G. Wo wir handeln könnten: Vorschläge für eine neue andere Lebenswelt
Wie aber könnte eine neue andere Lebenswelt aussehen, wenn man die lokalisierten Trends daraufhin analysiert, wo den Wünschen der Generation Z zu folgen ist, wo aber auch bewusst ein gegenteiliges Signal angemessen erscheint. Zudem interessiert der Zusammenhang zu anderen Generationen. Also: Wo scheint das Wertemuster der Generation Z auch für andere Generationen sinnvoll?
Wann arbeiten? Geregelte Arbeitszeit und geregelte Freizeit
Vereinnahmen von Privatem durch das Unternehmen stört Emily. Deshalb hat sie sich auch schon vorsorglich überlegt, den Kindergartenplatz des Unternehmens mit flexibler Nutzung von 7 Uhr bis 19 Uhr nicht anzunehmen, wenn sich wie geplant ihre Familie in Kürze vergrößern wird.
Aber Emily braucht und will dieses breite Angebot überhaupt nicht: Ihr ist ein Kitaplatz in der Nähe ihrer Wohnung lieber, denn dann gibt es eine klare Trennung und zusätzlich übt das Kindabholen sogar noch Druck auf das Einhalten des Dienstschlusses aus.
Ganz klare Privatsphäre
Ein Mythos im Umgang mit der Generation Z ist ihr angeblicher Wunsch nach fließenden Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben (Mythos: „Der ideale Mitarbeiter: ‹Always on› und immer informiert“). Mit dieser Idee kann man bei Unternehmen gut punkten, nur entspricht diese Flexibilisierung offenbar nicht dem Wunsch der Generation Z: Anders als Generationen zuvor will sie das „Leben nach 17 Uhr“ sowie das Wochenende genießen und sich diesen Genuss nicht durch den Arbeitgeber kaputt machen lassen. Gleiches gilt für den Urlaub, in dem die Generation Z sich eben nicht mal schnell anrufen lässt oder dienstliche E-Mails abrufen will.
Auch wenn es paradox wirkt: Gerade die Generation Z, die auf Freiheit und Selbstbestimmung Wert legt, sucht Ordnung und Struktur. Sie braucht und findet darin ihren Ausgleich zu dem immer flatterhafter und hektischer werdenden elektronischen Kommunikationskosmos, den immer fließender werdenden Grenzen zwischen Unternehmen, den immer schwerer durchschaubaren Verbindungen zwischen globalen sowie lokalen Akteuren, dem 24/7-Paradigma der Allzeit-Verfügbarkeit und der unergründlichen Ungewissheit über die eigene Zukunft.
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Die Generation Z will ihre Privatsphäre unter allen Umständen schützen.
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Allerdings besteht hier ein Konflikt: Auf der einen Seite gibt es den Wunsch von Mitarbeitern der Generation Z nach Trennung und ausreichend Freizeit. Auf der anderen Seite steht die Forderung von Unternehmen nach unbegrenzter Arbeitszeitflexibilisierung. Diese Forderung kommt aber nicht aus heiterem Himmel, sondern resultiert aus den Anforderungen des Marktes, also aus der viel zitierten Globalisierung und vor allem auch aus dem Nachfrageverhalten der Kunden.
Die Generation Z teilt als Mitarbeiter die Wünsche der Unternehmen nach 24/7-Dienstleistung nicht und sieht anders als die Generation der Babyboomer die Notwendigkeit auch nicht ein. Sie lässt sich auch anders als die Generation Y diesen Verzicht auf Selbstbestimmung und Flexibilisierung nicht durch Geld abgelten. Am liebsten würde die Generation Z eine große rote Linie ziehen, um es ganz klar zu machen: Hier ist Arbeit und hier ist Privat. Dabei geht es nicht um eine „Balance“ oder noch extremer ein „Blending“: Für die Generation Z gibt es zwei völlig unterschiedliche Welten, die nicht einmal ansatzweise etwas miteinander zu tun haben.
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Wunsch nach Trennung der Sphären akzeptieren!
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Wie sollen andere Generationen mit diesem Wunsch der Generation Z umgehen? Es spricht vieles dafür, diese Trennung in berufliche und private Sphäre einzuführen und durchzuhalten. Denn es ist davon auszugehen, dass eine derartige Trennung bei vielen Menschen nicht nur das allgemeine Wohlbefinden fördert, sondern sowohl dem beruflichen wie auch dem privaten Bereich gut tut.
Allerdings muss die Forderung nach Trennung der Sphären in gleicher Form und gleicher Konsequenz für alle Generationen gelten. Nicht zumutbar wäre es, eine derartige Trennung nur für die Generation Z und damit nur auf dem Rücken der übrigen Mitarbeiter durchzuführen. Das Lieblingsspiel der Generation Z, am Freitagnachmittag alles Unerledigte dem Chef auf den Schreibtisch zu legen, weil er als Babyboomer gerne am Wochenende arbeitet und altersbedingt keine nennenswerten Freizeitaktivitäten mehr ausüben kann, hat damit ausgespielt.
Ganz wichtig ist auch der Urlaub. Die Vertreter der jungen Generation „messen der Freizeit große Bedeutung bei, der Urlaub sollte folglich nicht zu knapp bemessen sein. Um ihre Berater bei Laune zu halten, bietet etwa die Unternehmensberatung McKinsey seit kurzem an, jedes Jahr zusätzlich zu den 30 Tagen Jahresurlaub drei Monate unbezahlten Urlaub zu nehmen. Fast jeder fünfte Berater hat das Angebot im ersten Jahr des Bestehens angenommen. Die Aussicht auf diese Auszeit sei im Recruiting der Renner, sagt die Beratungsgesellschaft.“
Wie sehr die Forderung der Generation Z nach absolut arbeitsfreien Wochenenden bereits auf andere Generationen überschwappt, sieht man an der Überschrift „Renaissance des Wochenendes – samstags gehört der Chef nicht ins Büro“, wo Investmentbanker, CEOs und Topmanager stolz erklären, wie sie inzwischen ihr Wochenende zelebrieren, also letztlich die alte Gewerkschaftsforderung „Samstags gehört Vati mir“ umsetzen. Auch wenn sich dann die Frage stellt, ob diese 40 Arbeitsstunden pro Woche weiterhin die Millionengehälter dieser Personengruppe rechtfertigen, so ist es doch eine interessante Ansage.
Eine ganz extreme Regelung der Trennung zwischen Berufs- und Privatleben ist das Konzept der Vier-Tage-Woche, wodurch eine klare Trennung der Woche in zwei ähnlich große Segmente entsteht. Wie man in der Praxis sieht, läuft dies nicht einmal auf vier Tage mit je zehn Arbeitsstunden hinaus, sondern auf normale Arbeitszeiten, und eine Arbeitswoche, die am Donnerstagnachmittag endet.
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Deine Freiheit darf nicht meine Arbeit werden.
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Ebenfalls wichtig: Der Urlaub und die arbeitsfreien Wochenenden der Generation Z dürfen nicht durch die Kollegen aus anderen Generationen ermöglicht werden, die ihre Privatzeit opfern, um eine fällige Präsentation vorzubereiten, nur weil die Generation Z ihre Privatsphäre schützen will und vorher keine Zeit für diese Präsentation gefunden hat.
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Freiheit gilt für alle – auch für den Chef.
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Die Zeit, in der es selbstverständlich ist, den Chef auch im Urlaub anzurufen, aber Mitarbeitern ihre Ruhe zu lassen, muss dank Generation Z vorbei sein: Wenn der Chef auf Urlaub ist, hat die Generation Z ihre Probleme alleine und ohne Anruf beim Chef zu lösen.
So harmlos diese Forderungen klingen, so schwer sind sie umzusetzen, denn sie setzen voraus, dass alle Generationen gleichermaßen mitwirken und diese Trennung zwischen Arbeits- sowie Privatsphäre ohne fatale Konsequenzen für das Unternehmen abläuft. Wenn allerdings die Generation Z sich hier tatsächlich ausklinkt („Rechte ja, Pflichten nein!“), dann sind Probleme vorprogrammiert und Führungskräfte müssen die anderen Generationen vor den Durchsetzungskünsten der Generation Z nach dem Motto „Ich bin dann mal weg“ schützen.
Lebenswelt #1a: Ganz klare Privatsphäre
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Aussage: Auf eine Verschmelzung von Arbeitswelt und Privatwelt ist im Interesse von Arbeitsleben und Privatleben zu verzichten.
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Konsequenzen für die Generation Z:
Daran denken: Auch die anderen Generationen haben eine arbeitsfreie Privatsphäre.
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Konsequenzen für andere:
Klar als arbeitsfreie Zonen definierte Wochenenden und Urlaube gelten für alle Generationen.
Auf keinen Fall dürfen Schutzprivilegien der Generation Z durch Zurückstecken der anderen Generationen erkauft werden. Hier müssen Führungskräfte die anderen Generationen schützen.
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Pointe: Die Privatsphäre aller ist zu schützen.
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Konstante Arbeitszeiten
Auch wenn die Generation Z gerne einmal etwas später zur Arbeit kommt und dafür etwas früher geht: Die Generation Z besteht unverrückbar auf geregelten Arbeitszeiten, am liebsten von 9 Uhr bis 17 Uhr. Das mag spießig wirken, entspricht aber dem Lebensgefühl und dem Anspruchsdenken ebenso wie die eigene Espressotasse mit dem aufgedruckten Instagram-Foto des letzten Urlaubs.
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Langfristig konstante und klare Arbeitszeiten sind ein Muss.
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In der „Continental-Studentenbefragung“ stieg dementsprechend der Anteil derjenigen, die eine Arbeitszeit „Tariflich vereinbart bis 40 Stunden“ haben von 2004 bis 2013 von 20 Prozent a...