1AusrĂŒstung
Paul van Hoof
Das Schöne an der Makrofotografie ist, dass man leicht den Einstieg findet. Ăberall lassen sich tolle Motive finden, die man auch mit einer einfachen Kamera erfassen kann. Die Vielfalt an technischen Möglichkeiten, Makrofotografie zu betreiben, bietet fĂŒr jeden Geldbeutel etwas. Es ist vor allem entscheidend, was genau Sie erreichen möchten: Möchten Sie ein Libellenauge formatfĂŒllend abbilden? Oder wollen Sie eine Nahaufnahme eines Pilzes machen, auf der man den Wald im Hintergrund erkennt? Nicht alle Fotos lassen sich auf die gleiche Weise und mit der gleichen AusrĂŒstung realisieren, doch schon mit ein paar einfachen Hilfsmitteln und etwas KreativitĂ€t lĂ€sst sich viel erreichen, auch ohne gröĂere Ausgaben.
1.1Kameras
In diesem Buch geht es in erster Linie um Makrofotografie mit Spiegelreflexkameras. Mit ihnen hat man seit jeher die meisten Möglichkeiten, was unter anderem daran liegt, dass Sie die Objektive wechseln können. Letzteres gilt allerdings auch fĂŒr die sogenannten Systemkameras, den relativ neuen spiegellosen Kameras, die wegen ihrer geringen AuĂenmaĂe immer beliebter werden. Kompaktkameras haben dagegen ein fest eingebautes Objektiv und sind in der Regel noch kleiner. Dazwischen befinden sich noch die sogenannten Bridgekameras, deren Objektiv ebenfalls fest eingebaut ist, aber ĂŒber einen gröĂeren Brennweitenbereich verfĂŒgt. Im Prinzip lassen sich mit allen Kameras, bei denen man eigene Einstellungen vornehmen kann, Makroaufnahmen machen, doch die Möglichkeiten, die man mit ihnen hat, unterscheiden sich naturgemĂ€Ă. Es macht eben einen Unterschied, ob man Objektive wechseln oder bestimmtes Zubehör verwenden kann. Welche Bildwirkung von einem Objektiv ausgeht, hĂ€ngt letztlich auch von der SensorgröĂe ab.
Vergleich der Sensorformate (mit Angabe der Crop-Faktoren) von auĂen nach innen: »Vollformat:« Die SensorgröĂe entspricht dem analogen Kleinbildformat (24 Ă 36 mm) und nutzt den Bildkreis der Objektive voll aus. Mit APS-C bezeichnet man die Sensoren mit einem Crop-Faktor von etwa 1,5 (16 Ă 24 mm). Viele kleinere Systemkameras (z. B. Nikon 1) haben einen Crop-Faktor von 2,7 (9 Ă 13 mm). Kompaktkameras besitzen noch kleinere Sensoren, die hier in Zoll angegeben sind. Die hochwertigeren Kompaktkameras (z. B. Canon G12) haben einen Crop-Faktor von 4,2 (1/1,7 Zoll). Bei einfacheren Modellen kann der Crop-Faktor ĂŒber 5 liegen. | Buchen-SchleimrĂŒblinge mit Fliege | Paul van Hoof
Unter identischen Aufnahmebedingungen ergibt der kleinere Sensor, einfach gesagt, einen kleineren Ausschnitt des Bildes eines gröĂeren Sensors. Daher scheint es so, als wĂŒrde man in das Bild hineinzoomen. Umkehrt verhĂ€lt es sich so, dass die Kamera mit einem kleineren Sensor eine kĂŒrzere Brennweite benötigt, wenn Sie ein Motiv in einem bestimmten Abstand bildfĂŒllend darstellen möchten. Dies kann sich sowohl als Vor- als auch als Nachteil erweisen, je nachdem wie man sein Bild gestalten möchte.
Viele Kompaktkameras lassen sich bei sehr kurzem Motivabstand noch scharfstellen und ermöglichen schöne Makroaufnahmen wie von diesem Braunen BÀren. | Hafengebiet von Antwerpen | 12.8.2010, 8:36 Uhr | Vincent Rijnbende | Canon Powershot A710 IS, 5,8 mm, 1/160 s, Blende 4,5, ISO 200
In diesem Kapitel werden nun die Möglichkeiten der gĂ€ngigsten Kameratypen und deren Objektive besprochen: die der Kompaktkamera und die der Spiegelreflexkamera. Im Grunde gelten die optischen Prinzipien fĂŒr alle Kameratypen. Welche Kamera fĂŒr welchen Einsatzzweck die geeignetere ist, hĂ€ngt in erster Linie von Ihrer Art der Makrofotografie ab. Da es an Kameratypen nicht mangelt, ist die Auswahl auch eine Frage des persönlichen Geschmacks, des Gewichts und letztlich auch des Geldbeutels.
1.2Makros mit einer Kompaktkamera
Mit einer aktuellen Kompaktkamera können Sie in der Regel gut Makrofotografie betreiben. Sie ermöglicht ihnen mitunter Aufnahmen, die mit einer Spiegelreflexkamera nicht gelingen!
Es gibt Dutzende von Kompaktkameras am Markt, die allesamt Ă€hnlich sind: ein fest eingebautes Objektiv und ein kompaktes GehĂ€use. Kompaktkameras benötigen auĂerdem keine groĂen Objektive und lassen sich daher einfach mitnehmen. FrĂŒher wurde man mit einer Kompaktkamera oft belĂ€chelt, was heute nicht mehr der Fall ist. Da sich die QualitĂ€t der Sensoren und Objekte massiv verbessert hat, sind die hochwertigeren Modelle den Spiegelreflexpendants fast ebenbĂŒrtig. Der Umgang mit ihnen unterscheidet sich jedoch wesentlich.
1.2.1Makroeinstellung
Um Ihr Motiv möglichst groĂ ins Bild zu bekommen, können Sie das Zoomobjektiv weit hinausfahren und so dicht herangehen, wie es dann noch geht. Doch gerade dann ist der nötige Abstand meist zu groĂ, um ein kleines Objekt bildfĂŒllend darzustellen. Aus diesem Grund haben die meisten Kompaktkameras eine spezielle Makroeinstellung (meistens durch eine Blume symbolisiert), mit der man viel nĂ€her an sein Objekt heranrĂŒcken kann. So gelingen schnell Aufnahmen von kleinen Motiven.
Sich seinem Motiv auf diese Weise bis auf wenige Zentimeter zu nĂ€hern, kann allerdings den Nachteil mit sich bringen, dass man den Kameraschatten auf das Motiv wirft. AuĂerdem lassen sich viele Insekten nicht aus solcher NĂ€he fotografieren, sodass in solchen FĂ€llen viel Geduld und Beharrlichkeit angesagt sind.
Mit einer Kompaktkamera kann man ganz einfach in der NĂ€he fokussieren. Durch den relativ groĂen Bildwinkel wird relativ viel Umgebung mit erfasst: perfekte Voraussetzungen fĂŒr eine Makro-Weitwinkelaufnahme. | Queller | Terschelling | 1.10.2011, 15:50 Uhr | Ron Poot | FinePix HS10 HS11 mit 4,2 mm, 1/400 s, Blende 5,6, ISO 100
Versuch einer Differenzierung. Die Pilze wurden mit einer Spiegelreflex- (links) und einer Kompaktkamera (rechts) jeweils etwa gleich groĂ abgebildet. Die eingestellte Blende war jeweils gleich. Im rechten Bild erkennen Sie zum einen, dass die SchĂ€rfentiefe viel gröĂer ist und dass zum anderen der hinterste Pilz kleiner abgebildet ist als im linken Bild. Dies ist eine Folge der kurzen Brennweite (SchĂ€rfentiefe) und des geringeren Aufnahmeabstands
Kompaktkameras haben, wie gesagt, einen ziemlich kleinen Sensor. Daran ist im Prinzip nichts auszusetzen, da die Anzahl an Megapixeln in der Regel fĂŒr gute Fotos völlig ausreicht.
Ein kleinerer Sensor kann ein ganz anderes Bild ergeben als ein groĂer. Um nĂ€mlich bei gleichem Abstand einen Gegenstand in gleicher GröĂe abzubilden, braucht man mit einem kleinen Sensor eine kĂŒrzere Brennweite. Dadurch erhĂ€lt man mehr SchĂ€rfentiefe. Man nennt dies gelegentlich »Weitwinkeleffekt«. Dies fĂŒhrt dazu, dass Sie mit einer Kompaktkamera nah herangehen und gleichzeitig noch viel von der Umgebung scharf abbilden können. Dies wirkt sich bei Ăbersichtsaufnahmen mit groĂem Bildwinkel gĂŒnstig aus und erlaubt Bilder, die so mit einer Spiegelreflexkamera nicht möglich sind!
Um einen Bildausschnitt zu bekommen, der dem eines 50-mm- Normalobjektivs bei Vollformat entsprÀche, reichen bei einer Kompaktkamera leicht 10 mm Brennweite. Doch Achtung: Der Bildausschnitt der Kompaktkamera mag in diesem Fall dem 50-mm-Normalobjektiv entsprechen, doch die optischen Eigenschaften der Brennweite von 10 mm sind andere. In Sachen SchÀrfentiefe entsprÀchen sie beim Vollformat einem 10-mm-Ultraweitwinkel, also viel mehr als bei der Normalbrennweite von 50 mm.
(kleinerer Pilz hinten), um mit dem kleineren Sensor auf einen vergleichbaren Bildausschnitt zu kommen. Die linke Aufnahme entstand mit einer Brennweite von 100 mm in einem Abstand von 50 cm; die rechte mit 6,1 mm Brennweite (Vollformat-/KleinbildÀquivalent von 28 mm). | Gemeiner Trompetenschnitzling | Leeuwarden | 5.1.2014, 11:34 Uhr | Jaap Schelvis
Direkter Vergleich von Vollformat- und Crop-Kamera bei gleicher Brennweite und Blende. Aufnahme 1 entstand mit einer Vollformatkamera. Der weiĂe Rahmen zeigt den Ausschnitt, den eine APS-C-Kamera erzeugen wĂŒrde. In Aufnahme 2 ist der Rahmen als ganzes Bild gezeigt. Aufna...