Allgemeine Psychologie II
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Allgemeine Psychologie II

Motivation und Emotion

Ursula Hess, Bernd Leplow, Maria von Salisch

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  1. 232 Seiten
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Allgemeine Psychologie II

Motivation und Emotion

Ursula Hess, Bernd Leplow, Maria von Salisch

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Zwei zentrale Konzepte der Allgemeinen Psychologie sind Motivation und Emotion. Theorien der menschlichen Motivation beschäftigen sich mit der Frage, warum Menschen tun, was sie tun, Emotionstheorien dagegen mit der Frage, wie Emotionen ausgelöst werden und wie sie unser Handeln beeinflussen. Das Buch vermittelt Basiswissen über zentrale Theorien - so z. B. über Bedürfnis- und Kognitive Theorien der Motivation, Emotionstheorien nach Darwin und nach James sowie über Appraisaltheorien -, wichtige Forschungsergebnisse und neuere Entwicklungen. Illustrierende Beispiele und zusammenfassende Darstellungen helfen, die Materie in klarer, verständlicher Form zu vermitteln. Ein abschließendes Kapitel über kulturelle Unterschiede und Ähnlichkeiten stellt die Themenkomplexe in einen weiten Kontext.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783170323544

Teil 1: Motivation

1 Grundlagen

1.1 Gegenstandsbestimmung und Grundfragen

Warum spielen Kinder Fangen? Warum trainiert Anna jeden Morgen? Warum nimmt Lars die Treppen und nicht den Aufzug? Alle diese Personen strengen sich körperlich an, aber tun sie das aus den gleichen Gründen?
Motivationsforschung beschäftigt sich mit der Frage, warum Personen das tun, was sie gerade tun. Genauer geht es um die Frage nach den Prozessen, die Richtung und Intensität des Verhaltens bestimmen. Diese Frage lässt sich in weitere Unterfragen aufteilen:
1. Warum wird ein Verhalten angefangen?
2. Was bestimmt das Ziel des Verhaltens?
3. Wodurch wird das Verhalten aufrechterhalten?
4. Wodurch wird das Ziel verändert?
5. Warum hört das Verhalten auf?
Motivationspsychologie beschäftigt sich mit den inneren und äußeren Anreizen, die Individuen dazu veranlassen, ein bestimmtes Verhalten zu wählen und auszuführen. Eine weitere Frage ist, warum bestimmte Reize für manche Personen Verhalten veranlassen und für andere nicht, also die Frage nach den individuellen Unterschieden in der Motivation. Aus dieser Sicht definieren z. B. Thill und Vallerand (1993) Motivation folgendermaßen:

Definition

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Motivation ist hypothetisches Konstrukt, das die internen und externen Kräfte beschreibt, die Verhalten auslösen und beenden, seine Richtung und Richtungsänderungen sowie die Intensität und Persistenz mit dem das Verhalten ausgeübt wird bestimmen.1
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Generell werden Motivationen als adaptives Verhalten verstanden. Unterschiedliche Verhaltensweisen sind mit angenehmen oder unangenehmen Konsequenzen verbunden. Herbert Spencer (Spencer, 1899) postulierte, dass angenehme Konsequenzen mit Aktivitäten verbunden sind, die dem Überleben nutzen, und unangenehme mit Aktivitäten, die dem Überleben schaden. Wir alle können schnell Gegenbeispiele nennen, dennoch ist es vermutlich richtig zu sagen, dass eine Vielzahl von motivierten Akten eher adaptiv ist. Wichtig ist auch zu bedenken, dass die Überlebensnützlichkeit eines Verhaltens sich mit der Zeit ändern kann. So war unsere Vorliebe für kalorienreiche Nahrung und Energiekonservierung nützlicher zu Zeiten, als Kalorien sehr knapp waren.
Motivation lenkt die Aufmerksamkeit des Organismus. Zu jedem Zeitpunkt gibt es eine Vielzahl von möglichen Verhaltensweisen und relevanten Umweltreizen. Je nach Motivation wählen wir ein mögliches Verhalten. So können Sie z. B. dieses Buch lesen, weil Sie motiviert sind, für eine Klausur zu lernen, gleichzeitig fangen Sie langsam an, Hunger (physiologisches Bedürfnis) zu entwickeln und hören die Stimmen Ihrer Mitbewohner (Affiliationsmotiv). Plötzlich bekommen Sie einen Krampf im Fuß, springen auf und hüpfen hin und her. Schmerz ist ein motivierender Faktor, der die Aufmerksamkeit auf sich zieht und sofortiges Handeln verlangt (Bolles & Fanselow, 1980). Wenn sich der Fuß wieder beruhigt hat, lesen Sie weiter – oder vielleicht unterhalten Sie sich doch mit Ihren Mitbewohnern oder bereiten sich etwas zu Essen zu. Dieses Beispiel zeigt auch, dass unterschiedliche Motivationen im Laufe der Zeit stärker und schwächer werden und so einen Verhaltensablauf bestimmen, wie in Abbildung 1.1 illustriert.
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Abb. 1.1: Ein Beispiel für einen Verhaltensfluss (x, y, z) und die systematischen Veränderungen in der Stärke der Verhaltenstendenzen, die ihn hervorbringen (nach Atkinson, Bongort & Price, 1977).

1.1.1 Quellen der Motivation

Generell wird zwischen internen und externen Quellen der Motivation unterschieden. Externe Quellen sind Umweltanreize, die Richtung und Energie des Verhaltens bestimmen. Geld ist z. B. ein Anreiz, der Annäherungsverhalten auslöst. Wenn ich jemandem Geld für eine Tätigkeit anbiete, erhöhe ich die Chance, dass die Person diese Tätigkeit auch ausübt. Ein schlechter Geruch hingegen ist ein Beispiel für einen Umweltreiz, der Vermeidungsverhalten auslöst. Man bewegt sich von dem Geruch weg oder unterlässt Verhalten, dass ihn auslöst. Interne Quellen sind Bedürfnisse, Kognitionen und Emotionen. Bedürfnisse bezeichnen wesentliche Bedingungen für das Überleben und die angemessene Entwicklung eines Organismus. Biologische Bedürfnisse wie Hunger und Durst beschreiben einen physiologischen Mangel, der den Organismus motiviert, diesem abzuhelfen – im Falle von Hunger also nach Nahrung zu suchen. Psychologische Bedürfnisse wie z. B. Bedürfnisse nach Macht oder Affiliation behandeln psychologische Bedingungen, die für den Organismus wichtig sind, und zu deren Erreichen der Organismus Energie aufwendet.
Im Kontext der Motivationsforschung sind Erwartungen und Ziele wichtige Kognitionen, ebenso auch Kognitionen, die das Selbst betreffen (ideales Selbst, Soll-Selbst). So ist z. B. das Ziel, einen Universitätsabschluss zu machen, eine Kognition. Ziele werden oft aufgrund der persönlichen Erfahrungen des Individuums entwickelt. Es gibt aber auch evolutionär angelegte Ziele, wie z. B. das Ziel der Fortpflanzung. Evolutionäre Psychologie beschäftigt sich mit dieser Quelle der menschlichen Motivation. Auch Emotionen können motivieren. Einige Emotionstheorien (
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Teil II) sehen dies als einen zentralen Aspekt der Emotionen (z. B., Frijda, 1986; Weiner, 1986).
Ein Verhalten kann auch durch mehr als eine Motivation bestimmt sein. So kann ich zum Beispiel mehr Sport machen, um fit zu bleiben (ein Ziel) und dann einen bestimmten Sport wählen, der meinem Affiliationsbedürfnis entspricht.
Externe Ereignisse und interne Motivationsquellen interagieren in vielen Fällen. Wenn ich Hunger habe und ein Sandwich im Raum ist, dann bin ich motiviert, dieses zu essen. Wenn keines im Raum ist, bin ich motiviert, etwas Essbares zu suchen. Eine Person, die nach Macht strebt, wird sich auch nur dann entsprechend verhalten, wenn es in der Umwelt Gelegenheit gibt, Macht auszuüben.
In diesem Zusammenhang muss man zwischen Motiven und Anreizen unterscheiden. Motivation hat immer ein Objekt – ich kann nicht einfach motiviert sein, sondern ich bin motiviert, etwas Bestimmtes zu tun. Motivation zielt auf ein spezifisches Verhalten. Motivation veranlasst Verhalten auf etwas hin oder von etwas weg. Wenn ich also ein Sandwich esse, weil ich Hunger habe, dann wirkt mein Verhalten direkt auf das auslösende Motiv. Nachdem ich das Sandwich gegessen habe, habe ich keinen Hunger mehr. Ein Anreiz beschreibt hingegen einen Bestandteil der Situation, den das Individuum als positiv oder negativ erkennt und der einen spezifischen Aufforderungscharakter hat. So ist die Anwesenheit eines Sandwichs ein Anreiz für den Hungrigen, nicht aber für den Durstigen.

1.1.2 Wie misst man Motivation?

Motivation drückt sich im Verhalten aus, aber auch in den Kognitionen und Emotionen, die Quellen der Motivation sind. Deshalb kann Motivation über Verhaltenskomponenten gemessen werden, aber auch über Selbstbericht und über die physiologischen Veränderungen, die mit der motivationsbedingten körperlichen Aktivierung einhergehen. Vertreter unterschiedlicher Motivationsansätze bevorzugen dabei unterschiedliche Maße. Theorien, die besonders auf physiologische Bedürfnisse abheben (Instinkt- und Triebtheorien), bevorzugen Verhaltens- und physiologische Maße. Theorien, für die hingegen psychologische Bedürfnisse zentral sind, verwenden auch Selbstberichte. Gängige Verhaltensmaße sind:
1. Anstrengung: das Ausmaß der Anstrengung, die der Organismus zeigt
2. Latenz: der Zeitraum zwischen dem Auftreten des Anreizes und dem Verhalten
3. Persistenz: die Ausdauer, die der Organismus zeigt
4. Wahl: die Tatsache, dass der Organismus eine bestimmte von mehreren Verhaltensoptionen zeigt
5. Frequenz: wie häufig ein Organismus eine Verhaltensoption wählt
6. Richtung: Annährungs- und Vermeidungsverhalten
7. Emotionaler Ausdruck von Behagen oder Unbehagen
Der Grad der Aktivierung eines Individuums, aber auch spezifisch relevante Aspekte des motivierten Verhaltens lassen sich an einer Reihe von physiologischen Veränderungen ableiten. So gehen z. B. bestimmte kardiovaskuläre Veränderungen mit Herausforderung versus Bedrohung einher (Tomaka, Blascovich, Kelsey & Leitten, 1993). Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin) werden im Rahmen von Kampf-oder-Flucht-Reaktionen freigesetzt und können im Blut nachgewiesen werden (Arun, 2004). Aufmerksamkeit auf bestimmte Reize wiederum kann durch elektrodermale Aktivität (Filion, Dawson, Schell & Hazlett, 1991) indiziert werden. Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) zeigt die Aktivierung bestimmter Hirnregionen in Abhängigkeit von Bestrafung und Belohnung. So reagiert der Nucleus Accumbens als Teil des Belohnungssystems (Ikemoto & Panksepp, 1999) in Antizipation einer monetären Belohnung (Knutson, Adams, Fong & Hommer, 2001).
Selbstberichte umfassen Fragebögen zu bestimmten Motivationen (z. B. der Personality Research Form, PRF; Jackson, 1984), aber auch projektive Verfahren, wie z. B. der Thematic Apperception Test (TAT; Murray, 1943) oder die Picture-Story Exercise (PSE; McClelland, Koestner & Weinberger, 1989; Schultheiss, Liening & Schad, 2008). Diese werden zur Messung von Leistungs-, Macht- und Bindungsmotivation eingesetzt (Atkinson, 1958; Langan-Fox & Grant, 2006). Es zeigt sich dabei, dass implizite Maße wie der TAT oder PSE nur gering mit Fragebogenmaßen korrelieren (McClelland et al., 1989; Schultheiss, Yankova, Dirlikov & Schad, 2009). Dabei erfassen implizite Maße eher spontanes Verhalten, während Fragebogenverfahren eher kontrolliertes Verhalten erfassen.

Exkurs Thematischer Apperzeptionstest (TAT)

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Abb. 1.2: Beispiel für ein TAT-Bild (THEMATIC APPERCEPTION TEST by Henry A. Murray, Cambridge, Mass.: Harvard University Press, Copyright © 1943 by the President and Fellows of Harvard College, Copyright © renewed 1971 by Henry A. Murray.)
Es wird den Probanden eine Reihe von Bildern vorgelegt mit der Instruktion, zu jedem Bild eine Geschichte zu erzählen. Dabei soll jede Geschichte darauf eingehen, wie es zu dem gezeigten Ereignis gekommen ist, was im Moment passiert, was die Protagonisten fühlen und denken und was das Ergebnis war. Die Probanden werden instruiert, eine komplette Geschichte mit Anfang, Mitte und Ende zu erzählen. Die Geschichten werden dann aufgezeichnet und kodiert, wobei es unterschiedliche Systeme gibt, die in Bezug auf Reliabilität variieren. Der TAT bestand im Original aus 32 Bildern. Murray (1943) schlug vor, davon 20 auszuwählen. In den meisten Forschungsanwendungen werden nur diejenigen Bilder eingesetzt, die für die jeweilige Fragestellung relevant sind.

1.2 Historischer Abriss

Historisch wichtig sind drei »universale« Motivationstheorien, d. h., Theorien, die jede Art motivierten Verhaltens erklären wollen: Descartes‘ Willenstheorie, Instinkttheorien (Darwin, James, McDougall) und Triebtheorien (Freud, Hull). Diese Theorien zeigten sich alle als problematisch und wurden im späteren Verlauf von sogenannten Minitheorien abgelöst. Diese versuchen nicht, die gesamte Spannbreite des motivierten Verhaltens zu erklären, sondern beschränken sich auf bestimmte Motive oder Prozesse, wie z. B. Leistungsmotivation (McClelland, Atkinson, Clark & Lowell, 1953) oder Kognitive Dissonanz (Festinger, 1957).

1.2.1 Descartes‘ Willenstheorie

Descartes sah den Willen als die ultimative motivationale Kraft. Danach entscheidet der Wille ob, wann und wie wir handeln. Körperliche Bedürfnisse, Leidenschaften, Freuden und Schmerzen sind dabei nur Aktionsimpulse, die den Willen anregen. Der Wille ist derjenige Teil des Geistes, der diese körperlichen Leidenschaften und Begierden im Sinne eines tugendhaften Lebensstils reguliert. Descartes‘ Theorie gibt allerdings wenig Hinweis darauf, wie der Wille dies tut. Willenstheorien wurden bis ins 20. Jahrhundert weiterentwickelt (Rand, 1964; Ruckmick, 1936). So war für Wilhelm Wundt (1832–1920), dem Begründer der experimentellen Psychologie, der Wille ein zentrales Thema. Willenshandlungen stellten demnach die gestaltende Wirksamkeit des handelnde...

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