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Hämatologie
Theorie und Praxis für medizinische Assistenzberufe
Rolf Mahlberg, Annette Gilles, Anita Läsch
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Hämatologie
Theorie und Praxis für medizinische Assistenzberufe
Rolf Mahlberg, Annette Gilles, Anita Läsch
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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben
Über dieses Buch
Seit dem Erscheinen der ersten Auflage 1994 ist das Lehrbuch "Hämatologie" nicht mehr aus dem Ausbildungsangebot für Medizinisch-Technische Assistenten wegzudenken. Die dritte Auflage integriert nicht nur den neuesten Stand der MTA-Ausbildung, sondern präsentiert sich mit mehr didaktischen Merkmalen und einem übersichtlicheren Layout. Darüber hinaus wurden die folgenden Themen erweitert bzw. eingeführt:
•Hämatologische Cytogenetik
•Hämatologische Molekulargenetik
•Antikörper-Diff erenzierung
•Nachweis von Kälte-Agglutininen
•Säure-Elution
•Interne und externe Qualitätskontrolle in der Blutgruppenserologie.
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Information
II
Praktischer Teil
Praktischer Teil
11
Einleitung
Der praktische Teil der Hämatologie will mit den erforderlichen gebräuchlichen Labormethoden vertraut machen.
Das Blutbild steht im Mittelpunkt der hämatologischen Labordiagnostik. Das „kleine Blutbild“ mit Hämoglobin, Erythrozyten und MCH-Bestimmung genügt oftmals schon als erster Überblick. Heutige Hämatologiesysteme geben bereits automatisch weit mehr Laborparameter in der Routinediagnostik an.
Im Rahmen des „kleinen Blutbildes“ werden folgende Laborwerte bestimmt:
- Erythrozytenzahl (rote Blutkörperchen),
- Hämoglobingehalt (Menge des roten Blutfarbstoffs),
- Hämatokrit (prozentualer Volumenanteil roter Blutzellen am Gesamtblut),
- MCH, MCV, MCHC (errechnete Werte),
- Leukozytenzahl (weiße Blutkörperchen),
- Thrombozytenzahl (Blutplättchen).
Vom „weißen Blutbild“ spricht man, wenn
- Leukozytenzahl,
- Differenzialblutbild („großes Blutbild“)
ermittelt werden.
Das „komplette Blutbild“ zeigt:
- Erythrozytenzahl,
- Hämoglobin,
- Hämatokrit,
- MCH, MCV, MCHC, EVB (Erythrozytenverteilungsbreite),
- Leukozytenzahl,
- Thrombozytenzahl,
- Differenzialblutbild,
- Retikulozytenzahl,
- Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG).
Weiterführende Diagnostik
„Knochenmark“: Hämatologische und histologische Untersuchungsbefunde „Zytologie“: Hämatologisch-zytologische Untersuchun gen und „Flow-Zytometrie“ geben dem untersuchenden Arzt ergänzende Hinweise für die Diagnostik.
Merke
Zur Validierung der Messwerte wendet man die 3er-Regel an:
12
Blutentnahme aus dem Kapillarnetz
Eine Übersicht über zu verwendenden Materialien, Vorbereitung und Durchführung der kapillären Blutentnahme gibt Tab. 12.1.
Fehlerquellen
- Nachteil ist häufig der ausgepresste Gewebesaft, der zu Gefahr der Blutverdünnung bzw. Hämolyse führen kann.
- Auch ist bei kapillarer Blutentnahme eine spätere Kontrollmessung nur mittels erneuter Punktion möglich.
- Bei der Beurteilung von bestimmten Untersuchungsergebnissen spricht man ggf. auch von der Ohrmonozytose und Ohrleukozytose.
Merke
- Zum Schutz des Patienten und des eigenem Schutzes ist die wichtigste Maßnahme die „hygienische Händedesinfektion“ (zur Inaktivierung resistenter Erreger mindestens 1 min Einwirkzeit).
- Kapillare Blutentnahme muss direkt ohne Quetschen erfolgen,
- die ersten zwei Tropfen verwerfen,
- Nativpräparate müssen sofort verarbeitet oder einem Medium hämolysefrei zugesetzt werden.
Materialien | Vorbereitung und Durchführung |
Blutabnahmeplatz bzw. Liege | • sitzende oder liegende Patienten mit möglichst 12h Nahrungskarenz morgens |
Desinfektionsmittel,z.B. | • desinfizieren des Ohrläppchens seitlich oder Radialseite des |
70 %iger, steriler Alkohol (Ausschluss Milz- und Gasbrandgefahr) | Mittelfingers oder seitliche Fußsohlenhaut eines Säuglings |
Tupfer | • ca. 30–60 s desinfizieren, ggf. ca. 10 min Finalgon einwirken |
ggf. Finalgon Handschuhe | lassen (gewährleistet Blutfluss ohne Quetschen) |
sterile Einmallanzetten | • bereitlegen, Einstich von 3 mm Tiefe, Blut muss spontan, |
zur Vermeidung von | ohne Quetschen fließen |
Infektionsgefahr | • erste Blutstropfen abwischen |
je nach Art der | • sofort blasenfreies Aufziehen des Blutes bis zur |
Untersuchung | vorgeschriebenen Marke |
entsprechende | • Abwischen des außen anhaftenden Blutes, Höhe der |
Kapillaren oder Pipetten | Blutsäule noch einmal kontrollieren und schwenken oder |
oder Objektträger oder | • ggf. direktes Nachziehen der Verdünnungsflüssigkeit bis |
Reaktionsgefäße | zur oberen Marke und kräftig durchmischen oder |
• direktes, zügiges Ausstreichen | |
Identitätssicherung von | • beschriften |
Probengefäßen | • durchmischen |
ggf. Objektträger oder | • wenn möglich Doppelbestimmung |
Messgerät | • messen oder färben |
• dokumentieren | |
Pflaster | • bei Bedarf hautfreundlich |
13
Blutentnahme aus der Vene
Eine Übersicht über zu verwendende Materialien, Vorbereitung und Durchführung der venösen Blutentnahme gibt Tab. 13.1. Internetinformation finden sich unter: www.gbo.com/documents/980061_Blutentnahmetechniken_108 7190_d_small.pdf.
Fehlerquellen
Hämolysegefahr bei:
- zu langem Stauen,
- zu starkem Aspirieren,
- zu starkem Ausspritzen,
- zu starkem Schütteln anstatt Über-Kopf-Schwenken,
- Hyperämisieren durch Wärme bei Patienten mit Anämie.
Bei der Verwendung von EDTA-Blut sollte die Anfertigung der Differenzialblutausstriche innerhalb von zwei Stunden durchgeführt werden. Länger stehendes EDTA-Venenblut ist schlechter zu differenzieren, weil man häufig Abbauformen und atypische Zellen findet.
Morphologische Veränderungen bei EDTA-Blut (meist nach etwa drei Stunden):
- Vakuolisierung des Zytoplasmas,
- Verschwinden der Granula,
- spezifische Formveränderungen des Lymphozytenkerns,
- Anisozytose der Erythrozyten,
- vergrößerte Thrombozyten,
- sogenannte EDTA-bedingte Pseudothrombozytopenie.
Merke
- „Hygienische Händedesinfektion“ zum Schutz des Patienten und des eigenem Schutzes ist die wichtigste Maßnahme (zur Inaktivierung resistenter Erreger mindestens 1min Einwirkzeit).
- Die Zellzählung im EDTA-Venenblut (Ethylendiamintetraacetate) liefert als rationelle Standardmethode repräsentative und zuverlässige Werte gegenüber den Proben aus dem Kapillarnetz.
- EDTA-Blut kann man innerhalb von 24 h zur Zählung von Erythrozyten und Leukozyten verwerten. Die Thrombozyten sind nur bis zu 2 h stabil.
- Bei Verdacht auf eine EDTA-bedingte Pseudothrombozytopenie empfiehlt sich mit EDTA und Citrat- oder Heparinblut eine Kontrolluntersuchung.
14
Blutkörperchen-Senkungsgeschwindigkeit
Die Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) gilt als globaler Suchtest zum Erkennen von allgemeinen Erkrankungsbildern, sagt jedoch nichts über die Art oder den Schweregrad der Erkrankung aus.
Prinzip
Die BSG wird mit der Methode nach Westergren (n. W., DIN 58935, Tab. 14.1) ermittelt. In ungerinnbarem Natriumcitratblut sedimentieren die Erythrozyten in „mm pro Zeiteinheit“ (Tab. 14.2). Den wesentlichen Einfluss hierauf üben die Plasmaproteine aus (vgl. Tab. 14.3). Zur Auswertung vgl. Tab. 14.4.
Mögliche Fehlerquellen
- Ungenaues Mischungsverhältnis (mehr Blutanteil beschleunigt, mehr Citratanteil verlangsamt die BSG),
- Wärme (z. B. Sonneneinstrahlung) beschleunigt bzw. Kälte hat zur Folge eine verlangsamte BSG,
- zu langes Aufbewahren vor dem Ansatz bzw. mangelhafte Durchmischung bzw. Aufstellung,
- Tagesschwankungen ggf. auch Nahrungsaufnahme (Kontrolle morgens nach 12 h Nahrungskarenz des Patienten).
Reagenz und Material | Durchführung |
0,11-molare (3,8 %ig) sterile NatriumcitratLösung oder Natriumoxalat 2-ml-Spritze oder BSG-Abnahme-Röhrchen mit Zusatz Natriumcitrat 1 : 5 Sedimentierungspipette und BSG-Ständer und Zeituhr bzw. Ablesegerät Tupfer, Handschuhe | • venöse Blutabnahme (Kap. 13) mittels eines Blutabnahmesystems in speziell beschichteten Röhrchen oder • 2-ml-Spritze: 0,4 ml 3,8%ige Natriumcitratlösung + 1,6 ml bis zur Marke 2,0 luftblasenfrei direkt aufziehen (Verdünnung 4 : 1) • vorsichtig durchmischen • luftblasenfrei in die Senkungspipette bis zur Marke 0 füllen und bei RT senkrecht aufstellen • Ablesung nach 1 und 2 h am unteren Meniskus der Erythrozyten-Säule • Ergebnis dokumentieren. |
Aussehen | Möglicher Hinweis |
Plasmatrübung | vermehrte Thrombozyten oder Hyperlipidämie |
blasses, helles Plasma | Hinweis auf Eisenmangel |
rötlich gefärbtes Plasma | Hämolyse |
Schleiersenkung | vermehrte, nur langsam sedimentierende Retikulozyten |
Buffy-Coat | Hinweis einer ausgeprägten Leukozytose |
Beschleunigte BSG | Verzögerte BSG |
entzündliche Prozesse infolge Plasmaeiweiß-Verschiebungen | Polyzythämie |
Schwangerschaft weist leicht erhöhte Werte | Polyglobulie |
Ältere Menschen können Werte bis 30 mm | Temperatur (senkungshemmender Faktor) n.W. aufweisen |
Blutverlust, Operationen (Werte bis 50 mm) | Medikamente, z. B. Mittel der Antiphlogistica |
Hämolytische Anämien (Werte > 50 mm) | |
Gammopathien | |
bei fortgeschrittenen Tumoren, Polymyalgia rheumatica (Werte > 100 mm n.W.) |
Merke
- Grobe Faustregel besagt: der 1. Wert < 10 und der 2. Wert < 20 mm n. W., ab dem fünften Lebensjahrzehnt leicht ansteigende Werte.
15
Hämatokrit
Prinzip
Der Hämatokritwert ist ein Maß für die Zähflüssigkeit des Blutes. Die SI-Einheit entspricht Teilen von „eins“. Der Hämatokrit ist der prozentuale Volumenanteil der Erythrozyten am Gesamtblut. (griech.: Kritc, Beurteiler; engl.: haematocrit; Abk. Hct oder hier Hk). Tabelle 15.1 erläutert die Hämatokritbestimmung mit der Mikromethode.
Material | Durchführung |
Kapillar- oder EDTA-... |