
- 64 Seiten
- German
- ePUB (handyfreundlich)
- Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub
Über dieses Buch
Die Autorin verbringt eine kleine Auszeit in einem angesagten Wellnesshotel.Dort trifft sie auf Menschen unterschiedlichster Herkunft und Lebenserfahrung, wodurch deren Auftreten und Handeln geprägt ist.Gemeinsame Erlebnisse werden spotähnlich erzählt und finden in der psychedelischen Inszenierung eines Gala-Abends ihren Höhepunkt.
Häufig gestellte Fragen
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Information
Das Spiel
Das Jahr neigte sich dem Ende zu. Es war Mitte Oktober, die farbigen Blätter an den Bäumen verzauberten die Landschaft. Dieses Jahr war ein gutes, aufregendes, vorwärts strebendes Jahr.
Ein positiver Rückblick, den ich in diesem Moment genoss. Wir verließen die Autobahn. Wir, mein geliebtes, sportliches, total auf mich fixiertes, kleines Auto-Monsterchen, welches mich wohl behütet über die Straßen fuhr. Wir verstanden uns blind, sprachen die selbe Sprache, hatten die selben Bedürfnisse, genossen die gemeinsamen Pausen an den Tanksäulen, an den WC- Häuschen. Ich, eine Ruhe bedürftige, trotz der vielen durchlebten Jahre noch sehr neugierige, aber auch noch immer ein wenig zu schüchterne, weibliche Person.
Gemeinsam bewältigten wir die vielen kurvenreichen Straßen durch diese wunderbare Landschaft. Grün war sie bis ganz an den Rand, kurvig wie auf einer Achterbahn, einfach schön. Da lugte es vorsichtig hervor, noch halb versteckt hinter schützenden Tannen, noch halb bedeckt von schützenden grünen Wiesenhügeln. Mein Hotel, mein Ort der Erholung. Ein Geburtstagsgeschenk von mir, an mich, für eine ganz Woche. Die Vorfreude war groß.
Das Hotel, es war ein sehr stattliches, nicht wirklich schönes Bauwerk. Dies war mein erster Eindruck. Empfangen wurde ich mit offenen Armen. Bei dieser Willkommensgeste lief mir ein kurzer, kalter Schauer über den Rücken. Warum? Waren die Arme zu weit ausgebreitet? Freute ich mich zu sehr auf die Tage des Nichtstun? Machte mir die Trennung für diese eine Woche von meinem treuen Gefährten, meinem Auto-Monsterchen heimlich zu schaffen? Oft war ich geneigt, mir zu viele Fragen zu stellen. In diesem Fall gab es noch keine Antwort.
Die Zufallsbegegnung auf dem Gang brachte mich schon in der Frühe des ersten Tages in eine positive Stimmung. Tief versunken in meine Gedanken, tief eingegraben in meinen viel zu großen, weißen, flauschigen Hotelbademantel auf dem Weg in das beheizte Außenbecken, begrüßte mich, wie eine lang vermisste alte Bekannte, der Hoteldirektor. Schneidig schritt er mir entgegen. Groß, vorwärtsdrängend, dynamisch signalsierte er mir seine Vitalität.
Er war nicht klein, aber auch nicht sehr groß. Seine Erscheinung wirkte recht kompakt, vielleicht ein wenig zu vornehm mit seiner runden, dunkelbraunen Hornbrille, dem grauen Anzug mit braunem Einstecktuch, passend zur Brillenfarbe. Seine Augen brachten mir ein jugendliches Leuchten entgegen, welches mich ein wenig befangen machte. Nein, er war kein Womanizer. So zauberte diese Vorstellung ein Lächeln auf mein Gesicht. Sein Name Erwin Klein. „Klein wie groß,“ so stellte er sich mir vor, gab mir die Hand mit einem festen Druck, machte einen angedeuteten, galanten Diener und eilte weiter. Der Tag konnte beginnen.
Noch versteckte der Morgennebel die Landschaft. Nebelschwaden, kompakt wie riesige, lichtgraue Wolken, vereinten sich mit der warmen Wasseroberfläche. Langsam, recht vorsichtig zog ich meine Bahnen. Ich schwamm alleine, es war still. Mein Körper wärmte sich in diesem nassen Element. Der aufsteigende Wasserdampf umhüllte mich mit seinem Schleier. Die reine Entspannung, wie ich sie mir hier erwartete, trat nicht ein. Mir war unheimlich, mir war gruselig. Der Nebel entpuppte sich als Wassergeist, er duldete keine Konkurrenz.
In der Empfangshalle gab es ein lautes, geschäftiges Hin und Her. Koffertrollis wurden ungeduldig über den großen, dunkelgrünen, allzu dicken Eingangsteppich gezogen. Als wolle er seine Wichtigkeit unter Beweis stellen, stemmte er sich gegen die kleinen, schwarzen Plastikrollen, hielt sie genüsslich für einen kurzen Moment fest in seinen Armen, ließ sie dann nach einem qualvollem Kampf wieder frei, putzte sich, schüttelte sich zurecht, bereit für den nächsten Kampf.
Laura, eine robuste Mittvierzigerin, mit straff nach hinten gebundenem schwarzen Haar, mit aufmerksam dunkel funkelnden Augen, erledigte ihren Job wie eine versierte Dirigentin. Schnell, sehr konzentriert, flog ihr Blick über die ihr gereichten Papiere. Freundliches Nicken war ihre Bestätigung der Buchung. Mit elegantem Schwung nahm sie den Schlüssel, in Form einer Plastikkarte, aus einer nicht einsehbaren Schublade, lächelte, wies den Gast mit einer weich geschwungenen, tänzerisch anmutenden Armbewegung den Weg zum Aufzug, agierte weiter, empfing den nächsten Gast, ließ die Vorstellung von Neuem beginnen.
Fasziniert von dieser virtuosen Aktivität, stand ich da, angelehnt und halb im Schatten einer Säule, verkrochen in meinen allzu großen, weißen, flauschigen Hotelbademantel, beobachtete ich dieses virtuose Bewegungsspiel, summte, erfand dazu meine eigene kleine Melodie. Stimmengewirr, Papiergeräusche, das Klappern der Schuhe, das Surren des Fahrstuhls unterstrichen die Mimik, spielten mit in meinem Orchester der Phantasie.
Der letzte Gast checkte ein. Müde sah er aus. Aus seiner linken, sehr zerknitterten Jackentasche zog er vorsichtig die Hotelreservierung, legte sie mit einem kurzem, müden Lächeln, einem schiefen Achselzucken der Entschuldigung in Lauras ausgestreckte, sehr gepflegte Hände. Erstaunt zog sie ihre sonst so glatte Stirn in Fragefalten. Das Papier in ihren Händen war sorgfältig, nein geradezu akribisch gefaltet. Es war gefaltet in Form eines Himmel und Hölle Spiels. Erstaunt schaute Laura den ankommenden Gast mit ihren dunkel funkelnden, schwarzen Augen an. Nach einem kurzen Moment der absoluten Stille, fing sie leise an zu Glucksen, welches sich dann in ein unaufhaltsames Lachen, bis ihr die Tränen kamen, steigerte. „Marc März, März wie Frühling“ stellte er sich vor.
Still, ja fast unbeweglich stand er, Marc März, da, in der Hoteleingangshalle. Seinen hellbeigen Trenchcoat hatte er lässig über die rechte Schulter geworfen. Er trug eine dunkelblaue Stoffhose, die in sich mit einem leichten, großen Karomuster verziert war. Das weiße Hemd stand ein wenig zu weit offen, es fehlte die Krawatte. Die spitzen, reich dekorierten Cowboystiefel unterstrichen seinen individuellen Bekleidungsstil. Seine gepflegten Hände waren schmucklos. Als einziges Accessoire trug er an seinem linken Arm eine Uhr, die schon eine gewisse Uhrenkenntnis voraussetzte.
Langsam nahm er seinen Zimmerschlüssel, in Form der Plastikkarte, in Empfang und entschwand hinter der summenden, sich schließenden Fahrstuhltür. Laura lachte ins Leere, verstummte abrupt. Was war geschehen? Was in Gottes Namen hatte dieser Gast mit ihr gemacht? Ihr Verhalten war ihr peinlich und, obwohl niemand mehr zugegen war, wurde Laura vor Verlegenheit und Wut auf ihre Unbeherrschtheit sauer und mißstimmig.
Mein Zimmer lag im zweiten Stock, es war von mittlerer Größe. Ein kleiner Flur mit praktischen Einbauschränken, in denen sich ein Tresor versteckte. Vertrauen hatte ich dazu allerdings nicht wirklich. Links daneben das Bad, mit all dem Komfort des heutigen Wellnessgedankens ausgestattet.
Das Zimmer hell, die Farben der Wände, der Einbaumöbel, der Bettwäsche dezent aufeinander abgestimmt. Eine etwas zu klein geratene Buschrose in einer weißen, sehr schmal zulaufenden Keramikvase stellte sich als Akzent in diesem „ton sur ton“ Ambiente dar. Beinahe hätte ich sie übersehen, doch im letzten Moment zog ich sie liebevoll an mich, stellte sie auf meinen, irgendwie in der Lu...
Inhaltsverzeichnis
- Zum Titel
- Zur Autorin
- Textbeginn
- Impressum