Anwendungssysteme im Überblick
Sie erfahren sogleich von »3D« (das inoffizielle Kürzel für Frau Dr. Diana Data), dass Meblo eine ganze Reihe von Anwendungssystemen im Einsatz hat, weil es weder für Möbelhersteller noch für andere Unternehmen ein einzelnes Anwendungssystem gibt, das allein sämtliche Informationen bereitstellt, die ein Unternehmen im Ganzen benötigt. So gibt es bei Meblo in den diversen funktionalen Bereichen jeweils spezifische Anwendungssysteme, die die jeweiligen operativen Abläufe unterstützen. Die wichtigsten funktionalen Bereiche zählt Dr. Data gleich auf:
- Wareneinkauf: Der Wareneinkauf kümmert sich weltweit um die Suche, Bewertung und Beschaffung fertiger Sitzmöbel, die lediglich minimale Veränderungen erfahren (zum Beispiel Anbringen des Sitzgut-Labels), bevor sie in den Verkauf gehen. Er ist untergliedert in die Einheiten Recherche und Beschaffung.
- Produktion: In der Produktion bei Meblo werden üblicherweise Kleinserien und Einzelmöbel gefertigt. Hier entstehen die Endprodukte aus zugelieferten Komponenten und Bauteilen. Die Materialbewirtschaftung, insbesondere der Einkauf der Zulieferteile, ist traditionell der Produktion und nicht dem Wareneinkauf zugeordnet. Gleiches gilt für die Servicegruppe. Eine wichtige Untereinheit in der Produktion ist das Produktdesign, sie entwickelt neue Möbel beziehungsweise verbessert vorhandene Modelle. Sie leistet dies auf Basis von Erkenntnissen aus der Markforschung, auf Basis von Reklamationen und Anregungen aus der Fertigung und nicht zuletzt auf Basis von Ideen des Firmenchefs, dessen Leidenschaft schon immer das Entwerfen neuer Möbel war. Der Produktionsbereich hat demnach vier Untereinheiten: Fertigung, Materialdisposition, Service und Wartung sowie Produktdesign.
- Vertrieb: Der Vertrieb ist für den Verkauf der eingekauften und selbst produzierten Möbel und das zugehörige Marketing verantwortlich. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist die Markt- und Trendanalyse, denn selbst bei Gartenmöbeln gibt es Klassiker und Modetrends. Er gliedert sich in die Bereiche Verkauf, Marktanalyse und Marketing.
- Verwaltung: Die Verwaltung ist die vierte funktionale Einheit. Sie ist in vier Untereinheiten gegliedert: Finanzen und Rechnungswesen, Personalwesen, Informationsmanagement und die Geschäftsführung.
Nach dieser Erläuterung wird Ihnen klar, dass Sie in der funktionalen Einheit Verwaltung im Bereich Informationsmanagement arbeiten und dem dortigen Bereichsvorstand, Frau Dr. Data, assistieren sollen. Aufgrund Ihrer kaufmännischen Vorbildung wissen Sie schon, was weiter oben mit operativen Abläufen gemeint war.
Unter
operativen Abläufen versteht man neben der Führung der Mitarbeiter die Bereitstellung benötigter Ressourcen und das Planen, Steuern beziehungsweise Überwachen und Durchführen von Geschäftsprozessen. Es geht hier also darum, Warenbewegungen, Geldeingänge, Lohnabrechnungen oder Materialverbräuche et cetera zu managen. Gerade für die Unterstützung dieser operativen Abläufe haben sich am Markt unzählige Anwendungssysteme etabliert.
Mit Blick auf die Hierarchieebenen und Funktionsbereiche in einem Unternehmen lässt sich eine Matrix bauen, die ein Informationssystem einem Funktionsbereich und einer Ebene zuordnet. Weil es aber auf der untersten Ebene viel mehr operative Daten gibt (und letztlich auch Systeme) als auf der obersten Ebene, wird diese Matrix oft in Pyramidenform dargestellt, wie sie Abbildung 5.1 zeigt: Die vielen Daten zu feinsten Details der operativen Systeme werden nach oben hin verdichtet, man sagt auch aggregiert. So werden zum Beispiel alle Details unzähliger Aufträge verdichtet (zusammengefasst), um dem Top-Management Basisdaten über Markttrends zu liefern, die für strategische Entscheidungen wichtig sind.
Von Dr. Data erfahren Sie, dass allein im IT-Bereich der Meblo AG mehrere operative Anwendungssysteme im Einsatz sind. Unter anderem werden mit einem Projektmanagementsystem die Zeitaufwände der Mitarbeiter den laufenden Projekten zugeordnet, um Kostenanalysen erstellen und frühzeitig erkennen zu können, wenn Projekte aus dem Ruder laufen. Im Lizenzmanagement verwaltet ein operatives System wichtige Daten der Arbeitsplatzrechner und Server, wie etwa Hardwarekennzahlen, Betriebssystemversionen, installierte Anwendungen und Updates, Lokation (Ort, wo der PC steht), zugehörige Peripheriegeräte, Zugriffsrechte et cetera. Dieses und ein weiteres operatives System nutzt der Helpdesk, der sich um die Rat suchenden Mitarbeiter kümmert. Hierbei wird festgehalten, wer um Rat sucht, worum es geht, wie das Problem gelöst wird und welche Kosten entstanden sind. Man protokolliert auftretende Fehler und hält fest, wer mit welcher Vorgehensweise und welchem Aufwand den jeweiligen Fehler an welchem Computer behoben hat.
Langsam dröhnt Ihnen der Schädel! Wenn bereits im Unternehmensteil Informationsmanagement bei Frau Dr. Data ein ganzes Arsenal von Anwendungen im Einsatz ist, wie ist das dann erst unternehmensweit? »Bleiben Sie locker, wir gehen es ganz langsam an«, meint 3D. Sie erfahren, dass Sie in den kommenden Wochen durch die einzelnen Bereiche geführt werden und dort die jeweiligen Anwendungssysteme kennenlernen sollen.
Es erstaunt Sie, dass es für alle möglichen Bereiche ein passendes Informationssystem zu geben scheint. »Ganz so einfach ist es nun auch wieder nicht«, erklärt 3D. »Bald werden Sie Norman kennenlernen!« Norman Newman ist mit seinem zehnköpfigen Team für die Entwicklung von Software und deren Einführung verantwortlich. Das Team ist für die Verhältnisse bei Meblo eine recht große Truppe, aber eben erforderlich, weil in vielen Bereichen des Unternehmens spezielle Softwarelösungen benötigt werden, die es einfach nicht »von der Stange« zu kaufen gibt, sogenannte Individualsoftware. Mehr dazu erfahren Sie in Teil IV, genauer in Kapitel 24.
Als
Individualsoftware bezeichnet man Software, die für einen bestimmten Anwendungsfall gezielt erstellt wird und daher exakt an eine Aufgabe angepasst ist. Man muss diese Software für den gegebenen Einsatzzweck erst programmieren (lassen). Im Grunde ist dieses Programm ein Unikat, vergleichbar mit einem Maßanzug vom Schneider. Im Gegensatz dazu gibt es die sogenannte
Standardsoftware, die man kaufen kann, weil ein Softwareanbieter damit eine generelle Problemlösung entwickelt hat. Nur selten kann man solche Standardsoftware ohne jede Modifikation nutzen; oft sind kleinere, manchmal auch größere Anpassungen erforderlich. Diese Anpassungen bedeuten aber normalerweise nicht, dass man erneut durch Programmierung tief in das gekaufte System eindringen muss, weil die Anbieter ihre Software modular, also konfigurierbar gestalten. Standardsoftware ist demnach wie ein Anzug von der Stange, der fast perfekt sitzt, aber durch (minimale) Eingriffe einer Änderungsschneiderin weiter optimiert wird. Diese Eingriffe werden bei Software als
Customizing bezeichnet.
»Wenn aber alle Systeme einmal erstellt sind und laufen, wozu dann so viele Mitarbeiter in der Entwicklung?«, wollen Sie wissen. Meblo ist schließlich kein Start-up, sondern ein Traditionsunternehmen. Da haben Sie aber die Rechnung ohne die ständigen Veränderungen gemacht! Erinnern Sie sich: Nichts ist beständiger als der Wandel! Denken Sie dabei nicht nur an den rasanten technologischen Fortschritt, sondern auch daran, dass sich immer wieder organisatorische Änderungen sowie ein Wandel im sozialen oder ökologischen Bereich ergeben können, auf die sich auch Unternehmen einstellen müssen. Die IT-Systeme, die Hardware und insbesondere die Software veralten, und das unterschiedlich schnell, sodass Norman Newman und seine Truppe Arbeit ohne Ende haben. Man steckt da in einem Hamsterrad: laufender Betrieb, Änderungswünsche der Fachabteilungen, Überarbeitung des IT-Systems, und dann alles wieder von vorn! Wie Sie dieses Hamsterrad beherrschen lernen, erfahren Sie in Teil III – heute soll es zunächst nur darum gehen, einen Überblick über die Systeme zu erhalten.
»Lassen sich die vielen Systeme denn irgendwie einteilen?«, ist Ihre nächste Idee und 3D lächelt sie wohlwollend an. Diese Frage haben sich schon andere gestellt, und einer der Ersten war sicher Peter Mertens, der als Hochschullehrer ganz wesentlich die Entstehung der Wirtschaftsinformatik geprägt hat. Dr. Data skizziert auf einem Blatt, wie man IT-Systeme kategorisieren könnte.
- Zuordnung zu einer Hierarchieebene im Unternehmen: operative Ebene, unteres, mittleres oder Top-Management
- Automatisierungsgrad des Systems: manuelles System, Initiative geht vom Menschen aus, Initiative geht vom Computer aus oder ein vollautomatisches System ohne menschliche Eingriffe
- Reichweite des Systems: nur ein einzelner Nutzer, eine Gruppe, der ganze Betrieb oder betriebsübergreifend
- Zuordnung zu einem betrieblichen Funktionsbereich: System gehört in die Produktion, Vertrieb, Finanzwesen, Personalverwaltung et cetera
- Benutzertyp: beliebiger, unbekannter Benutzer oder IT-Spezialist, Profi oder Laie
3D erinnert Sie an das vorhin erwähnte System zur Lizenzverwaltung. Mit Blick auf die eben genannten Kategorisierungsmöglichkeiten sollen Sie das System zur Lizenzverwaltung jeweils einordnen und Ihre Einordnung begründen. Das ist nicht in jedem Fall trivial, ...