der Glühwein auch gestrichen. Sonst noch was?“
Frau Weber: „Eine Adventsfeier, bei der nur vier elektrische Adventskerzen brennen und es keinen Glühwein gibt, wird bei den Beschäftigten nicht sonderlich ankommen. Da werden wir wohl unter uns bleiben.“
Oberbürgermeisterin: „Was zählt, ist das Angebot, nicht die Anwesenheit der Beschäftigten. So erfüllen wir unsere Arbeitgeberpflicht.“
Frau Weber: „Wenn der liebe Gott nur seine Pflicht erfüllt hätte, wäre sein Sohn nicht zur Welt gekommen. Es gäbe gar kein Weihnachtsfest. Die Menschheit würde nicht erlöst werden.“
Oberbürgermeisterin: „Also schön, zünden sie Kerzen an, schenken sie Glühwein aus und damit Sie Ruhe gegen, bestellen sie auch noch Schnittchen und Weihnachtsstollen. Um den Brandschutzbestimmungen zu genügen, soll die Feuerwehr vorsorglich ein paar Männer im Rathaus postieren und deklarieren sie das Ganze als vorgezogene Brandschutzübung. Dann haben wir diese bereits für das nächste Jahr abgehakt.“
Frau Weber: „Schön und gut. Das Problem ist aber, dass die Feuerwehr unterbesetzt ist und wir dafür gar kein Personal haben. Die Zeitarbeiter können wir nur für Noteinsätze aktivieren und die Kollegen mit den befristeten Arbeitsverträgen haben wir alle in den Urlaub geschickt.“
Oberbürgermeisterin: „Ist das so? Dann sichern sie den Zeitarbeitern und den anderen Feuerwehrleuten eine feste Anstellung zu. Ist das jetzt genug, Weberin?“
Frau Weber: „Das nenn ich eine umsichtige Politik, Vergnügen und Pflicht miteinander zu verknüpfen und daraus auch noch Kapital schlagen.“
Oberbürgermeisterin: „Ich nenne das, zwei Fliegen mit eine Klappe schlagen.“
Frau Weber: „Dann können wir also die offenen Stellen der Feuerwehr wieder fest besetzen und die befristeten Arbeitsverträge in feste umwandeln?
Oberbürgermeisterin: „Ja, in Gottes Namen. Veranlassen Sie alles. Die Genehmigung durch den Stadtrat holen wir in der nächsten Sitzung nach.“
Frau Weber: „Mein Gott, die werden sich vielleicht freuen. Und erst deren Kinder und all die kleinen Gretas und Peters in Saarbrücken. Das nenn ich eine tolle Weihnachtsüberraschung. Diese Adventsfeier wird auch in die Geschichte eingehen.“
Schneefall
Die Gärten gähnen morgens voller Leere,
wenn Nebel jedes Licht bekämpft, erdrückt.
Ein kleiner Rest der Sommervogelheere
am Boden unterm Strauch zusammenrückt,
um als gemischte Trupps sich zu schützen
vor Raubvögeln und andren Nahrungssuchern,
gemeinsam sie sich gegenseitig stützen,
wenn über Nacht Schneefall und Kälte wuchern.
Die Stadt jedoch versinkt im Frost und Glatteis,
der Hauptverkehr zockelt im Schritt ans Ziel,
und viele eilen hin zum nächsten Bahngleis.
Wer kann, zu Hause bleibt, lässt sich nicht zwingen.
allein vielen wird manches nicht gelingen.
Draußen erlahmt die Welt im Flockenspiel.
Das Weihnachtskonzert
Frau Strauß hatte sich zum Christkindlmarkt in Saarbrücken im Hotel ...