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Holzhausen am HĂŒnstein - Ein Dorf lĂ€dt sich GĂ€ste ein
2. Teil: Ein Dorf setzt sich zur Wehr
Fritz Runzheimer
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Holzhausen am HĂŒnstein - Ein Dorf lĂ€dt sich GĂ€ste ein
2. Teil: Ein Dorf setzt sich zur Wehr
Fritz Runzheimer
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Der Autor Fritz Runzheimer entdeckte schon in jungen Jahren seine besondere Liebe zur Heimat und zu seinem Dorf. In seinem Ruhestand hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, die jĂŒngere Geschichte seines Dorfes aufzuarbeiten und darĂŒber eine zweibĂ€ndige, reichlich bebilderte Dokumentation zu erstellen. Im Blickpunkt der beiden BĂ€nde steht die lange Tradition der Dorfverschönerung, beginnend mit der "Auszeichnung" als Gaumusterdorf 1936, bis zum Erreichen einer Goldmedaille im Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" 1975. Der zweite Band dokumentiert die zeitgleiche Entwicklung des Fremdenverkehrs.
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Informations
1. Kapitel
- Die ersten 200 GĂ€ste kamen 1936 nach Holzhausen am HĂŒnstein
- âŠfĂŒr jeden Gau ein Musterdorf
- Presseberichte: â Der Fremdenverkehrâ 1936
- Aufgabe erkannt und rĂŒcksichtslos in Angriff genommen
- Holzhausen im Gau Hessen-Nassau wird eines der ersten sieben Musterdörfer in Deutschland
- Woher kamen aber die ersten GĂ€ste?
- Die Nazipropaganda sorgte fĂŒr den ersten Aufschwung im Fremdenverkehr
- Die Werbung der Nationalsozialisten
- Das Erbe der Nazizeit
- Aus der Presse 1936: Die deutsche Fremdenverkehrswerbung und âFĂŒnf Minuten Schulungâ
- Ludwig Damm, BĂŒrgermeister und Kratzputzmeister
- Der Krieg beendete den gerade begonnen Aufschwung des Fremdenverkehrs
Die ersten 200 KurgĂ€ste kamen 1936 nach Holzhausen am HĂŒnstein
So ist es in vielen Publikationen der vergangenen Jahrzehnte nachzulesen. Die Entwicklung des Fremdenverkehrs in Holzhausen am HĂŒnstein begann mit einem Paukenschlag: Wie aus heiterem Himmel tauchten plötzlich 200 GĂ€ste in Holzhausen auf! Die Verfasser dieser Veröffentlichungen ĂŒber den Beginn des Fremdenverkehrs, sind die ErklĂ€rung immer schuldig geblieben; wo ausgerechnet, in einer Zeit von hoher Arbeitslosigkeit und verbreiteter groĂer Armut in der Bevölkerung, kommen plötzlich âscharenweiseâ die GĂ€ste her? Wer hat sie angeworben?
Geld fĂŒr groĂe Werbeaktionen, mit den dafĂŒr erforderlichen Werbemitteln, war nicht vorhanden. Ein Werbeprospekt aus dieser Zeit ist nirgendwo aufgetaucht.
200 GĂ€ste sind kein Pappenstiel - und rein zufĂ€llig, sind sie mit gröĂter Wahrscheinlichkeit auch nicht nach Holzhausen gekommen.
Das berechtigt zu Vermutungen: Wollte man es nicht an die groĂe Glocke hĂ€ngen, wer und was den GĂ€steansturm auslöste? Die ErklĂ€rung des âGĂ€steansturmesâ ist bei Kenntnis der politischen Ereignisse dieser Zeit, in die Holzhausen in besonderer Weise verwickelt war, leicht nachzuvollziehen.
Die Nationalsozialisten waren inzwischen an die Macht gekommen und der GröĂenwahnsinn hatte seinen Lauf genommen. Die ersten âvorbildlichen deutschen Dörferâ waren ausgesucht und Holzhausen war dabei.
FĂŒr jeden Gau ein Musterdorf
Die ersten sieben Gaumusterdörfer in Deutschland:
- GroĂ-Schauen, Gau Kurmark
- Wildflecken, in der Rhön
- Holzhausen, Gau Hessen-Nassau
- Wollseifen, Gau Köln-Aachen
- Hermeskeil, im HunsrĂŒck, Landkreis Trier
- Trautenstein, im Harz
- Bödefeld, in SĂŒdwestfalen (Sauerland)
Die Amtlichen Bekanntmachungen, im Zusammenhang mit der Ernennung zum Gaumusterdorf wurden im Parteiorgan, âDer Fremdenverkehrâ, am 18. Juli 1936, im ganzen Deutschen Reich verbreitet.
Aufgabe erkannt und rĂŒcksichtslos in Angriff genommen!
Der GröĂenwahn der Nazis macht auch vor dem kleinsten Dorf nicht halt.
âDie deutschen Dörfer, die schönsten der Weltâ. Mit dieser grenzenlosen Ăberheblichkeit sollten die auslĂ€ndischen GĂ€ste als Besucher der Olympiade 1936 beeindruckt und von der neu erweckten Schaffenskraft des deutschen Volkes ĂŒberzeugt werden, so wollte es die Propaganda der Nationalsozialisten. Das Amt âSchönheit der Arbeitâ in der NS-Gemeinschaft âKraft durch Freudeâ, wurde kurzerhand beauftragt, ĂŒber alle Dienststellen des Staates zur âVerschönerung des Deutschen Dorfesâ auf zu rufen.
Aufgabe erkannt - und rĂŒcksichtslos in Angriff genommen!
Unter diesem Motto wurde die Dorfverschönerung der Nazis den Dörfern und der Bevölkerung befohlen.
Holzhausen, im Gau Hessen-Nassau, wird eines der sieben ersten Musterdörfer in Deutschland.
Von der Naziobrigkeit als Vorzeigedorf fĂŒr die OlympiagĂ€ste 1936 in Berlin und Garmisch-Partenkirchen auserwĂ€hlt.
Nicht durch einen Wettbewerb, sondern âausgesucht und herausgestelltâ durch Naziobrigkeit. Ein schönes sauberes Dorf sollte es sein, dem Idealbild des deutschen Dorfes soweit es irgend geht entsprechend. Holzhausen war ein solches Dorf, das sich durch seine Lage, abseits von HauptverkehrsstraĂen und einem schönem, sauberen Ortsbild, geprĂ€gt durch die FachwerkhĂ€user mit Kratzputz, von anderen Dörfern im weiten Umfeld deutlich absetzte. Das neu erbaute Waldschwimmbad war ein besonderes Kleinod und lockte viele GĂ€ste aus der Umgebung an.
In einer Zeit, von wirtschaftlicher Not und hoher Arbeitslosigkeit geprĂ€gt, war die Dorfverschönerung einzige Perspektive mit Hoffnung auf Arbeit und Brot. Den nationalistischen Hintergrund dieser unfreiwilligen Dorfverschönerung hat die Bevölkerung nicht davon abgehalten, mit groĂem Einsatz fĂŒr ihr Dorf zu arbeiten. Davon war selbst Gauleiter Sprenger so beeindruckt, dass er in seiner Festrede 1939, im Rahmen der Feierlichkeiten anlĂ€sslich der Verleihung des Titels âGaumusterdorfâ, den besonders ausgeprĂ€gten Gemeinschaftsgeist der Bevölkerung herausstellte. Von ĂŒberall hagelte es Lob und Anerkennung fĂŒr die geleistete Arbeit und das tat der geschundenen Seele gut. Die BĂŒrger waren voller Stolz auf ihr verschönertes Dorf und die Sorgen des Alltags konnten fĂŒr kurze Zeit verdrĂ€ngt werden.
Woher kamen aber die ersten GĂ€ste?
Bei realistischer Betrachtung, es gab bis zu diesem Zeitpunkt keine kontinuierliche Fremdenverkehrswerbung von Betrieben oder wie ein paar Jahrzehnte spĂ€ter, Werbung durch einen Verein. Wer konnte sich schon Werbung leisten, mit der auch erst nach Jahren kleine Erfolge zu erzielen waren. Die Fremdenverkehrswerbung fĂŒr Holzhausen bestand vorwiegend aus der Mund zu Mund Propaganda, die aber erfahrungsgemÀà nur Erfolge in kleinen Schritten ermöglichte.
Es ist mit groĂer Sicherheit davon auszugehen, dass viele Besucher im Zusammenhang mit der Ernennung zum Gaumusterdorf, aus dienstlicher Verpflichtung, nach Holzhausen kamen.
Die Nationalsozialisten waren von auĂergewöhnlicher GrĂŒndlichkeit und ĂŒberlieĂen nichts dem Zufall. Nachdem in jedem Gau ein Musterdorf âherausgestelltâ wurde, ĂŒbernahm das Presseamt des Reichsfremdenverkehrsverbandes die Verbreitungspropaganda. Es wurden keine branchenĂŒblichen Erwartungen formuliert, sondern klar und deutlich in der obligatorischen Ăberheblichkeit, die Feststellung getroffen:
ââŠDiese Verschönerung des Deutschen Dorfes gewinnt im Olympia-Jahr insofern Bedeutung, als dafĂŒr gesorgt worden ist, möglichst vielen auslĂ€ndischen GĂ€sten diese vorbildlichen deutschen Dörfer zu zeigen.â
Weiter heiĂt es im Text der âAmtlichen Bekanntmachungenâ:
âWie jetzt mitgeteilt wird, hat auch die Organisationsleitung des Weltkongresses fĂŒr Freizeit und Erholung den Entschluss gefasst, den auslĂ€ndischen Teilnehmern des Kongresses Fahrten zu den deutschen Musterdörfern zu ermöglichen.â
(siehe AusschnittvergröĂerung Zeitung âDER FREMDENVERKEHRâ)
200 GĂ€ste, die wahrscheinlich mehrere Tage in Holzhausen blieben, brachten der Bevölkerung zusĂ€tzliche Einnahmen. Es blieb nicht bei den 200 GĂ€sten pro Jahr. Die GĂ€stezahl stieg kontinuierlich und erreichte den höchsten Stand vor dem 2. Weltkrieg 1939, mit 628 GĂ€sten. Im âKrönungsjahrâ zum Gaumusterdorf hatte sich die Zahl der GĂ€ste bereits verdreifacht. Die Feierlichkeiten waren ein GroĂereignis in dieser Zeit, das viele GĂ€ste aus nah und fern anlockte.
In dieser, von der Arbeitslosigkeit geprĂ€gten Zeit, wurde der Fremdenverkehr zum HoffnungstrĂ€ger der vorhandenen dörflichen Gastronomie. Die Unterbringung der GĂ€ste eröffnete eine zusĂ€tzliche Erwerbsmöglichkeit, nicht nur fĂŒr die Gasthöfe, sondern auch die privaten Hausbesitzer. Mit dem GĂ€stezimmer lieĂen sich leicht âĂŒber Nachtâ, ein paar Mark hinzuverdienen.
Schon damals sehr bekannt, war das Hotel Schmidt in der Teichstrasse. Mit eigener Metzgerei und einem Gasthof hatte es einen guten Ruf, und mancher Reisende scheute keinen Umweg um dort einzukehren. Es kamen immer mehr GĂ€ste, die in dem schönen Dorf mit seiner bĂŒrgerlichen Gastronomie, den aufgeschlossenen Leuten und der waldreichen Mittelgebirgslandschaft, Erholung suchten. Es war ein beispielhafter Start in einen neuen Wirtschaftszweig, der vielen BĂŒrgern ein zusĂ€tzliches Einkommen ermöglichte.
Die Nazipropaganda sorgte fĂŒr den ersten Aufschwung im Fremdenverkehr
AuszĂŒge aus dem Parteiorgan
â Der Fremdenverkehrâ Nr.12, 1936
âDas Dritte Reich sieht im wachsenden Fremdenverkehr einen Faktor von allergröĂter Bedeutungâ
Der Magnet Deutschland...