Zeit und â€șĂąventiureâ€č in Wolframs von Eschenbach â€șParzivalâ€č
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Zeit und â€șĂąventiureâ€č in Wolframs von Eschenbach â€șParzivalâ€č

Zur narrativen IdentitÀtskonstruktion des Helden

Antje Sablotny

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  1. 323 pages
  2. German
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Zeit und â€șĂąventiureâ€č in Wolframs von Eschenbach â€șParzivalâ€č

Zur narrativen IdentitÀtskonstruktion des Helden

Antje Sablotny

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Warum verschwindet Parzival fĂŒr lange Zeit aus seiner ErzĂ€hlung? Wie wird in Wolframs Dichtung von Transzendenz(erfahrung) erzĂ€hlt? Welche Rolle spielen die anderen Figuren und ihre Geschichten fĂŒr das ErzĂ€hlen von Parzivals Ăąventiure? Antworten geben die Analyse narrativer Verfahren der Zeit, welche die IdentitĂ€tskonstruktion des Helden bestimmen, sowie die Betrachtung der Ăąventiure als symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium.

Die konsequent narratologisch ausgerichtete Fragestellung wird mit den soziologischen Überlegungen Niklas Luhmanns zur religiösen Kommunikation und ihrer Leitdifferenz von Immanenz und Transzendenz, zudem mit Paul Ricoeurs Reflexionen zur Aporie der Zeitlichkeit und seiner Idee der narrativen IdentitĂ€t verknĂŒpft. Die Organisation und Struktur der ErzĂ€hlung werden auf diese Weise mit der fĂŒr den Parzival relevanten Frage nach den UnverfĂŒgbarkeitskonstruktionen enggefĂŒhrt. Damit gelingt eine neue Perspektive auf einen der bedeutendsten Romane des Hochmittelalters. Beispielhaft vorgefĂŒhrt wird zudem, wie der wechselseitige Zusammenhang von Zeit, ErzĂ€hlung und Lebenszeit des Helden analytisch gefasst werden kann.

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Informations

Éditeur
De Gruyter
Année
2020
ISBN
9783110661989
Édition
1

1 Einleitung – Zeit und ErzĂ€hlung

Die vorliegende Untersuchung widmet sich der narrativen Zeitstruktur als einem fĂŒr den Parzival Wolframs von Eschenbach höchst relevanten Beobachtungsfeld. Ich möchte zeigen, dass insbesondere die zeitliche Organisation der ErzĂ€hlung fĂŒr die Konstruktion des gleichnamigen Helden entscheidend ist. Meine analytische Grundvoraussetzung stellt dabei das wechselseitige BedingungsverhĂ€ltnis von Zeit und ErzĂ€hlung dar. Es wird im Folgenden in enger narratologischer Perspektive entfaltet, welche wiederum auf der Leitdifferenz von discours und histoire beruht.
Indem ich im Feld der zeitlichen Struktur und Organisation des Romans Narration und IdentitĂ€t des Helden analytisch zusammenfĂŒhre, verknĂŒpfe ich wohl die beiden zentralen Sinnaspekte des Parzival zu einem interpretatorischen Neuansatz: Sowohl die Frage nach der spezifischen BewĂ€hrung und Leistung des Helden als auch die Frage nach der komplexen ErzĂ€hltechnik Wolframs haben bekanntlich eine lange Forschungstradition.
Die VerknĂŒpfung von Narration und IdentitĂ€t des Helden realisiert zum einen die Logik und Semantik des symbolisch generalisierten Kommunikationsmediums Ăąventiure: Als Ăąventiure-Handeln und Ăąventiure-ErzĂ€hlen verschrĂ€nkt die Ăąventiure discours und histoire so miteinander, dass auf beiden Ebenen die Ordnung und Dauer der Ereignisse um Parzival mit der Logik des ErzĂ€hlens kurzgeschlossen werden. Zum anderen wird fĂŒr die IdentitĂ€t des Helden die Frage nach Transzendenzkonstruktionen wichtig, welche dezidiert als narrative Leistung in den Fokus rĂŒcken soll. Solche UnverfĂŒgbarkeitsstellungen, die im Parzival zeitlich organisiert werden, generieren die Geschichte des Helden als eine dynamische GrĂ¶ĂŸe. In der VerschrĂ€nkung von intradiegetischer und extradiegetischer Ebene ist die spezifische IdentitĂ€t Parzivals durch narrative Refigurationen gekennzeichnet.
Der Held in Wolframs Parzival wird nicht nur ein erfolgreicher Artusritter, sondern der Herrscher ĂŒber den Gral. Beides wird er nach anfĂ€nglichen Schwierigkeiten, die durchaus im Feld poetischer Regelhaftigkeit bleiben. Seine Ăąventiure allerdings unterscheidet sich erheblich von denen der rein arthurischen Helden: Das dem Leser vertraute und in der epischen Welt des höfischen Romans sonst so gut funktionierende Leistungs-Lohn-Prinzip scheint hier seine GĂŒltigkeit zu verlieren. Sowohl die GrĂŒnde seines temporĂ€ren Scheiterns als auch die GrĂŒnde seines letztlichen Erfolgs sind nicht ganz durchsichtig. Sie sind auch nicht mit dem gewohnten am Artusroman geschulten LektĂŒreblick vereinbar. Denn Parzivals Berufung zum Gralskönig erfolgt nicht aufgrund der in einem doppelten Kursus gewonnenen Einsicht in die GrĂŒnde fĂŒr die Krise nach seinem ersten Erfolg, sondern offenbar allein durch die Gnade Gottes – und die ist unverfĂŒgbar. Ohne Zweifel entwickelt der Roman von diesem Problemfeld aus seine enorme KomplexitĂ€t, die bis hinein in seine Mikrostruktur beobachtbar ist.1 Hierzu gehört die wohl augenscheinlichste MerkwĂŒrdigkeit des Romans: FĂŒr lange Zeit verschwindet der Held einfach aus seiner ErzĂ€hlung. Statt seiner stehen dann die Ăąventiuren Gawans im Fokus. Hier deutet sich denn auch ein erster Zusammenhang an zwischen Wolframs komplexer ErzĂ€hltechnik und Parzivals spezifischer GralsĂąventiure, den ich mit dem Schwerpunkt auf die Zeit der ErzĂ€hlung erhellen möchte. Es sind vor allem die narrativen Verfahren der Zeit – so meine Leitthese –, welche die IdentitĂ€tskonstruktion des Helden bestimmen.
Zeit und ErzĂ€hlung stehen in einem wechselseitigen BedingungsverhĂ€ltnis zueinander:2 ErzĂ€hlt wird in der Regel Lebenszeit – sei es in der ErzĂ€hlung vom krisenhaften, aber erfolgreichen Auszug des arthurischen Helden wie im Erec Hartmanns von Aue, in Form einer Bekehrungsgeschichte wie in der Legende des heiligen Franziskus oder im ‚autobiographischen‘ ErzĂ€hlen, etwa im Frauendienst Ulrichs von Liechtenstein. Paul RicƓur hat diesen Zusammenhang in seiner umfassenden Studie zu Zeit und ErzĂ€hlung der „mimetischen Funktion der ErzĂ€hlungen“ zugeschrieben, die „vorzugsweise im Feld der Handlung und ihrer zeitlichen Werte“ wirkt.3 Zu den Grundannahmen einer ErzĂ€hlung gehört auch, dass sie Zeit ‚kostet‘: Zeit, sie zu erzĂ€hlen, zu hören oder zu lesen, schließlich, um sie zu verstehen – und dabei kann sie auch Zeit vertreiben. Insofern unterscheidet bereits GĂŒnther MĂŒller zwischen der Zeit, die es dauert, die ErzĂ€hlung zu vermitteln, und der Zeit, die in der epischen Welt vergeht, das heißt zwischen der ErzĂ€hlzeit einerseits und der erzĂ€hlten Zeit andererseits.4
Die „akzentuierte ZeitdualitĂ€t [
] ist ein charakteristisches Merkmal nicht nur der kinematographischen [und schriftlichen – A. S.] ErzĂ€hlung, sondern auch der oralen, wie stark diese auch Ă€sthetisch durchgestaltet sein mag“.5 Die ReziprozitĂ€t von ErzĂ€hlzeit und erzĂ€hlter Zeit findet ihren Ausdruck in der – wie GĂ©rard Genette prĂ€zisiert – basalen Voraussetzung, dass eine ErzĂ€hlung „nur in einer Zeit ‚konsumiert‘, das heißt aktualisiert werden [kann], nĂ€mlich in der LektĂŒre“.6 Gleiches gilt fĂŒr den mĂŒndlichen Vortrag vor einem Publikum, wie ich nachdrĂŒcklicher als Genette selbst und freilich im Hinblick auf den typischen Rezeptionsmodus volkssprachlicher Literatur des hohen Mittelalters ergĂ€nzen möchte. Zwar kann die Sukzessionsordnung gerade der mĂŒndlichen ErzĂ€hlung „von einer sprunghaften, repetitiven oder selektiven LektĂŒre außer Kraft gesetzt werden“, ihre orientierende Geltung aber verliert sie dadurch nicht: „Der narrative Text hat, wie jeder andere Text, keine andere Zeitlichkeit als die, die er metonymisch von seiner LektĂŒre [respektive seinem Vortrag – A. S.] empfĂ€ngt.“7 Genette kennzeichnet die Zeit der ErzĂ€hlung als ‚Pseudo-Zeit‘, die deshalb ‚quasi-fiktiv‘ ist, weil „sie fĂŒr den Leser empirisch in einem textuellen Raum besteht, den allein die LektĂŒre in Dauer (zurĂŒck)verwandeln kann“.8 In dieser quasi-fiktiven Zeit der ErzĂ€hlung scheint mir jenes Potenzial angelegt, die Lebenszeit der Heldin oder des Helden zur Lebenszeit der bzw. des ErzĂ€hlenden, Vortragenden, Lesenden und Hörenden werden zu lassen – sie hat also ein erhebliches Identifikationspotenzial.9
Der erste Teil des Titels der vorliegenden Arbeit heißt aber nicht Zeit und ErzĂ€hlung, sondern Zeit und Ăąventiure. Das ist nicht bloß der Versuch einer Umschrift von ‚ErzĂ€hlung‘ ins Mittelhochdeutsche, sondern betont zunĂ€chst die elementare Geltung jenes terminus technicus fĂŒr das höfische, insbesondere arthurische ErzĂ€hlen: Seine Helden reiten aus, um Ăąventiuren erfolgreich zu bestehen, Ăąventiuren von diesen Heldentaten werden dann sowohl intra- als auch extradiegetisch erzĂ€hlt.10 FĂŒr den Parzival Wolframs von Eschenbach bekommt der Begriff Ăąventiure aber einen besonderen Stellenwert, weil sich mit ihm ein sowohl narratives als auch pragmatisches Konzept verbindet, das den Parzival als Artus- und Gralsdichtung gegenĂŒber ‚rein‘ arthurischen Romanen profiliert. Wolframs Ăąventiure von Parzival ist dabei eng mit der zeitlichen Struktur der ErzĂ€hlung verknĂŒpft, welche ĂŒber das ĂŒbliche Spiel mit der Ordnung der Ereignisse und mit der Modulation der Geschwindigkeit der ErzĂ€hlung hinausgeht. Das sehr komplexe zeitliche Arrangement im Parzival wird – so die Leitthese meiner Arbeit – selbst zu einem entscheidenden Mittel der Sinngenerierung. Um Wolframs Parzival zu verstehen, wird daher die narrative Zeitstruktur zu einem erforderlichen Beobachtungsfeld. Sie berĂŒhrt ein Kernproblem der Parzival-Forschung, die sich an ParzivĂąl[,] de[m] tumbe[n] (Pz. 155,19) und kĂŒene[n], trĂŠclĂźche wĂźs (Pz. 4,18) werdenden Helden, abarbeitet: Der jĂŒngste Spross der Gralsdynastie wird trotz seines FrageversĂ€umnisses auf Munsalvaesche am Ende Gralskönig.11 Insofern will meine Anschlussfrage die IdentitĂ€tskonstruktion des Helden als eine narrative Leistung in den Blick nehmen; sie reflektiert den zweiten Titelteil meiner Arbeit. Den Parzival unter erzĂ€hltheoretischen PrĂ€missen auf die so grundlegende VerknĂŒpfung von Zeit und Ăąventiure hin zu untersuchen, scheint mir in Bezug auf sein hohes narratives KomplexitĂ€tsniveau nicht nur angemessen, sondern vielmehr notwendig, um ihm als höfischem Ausnahmetext gerecht zu werden.

1.1 ErzÀhlforschung zu Wolframs Parzival

Wenn ich meinen Schwerpunkt auf das narrative Arrangement der Zeit im Kontext von Wolframs spezifischem Ăąventiure-Entwurf lege, schließe ich an die lange Tradition der Forschungsgeschichte an, die sich mit Wolframs ErzĂ€hltechnik, seinen poetologischen Selbstaussagen und schließlich mit seiner ErzĂ€hlerrolle im Parzival beschĂ€ftigt. Aus der Menge an Literatur möchte ich lediglich an Schlaglichter erinnern, welche die Parzival-Forschung nachhaltig beeinflusst haben. Zu nennen sind die frĂŒhen Arbeiten von Wolfgang Mohr etwa zur grundlegenden VerknĂŒpfungstechnik und zur Komposition der Hintergrundhandlung12 sowie die Studie Max Wehrlis, in der der spannungsvolle ErzĂ€hlstil anhand der Syntax und des Reimgebrauchs im Parzival vorgefĂŒhrt wird.13 Nachhaltig sind Walter Haugs Überlegungen zur Symbolstruktur und Literaturtheorie, mit denen er den Sonderstatus von Wolframs Dichtung zunĂ€chst ĂŒber dessen programmatische Absage an die herkömmliche sinnstiftende Struktur des Doppelwegs und dann ĂŒber dessen enormen Rezeptionsanspruch profilieren kann, der in Prolog, Bogengleichnis und ‚Selbstverteidigung‘ formuliert wird.14
In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wird der Fokus auf die ErzĂ€hlerrolle pointierter. Michael Curschmanns Aufsatz Vom Abenteuer des ErzĂ€hlens ist deshalb unbedingt hervorzuheben, weil er grundsĂ€tzlich Autor und ErzĂ€hler differenziert und Wolframs ErzĂ€hler mit seinen verschiedenen, sich verschrĂ€nkenden Rollen, die Curschmann als Masken beschreibt, als selbstreflexiven Ausdruck des ErzĂ€hlens selbst betont.15 Die nur zwei Jahre danach erschienene Monographie Eberhard Nellmanns bietet eine eingehende Analyse der Typen und Funktionen der ErzĂ€hlereingriffe in Wolframs Gesamtwerk. Die Selbstaussagen des ErzĂ€hlers sind etwa auf die Funktionen des Publikumskontakts, der Beglaubigung, der Gliederung und Kommentierung, schließlich im Kontext affektiver Äußerungen zu lesen. Auf Basis des werkimmanenten ErzĂ€hler-Publikum-Modells von Wolfgang Kayser fĂŒhrt Nellmann die Differenzierung zwischen Autor und fiktivem ErzĂ€hler fort und erweitert diese um das von Wolfram geschaffene „fiktive[] Idealpublikum“ als „Form der Publikumsbeeinflussung“.16 Im Gegensatz zu Curschmann allerdings geht er „von einer ErzĂ€hlerrolle aus, die zwar verschiedene Aspekte hat, jedoch ohne Schwierigkeiten vom Vortragenden als einheitliche Figur realisiert werden kann“.17
Vor allem seit den 1990er Jahren liegt ein kontinuierlicher Forschungsschwerpunkt auf der spezifischen ErzĂ€hlweise im Parzival. Er schlĂ€gt sich neben zahlreichen AufsĂ€tzen, mit denen ich mich im Rahmen meiner Einzelanalysen entsprechend auseinandersetzen werde, in umfassenden Gesamtstudien, vornehmlich Dissertationen, nieder. Diese greifen jedoch die in der Germanistik ohnehin nur zögerlich rezipierten (post‐)strukturalistischen AnsĂ€tze zum ErzĂ€hlen nicht auf. Eine Ausnahme bildet die wenig beachtete Studie The Art of Recognition von Dennis Howard Green, die allerdings schon 1982 erschienen ist und damit die Forschungsentwicklung vorwegnimmt.18
Die darauffolgenden einschlĂ€gigen Dissertationen haben ganz unterschiedliche Frageinteressen. Ihnen gemeinsam ist die analytische VerknĂŒpfung ihres jeweiligen Schwerpunkts mit den spezifischen ErzĂ€hlverfahren Wolframs, aber auch ihre fehlende oder höchstens rudimentĂ€re Motivation fĂŒr eine im engeren, Genette’schen Sinne erzĂ€hltheoretisch geleitete Textanalyse: Alexandra Stein stellt 1993 einerseits erneut die Frage nach der ErzĂ€hlstruktur des Doppelwegs im Sinne Hugo Kuhns im Parzival. Mit der Metapher des ritterlichen strĂźtens fĂŒr die ErzĂ€hlstrategien des Textes scheint sie andererseits die Frage nach der Doppelwegstruktur zu relativieren und vielmehr die mit dem Wolfram’schen ErzĂ€hlen erreichten Irritationen als eine wichtige Funktion fĂŒr den Rezeptionsprozess zu profilieren.19
Mit einem elaborierten theoretischen Zugang macht Ulrike Draesner im selben Publikationsjahr die moderne IntertextualitĂ€tsdebatte fĂŒr das vormoderne ErzĂ€hlen anschlussfĂ€hig und erarbeitet umfassend die IntertextualitĂ€tsphĂ€nomene und ihre Funktionen im Parzival. Die narrativen Strategien Wolframs werden hier im Feld von Traditionseinbindung und kĂŒnstlerisch-ĂŒberlegener Transformation verortet; im Rahmen dessen wiederum sind die Fremdtextverweise vielfĂ€ltig mit der eigenen Dichtung verflochten.20
Auch die Dissertation von Cornelia Schu, die „als Beitrag zu d[er] intensivierten Untersuchung des ErzĂ€hlens im Parzival“ angekĂŒndigt wird,21 ist nicht von einem narratologischen Frageinteresse im engeren Sinne geleitet, wenn letztlich gattungspoetologisch auf Grundlage der Romantheorien Georg LukĂĄcs’ und Michail Bachtins argumentiert wird.22 Einen spezifischeren Zugang zum ErzĂ€hlen im Parzival hingegen bietet Martin Schuhmann, weil er sein Frage...

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