Chancen fĂŒr Kinder
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Chancen fĂŒr Kinder

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Chancen fĂŒr Kinder

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Bildung, Integration und Beteiligung: Dies sind die zentralen Stichworte, wenn es um das Thema "Chancen fĂŒr Kinder" geht. Wie können Kinder frĂŒh und stĂ€rkenorientiert gefördert werden? Warum braucht Integration faire Bildungschancen? Und wie steht es um die Kinder- und Jugendbeteiligung in Deutschland? Der vorliegende E-Book-Reader ergĂ€nzt die Schwerpunktausgabe "Chancen fĂŒr Kinder" unseres Magazins change im Juni 2012. Die BeitrĂ€ge geben Handlungsempfehlungen, prĂ€sentieren Fallbeispiele aus HandbĂŒchern und werfen einen Blick in andere LĂ€nder. Bei den Texten handelt es sich um AuszĂŒge aus BĂŒchern des Verlags Bertelsmann Stiftung.

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Informations

Année
2012
ISBN
9783867934626
Gemeinsam lernen – Auf dem Weg zu einer inklusiven Schule (Leseprobe)
Auszug aus:
Bertelsmann Stiftung, Beauftragter der Bundesregierung fĂŒr die
Belange behinderter Menschen, Deutsche UNESCO-Kommission (Hrsg.)
Gemeinsam lernen – Auf dem Weg zu einer inklusiven Schule
GĂŒtersloh 2011
ISBN 978-3-86793-334-6
© Verlag Bertelsmann Stiftung, GĂŒtersloh
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Education for All: A Canadian Story
Tammy Mitchell, Gareth Neufeld





FĂŒr Pat beginnt der Tag, wenn er morgens aus dem Schulbus steigt, ĂŒber den Schulhof zur EingangstĂŒr der Schule schaut und dort ein freundliches Gesicht sieht – das seines Klassenlehrers, des Nachhilfelehrers oder von einem der vielen pĂ€dagogischen Praktikanten an der Schule, der ihn erwartet. Sein etwas zögerlicher Schritt beschleunigt sich, fröhlich geht er auf die Schule zu, selbst bei minus 30 Grad Celsius an einem ungewöhnlich kalten kanadischen Wintertag. In der Schule ist sein erster Anlaufpunkt das HauptschulbĂŒro, wo es zu seinem Morgenritual gehört, die ChefsekretĂ€rin mit einem Winken zu begrĂŒĂŸen. Danach geht es ins Klassenzimmer, wo er sich auf einen weiteren Tag Lernen zusammen mit den anderen 25 SchĂŒlerinnen und SchĂŒlern seiner Klasse vorbereitet.
Pat geht jeden Abend ohne Murren ins Bett, denn er weiß, dass dadurch der Schulbesuch am nĂ€chsten Morgen wieder in greifbare NĂ€he rĂŒckt. So war es nicht immer. FrĂŒher litt Pat an AnfĂ€llen; dadurch erreichte er die Meilensteine der frĂŒhkindlichen Entwicklung mit Verzögerung. Derzeit sind seine kognitiven FĂ€higkeiten mangelhaft, LernfĂ€higkeit und sprachliche AusdrucksfĂ€higkeit sind stark verzögert, er hat Defizite in der Grob- und Feinmotorik. Laut den Beurteilungen steht er in seiner Entwicklung auf der Stufe eines Vierbis FĂŒnfjĂ€hrigen.
Seit er auf seine derzeitige Schule geht, hat Pat die Herausforderungen akzeptiert, die seine zunehmende UnabhĂ€ngigkeit mit sich bringt. Er fĂŒhlt sich wohl damit, vollstĂ€ndig in seine Klasse eingebunden zu sein, und beteiligt sich aktiv an allen Aspekten des Lernens. Er zeigt einen feinen Sinn fĂŒr trockenen Humor und genießt auch den Humor anderer Leute. Indikatoren fĂŒr seinen Fortschritt in den ersten fĂŒnf Monaten der siebten Klasse sind, dass er sich bei Klassendiskussionen freiwillig beteiligt und gelegentlich Klassenkameraden Hilfe anbietet, dass er begeistert an den Sportstunden (im Rahmen seiner Möglichkeiten) teilnimmt und dass er mathematische Lernspielzeuge zum Addieren und Subtrahieren zweistelliger Zahlen und einen Taschenrechner benutzt. In Pats Klasse gehen Kinder mit den unterschiedlichsten schulischen Leistungen, das Spektrum reicht hier von fortgeschritten bis verzögert.
Zu einer Einrichtung, die sich fĂŒr Bildungsgleichheit und Integration einsetzt, hat Pats Schule sich erst langsam entwickelt. Geduldig und hartnĂ€ckig haben sich die LehrkrĂ€fte und pĂ€dagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ĂŒber einen Zeitraum von sechs Jahren auf den Weg gemacht zu einem inklusiven Unterricht – also einem Unterricht, der allen Lernenden sinnvolle Chancen bietet und sie in sĂ€mtliche Aspekte des Schullebens einbezieht. Dabei nutzten die Lehrenden jede sich bietende Möglichkeit zu beruflicher Entwicklung, um zu klar formulierten gemeinsamen Überzeugungen zu gelangen und sorgfĂ€ltig konzipierte Strukturen zur Betreuung aller Lernenden zu entwickeln und umzusetzen.
Pats schulische und soziale Fortschritte durch seine vollstĂ€ndige Integration in eine regulĂ€re Klasse zeigen, wie eine starke gemeinsame Vision allen SchĂŒlerinnen und SchĂŒlern – auch solchen mit Besonderheiten – die Möglichkeit gibt, in einem integrativen Lernumfeld ihr Potenzial auszuschöpfen.
Dieser Beitrag beschreibt den Reformprozess dieser Schule; dabei gibt er auch einen allgemeinen Überblick ĂŒber die Entwicklung der Provinz Manitoba vom getrennten Unterricht hin zur Integration in den letzten 50 Jahren. Die Namen in diesem Beitrag sind Pseudonyme.

HintergrĂŒnde des inklusiven Unterrichts in Manitoba und Kanada

Den Hintergrund der Entwicklung inklusiver Schulen in Manitoba bildet eine GesetzesĂ€nderung in der Provinz, die das Ergebnis einer langen Geschichte des Dialogs und des Eintretens fĂŒr soziale Gerechtigkeit widerspiegelt: Im Oktober 2005 trat das novellierte Gesetz ĂŒber öffentliche Schulen (The Public Schools Amendment Act) in Kraft. Darin verpflichtet sich Manitoba, allen SchĂŒlern ein geeignetes Bildungsprogramm zur UnterstĂŒtzung ihrer schulischen wie auch ihrer sozialen Ziele zu bieten (Public Schools Act 2005). Dieses Gesetz definiert ein »geeignetes Bildungsprogramm« als »a collaborative school-family-community process where school communities create learning environments and provide resources and services that are responsive to the lifelong learning, social and emotional needs of all students« (ME 2006: 1).
Das Bildungsministerium von Manitoba (Manitoba Education oder ME) versteht sein Engagement fĂŒr die Förderung von Integration als Teil einer angemessenen Bildungsgesetzgebung und definiert Inklusion als »a way of thinking and acting that allows every individual to feel accepted, valued and safe. An inclusive community consciously evolves to meet the changing needs of its members. Through recognition and support, an inclusive community provides meaningful involvement and equal access to the benefits of citizenship« (ebd.: 1).
Der Anspruch, im Rahmen des Inklusionskonzepts geeignete Bildungsprogramme bereitzustellen, erfordert von den pĂ€dagogischen FachkrĂ€ften in Manitoba ein Umdenken. InteressenverbĂ€nde und Eltern treten seit vielen Jahren fĂŒr integrative Programme ein, doch das neue Gesetz verstĂ€rkt noch einmal die BemĂŒhungen der PĂ€dagogen, SchĂŒler mit besonderen BedĂŒrfnissen – das heißt mit außergewöhnlichen LernbedĂŒrfnissen und/oder VerhaltensauffĂ€lligkeiten – in den regulĂ€ren Unterricht einzubeziehen.
Die Inklusionsbewegung begann mit der Kanadischen Charta der Rechte und Freiheiten von 1982, die in Artikel 15 festlegt: »(1) Jede Person ist vor und nach dem Gesetz gleich und hat das Recht auf gleichen Rechtsschutz und gleiche Rechtsvorteile ohne Diskriminierung und insbesondere ohne Diskriminierung aufgrund von Rasse, nationaler oder ethnischer Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, Alter oder geistiger oder körperlicher Behinderung.«
Die Inklusion von SchĂŒlern mit besonderen BedĂŒrfnissen in normale Klassen ohne Trennung ist nicht auf Manitoba oder Kanada beschrĂ€nkt, vielmehr sind entsprechende Entwicklungen weltweit zu beobachten. Dies wurde unter anderem durch die Salamanca-ErklĂ€rung von 1994 in Gang gebracht (UNESCO 1994), die Inklusion durch den Leitgedanken unterstĂŒtzt, dass öffentliche Schulen alle Kinder unabhĂ€ngig von physischen, intellektuellen, sozialen, emotionalen, sprachlichen oder sonstigen Behinderungen aufnehmen sollten. Es gilt, Schule und Unterricht im Hinblick auf dieses Ziel so anzupassen, dass sie den BedĂŒrfnissen aller Kinder Rechnung tragen. Seit der 1994er ErklĂ€rung setzte sich der Dialog ĂŒber Inklusion weltweit fort, und im Herbst 2009 fand im spanischen Salamanca ein neues Gipfeltreffen zum Stand der weltweiten Inklusion statt.
Die Gesetzgebung in Manitoba und Kanada und die BeschlĂŒsse der Gipfeltreffen von Salamanca haben zusammen eine Vielzahl pĂ€dagogischer Reformen angeregt, deren zentrale Komponente es ist, SchĂŒler mit besonderen BedĂŒrfnissen in regulĂ€re Klassen zu integrieren (Lieberman 1996).

Zur Geschichte der SonderpÀdagogik in Manitoba

Auf lokaler Ebene verĂ€nderte sich die PĂ€dagogik in Manitoba in dem Maße, wie das Konzept von Integration an Bedeutung und Akzeptanz gewann. Im Folgenden wird die Entwicklung chronologisch nachgezeichnet (vgl. dazu auch Abb. 1).
Vor der Novellierung des Public Schools Amendment Act im Oktober 2005 konnten SchĂŒler mit besonderen BedĂŒrfnissen in Manitoba nicht uneingeschrĂ€nkt an Bildung teilhaben. In den 1950er und 1960er Jahren wurden Kinder und Jugendliche, bei denen eine geistige Behinderung festgestellt worden war, aus öffentlichen Schulen ausgeschlossen. Sie konnten jedoch stattdessen das Kinsmen Centre besuchen. Hier konzentrierte sich der Unterricht auf funktionelle FĂ€cher und die Entwicklung von Fertigkeiten etwa fĂŒr die Arbeit am Fließband.
Ab 1967 erlaubte die Bill 16 (ein Gesetzesentwurf) Kindern mit geistigen Behinderungen den Besuch einer öffentlichen Schule und wies die Verantwortung fĂŒr ihre Bildung den Schulabteilungen zu. In dieser Zeit wurden etliche getrennte Schulen und Klassen fĂŒr SchĂŒlerinnen und SchĂŒler mit besonderen BedĂŒrfnissen eingerichtet. Im Jahr 1976 wurde die Bill 58 verabschiedet, die die Integration von SchĂŒlern mit besonderen BedĂŒrfnissen in normale Klassen forderte; sie wurde jedoch nie als Gesetz erlassen.
In den 80er Jahren wurde in Manitoba die schĂŒlerspezifische Finanzierung fĂŒr solche Kinder und Jugendlichen eingefĂŒhrt, die selten vorkommende Behinderungen aufweisen – z. B. tiefgreifende multiple Behinderungen, schwere Psychosen, Taubheit oder Schwerhörigkeit, schwere Sehbehinderung oder Blindheit, tiefgreifende emotionale Störungen oder Verhaltensstörungen – und deshalb ĂŒber einen Großteil des Tages individuelle Unterrichtsbetreuung benötigen. Es wurde eine grundsĂ€tzliche finanzielle UnterstĂŒtzung bereitgestellt, und zwar in zwei Stufen – Stufe II (LII): 8.565 Dollar; Stufe III (LIII): 19.055 Dollar – , je nach Schwere der Behinderung und Umfang der Beteiligung seitens der Schule und der GemeindeĂ€mter. Die Schulen legen fest, wie die finanziellen Mittel verwendet werden, um den SchĂŒler oder die SchĂŒlerin am besten zu unterstĂŒtzen; in den meisten Schulen werden sie dazu verwendet, Lehrassistenten einzustellen – diese betreuen die SchĂŒler mit besonderen BedĂŒrfnissen individuell, haben meist aber keine pĂ€dagogische Ausbildung.
SchĂŒler mit hĂ€ufig vorkommenden Behinderungen (Lernbehinderungen, Aufmerksamkeitsdefizitstörung, moderate kognitive BeeintrĂ€chtigungen, geringe physische Behinderungen etc.) bekamen keine schĂŒlerspezifische Förderung, stattdessen erhielten die Schulabteilungen einen globalen Finanzzuschuss auf Grundlage der entsprechenden Anmeldezahlen, um die besonderen LernbedĂŒrfnisse dieser Kinder und Jugendlichen zu unterstĂŒtzen. Ähnliche Finanzierungssysteme existieren in den meisten kanadischen Provinzen.
Nach Proklamierung der Kanadischen Charta der Rechte und Freiheiten (1982) legte jede Provinz ihre eigenen Bildungsziele und PrioritÀten fest. In Manitoba wurde 1987 der Manitoba Human Rights Code verabschiedet, 1989 wurden die Policy and Procedural Guidelines for the Education of Students with Special Education needs in the Public School System (ME 2004) erlassen.
Mit jedem dieser Meilensteine bewegte sich das Bildungssystem in Manitoba weiter von Abgrenzung hin zu Inklusion. Einige ElternverbĂ€nde und gesellschaftliche InteressenverbĂ€nde forderten die Schulen jedoch auf, noch weiter zu gehen: Anstatt fĂŒr SchĂŒler mit besonderen BedĂŒrfnissen parallele Programme anzubieten, sollten die Schulen eine Kultur schaffen, in der jeder SchĂŒler und jede SchĂŒlerin sich zugehörig fĂŒhlt und wo die Leistungsanforderungen und der Klassenunterricht allen SchĂŒlern Rechnung tragen, sodass es nicht nötig wird, jemanden »abzuziehen« (d.h., einen SchĂŒler fĂŒr lĂ€ngere Zeit aus dem Unterricht herauszunehmen und in einem anderen Raum arbeiten zu lassen).
Im Jahr 2005 wurde der Public Schools Amendment Act als Gesetz erlassen und damit das Recht aller SchĂŒlerinnen und SchĂŒler auf geeignete Bildungsprogramme in den Schulen in ihrem Einzugsgebiet festgeschrieben. Interessengruppen und Elternorganisationen hatten sich fĂŒr diese Änderungen im Bildungssystem von Manitoba starkgemacht und sie durchgesetzt; das zeigt auch, dass die Integration von den Provinzpolitikern und der Allgemeinheit wertgeschĂ€tzt wird. Abbildung 1 zeigt die geschilderten Ereignisse auf einer Zeitleiste im Überblick.
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Abbilgung 1: Zeitleiste der Ereignisse in Bezung auf geeignete Bildungsprogramme
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Der Einsatz von Lehrassistenten (Teaching Assistants)

In Manitoba ist es weitgehend ĂŒblich, dass fĂŒr die Integration von SchĂŒlern mit besonderen BedĂŒrfnissen ein Lehrassistent bzw. eine Lehrassistentin zugeteilt wird. Mit dem zunehmenden Druck durch Gesetzgebung und Interessengruppen, allen SchĂŒlern geeignete Bildungsprogramme anzubieten, haben sich die Schulen in Manitoba bei der Umsetzung des inklusiven Ansatzes mehr und mehr auf LehrassistenzkrĂ€fte verlassen. Diese Gewohnheit wird durch das grundsĂ€tzliche Finanzierungsmodell in Manitoba noch gefördert. Das hat im Laufe der Zeit dazu gefĂŒhrt, dass LehrkrĂ€fte und Eltern geradezu erwarten, dass die finanziellen Mittel zur Einstellung von Lehrassistenten verwendet werden.
Der Einsatz dieser AssistenzkrĂ€fte hat in vielen Schulen zur Integration von SchĂŒlern mit besonderen BedĂŒrfnissen in regulĂ€re Klassen beigetragen. Das System hat jedoch auch Schattenseiten. Da Lehrassistenten nach den Eigenschaften des jeweiligen Kindes bzw. Jugendlichen zugewiesen werden, wird dessen Besonderheit betont, wĂ€hrend andere entscheidende Komponenten wie Merkmale der Schule, der Klasse und der Lehrkraft nicht berĂŒcksichtigt werden.

Modelle der individuellen UnterstĂŒtzung

Mit den verschiedenartigen LernbedĂŒrfnissen der SchĂŒlerinnen und SchĂŒler stieg auch der Bedarf an geeigneten UnterstĂŒtzungsleistungen, um die KlassenlehrkrĂ€fte zu entlasten. In der Literatur finden sich zwar unzĂ€hlige Optionen zur individuellen Förderung, es gab und gibt jedoch keine Vergleichsstudien zu ihrer Wirksamkeit. Das erschwert die Auswahl geeigneter Methoden und Instrumente (Laycock und Gable 1991; Lipsky und Gartner 1996).
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Das Modell der individuellen Förderung, das in den meisten Schulen von Manitoba eingefĂŒhrt wurde und wird, umfasst drei Etappen:
1. KlassenlehrkrĂ€fte unterrichten gemĂ€ĂŸ den BedĂŒrfnissen einer heterogenen Gruppe von SchĂŒlern mit unterschiedlichen Lern-und VerhaltensbedĂŒrfnissen. Wenn sie dabei individualisierende Konzepte und Methoden anwenden (z. B. ziel- und leistungsdifferenzierten Unterricht, kompetenzorientierte Bewertung), werden die meisten SchĂŒler dadurch gut gefördert und haben Erfolg.
2. Bemerkt die Klassenlehrkraft eine Diskrepanz zwischen dem Lernen und Verhalten eines Kindes oder Jugendlichen und den Leistungserwartungen, ĂŒberweist sie ihn zum »Resource Teacher«. Dieser arbeitet mit dem SchĂŒler, berĂ€t SchĂŒler und Klassenlehrkraft oder arbeitet ĂŒber lĂ€ngere Zeit mit beiden zusammen: Der Lehrkraft werden konkrete VorschlĂ€ge fĂŒr die weitere Arbeit im Unterricht gemacht und/oder die SchĂŒlerin bzw. der SchĂŒler wird fĂŒr einen definierten Zeitraum aus dem Unterricht genommen und im Förderunterricht gezielt unterstĂŒtzt. Diese Strategien zeigen meistens Wirkung.
3. Bei einigen SchĂŒlern bleibt die Diskrepanz jedoch trotz der in Etappe 2 beschriebenen Interventionen bestehen. Diese werden fĂŒr eine spezifische EinschĂ€tzung an Experten (z. B. Psychologen, Sprachpathologen) ĂŒberwiesen. Sobald eine offizielle EinschĂ€tzung vorliegt, werden der Lehrerin bzw. dem Lehrer erzieherische Interventionen vorgeschlagen, und/oder die SchĂŒlerin bzw. der SchĂŒler wird zum Förderunterricht aus dem Unterricht abgezogen und/oder nimmt an einem Sonderprogramm teil.
Durch die Umsetzung der Empfehlungen der NachhilfelehrkrĂ€fte und der klinischen Mitarbeiter in den Schritten 2 und 3 haben viele KlassenlehrkrĂ€fte ihre FĂ€higkeiten ausgebaut, SchĂŒlerinnen und SchĂŒler mit unterschiedlichen BedĂŒrfnissen zu unterrichten.

Inklusion konkret: Schulentwicklung in Manitoba

Kehren wir nun zu Pats Schule zurĂŒck. Hier entschied das Personal, sich auf den Weg zu machen, um ein System der Leistungserbringung zu entwickeln, in dem die BedĂŒrfnisse wirklich aller SchĂŒlerinnen und SchĂŒler innerhalb der regulĂ€ren Klassen erfĂŒllt werden. Im Folgenden geht es um die Aktionen, die Überzeugungen und Verhaltensweisen dieser Schule im Laufe der Zeit und um ihre speziellen Erfahrungen mit der Schulreform im Bereich der Integration.
Pats Schule liegt in einem Teil von Winnipeg, der durch eine große soziale und kulturelle Vielfalt gekennzeichnet ist. Die Kinder und Jugendlichen kommen aus allen Teilen der Welt; manche sind mit ihren Familien erst kĂŒrzlich nach Kanada eingewandert. Gleichzeitig sind ĂŒber 20 Prozent der SchĂŒlerschaft kanadische Ureinwohner. Die Gegend gilt als eine der sozioökonomisch am stĂ€rksten benachteiligten der Stadt (Brownell et al. 2004). Die Eltern sind zum großen Teil arbeitslos oder unterbeschĂ€ftigt. In der Nachbarschaft der Schule wohnen viele Kinder, die von einem alleinerziehenden Elternteil, ihren Großeltern oder weitlĂ€ufigen Verwandten aufgezogen werden. Ein betrĂ€chtlicher Teil der SchĂŒlerschaft kommt jeden Morgen ohne FrĂŒhstĂŒck in die Schule.
Von den Erwachsenen in der Gemeinde haben laut einer Studie von Brownell et al. (ebd.) nur etwa 37 Prozent einen Highschool-Abschluss – gegenĂŒber 81 Prozent in Stadtteilen mit besserem sozioökonomischem Hintergrund. Daraus lĂ€sst sich schließen, dass mehr als die HĂ€lfte der SchĂŒlerinnen und SchĂŒler Eltern haben, deren eigene Schulerfahrung problematisch war. Damit gehört die Vertrauensbildung zu den wichtigen Aufgaben der Schule. In der Vergangenheit wurden viele Kinder und Jugendliche wegen Verhaltensprob...

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Normes de citation pour Chancen fĂŒr Kinder

APA 6 Citation

[author missing]. (2012). Chancen fĂŒr Kinder (1st ed.). Bertelsmann Stiftung. Retrieved from https://www.perlego.com/book/1043713/chancen-fr-kinder-pdf (Original work published 2012)

Chicago Citation

[author missing]. (2012) 2012. Chancen FĂŒr Kinder. 1st ed. Bertelsmann Stiftung. https://www.perlego.com/book/1043713/chancen-fr-kinder-pdf.

Harvard Citation

[author missing] (2012) Chancen fĂŒr Kinder. 1st edn. Bertelsmann Stiftung. Available at: https://www.perlego.com/book/1043713/chancen-fr-kinder-pdf (Accessed: 14 October 2022).

MLA 7 Citation

[author missing]. Chancen FĂŒr Kinder. 1st ed. Bertelsmann Stiftung, 2012. Web. 14 Oct. 2022.