Mittwoch, 21. Mai 1975
1. Verhandlungstag
Verhandlungsprotokoll
der öffentlichen Sitzung des Oberlandesgerichts
Stgt.-Stammheim, 21. Mai 1975
â MehrzweckgebĂ€ude â
Beginn der Hauptverhandlung um 9.00 Uhr
2 StE (OLG Stgt.) 1/74
Anwesend:
Vorsitzender Richter am OLG Dr. Prinzing
â als Vorsitzender â
Richter am OLG Dr. Foth
Richter am OLG Maier
Richter am OLG Dr. Berroth
Richter am OLG Dr. Breucker
â als beisitzende Richter â
Richter am OLG Vötsch
Richter am OLG Dr. Nerlich
Richter am OLG Meinhold
Richter am OLG Freuer
â als ErgĂ€nzungsrichter9 â
Bundesanwalt Dr. Wunder
Oberstaatsanwalt Zeis
Regierungsdirektor Widera
â Staatsanwalt Holland
â als Vertreter der Bundesanwaltschaft â
JustizsekretÀr J.
Justizassistent z. A. C.
Justizassistent z. A. S.
â als Urkundsbeamte der GeschĂ€ftsstelle â
Anwesend sind ferner die auf Seite 2 und 3 aufgefĂŒhrten Angeklagten und die auf Seite 11 genannten Verteidiger.
Strafsache gegen
1. den berufslosen Andreas Bernd Baader, geboren am 6. Mai 1943 in MĂŒnchen, ohne festen Wohnsitz, Deutscher, ledig, zur Zeit in Untersuchungshaft in der Vollzugsanstalt Stgt.-Stammheim, Pflichtverteidiger :
a) Rechtsanwalt Eberhard Schwarz, Stuttgart
b) Rechtsanwalt Siegfried Haag, Heidelberg
c) Rechtsanwalt Dieter Schnabel, Ditzingen
Wahlverteidiger:10 â
2. die Studentin Gudrun Ensslin, geboren am 15. August 1940 in BartholomĂ€, Krs. SchwĂ€bisch-GmĂŒnd, ohne festen Wohnsitz, Deutsche, ledig, zur Zeit in Untersuchungshaft in der Vollzugsanstalt Stgt.-Stammheim, Pflichtverteidiger :
a) Rechtsanwalt Ernst Eggler, Karlsruhe
b) Rechtsanwalt Otto Schily, Berlin 15
c) RechtsanwÀltin Marielouise Becker, Heidelberg
d) Rechtsanwalt Manfred KĂŒnzel, Waiblingen
Wahlverteidiger:
a) Rechtsanwalt Dr. Franz Josef Degenhardt, Hamburg
3. die Journalistin Ulrike Marie Meinhof, gesch. Röhl, geboren am 7. Oktober 1934 in Oldenburg/Old., ohne festen Wohnsitz, Deutsche, geschieden, zur Zeit in Untersuchungshaft in der Vollzugsanstalt Stgt.-Stammheim,
Pflichtverteidiger :
a) Rechtsanwalt Dieter König, Stuttgart
b) Rechtsanwalt Helmut Riedel, Frankfurt
c) Rechtsanwalt Karl-Heinz Linke, Karlsruhe
Wahlverteidiger:
a) Rechtsanwalt Rainer Köncke, Hamburg
b) Rechtsanwalt Dieter Hoffmann, Berlin
4. den Diplomsoziologen Jan-Carl Stefan Raspe, geboren am 24. Juli 1944 in Seefeld / Tirol, ohne festen Wohnsitz, Deutscher, ledig, zur Zeit in Untersuchungshaft in der Vollzugsanstalt Stgt.-Stammheim, Pflichtverteidiger :
a) Rechtsanwalt Stefan Schlaegel, Esslingen
b) Rechtsanwalt von Plottnitz, Frankfurt
c) Rechtsanwalt Peter Grigat, Stuttgart
Wahlverteidiger:
a) Rechtsanwalt Laubscher, Heidelberg
wegen Mordes u. a.
VORS.: Die Sitzung ist eröffnet. Ich darf zunĂ€chst vor Aufruf der Sache11 einige technische Dinge erlĂ€utern. Sie hĂ€ngen damit zusammen, daĂ wir, wie mit der Verteidigung besprochen, beabsichtigen, ein Wortprotokoll12 anzufertigen. Das dient dazu, daĂ alle Beteiligten nachher das gleiche ProzeĂmaterial zur VerfĂŒgung haben. Es werden also alle GesprĂ€che und alle AusfĂŒhrungen auf Band ĂŒbernommen, die BĂ€nder werden ĂŒbertragen, werden möglichst rasch abgelichtet und verteilt. Ich hoffe, daĂ wir es schaffen, innerhalb von drei Tagen jedem der ProzeĂbeteiligten dann die Ablichtung in die Hand zu geben. Danach sollen zwei Tage verbleiben, bis dahin mĂŒĂten Beanstandungen des Inhalts des Protokolls bekannt gegeben werden. Danach wĂŒrde das Band, wenn keine Beanstandungen kommen, gelöscht und erneut zu Aufnahmen verwendet.
Ich bitte um VerstĂ€ndnis, wenn ich darauf hinweise, daĂ die Bandaufnahme eine gewisse Sprechdisziplin erfordert. Durcheinanderreden bedeutet, daĂ wir kein Protokoll zustandekriegen, weil das eben nicht mehr verstĂ€ndlich ist. Daher muĂ ich darum bitten, was ja ohnehin dem § 240 StPO13 entspricht, jeweils sich zu Wort zu melden und abzuwarten, bis ich das Wort erteile. Ich muĂ also grundsĂ€tzlich z. B. erklĂ€ren, Herr Rechtsanwalt Sowieso und Sowieso, damit auch das Protokoll weiĂ, wer nun im Augenblick spricht. [âŠ] Ich darf jetzt die Frage an die Herren Verteidiger stellen, ob das EinverstĂ€ndnis, ein Wortprotokoll herzustellen, nach wie vor existiert? Ich sehe keine Beanstandungen. Dann können, wenn zu den technischen Angelegenheiten keine Fragen gestellt werden sollen? Auch das scheint nicht der Fall zu sein? [âŠ]
VORS.: Schön, damit komme ich zum Aufruf der Strafsache gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe. Dem Gericht sind die Angeklagten durch den Anhörungstermin vom 12. Februar 1975 persönlich bekannt. Als Verteidiger sind erschienen, ich darf der Reihe nach auffĂŒhren:
Herr Rechtsanwalt von Plottnitz, Herr Rechtsanwalt Riedel, Frau RechtsanwĂ€ltin Becker, Herr Rechtsanwalt Schily, Herr Rechtsanwalt Schwarz, Herr Rechtsanwalt Schnabel, Herr Rechtsanwalt KĂŒnzel, Herr Rechtsanwalt Grigat, Herr Rechtsanwalt Eggler, Herr Rechtsanwalt Linke, Herr Rechtsanwalt König und Herr Rechtsanwalt Schlaegel.
Ein Schriftsatz durch den sich der Kollege Dr. Croissant als Verteidiger fĂŒr den Herrn Raspe legitimiert. Ich habe ergĂ€nzend hierzu den Antrag zu stellen, Herrn Rechtsanwalt Dr. Croissant unverzĂŒglich als Verteidiger zur Hauptverhandlung zuzulassen und ihm den Zutritt zum Sitzungssaal zu gestatten. Das ist der erste Antrag. Der zweite Antrag, die Hauptverhandlung zu unterbrechen, bis sich Herr Dr. Croissant als Verteidiger von Herrn Raspe im Sitzungssaal befindet. Einen solchen Antrag brĂ€uchte man normalerweise nicht zu begrĂŒnden, da jedoch der Kollege Dr. Croissant als Verteidiger von Herrn Baader, als frĂŒherer Verteidiger von Herrn Baader, von einem AusschluĂverfahren bereits betroffen ist. Zur BegrĂŒndung, ganz kurz folgendes:
RA von Plottnitz verliest nunmehr die BegrĂŒndung aus Anlage 2 a. Anlage wird zu den Akten ĂŒbergeben. [âŠ]