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und Technologien" autor="" Plattformen
und Technologien
Einführung
Der dritte Teil dieses Buches beschäftigt sich sowohl mit dem Aufbau und der Weiterentwicklung von Plattformmodellen allgemein und den dafür nötigen Ressourcen als auch mit konkreten Plattformen, die bereits umgesetzt wurden. Dabei liegt der Fokus einerseits auf den damit verbundenen Herausforderungen und Risiken für Unternehmen, andererseits aber auch auf dem enormen Potenzial, das diese Plattformen mit sich bringen.
Die im zweiten Teil genannten Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und Analysemethoden benötigen umfangreiche IT-Ressourcen wie Rechenleistung und Speicherkapazität, die schnell, einfach und den gesetzlichen Normen entsprechend verfügbar sein müssen. Cloud Computing ist zwar in der Lage, diese Vorgaben zu erfüllen, bringt aber auch Probleme hinsichtlich des Datenschutzes mit sich. Johannes R. Watzl stellt deshalb in seinem Beitrag Cloud Commodities vor – eine neue Asset-Klasse, die auf IT- und Cloud-Ressourcen basiert. Passend dazu wird eine Börsenplattform präsentiert, die Angebot und Nachfrage gleichberechtigt, neutral und transparent zusammenbringt.
Wir beginnen unsere Reise durch die Welt der Plattformen mit der Entstehung des „Berliner Innovationswunders“, das nach 2004 die gesamte Region zum Software- und IT-Innovations-Hotspot Europas machte. Heinrich M. Arnold rekapituliert basierend auf Interviews mit Entscheidungsträgern und Beteiligten – ergänzt um Print- und Internetquellen sowie Beiträgen von Experten und Zeitzeugen – das Entstehen dieser Gründungswelle und der Faktoren, die zu dem Erfolg beigetragen haben.
Es ist zu erwarten, dass die Nachfrage und konkrete Umsetzung von Plattformmodellen in der Zukunft weiter zunehmen wird. Der Aufbau ist ein komplexes Unterfangen, das mit einer Vielzahl von Herausforderungen und Risiken einhergeht, aber auch die Möglichkeit zur Neuausrichtung von Unternehmen bietet. Durch die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Partner können die Erfolgschancen deutlich erhöht werden. Im Beitrag von Frank Kebsch und Marius Diedrich wird die Konzeption und der Aufbau einer digitalen Banking-Plattform exemplarisch dargestellt.
Ein weiteres konkretes Beispiel für neue Plattformen beschreibt Jan Boehm in Form von mobilen Banken, auch Neobanken genannt. Es werden sowohl die Vorteile als auch zukünftige Entwicklungen dieser Plattformen genannt und analysiert. Um dem Wettbewerbsdruck durch traditionelle Banken und Big Techs standhalten zu können, legt der Autor besonderen Wert auf die User Experience, die er als wesentlichen Vorteil im Wettbewerb identifiziert.
Insbesondere im Zahlungsverkehr setzen Fintechs die traditionellen Unternehmen durch den Einsatz modernster Technologien und Cloud-basierter Plattformen massiv unter Druck. In seinem Beitrag beschreibt Marcus W. Mosen wesentliche Veränderungen und Trends im Digital Payment Ecosystem, analysiert ihre Ursachen und kommentiert Strategien und Maßnahmen. Zudem werden Entwicklungen aufgezeigt, die das Potenzial haben, das Payment-Ökosystem auch in den nächsten Jahren stark zu verändern. Zudem stellt der Autor dar, wie Marktteilnehmer, Politik und Aufsichtsbehörden mit ihren Strategien und Mitteln auf die Entwicklungen innerhalb des Payment-Ökosystems einwirken.
Die Teilnahme an neu entstehenden Plattformen erfordert von Versicherern eine grundlegende Anpassung bzw. Erweiterung ihrer bisherigen Geschäftsmodelle. Sascha Kwasniok, Julius Kretz und Frank Kettnaker werfen in ihrem Beitrag einen Blick auf die Umsetzung von Open-Finance-Plattformen. Dort fehlen heute standardisierte, branchenübergreifend nutzbare Programmierschnittstellen und Prozesse, die unter Wahrung der Datenhoheit und -sicherheit des Nutzers eine flexible Anbindung von Drittanbietern ermöglichen. Die in diesem Beitrag vorgestellte Free Insurance Data Initiative (FRIDA) als Plattform-Enabler kann ein Schritt in Richtung der Beseitigung dieses Defizits sein.
Als Alternative zu zentral gesteuerten Geschäftsmodellen werden dezentrale Plattformen gesehen, die die Nutzer direkt miteinander verbinden. Erste dezentrale Plattformen existieren bereits. Guido Perscheid und Jürgen Moormann stellen in ihrem Beitrag deshalb die Frage, ob dezentrale Plattformen das Potenzial haben, die Plattformökonomie grundlegend zu verändern. Dazu wird das disruptive Potenzial dezentraler Plattformen untersucht, indem die wesentlichen Merkmale, die dezentrale Plattformen von ihren zentralen Kontrahenten unterscheiden, herausgearbeitet und mit der Theorie der disruptiven Innovation abgeglichen werden.
Ebene1 titel="Handelsplatz für IT-Ressourcen als digitales Ökosystem" autor="Johannes R. Watzl" Handelsplatz für IT-Ressourcen als digitales Ökosystem
Johannes R. Watzl
1 | Einleitung |
2 | Cloud Computing als Beschleuniger von Innovation |
2.1 | Digitalisierung und Cloud Computing |
2.2 | Intransparenz des Cloud-Marktes und Portabilität |
3 | IT-Ressourcen als Rohstoff: Cloud Commodities |
3.1 | Auswahlkriterien |
3.2 | Ebenen der Standardisierung |
3.2.1 | Standardisierung auf technischer Ebene |
3.2.2 | Standardisierung auf vertraglicher Ebene |
4 | Digitales Ökosystem für Cloud Commodities |
4.1 | Aufgaben einer Börse |
4.2 | Börse für Cloud Computing |
4.3 | Marktteilnehmer |
4.4 | Cloud Broker |
4.5 | Analogien zu anderen Rohstoffmärkten |
4.6 | Green Cloud und Klimaziele |
4.7 | Indizes |
5 | Fazit und Ausblick |
| Literatur |
1 Einleitung
Die deutsche Bundesregierung schreibt in ihrer Umsetzungsstrategie „Digitalisierung gestalten“ zum Thema Innovation und digitale Transformation: „Die Kraft, Veränderungen zu gestalten und Neues zu schaffen, ist eine Voraussetzung für die langfristige Sicherung nachhaltigen Wohlstands und des sozialen Zusammenhalts in Deutschland, Europa und der Welt.“[1]
Diese Aussage korreliert mit der Definition von Innovation als einem mehrstufigen Prozess, mit dem Organisationen Ideen als neue oder verbesserte Produkte umsetzen, um sich weiterzuentwickeln, sich zu verbessern und sich in ihrem Marktsegment zu positionieren. Sie ist geradezu eine Aufforderung zur Innovation, die zu einem großen Teil auf digitaler Ebene passiert.[2]
Digitalisierung beschreibt in der ursprünglichen Bedeutung das Überführen von analogen in digitale Informationen. Im aktuellen Verständnis sind es nicht nur Informationen, die in Digitales übergeführt werden. In der digitalen Transformation sind es Prozesse, Strukturen und Geschäftsmodelle bis hin zu Ökosystemen, die digitalisiert werden. Trapp et al. definieren ein digitales Ökosystem als ein sozio-technisches System, das nicht nur digitale, technische Systeme umfasst, sondern explizit Organisationen und Menschen sowie deren Beziehungen untereinander einschließt.[3] Auf den digitalen Agenden auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene stehen neben dem Ausbau der Netzinfrastruktur auch Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI), Industrie 4.0, Internet of Things (IoT) und Blockchain.
Diese Technologien haben eines gemeinsam: Sie benötigen IT-Ressourcen – hauptsächlich in Form von Rechenleistung und Speicherkapazität. Diese IT-Ressourcen müssen schnell, möglichst einfach und den gesetzlichen Normen entsprechend verfügbar sein. Cloud Computing ist in der Lage, diese Vorgaben zu erfüllen, und hat auch die schnelle und möglichst einfache Verfügbarkeit von IT-Ressourcen bereits gelöst. Gesetzliche Probleme – insbesondere rund um das Thema Datenschutz und Speicherung personenbezogener Daten – sind z.T. noch unbefriedigend gelöst. Der Cloud-Markt ist dominiert von Unternehmen aus den USA – angeführt von Amazon, das mit Amazon Web Services derzeit etwa ein Drittel des Marktes beherrscht.[4]
Die Kundenbeziehungen am Cloud-Markt bestehen derzeit fast ausschließlich direkt zwischen Anbietern und Konsumenten. In den meisten Fällen haben Cloud-Konsumenten Geschäftsbeziehungen nur zu einem oder zwei Cloud-Providern, da der Cloud-Nutzung oft langwierige Vertragsverhandlungen vorausgehen und oftmals technische Anpassungen notwendig sind.
In diesem Beitrag wird ein digitales Ökosystem für IT-Ressourcen präsentiert, die als standardisierte Rohstoffe – die Rohstoffe der Digitalisierung – auf einem Börsenplatz gehandelt werden können. Dies bewirkt eine gesteigerte Effizienz des Cloud- und IT-Marktes und eröffnet den Marktteilnehmern eine Reihe an Möglichkeiten – u.a. die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die sich diese Plattform zu Nutze machen.
2 Cloud Computing als Beschleuniger von Innovation
Eine Idee für neue oder zu verbessernde Produkte zu testen bedeutete vor der Verfügbarkeit von Cloud Computing meist, einen Beschaffungsprozess im Unternehmen anzustoßen. Bis die angeforderten Ressourcen verfügbar waren, verstrich wertvolle Zeit. Die permanente und schnelle Verfügbarkeit von Cloud-Services ermöglicht es, neue Ideen schnell und mit geringem Kosteneinsatz...