Sherlock Holmes und die Ohren
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Sherlock Holmes und die Ohren

  1. 48 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Sherlock Holmes und die Ohren

Über dieses Buch

Wem bloß gehören die abgetrennten Ohren? Sherlock Holmes wird gerufen, als Miss Susan Cushing ein Paket mit diesem schaurigen Inhalt erhält. Inspektor Lestrade von Scotland Yard vermutet einen dummen Scherz, doch Holmes glaubt an ein schwerwiegenderes Verbrechen und findet auch schon bald Hinweise, die in die richtige Richtung zeigen...

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Der vermisste Fussballspieler

Wir waren ziemlich daran gewöhnt, rätselhafte Telegramme zu erhalten, aber besonders liegt mir noch eins im Sinn, das vor etwa acht Jahren an einem düsteren Februarmorgen ankam und Holmes einige Verlegenheit bereitete. Es trug seine Adresse und lautete:
Bitte, mich erwarten. Furchtbares Unglück. Wichtigster Mann fort; morgen unentbehrlich. —
Overton.
„Es trägt die ordnungsmässige Stempelmarke und ist um zehn Uhr sechsunddreissig Minuten aufgegeben worden,“ sagte mein Freund, nachdem er es immer wieder gelesen hatte. „Herr Overton war augenscheinlich sehr aufgeregt, als er’s abschickte, und daher etwas verwirrt. Nun, ich glaube, er wird gleich selbst ankommen und dann werden wir ja alles erfahren. Ich will einstweilen die »Times« durchgucken. Selbst die unbedeutendste Aufgabe würde mir in dieser flauen Zeit willkommen sein.“
Wir hatten tatsächlich schon länger keine richtige Beschäftigung mehr gehabt, und ich hatte diese Perioden der Untätigkeit fürchten gelernt, denn mein Freund war eine so rührige Natur, dass es gefährlich für ihn war, wenn er nicht die nötige Arbeit hatte. Seit Jahren hatte ich ihm den Genuss narkotischer Mittel allmählich abgewöhnt, wodurch früher einmal seine ganze Laufbahn beinahe unterbrochen worden wäre. Nun wusste ich zwar, dass er unter gewöhnlichen Umständen nach diesen Reizmitteln kein Verlangen mehr trug, aber ich war mir ebenso klar darüber, dass der Feind nicht tot war, sondern nur schlief; und ich hatte die Erfahrung gemacht, dass dieser Schlaf nicht sehr fest und das Erwachen sehr nahe war, sobald Perioden der Untätigkeit kamen. Dann zeigte sein asketisches Gesicht grosse Niedergeschlagenheit, und seine tiefen, unergründlichen Augen nahmen den Ausdruck des dumpfen Dahinbrütens an. Ich segnete deshalb diesen Herrn Overton, wer er auch sein mochte, weil er durch seine sonderbare Botschaft diese unheimliche Ruhe unterbrochen hatte, welche für meinen Freund gefährlicher war als alle Stürme seines bewegten Lebens.
Wie wir erwartet hatten, blieb der Absender der Depesche nicht lange aus. Herr Cyril Overton vom Trinity College in Cambridge war ein riesenhafter junger Mann, er hatte einen enormen Knochenbau und eine entsprechende Muskulatur; seine breiten Schultern füllten unsere Türe vollkommen aus. Dabei hatte er ein ganz nettes, sympathisches Gesicht, dem man freilich die Unruhe auf den ersten Blick ansah.
,,Herr Sherlock Holmes?“
Mein Freund verbeugte sich.
„Ich komme eben von Scotland Yard herauf, Herr Holmes. Ich sprach den Inspektor Hopkins. Er riet mir, mich an Sie zu wenden. Er sagte, der Fall sei, so weit er ihn beurteilen könne, eher etwas für Sie, als für die reguläre Polizei.“
„Bitte, nehmen Sie Platz und erzählen Sie mir, was los ist.“
„’s ist schrecklich, Herr Holmes, einfach schrecklich! Ich wundere mich, dass ich noch keine grauen Haare habe. Godfrey Staunton — Sie haben von ihm gehört, selbstverständlich? Beim ganzen Spiel dreht sich alles um ihn. Lieber sollen mir drei andere fehlen als gerade er, keiner reicht ihm das Wasser. Er ist das Haupt und hält das ganze Spiel zusammen. Was soll ich nun anfangen? Das sollen Sie mir sagen, Herr Holmes. Da ist freilich noch Moorhouse, der erste Reservemann, er ist aber nur halb trainiert. Er hat ja ’nen guten Fuss, aber nicht die nötige Ueberlegung. Ei, Morton, oder Johnson, die berühmten Oxforder Fussballspieler, würden ihn schön schlagen. Und Stevenson wäre ja fest genug, der ist aber auf seinem jetzigen Posten ganz unentbehrlich. Nein, Herr Holmes, wir sind verloren, wenn Sie mir nicht helfen können, Godfrey Staunton aufzufinden.“
Holmes hatte den Worten des Herrn Overton mit Interesse zugehört. Der ausserordentliche Eifer und Ernst, womit sie hervorgestossen wurden, und der Nachdruck, den der Sprecher jedem einzelnen Punkt durch einen gewaltigen Schlag mit seiner muskulösen Hand auf seine Knie verlieh, schienen ihn zu amüsieren.
Als unser Besucher mit seiner Erklärung fertig war, holte Holmes den Band mit S seines selbstangelegten Lexikons vom Bücherregal herunter. Zum erstenmal sah er vergeblich in diesem reichhaltigen Sammelwerk nach.
,,Ich habe hier einen Artur H. Staunton, einen vielversprechenden Falschmünzer,“ sagte er, ,,und den Henry Staunton, dem ich zum Galgen verholfen habe, aber Godfrey Staunton ist mir ein unbekannter Name. Wer und was ist denn dieser Staunton?“
Nun machte unser Klient ein erstauntes Gesicht.
„Aber Herr Holmes, ich glaubte, Sie wüssten alles mögliche,“ sagte er. „Wenn Sie nie was von Godfrey Staunton gehört haben, dann kennen Sie womöglich auch Cyril Overton nicht?“
Holmes schüttelte lächelnd den Kopf.
„Unglaublich!“ rief der Athlet. „Ei, ich war der erste Sieger für England gegen Wales und habe schon ein Jahr an der Spitze des akademischen Fussballklubs gestanden. Aber das ist noch gar nichts gegen Godfrey Staunton, den Sieger von Cambridge, Blackheath und fünf internationalen Fussballwettspielen. Gütiger Gott! Herr Holmes, wo sind Sie eigentlich auf der Welt gewesen?“
Holmes lachte über das kindliche Staunen des jungen Wettkämpfers.
„Sie leben in einer ganz anderen Welt als ich, Herr Overton, in einer angenehmeren und gesunderen Atmosphäre. Meine Beziehungen erstrecken sich auf viele Gesellschaftsschichten, aber, ich kann wohl sagen glücklicherweise, nicht in die Kreise des Liebhabersports, der ein gutes und gesundes Zeichen ist für die innere Kraft des englischen Volkes. Doch beweist mir Ihr unerwarteter Besuch, dass es auch in dieser frischen Welt für mich zu tun gibt; ich bitte Sie nun, mein lieber Herr, mir langsam und ganz ruhig den Sachverhalt genau anzugeben und mir zu sagen, in welcher Weise ich Ihnen behilflich sein kann.“
Der junge Herr Overton war ein Mann, der mehr an den Gebrauch seiner Muskeln als an den seines Gehirns gewöhnt war. Er machte ein ziemlich verlegenes Gesicht, aber nach und nach, mit vielen Wiederholungen und Unklarheiten, die ich hier weglassen will, brachte er folgendes heraus.
„Die Sache ist, wie Sie sehen werden, die, Herr Holmes. Wie ich gesagt habe, bin ich Vorstand des Fussballklubs in der Universitätsstadt Cambridge, und Godfrey Staunton ist mein bester Mann. Morgen spielen wir gegen Oxford und zwar hier in London. Gestern sind wir alle hierhergefahren und haben uns in Bentleys Privathotel einquartiert. Um zehn Uhr machte ich die Runde und sah nach, ob alle Mitglieder zur Ruhe gegangen waren, denn ich halte ausreichenden Schlaf für unerlässlich vor einem Wettspiel. Ich sprach mit Godfrey noch ein paar Worte, ehe er sich legte. Er kam mir blass und aufgeregt vor. Ich fragte ihn, was er habe. Er antwortete, es sei weiter nichts — nur ein bisschen Kopfschmerzen. Ich wünschte ihm Gutenacht und ging hinaus. Nach einer halben Stunde sagte mir der Portier, dass ein Mann mit einem wilden Bart mit einem Brief für Herrn Staunton draussen sei. Da er noch auf war, wurde ihm das Schreiben auf sein Zimmer gebracht. Godfrey las es und sank, wie vom Schlag gerührt, auf einen Stuhl. Der Portier war so erschrocken, dass er mich holen wollte, aber Godfrey hielt ihn zurück, liess sich einen Schluck Wasser geben und stand wieder auf. Dann ging er die Treppe hinunter, wechselte noch ein paar Worte mit dem Ueberbringer des Briefes, der im Hausflur wartete, und ging mit ihm zusammen weg. Als ihnen der Portier zum letztenmal nachblickte, liefen sie schon die Strasse hinunter. Heute morgen war Godfreys Zimmer leer, sein Bett war unbenutzt, und auch sonst lag noch alles an derselben Stelle wie am Abend. Er war auf eine plötzliche Nachricht hin mit diesem Unbekannten weggegangen, und wir haben seitdem kein. Wort von ihm gehört. Ich glaub’ nicht, dass er je wiederkommt. Er war ein grosser Sportsfreund, der Godfrey, mit Leib und Seele, und er würde sein Trainieren nicht unterbrochen und seinen Vorstand im Stich gelassen haben, wenn er nicht einen sehr triftigen Grund gehabt hätte. Nein, ich hab’ das Gefühl, als ob er für immer fort wäre und wir ihn nie wiedersehen würden.“
Holmes hatte dieser merkwürdigen Erzählung aufmerksam zugehört.
„Was haben Sie dann getan?“ fragte er am Ende.
„Ich telegraphierte nach Cambridge, um zu erfahren, ob man dort was von ihm gehört hätte. Ich bekam die Antwort, kein Mensch hätte ihn gesehen.“
,,Konnte er am selben Abend noch nach Cambridge zurückfahren?“
„Ja, es fährt noch ein später Zug — um viertel zwölf.“
„Aber so weit Sie haben in Erfahrung bringen können, hat er ihn nicht benutzt?“
„Nein, es hat ihn niemand gesehen.“
„Was taten Sie nachher?“
„Ich depeschierte an Lord Mount-James.“
„Warum an Lord Mount-James?“
„Godfrey hat keine Eltern mehr, und Lord Mount-James ist sein nächster Verwandter — sein Onkel, glaub’ ich.“
,,So, so? Das lässt die Sache schon in einem neuen Lichte erscheinen. Lord Mount-James ist einer der reichsten Männer in England.“
,,Das hat mir Godfrey auch gesagt.“
,,Und Ihr Freund war wirklich nahe verwandt mit ihm?“
,,Jawohl, er war sein Erbe, und der alte Knabe ist beinahe an die achtzig — und hat ausserdem noch die Gicht. Man sagt, er könne das Billardqueue an seinen Gelenken einkreiden. Er gab Godfrey keinen Heller, er ist ’n furchtbarer Geizkragen, aber immerhin muss es ihm nach dem Tod des Onkels zufallen.“
„Haben Sie von Lord Mount-James Antwort bekommen?“
„Nein.“
„Aus welchem Grunde sollte Ihr Freund zu Lord Mount-James gegangen sein?“
„Nun, irgendwas drückte ihn, und wenn’s Geldsorgen waren, ist’s immerhin möglich, dass er seinen nächsten Verwandten drum angegangen hat, der so viel hat; obgleich er, nach allem, was ich weiss, keine grossen Chancen hat, was zu bekommen. Godfrey mochte den Alten nicht. Er würde sich nicht an ihn wenden, wenn’s nicht unbedingt nötig wäre.“
„Das lässt sich ja leicht feststellen. Wenn Ihr Freund zu seinem Verwandten, Lord Mount-James, gegangen ist, dann müssen Sie eine Erklärung für den Besuch dieses Mannes mit dem struppigen Barte finden, welcher in so später Stunde gekommen ist, und dessen Brief Ihren Freund so stark erregt hat.“
Overton presste die Hände gegen den Kopf und sagte dann: „Ich kann nicht klug draus werden, dies ganze Unglück bringt mich noch um den Verstand.“
„Nun, ich habe heute nichts weiter vor und will gerne die Sache in die Hand nehmen,“ sagte Holmes beruhigend. „Ich rate Ihnen, auf alle Fälle Ihr Wettspiel ohne Rücksicht auf diesen jungen Herrn zu arrangieren. Es muss, wie Sie selbst sagen, eine starke Notwendigkeit vorgelegen haben, dass er auf diese Weise und unter diesen Umständen fortgegangen ist, und dieselbe zwingende Notwendigkeit wird ihn auch wohl abhalten, rechtzeitig zurückzukommen. Wir wollen zusammen ins Hotel gehen und sehen, ob uns der Portier etwas Neues sagen kann.“
Holmes war ein hervorragender Meister darin, einen Zeugen aus dem niederen Volk sich gefügig zu machen, und so hatte er denn in ganz kurzer Zeit in Stauntons verlassenem Zimmer aus dem Portier alles herausgezogen, was er nur aussagen konnte. Der Besucher von der vorhergehenden Nacht war weder ein feiner Herr noch ein Arbeitsmann, er war, wie der Portier sich ausdrückte „so ’n Mittelding“, ein Mann von etwa fünfzig Jahren, mit graumeliertem Barthaar, blassem Gesicht und in einfacher Kleidung. Er schien selbst erregt gewesen zu sein. Der Portier hatte gesehen, wie ihm die Hand zitterte, als er ihm das Schreiben überreichte Staunton hatte den Brief nachher in die Tasche gesteckt. Er hatte dem Manne im Hausflur nicht die Hand gegeben. Sie hatten nur wenige Worte ausgetauscht, von denen der Portier nur das eine: „Zeit“ verstanden hatte. Dann waren Sie in der oben angegebenen Weise fortgeeilt. Es war auf der Hoteluhr gerade halb elf gewesen.
„Lassen Sie mich mal überlegen,“ sagte Holmes, als er sich auf Stauntons Bett setzte. „Sie haben nur am Tage Dienst, nicht wahr?“
„Jawohl, ich habe von elf ab frei.“
„Der Nachtportier hat vermutlich nichts mehr bemerkt?“
„Nein, Herr; spät ist noch ’ne Gesellschaft aus dem Theater gekommen, sonst niemand.“
„Haben Sie gestern den ganzen Tag Dienst gehabt?“
„Jawohl.“
„Haben Sie dem Herrn Staunton sonst irgendwelche Briefschaften gebracht?“
„Jawohl; ein Telegramm.“
,,Ah, das ist interessant. Um welche Zeit?“
,,Gegen sechs Uhr.“
„Wo war Herr Staunton, als er es in Empfang nahm?“
„Hier in seinem Zimmer.“
„Waren Sie dabei, als er’s aufmachte?“
„Jawohl; ich wartete, ob ich vielleicht Antwort mitnehmen sollte.“
„Nun, hat er geantwortet?“
„Ja. Er schrieb ’ne Antwort auf.“
„Brachten Sie sie nach der Post?“
„Nein; er hat sie selbst fortgebracht.“
„Aber er schrieb sie in Ihrer Gegenwart?“
„Ja. Ich stand wartend an der Tür, und er sass am Tisch. Als er fertig war, sagte er: ,’s ist gut; ich werde selbst nach der Post gehen.“
„Womit schrieb er?“
„Mit ’ner Feder, Herr.“
„Benutzte er ein’s von den Depeschenformularen hier auf dem Tisch?“
„Ja, natürlich.“
Holmes stand auf. Er nahm den Block mit den Formularen, ging damit ans Fenster und untersuchte das oberste genau.
„Es ist schade, dass er nicht mit dem Bleistift geschrieben hat,“ sagte er dann; er zuckte die Achseln und warf die Formulare verstimmt beiseite. „Wie du ohne Zweifel häufig beobachtet hast, Watson, drücken sich dabei die Schriftzüge gewöhnlich durch, — ein Umstand, der schon manchen Gauner in die Hände der Polizei geliefert hat. Aber hier kann ich nichts finden. Ich freue mich aber, dass er eine breite weiche Feder benutzt hat, und ich glaube sicher, dass wir einen Abdruck auf diesem Löschblatt finden werden. Ah, da haben wir’s ja schon!“
Er riss ein Stück vom Löschblatt ab, und zeigte es uns.
Overton war ganz aufgeregt.
„Halten Sie’s gegen den Spiegel!“ rief er.
„Das ist gar nicht nötig, antwortete Holmes. ,,Das Papier ist ziemlich dünn, und auf der Rückseite werden wir die Schrift lesen können.“ Er drehte es um, und wir lasen: ,Stehen Sie uns ums Himmels willen bei!‘
So, das ist aber bloss der Schluss des Telegramms, das Godfrey Staunton wenige Stunden vor seinem Verschwinden abgesandt hat. Es fehlen uns noch wenigstens sechs Worte am Anfang, aber das Ende beweist schon, dass der junge Mann vor einer furchtbaren Gefahr stand, aus der ihn irgend jemand befreien sollte. ,Uns‘, wohlgemerkt! Es war also eine zweite Person mit hineinverwickelt. Wer sollte es sonst sein als dieser blasse, bärtige Mann, der sich selbst in so grosser Aufregung befand? Welcher Art sind dann aber die Beziehungen zwischen Staunton und dem Manne? Und wer ist der Dritte, von dem sie Hilfe erwarteten gegen die dringende Gefahr? Unsere Nachforschung muss sich auf diese Hilfsquelle stützen.“
„Wir brauchen nur die Adresse dieses Dritten ausfindig zu machen,“ warf Herr Overton ein.
,,Gewiss, mein Verehrter. Dieser eminent tiefsinnige Gedanke war mir auch bereits gekommen. Aber Sie werden wohl auch schon erfahren haben, dass, wenn man auf dem Postamt nach der Adresse von anderer Leute Depeschen fragt, die Beamten wenig Entgegenkommen zeigen. Die Sache ist nicht so einfach! Immerhin bezweifle ich nicht, dass wir bei einiger Vorsicht und Schlauheit unseren Zweck erreichen können. Einstweilen möchte ich gerne in Ihrer Gegenwart, Herr Overton, diese Briefschaften hier auf dem Tisch durchsehen.“
Es waren eine Menge Briefe, Zettel und Notizen, die Holmes rasch mit scharfem Blick überflog. ,,’s ist nichts darunter,“ sagte er endlich. „Beiläufig bemerkt, Ihr Freund war doch ein gesunder junger Mann — der keinerlei Krankheit an sich hatte?“
„So gesund wie ’n Fisch.“
„Wissen Sie, ob er schon jemals krank war?“
„Kein...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titel
  2. Kolophon
  3. Sherlock Holmes und die Ohren.
  4. Sherlock Holmes als Einbrecher
  5. Die drei Studenten
  6. Der vermisste Fussballspieler
  7. Die neue Katakombe
  8. John Barrington Cowles
  9. Der Gouverneur von St. Kitts
  10. ÜberSherlock Holmes und die Ohren
  11. Anmerkungen