Anders Mærsk
Erzählst du von der Anders Mærsk
Dann nenne sie nie Unglückschiff
Weil der Tod von 28 Kollegen
Kein unglücklicher Zufall ist.
Es ist der 13. Januar,
Zu Beginn der zweiten Schicht
Die Turbine dröhnt beim Probelauf
70 Mann sind auf dem Schiff.
Erst volle Kraft dann Überdruck
Keiner weiß ob der Kessel hält
Doch alle Arbeit an Bord muss weiter gehen
Denn Zeit ist ja bekanntlich Geld.
Dann platzt ein Rohr, 2000 Grad
Der Überdruck wird frei
Ich spüre die Glut, wer nicht fliehen kann
Wird gekocht beim lebendigen Leib.
Glaub mir mein Freund, dir kann das Gleiche passiern
Auch du kannst so verkochen, du kannst ebenso krepiern
Sie reden stets von Sicherheit und meinen nur ihr Geld
Weil ein Arbeiterleben für sie gar nicht zählt.
Gesicht und Hände nur rohes Fleisch
So trägt man mich auf den Kai
Es liegen schon zwanzig andere dort
Bei Stöhnen und Schmerzensgeschrei.
Nach der Blaulichtjagd durch die kalte Nacht
Wird uns die letzte Chance verwehrt
Kein Platz auf der Intensivstation
Ein alter Saal wird nur aufgesperrt.
Die Schwestern und Ärzte kämpfen noch
Doch Hoffnung ist gering
Einer nach dem anderen stirbt im Saal
Bis auch ich an der Reihe bin.
Glaub mir mein Freund, dir kann das Gleiche passiern
Auch dich lässt man so sterben, es wird sie nicht interessiern
Sie reden stets von deinem Wohl und meinen nur ihr Geld
Weil ein Arbeiterleben für sie gar nicht zählt.
Meine Frau will mich noch einmal sehn
Ein Gesicht habe ich nicht mehr
Sie kann nicht fassen, dass ich hier lieg
Ihre Augen sind tränenleer.
Die Kollegen stehn an meinem Grab
Sie bringen kein Wort heraus
Nur die hohen Herrn können das Maul aufsperrn
Das macht ihnen selbst hier nichts aus.
Meine Frau bekommt für meinen Tod
Vom Werk ein paar tausend Mark
So wird das Verbrechen von Bloom und Voss
Mit einem Kopfgeld abbezahlt.
Glaub mir mein Freund, dir kann das Gleiche passiern.
Auch an deinem Grabe werden sie sich nicht genieren
Sie halten Trauerreden und denken nur ans Geld
Weil ein Arbeiterleben für sie gar nicht zählt.
Erzählst du von der Anders Maersk
Dann nenne sie nie Unglückschiff
Weil der Tod von 28 Kollegen
Kein unglücklicher Zufall ist.
Glaub mir mein Freund, dir kann das Gleiche passiern
Auch du kannst so verkochen, du kannst ebenso krepiern
Sie reden stets von Sicherheit und meinen nur ihr Geld
Weil ein Arbeiterleben für sie gar nicht zählt.
Elbe 1, 1977
Die AdS-Stadtrundfahrt
Für 20 Euro gebucht und am Postplatz angetreten, begann die geführte Stadtrundfahrt zu Dresdens historischen Orten. Die Begleiterin im Bus erzählte uns, dass August der Starke (AdS) ein gaaaaanz toller Bursche war und dass Dresden ihm sooooooo viel zu verdanken hat. AdS erbaute diesen Park - AdS erbaute dieses prächtige Barockschloss - AdS schenkte den Bürgern Dresdens diese Glocke - AdS baute dieses Palais - AdS baute den Zwinger - AdS hat diese Prachtstraße errichtet - AdS speiste die Armen - AdS baute die Hofkirche - AdS baute dieses Museum - er erbaute das Schloss Pillnitz und das Jagdschloss Moritzburg - AdS - AdS - AdS.
Nach der Fahrt sprach ich die Reiseleiterin, vom Alter und vom Dialekt her zu urteilen eindeutig in der DDR zur Schule gegangen, an und fragte sie: „Und wohin gingen die Bauleute als die chinesische Mauer fertig war?“ Sie antwortete mit dem sächsischen Wort für „Wie bitte“: „Häääää?“ Ich sagte: „Na, der liebe August wird doch all diese Gebäude nicht selber gebaut haben, da gab es doch noch Maurer, Maler, Steineschlepper, Gärtner, Tischler, Dachdecker und Hilfsarbeiter – die haben doch die Arbeit getan...“Sie überlegte kurz und sagte: „Ein interessanter Aspekt, ich werde meinen Chef mal ansprechen und vorschlagen, ihn mit in die Erklärung einzubauen.“
Ich kreuzigte mich symbolisch vor Mitleid und ging.
Fiete Jensen, 2017
Einmal mehr nachgedacht
Unser Land ist reich...
Ein Land voller Fortschritt und Blüte...
Doch die Menschen sind arm... warum?
Unser Land kennt Kriege...
Zwei große hat es verloren...
Doch statt Frieden zu schaffen, liefert es Waffen
Dahin, wo schon Krieg tobt...
Und das wird gelobt?
Unser Land,
Ein Land der Poeten und Erfinder
Überall für seiner Hände Arbeit geschätzt
Und nun ist man entsetzt,
denn im Elend lebt jedes vierte seiner Kinder...
Unser Land kennt jeder:
Pünktlich, fleißig, wortgewandt.
Und nun: Verfall, Verfall auf ganzer Linie, scheint es
mir...
Wer spricht noch mit dem ander’n?
Wer sorgt sich noch um Menschen aus seiner Mitte?
Sollte nicht Zusammenstehen Gebot der Stunde sein?
Hat mancher noch immer nicht die Zeichen der Zeit erkannt?
Blind laufen junge Menschen durch den Tag
Gleichgültig wie nur irgendwas,
Hauptsache Spaß, Freizeit und Konsum...
und nebenbei ein wenig Rowdytum...
Ich frag mich denkt ihr nach?
Der Geist steht auf Genuss,
Die Augen auf Haben statt S...