Medien und Journalismus
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Medien und Journalismus

Einfluss und Macht der Vierten Gewalt

Tanjev Schultz, Helmar Schöne, Philipp Salamon-Menger, Siegfried Frech

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  1. 144 pages
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Einfluss und Macht der Vierten Gewalt

Tanjev Schultz, Helmar Schöne, Philipp Salamon-Menger, Siegfried Frech

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Public opinion is critically important in any democracy, which is why the media are rightly described as the?Fourth Estate=. Against this background, it is important for politically responsible citizens to know how the media function and operate. Tanjev Schultz describes the role of the media in democratic systems in a clear, concise and easy-to-understand manner. He addresses the tension between required standards and reality, between expectations of the media and what actually happens. He lists the positions commonly taken in media criticism and outlines the findings of media research. The book also discusses changes in the media, resulting in particular from digitalization and the popularity of social media platforms, as well as current controversies and phenomena such as?fake news= and LĂŒgenpresse (?lying press=) accusations.

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Informations

Année
2021
ISBN
9783170377394

1

»Demokratie stirbt in der Dunkelheit«: Die Vierte Gewalt

Demokratien leben von einer kritischen Öffentlichkeit. Sie erschöpfen sich nicht im politischen Wahlakt, sie sind auf Diskussionen und einen Wettstreit der Argumente angewiesen. Ohne freien Fluss von Informationen und Meinungen trocknen demokratische Gesellschaften aus. Deshalb ist der Journalismus eine besondere Branche. Wer Nachrichten und Kommentare verbreitet, »verkauft« kein gewöhnliches Produkt. Die Medien erfĂŒllen einen öffentlichen Auftrag. Sie sollen solide Informationen liefern und gehaltvolle Auseinandersetzungen ermöglichen. Sie können oder sollen bestimmen, was gesellschaftlich relevant ist und was nicht.
Wie gut die Medien diesen Auftrag erfĂŒllen, ist eine wichtige Frage – womöglich werden die hohen Erwartungen nur schlecht oder gar nicht erfĂŒllt. An den AnsprĂŒchen Ă€ndert das zunĂ€chst nichts. Es gehört zum SelbstverstĂ€ndnis einer Demokratie, dass die BĂŒrgerinnen und BĂŒrger sich umfassend ĂŒber Themen von allgemeinem Interesse informieren können und es einen regen Austausch von Meldungen und Meinungen gibt. Dazu gehört auch, dass in der Öffentlichkeit Kritik an der Regierung und anderen Institutionen und Akteuren geĂŒbt werden kann. Mehr noch: dass die Medien die MĂ€chtigen hinterfragen und in gewissem Sinne sogar kontrollieren, indem sie MissstĂ€nde und Fehlverhalten aufdecken und thematisieren. DafĂŒr steht der englische Ausdruck »Watchdog« – wie Wachhunde sollen die Medien die Demokratie beschĂŒtzen.
Mit Blick auf diese Kritik- und Kontrollfunktion wird von den Medien als »Vierter Gewalt« gesprochen. In der Gewaltenteilung demokratischer Staaten werden zunĂ€chst nur drei Gewalten unterschieden: die Legislative als gesetzgebende Gewalt (Volk, Parlamente), die Exekutive als vollziehende, ausfĂŒhrende Gewalt (Regierung und Verwaltung) und die Judikative als Recht sprechende Gewalt (Gerichte). Es ist umstritten, ob es nötig und sinnvoll ist, dieser Dreiteilung noch eine weitere Gewalt hinzuzufĂŒgen (vgl. Stark & Weichselbaum 2014). Im klassischen Staatsrecht ist das nicht unbedingt vorgesehen, zumal die Medien in einer Demokratie nicht zum Staat im engeren Sinne gehören. Vielmehr gilt fĂŒr sie das Gebot der »Staatsferne«. Sie sollen unabhĂ€ngig von den Institutionen der Macht arbeiten. Eben diese UnabhĂ€ngigkeit ermöglicht es Journalistinnen und Journalisten aber auch, kontrollierend zu wirken.
Doch ist der Begriff »Vierte Gewalt« nicht etwas anmaßend? Macht er die Medien nicht wichtiger, als sie sind, oder mĂ€chtiger, als sie sein sollten? Ist nicht im Übrigen »Gewalt« zwingender und direkter als »Macht«? Und woher nehmen Journalistinnen und Journalisten das Recht, Zwang auszuĂŒben oder sich als Kontrolleure aufzufĂŒhren – wer hat sie dazu legitimiert?
Solche Zweifel sind verstĂ€ndlich. »Journalist« kann sich schließlich jeder nennen. Die Medien mĂŒssen sich weder dem Wahlvolk noch sonst einer Kontrollinstanz gegenĂŒber verantworten, von recht schwachen Organen der Selbstkontrolle wie dem Presserat einmal abgesehen. »Wer kontrolliert eigentlich die Kontrolleure?«, fragen deshalb Medienkritiker. Die Antwort darauf mag manche nicht zufriedenstellen, sie entspricht aber der Logik einer offenen Mediengesellschaft: Es ist wiederum die Öffentlichkeit (und damit in Teilen der Journalismus selbst), die in einem freien Austausch auch die einzelnen BeitrĂ€ge der Medien ĂŒberprĂŒfen und kritisieren muss. Daran sind in der digitalen Welt außer Journalistinnen und Journalisten weitere Akteure beteiligt, neben Organisationen der Zivilgesellschaft beispielsweise einzelne BĂŒrgerinnen und BĂŒrger, die sich jederzeit im Internet zu Wort melden können.
Noch immer ruhen allerdings besondere Hoffnungen auf der Arbeit professioneller Redaktionen. Denn sie sind darauf spezialisiert, »Öffentlichkeit als gesellschaftlichen Auftrag« (Pöttker 2001) anzunehmen und das Publikum kontinuierlich mit Informationen und Diskussionen zu versorgen. Das ist ihr Job.
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Journalismus stellt Öffentlichkeit her. Mit dieser Aufgabe ist er fortwĂ€hrend beschĂ€ftigt. Damit leistet Journalismus, etwas pathetisch ausgedrĂŒckt, einen Dienst an der Demokratie.
Der Zwang, den der Journalismus ausĂŒbt, ist nicht zu vergleichen mit dem Gewaltmonopol, das der Staat besitzt: Dieser (bzw. die Polizei) kann Menschen festnehmen lassen und Gerichte können eine Haftstrafe verhĂ€ngen. Das kann der Journalismus nicht. Die Macht der Medien und die Gewalt, die sie in einem eher ĂŒbertragenen Sinne ausĂŒben, ist dennoch nicht zu unterschĂ€tzen. Was und wie etwas berichtet wird, kann großen Einfluss auf das Schicksal einzelner Menschen und Gruppen, aber auch auf den Kurs der Politik und der Gesellschaft haben.
Es ist keineswegs so, dass nur die Medien selbst sich so wichtig nehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich eigenmĂ€chtig zu Kritikern und Kontrolleuren aufschwingen wĂŒrden. Diese Rolle wird ihnen vom Verfassungsrecht und von der Demokratietheorie ausdrĂŒcklich zugebilligt und zugewiesen. So betonen die höchsten Gerichte in liberalen Demokratien wie der Bundesrepublik oder den USA immer wieder die zentrale Bedeutung der Presse- und Meinungsfreiheit und den herausgehobenen Platz, den der Journalismus in der gesellschaftlichen Kommunikation einnimmt. So hat es das Bundesverfassungsgericht in seinem historischen Urteil zur Spiegel-AffĂ€re ausgedrĂŒckt:
»Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; insbesondere ist eine freie, regelmĂ€ĂŸig erscheinende politische Presse fĂŒr die moderne Demokratie unentbehrlich. Soll der BĂŒrger politische Entscheidungen treffen, muss er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwĂ€gen können, die andere sich gebildet haben. Die Presse hĂ€lt diese stĂ€ndige Diskussion in Gang; sie beschafft die Informationen, nimmt selbst dazu Stellung und wirkt damit als orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung. In ihr artikuliert sich die öffentliche Meinung; die Argumente klĂ€ren sich in Rede und Gegenrede, gewinnen deutliche Konturen und erleichtern so dem BĂŒrger Urteil und Entscheidung. In der reprĂ€sentativen Demokratie steht die Presse zugleich als stĂ€ndiges Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewĂ€hlten Vertretern in Parlament und Regierung.« (Bundesverfassungsgericht, »Spiegel-Urteil«, BVerfGE 20, 162, 1966)
Aus dieser »öffentliche Aufgabe« der Presse, wie die Richter es nannten, erklĂ€rt sich, warum Journalistinnen und Journalisten ein paar Vorrechte besitzen. Sie können von den Behörden AuskĂŒnfte verlangen und sie dĂŒrfen ihre zum Teil vertraulichen Quellen vor Ermittlern und Gerichten schĂŒtzen. Sie haben auf der anderen Seite auch Pflichten: In ihrer Arbeit besteht fĂŒr Journalisten eine sogenannte Sorgfaltspflicht. Sie mĂŒssen Nachrichten prĂŒfen, bevor sie diese weiterverbreiten. Sie mĂŒssen aufpassen, keine GerĂŒchte oder falschen Informationen zu streuen. Sonst verwandelt sich ihr Dienst an der Demokratie in einen BĂ€rendienst.
Wer fĂŒr die Medien arbeitet, kann sich nicht nach Belieben auf die Pressefreiheit berufen. Wenn andere RechtsgĂŒter betroffen sind, muss abgewogen werden, was mehr Gewicht hat. Und lediglich die ErfĂŒllung der öffentlichen Aufgabe rechtfertigt bestimmte Vorrechte. So hat es das Bundesverfassungsgericht in dem zitierten Urteil betont: »Die in gewisser Hinsicht bevorzugte Stellung der Presseangehörigen ist ihnen um ihrer Aufgabe willen und nur im Rahmen dieser Aufgabe eingerĂ€umt. Es handelt sich nicht um persönliche Privilegien«.
Vor allem bei der Kritik und Kontrolle politischer Akteure haben die Medien in liberalen Demokratien große Freiheiten. Aber selbst hier wird um den genauen Verlauf der Grenzen immer wieder gerungen und es ist keineswegs so, dass sich der Journalismus alles erlauben könnte.

Kraft zur AufklÀrung: Die Watergate-AffÀre

Einer der SchlĂŒsselmomente fĂŒr den modernen Journalismus ist bis heute die Watergate-AffĂ€re, die 1974 zum RĂŒcktritt des US-PrĂ€sidenten Richard Nixon fĂŒhrte. Auch wenn es nicht allein die Presse war, die den Sturz des Politikers bewirkte, hat die AffĂ€re eindrĂŒcklich klar gemacht, welche Kraft im Journalismus steckt. Zwei Reporter der Washington Post, Bob Woodward und Carl Bernstein, wurden zu Helden des investigativen Journalismus, eines Journalismus also, der Skandale und MissstĂ€nde aufspĂŒrt und untersucht. Der Spielfilm All the President’s Men (»Die Unbestechlichen«, 1976) mit Dustin Hoffman und Robert Redford in den Hauptrollen machte die beiden Journalisten schon frĂŒh zu lebenden Legenden.
Der republikanische PrĂ€sident hatte versucht, seine Gegner von der Demokratischen Partei mit schmutzigen Mitteln zu besiegen. Dazu gehörten illegale Bespitzelungen und ein Einbruch in die Parteizentrale der Demokraten, den sogenannten Watergate-GebĂ€udekomplex in Washington. Mit Hilfe eines geheimnisumwitterten Informanten enthĂŒllten Woodward und Bernstein die Machenschaften Nixons, ihre Berichterstattung erschĂŒtterte Amerika und die Welt.
Dass Geschichten von Schurken (PrĂ€sident Nixon) und Helden (die Journalisten) das reale Geschehen gern verkĂŒrzen und verklĂ€ren, Ă€ndert nichts an der großen Leistung der beiden Reporter. Auch bei der Watergate-AffĂ€re waren es keineswegs nur diese zwei MĂ€nner, die wie David-Zwillinge den PrĂ€sidenten-Goliath zur Strecke brachten. Die Redaktion der Hauptstadt-Zeitung stand hinter ihnen, dazu kam der sehr wichtige Informant, der lange nur unter dem Decknamen »Deep Throat« bekannt war und dessen IdentitĂ€t die Öffentlichkeit erst Jahrzehnte nach dem Skandal erfuhr: Mark Felt, ein leitender FBI-Ermittler. Außer der Zeitung recherchierten die Behörden und schließlich auch die Abgeordneten im US-Kongress. Der Journalismus ist eine eigene Kraft, die aber mit anderen KrĂ€ften der Gesellschaft in Wechselwirkung tritt. Nicht immer erwĂ€chst daraus Gutes. Doch Watergate ist – wie manch andere bedeutsame EnthĂŒllung – ein Beispiel dafĂŒr, dass die Medien tatsĂ€chlich zur AufklĂ€rung beitragen und als Vierte Gewalt der Demokratie dienen können.

»Democracy dies in darkness«

Als einer der Watergate-EnthĂŒller blieb Bob Woodward dem Journalismus auch im hohen Alter treu. Noch wĂ€hrend der PrĂ€sidentschaft von Donald Trump lieferte er Einblicke ins Innenleben des Weißen Hauses. Seine Erfahrung und BerĂŒhmtheit mögen geholfen haben, TĂŒren zu öffnen, die sonst verschlossen geblieben wĂ€ren. Allerdings dĂŒrften diejenigen, die etwas zu verbergen haben, besonders auf der Hut sein, wenn sie einen Namen wie »Woodward« auch nur hören. Journalisten seines Schlages zerren ans Licht, was andere im Dunkeln lassen wollen.
»Democracy dies in darkness«, die Demokratie stirbt im Dunkeln: Diesen Slogan, den Woodward schon Jahre zuvor verwendet (aber nicht erfunden) haben soll, schrieb sich seine Zeitung im Jahr 2017 buchstĂ€blich auf die Fahnen. Die Washington Post setzte den Slogan unter ihren Namen auf den sogenannten Zeitungskopf. Seitdem steht er dort – auch online – in einer Mischung aus Mahnung, Ansporn und Appell. Und natĂŒrlich war es kein Zufall, dass die Redaktion sich ausgerechnet in dem Jahr dahinter versammelte, in dem in Gestalt von Donald Trump ein US-PrĂ€sident sein Amt antrat, der wie kein anderer zuvor die Presse attackierte und Zeitungen und Fernsehsender, die kritisch ĂŒber ihn berichteten, als »Fake News Media« beschimpfte und sogar zu »Feinden des Volkes« erklĂ€rte.
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Sich nicht den Mund verbieten lassen, unabhĂ€ngig und kritisch bleiben, ĂŒber Fehler und MissstĂ€nde berichten – das gehört zum Credo eines freien und selbstbewussten Journalismus. Er recherchiert auch gegen WiderstĂ€nde. So wird er zum WĂ€chter der Demokratie (»Watchdog«, Wachhund).
Die Demokrati...

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