Cicero's Knowledge of the Peripatos
William Fortenbaugh, Peter Steinmetz
- 324 pages
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Cicero's Knowledge of the Peripatos
William Fortenbaugh, Peter Steinmetz
Ă propos de ce livre
Cicero is best known for his political speeches. His Catilinarian orations are regularly studied in third or fourth year Latin; his self-proclaimed role as savior of the Republic is much discussed in courses on Roman history. But, however fascinating such material may be, there is another side to Cicero which is equally important and only now receiving the attention it deserves. This is Cicero's interest in Hellenistic thought. As a young man he studied philosophy in Greece; throughout his life he maintained a keen interest in intellectual history; and during periods of political inactivity - especially in his last years as the Republic collapsed - he wrote treatises that today are invaluable sources for our knowledge of Hellenistic philosophy, including the School of Aristotle.
The essays collected in this volume deal with these treatises and in particular with Cicero's knowledge of Peripatetic philosophy. They ask such questions as: Did Cicero-know Aristotle first hand, or was the corpus Aristotelicum unavailable to him and his contemporaries? Did Cicero have access to the writings of Theophrastus, and in general did he know the post-Aristotelians whose works are all but lost to us? When Cicero reports the views of early philosophers, is he a reliable witness, and is he conveying important information? These and other fundamental questions are asked with special reference to traditional areas of Greek thought: logic and rhetoric, politics and ethics, physics, psychology, and theology. The answers are various, but the overall impression is clear: Cicero himself was a highly intelligent, well educated Roman, whose treatises contain significant material. Scholars working on Peripatetic thought and on the Hellenistic period as a whole cannot afford to ignore them.
This fourth volume in the Rutgers University Studies in Classic Humanities series deals with Cicero, orator and writer of the late Roman Republic. Interest in Cicero arose out of Project Theophrastus, an international undertaking based at Rutgers dedicated to collecting, editing, and translating the fragments of Theophrastus. This collection will be of value to philologists, classicists, philosophers, as well as those interested in the history of science.
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1
Beobachtungen zu Ciceros philosophischem Standpunkt
I
- Es ist zu beachten, daÎČ sich mit dem Begriff philosophia im hellenistischen Griechenland und in Rom drei Konnotationen verbinden.
- Philosophic dient zur Kennzeichnung eines menschlichen Verhaltens. Der Begriff bezeichnet so das Streben nach dem wahren Wissen, das in seiner voll entwickelten Form die Erkenntnis des Wesens und des Zusammenhangs aller Dinge, die Prinzipien ethischen und theoretischen Verhaltens, die menschliche Selbsterkenntnis und die Einsicht in die Stellung des Menschen in der Welt umfaÎČt.
- Philosophic dient eher inhaltlich zur Bezeichnung des Ergebnisses dieses Strebens nach Wissen, sei es generell (Philosophic = die Lehren der Philosophen), sei es auf die Lehren bestimmter Philosophen und Schulen bezogen (z.B. die peripatetische Philosophic, die stoische Philosophie).
- WĂ€hrend diese beiden Konnotationen auch der deutschen Sprache vertraut sind, ist die 3. Konnotation nur in den antiken Sprachen dem Begriff philosophia eigentĂŒmlich. Hier wird Philosophic auch verstanden als Bezeichnung der Formen, in denen Philosophic im Sinne der 2. Konnotation zur Darstellung gebracht wird. Demnach ist Philosophic ein GattungsBegriff der Literatur und meint die dritte Gattung der Kunstprosa neben der Rede und der Historiographie, und zwar insbesondere die Kunst des Dialogs in den verschiedenen AusprĂ€gungen.
Wenn Cicero erklĂ€rt, er wolle die Philosophic nach Rom ĂŒbertragen und in lateinischer Sprache zur Darstellung bringen, versteht er den Begriff Philosophic zunĂ€chst als Gattungsbegriff der Literatur. DemgemĂ€ÎČ ist es sein Ziel, eine römische philosophische Literatur hervorzubringen, die unter Ă€sthetischem Aspekt der griechischen philosophischen Literatur entspricht. Daher will er die lateinische Sprache zum Ausdruck philosophischer Sachverhalte geschmeidig machen und eine lateinische philosophische Terminologie entwickeln. Daher will er insbesondere unter Nachgestaltung römischer Lebenswirklichkeit und unter Ăbertragung von Anregungen der griechischen Literatur die Kunst eines römischen Dialogs schaffen. Diese Seite der philosophischen Schriftstellerei Ciceros sei in diesem Vortrag beiseite gelassen. Unsere Untersuchung konzentriert sich auf Philosophie im Sinne der 2. Konnotation. Denn indem Cicero die literarische Gattung Philosophie fĂŒr die römische Literatur gewinnen will, muÎČ er Philosophie im Sinn der 2. Konnotation darstellen und dabei einen philosophischen Standpunkt einnehmen. - Seit den Zeiten Chrysipps bedeutet in Griechenland und infolgedessen auch in Rom Philosophieren zugleich, sich an eine bestimmte Philosophenschule anzuschlieÎČen, genauer, sich einer der vier hellenistischen Schulen zuzurechnen, der Akademie, und das heiÎČt der Schule Platons, dem Peripatos, und das heiÎČt der Schule des Aristoteles und des Theophrast, der Stoa oder der Schule Epikurs. Der AnschluÎČ an eine bestimmte Schule schlieÎČt freilich nicht aus, daÎČ man die Dogmen anderer Schulen zur Kenntnis nimmt, sei es aus den kritischen Auseinandersetzungen der eigenen Schule mit den Lehrmeinungen der anderen Schule, sei es durch die LektĂŒre von Werken der Philosophen anderer Schulen, sei es dadurch, daÎČ man auch bei Philosophen anderer Schulen hört. Zum letzteren einige Beispiele: Eratosthenes hörte bei Ariston von Chios und bei Arkesilaos,2 Chrysipp bei Kleanthes, aber auch bei Arkesilaos und Lakydas,3 Cicero und seine Freunde hielten es bei ihrem Studienaufenthalt in Athen nicht anders.4 Dagegen ist die Konversion von einer Schule zu einer anderen sehr selten und meist als etwas Negatives beurteilt worden. Nun gibt es innerhalb der einzelnen Schulenâdies gilt besonders fĂŒr die Akademie, die Stoa, den Peripatos und sogar fĂŒr die Schule Epikursâverschiedene AusprĂ€gungen, Ausgestaltungen und Akzentuierugen der Grundanschauungen. Die eigene Auffassung bald von dieser, bald von jener schulinternen AusprĂ€gung bestimmen zu lassen, gait aber nicht als eine verwerfliche Konversion, mochte man auch in der innerschulischen Diskussion bestimmte Nuancierungen als âAristotelisierenâ, âPlatonisierenâ oder âStoisierenâ kritisieren.5 Cicero hat sich selbst immer als Akademiker und damit als in der Nachfolge Platons stehend empfunden. Da aber in der Akademie gerade in den frĂŒhen Mannesjahren Ciceros wĂ€hrend seiner doch intensiven philosophischen Studien sich eine folgenreiche Wende vollzogen hat, nĂ€mlich von der eher skeptisch ausgerichteten Philosophic Philons von Larissa zu der eher dogmatischen Philosophic des Antiochos von Askalon, ist zu fragen, welchen akademischen Standpunkt denn Cicero eingenommen hat und ob und wie sich dieser Wandel in der Akademie auf seine philosophische Ăberzeugung ausgewirkt hat.
II
- Das GesprĂ€ch des 5. Buches De finibus spielt im Jahre 79 in Athen. Cicero ĂŒbernimmt in diesem GesprĂ€ch die Kritik der ethischen GrundsĂ€tze des Antiochos von Askalon.
- In De natura deorumâder Dialog spielt zu einem Zeitpunkt zwischen 77 und 75âlĂ€ÎČt Cicero durch den Mund des Velleius ĂŒber Cotta und sich feststellen: ambo enim ab eĆdem PhilonĆ nihil scire didicistis (ND I 17.
- Der fiktive Zeitpunkt des Lucullus, in dem Cicero die Erkenntniskritik Philons vortrÀgt, liegt zwischen 63 und 60.
- Die beiden ĂŒbrigen GesprĂ€che von De finibus, in denen Cicero sich selbst die Rolle des Kritikers der epikureischen und der stoischen GĂŒ-terlehre zuweist, spielen im Jahre 52 bzw. 50.
- Das geplante naturphilosophische Werk, in dem Cicero die als pythagoreisch verstandene Naturphilosophie des platonischen Timaios und die peripatetische Physik kritisieren wollte, sollte im Jahre 51 in Ephesos spielen.6